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25.05.13 - Madeira Island Ultra Trail

Madeira von der schönsten Seite


Dez, Ten, Dix … Um, One, Une


Es gibt erfreulicherweise keine Ansprachen. Plötzlich wird in mehreren Sprachen von Zehn abwärts gezählt und es geht pünktlich los um 0 Uhr. Das Abenteuer beginnt mit dem gemeinsamen Start von UT 85 und UT 115.

Von der kleinen Promenade am Meer biegen wir am Kreisverkehr in Richtung Berge ab. Es wird keine Zeit vergeudet, es geht direkt zur Sache. Die Hauptstraße nach Santa wird rasch verlassen und es geht steil den Berg hinauf. Und zwar richtig steil. Rasch zieht sich die Läuferschar auseinander. Jeder geht sein Tempo aufwärts.

Der Weg ist hier auch ohne Stirnlampen gut zu erkennen. Noch haben wir Asphalt und Beton unter den Füßen. Noch habe ich auch Läufer um mich herum. Auf der ersten Bergkuppe werden es schon weniger. Die 115er werden nach rechts geleitet und wir nach links.

Die erste Levada steht an. Ich liebe diese Wasserkanäle, die die ganze Insel überziehen und entlang derer man hervorragend wandern kann. Im Licht der Stirnlampe lässt es sich auch gut laufen.


Wo es rauf geht, geht’s auch wieder runter


Die eben gewonnenen ersten paar hundert Höhenmeter stehen aber rasch zur Vernichtung an. Es geht steil abwärts ins Tal des Ribeira da Janela. Das Abwärtslaufen ist aufgrund der Steilheit richtig unangenehm. Aber dafür geht es nach Durchlaufen der Talsohle auf der anderen Talseite direkt wieder ebenso steil bergan.

Schön, im Rückblick die Lichterkette bergabwärts laufender Läufer zu sehen. Noch sehe ich auch Läufer vor mir. Das ändert sich jedoch, nachdem wir den am Hang liegenden kleinen Ort Casais de Cima verlassen. Auf dem Weg zum ersten CP in Fanal sehe ich über lange Strecken keinen Läufer mehr vor oder hinter mir.

Und es geht weiter steil aufwärts. Wir steigen von Ribeira da Janela von 0 bis Fanal auf über 1.100m Höhe an. Und das im Dunkeln. Es ist nass, auf dem Weg liegt reichlich Laub und macht den Untergrund rutschig. Nachdem ich wie nahezu alle anderen Läufer nach der aufkommenden Hitze des ersten Anstieg die Windjacke abgelegt hatte, ziehe ich nun alles an was ich dabei habe. Ich laufe ob der Kälte fünflagig. Auf zwei Shirts folgen eine Weste, eine dünne Windjacke und noch eine Laufjacke. Dazu habe ich eine Mütze an. Und mir ist dennoch kalt. Der Wind weht kräftig, wird jedoch im Wald abgeschwächt.


Eukalyptus gefällig?


Im Wald riecht es gut. Ich muss einige Zeit überlegen woran mich der Geruch erinnert, aber mit einem Blick auf die Bäume wird es mir klar. Der intensive Geruch kommt von den Eukalyptusbäumen. Diese sind auf Madeira ursprünglich nicht heimisch.

Dem Eukalyptus schließt sich Lorbeerwald an. Früher reichten die Bäume und Büsche bis ans Meer. Heute finden sich bis zu 700m Höhe zumeist Nutzkulturen. Die landwirtschaftliche Erschließung hat in den unteren Lagen die ursprüngliche Vegetation fast vollständig verdrängt. Weiter ober wurden die Bäume als Baumaterial oder als Brennholz geschlagen.

Seit dem 20. Jahrhundert wird versucht, der Erosion durch Wiederaufforstung zu begegnen. Jedoch nicht mit den ursprünglichen Laurazeen. Es werden vorwiegend Eukalyptus und Strandkiefer eingesetzt. Der alte Lorbeerwald umfasst nur noch ca. 15.000 ha Fläche und ist im Parque National de Madeira unter Naturschutz gestellt. Er zählt sogar zum UNESCO Naturerbe.

