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17.04.16 - Bilstein-Marathon

Grenzenlos!

Autor: Joe Kelbel

Karl der Große freute sich, denn im Kaufunger Wald lebte kein Mensch. Also erklärte er dieses Gebiet zu seinem Jagdbesitz. Warum aber haben hier nie Germanen gewohnt?  Was ist dran an diesem Gebiet, in dem an diesem Wochenende die Deutsche Meisterschaft im Ultratrail ausgetragen wird? Warum wird der BilsteinUltra immer länger? Wo ist die Grenze?

Tacitus, der römische Geschichtsschreiber, spricht von einer grausamen Schlacht 58 n. Chr zwischen den Chatten und den Hermunduren. Die Hermunduren, ein Stamm der Sueben, lebte nördlich von hier. Die Chatten waren ein äußerst kriegerisches Volk, sie rasierten sich erst, wenn sie einen Feind erlegt hatten. Werden die bärtigen Läufer Max und Martin heute Deutsche Meister? Die Kampfeslust der Chatten war so beeindruckend, daß ein ganzes Land nach ihnen benannt wurde: Hessen.  

Wo aber genau war dieser Schlachtort? Tacitus nennt als Ortsangabe einen Salzfluß. Er schreibt:  „… sie stritten um den reichlichen Salzstrom, und schleppten jenen in ihr angrenzendes Gebiet.“  Wie schleppt man einen Fluß in sein Gebiet? Es ist kein Fluß, es ist der Sälzer Weg.

Auf unserem heutiger Trail von 65 km Länge  und 1700 Höhenmetern laufen wir teilweise über den Sälzer Weg. Die Hauptstrasse von Großalmerode heisst noch so. Hier wurde das Salz von Bad Sooden Allendorf nach Kaufungen gebracht. Im Gegenzug wurde Braunkohle nach Bad Sooden geschafft, um das Salz zu sieden. Die Strasse geht außerhalb von Großalmerode in den Weitwanderweg „Sälzer Weg“ über, der zum Hohen Meissner führt. Der Wanderweg zweigt vom Brüder Grimm Weg ab und ist stellenweise ein Hohlweg, dessen Tiefe auf ein Alter von 2000 Jahren schätzen lässt.  “…amne illisque silvis [s]alem provenire“  und jene Strömung kommt aus dem Salzwald.

 

 
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Die Hermunduren hatten das gesamte Heer der Chatten vernichtet, die Schilderungen Tacitus`übertreffen diejenigen aus der Varusschlacht. Seit dieser Schlacht gab es keine feste Grenze  zwischen Hermunduren (Niedersachsen)  und den Chatten (Hessen). Erst  1831 regelte der Staatsvertrag zwischen dem Kurfürstentum Hessen und Königreich Hannover die Grenzziehung.

Im 13. Jahrhundert wagten sich Menschen in dieses Gebiet. Der Wald wurde gerodet,  die Dörfer mit den Endungen „- rode“ entstanden. In Kleinalmerode ( = kleine Rodung der Allgemeinheit) gibt es die Startunterlagen. Dort hält am Vorabend ein bekannter Trailrunner und Autor einen Vortrag über seine Läufe in der Sahara. In der Sahara landete ein Großteil der Hermunduren. 406/407 fiel die Rheingrenze, 429 überwanden die Hermunduren die Strasse von Gibraltar. 80.000 sollen es gewesen sein, sagen Historiker, 5000 sagen Genetiker.

 

Sonntag 17.04.  Deutsche Meisterschaft im Trailrunning 2016

 

Eigentlich ist der Start des Ultras um 8 Uhr. Der bekannte Trailrunner und Autor hat aber die Nacht durchgearbeitet und startet mit den Marathon-Wanderern um 7:30 Uhr, um trotz schlechten Lichtverhältnissen beste Fotos zu ergattern.

 

 
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Zunächst geht es hinauf zum Rodeberg, übersetzt: der gerodete Berg. Ich laufe im Spitzenfeld, verscheuche zwei Rehe, bin schnell bei der Hermannseiche. Ist sie nach Hermann dem Cherusker benannt? Schnell, sehr schnell geht es  hinab. Mein Knie macht mir seit meinem Unfall in Australien Probleme. Wir sehen die Häuser von Ermschwerd, dann geht es wieder hinauf und schnell ist der Rodeberg umrundet.

Einer der schönsten Momente dieses Trail ist der Blick auf die Hasenmühle (1612). Mühlen waren immer interessante Orte: Treffpunkt von Kaufleuten und dunklen Gestalten. 1957  bewilligte Adenauer den Müllern eine Stillegungsprämie, sofern sie 30 Jahre lang nicht mehr die Mühle betreiben. In diesem Jahr wurde diese Mühle zum Gasthaus umgebaut.

Nun laufen wir entlang des Hungershäuserbach. Mauerreste im Bach erinnern an Hungershausen, das im 16.Jahrhundert aufgegeben wurde. Rechts nun Hubenrode. Ein Huben ist eine Abgabenbezeichnung aus dem 13. Jahrh. Der Weg ist idyllisch, ruhig, die Buschwindröschen entfalten ihre Blüten. Da höre ich von hinten lautes Gequatsche. Es ist die Spitzentruppe. Max, Florian, Martin und Alex kann ich ausmachen, dann sind sie schon vorbei.

Am ersten knackigen Anstieg muss ich weitere Läufer vorbeilassen, Nachteil eines Frühstartes, Vorteil: Ich bemühe mich!

Ich bemühe mich auch, als oberhalb von Kleinalmerode auf der Wiese die Fotografen stehen. Dann geht es hinab, wieder nach Kleinalmerode und vorbei am Hühnergarten, dessen Produkte ich in meinem Rucksack transportiere. Sie stammen vom Frühstückstisch.

Von Kleinalmerode geht es leicht ansteigend zum Sportplatz, wo man nach dem Lauf duschen kann. Direkt hinter dem Sportplatz ist die Grenze zu Niedersachsen. Unser Weg führt jetzt weit nach Westen, um nicht wieder hessischen Boden betreten zu müssen. Es ist eine hessische Exklave.  Ein mittelalterliches Gesetz besagt, dass man nur eine Mühle bauen darf, wenn beide Seiten des Baches dem Eigentümer gehören. Der Bach ist wieder der Hungersdörfer Bach, der einst zur Hasenmühle, also dem Friedrich Kurt gehörte, einem Untertan des Kurfürstentums Hessen.

Wir müssen hinauf zum Mühlenstein (607 m ).  Noch vor dem Gipfel kommen wir nach Umschwang (446 m) Hier wechselten die Kaufleute ihre Pferde (Umschwang = ausschirren), um nach dem Anstieg mit frischen Pferden ins Nachbartal (Fulda bzw Werra) zu fahren. Wo die Schutzhütte steht und unsere Verpflegungsstelle ist, waren die Ställe der hessischen und hannoveranischen Pferdevermieter.

 

 
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Hier ist die Grenze  zwischen Hessen und Niedersachsen sehr undurchsichtig, es gibt mehrere komische Enklaven, die tief ins jeweilige Land reichen. Laut Grenzsteine ist Niedersachsen nun im Westen. Auf der Landkarte sieht die Grenze aus, als hätte hier jemand zuviel getrunken. Es könnten alte Jagdpfade gewesen gewesen sein, oder es waren Wasser- oder Bergbaurechte, die uns nun auf einer Länge von 500 Metern viermal zum Grenzgänger machen. Erst zweimal seit Menschengedenken wurden winzige Gebiete getauscht: 1831 drei, vier Häuser von Nieste, und 2004 kam dann die eine Häfte des Tennisplatzes von Nieste an Hessen. Ab da war ein Aufschlag von östlicher Seite öfters „drin“ .

 

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