Die Laurazeen benötigen viel Feuchtigkeit. Die Lorbeerwälder speichern die Feuchtigkeit und geben sie talwärts ab. Und schon haben wir die Grundlage für die vielen Lavadas auf Madeira. Niederschlag in Form von Regen und Nebel gibt es auf der Nordseite reichlich. Ich merke es beim Lauf. Es ist neblig, teilweise regnet es. Alles ist nass und feucht. Natur und Trail pur. Was willst du mehr? Vorwärtskommen will ich.


Ich will endlich wieder laufen


Bergauf geht da gar nix. Aber irgendwann muss Fanal doch kommen. Endlich komme ich aus dem Wald heraus auf die Hochfläche. Die Wiesen sind ein einziges Feuchtgebiet. An den Gräsern schimmern silbrig dicke Wassertropfen. Hätte ich doch jetzt wasserdichte Schuhe.

Fanal ist erreicht. Ich löse den Chip aus und stärke mich an der Verpflegung. Gegen die Kälte nehme ich einen Kaffee. Fürs Trinken muss man übrigens einen Becher mitführen. Gehört zur Pflichtausrüstung wie zwei Stirnlampen mit Ersatzbatterien, rotes Rücklicht, Pfeife, Wärmefolie u.a.m.

 
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Ich schaue auf die Uhr. Genau 3 Std. habe ich für die ersten 11,9 km gebraucht. 1.534 hm Aufstieg und 430 hm Abstieg habe ich schon hinter mir. Ich bin damit genau in der Zeit, darf aber nicht trödeln, da beim nächsten CP in Estanquinhos nach 6 Std. das erste Zeitlimit einzuhalten ist.

Daher bleibe ich nicht lange in Fanal. Noch rasch ein Stückchen Kuchen und weiter geht’s. Bis Estanquinhos liegen 13,6 km vor uns. Und es geht auf und ab, allerdings gemäßigt. Nur 652 hm rauf und 239 runter. Das geht doch. Ich habe jedoch aufgrund der Folgen meines Schlaganfalls vor drei Jahren gewisse Wahrnehmungsprobleme. Trotz guten Lichts durch die Stirnlampe kann ich den Untergrund und die Umgebung nicht so wahrnehmen, wie ich es gerne täte. Also verzichte ich lieber aufs Laufen und gehe. Ansonsten wären hier die meisten Teile des Streckenabschnittes gut zu laufen.


Baumheide und Hochfläche


Wir laufen zuerst noch über die (Feucht)Wiesen, dann folgt die für weite Teile der Landschaft typische bis zu 2m hohe Baumheide. Die ER 209 wird zum Tal der Ribeira da Janela gequert. Wir bleiben in der Höhe. Es ist schon ein merkwürdiges aber zugleich beeindruckendes Gefühl in der einen überragenden Baumheide zu laufen. Blicke ins Tal bieten sich kaum, allerdings wäre ja eh nix zu sehen wegen der Dunkelheit.

Es zieht weiterhin und es ist kalt. Die Atmluft kondensiert. Dicke Dampfwolken vor mich hin ausstoßend gehe ich der Hochfläche Paul da Serra entgegen. Die ER 209 wird erreicht. Über wenige Meter dürfen wir zur Erholung sogar über die Straße laufen. Dann kommt ein einsamer Kontrollpunkt und wir verlassen die Straße nach links. Über die Hochfläche geht es Estanquinhos entgegen.

Der eben passierte Kontrollpunkt ist kein CP mit Chipauslösung. Es gibt mehrere solcher Kontrollpunkte auf der Strecke, wo die Nummern aller Vorbeikommenden aufgeschrieben werden. Somit hat der Veranstalter einen guten Überblick, wer sich noch wo im Rennen aufhält. Und es dient unserer Sicherheit. Es ist schon bewundernswert, was die Posten dieser Kontrollpunkte bei diesem wirklich lausigen Wetter leisten. Sie müssen über Stunden in Kälte und Nässe ausharren. Herzlichen Dank an alle!

Die Hochfläche Paul da Serra ist nicht mit Bäumen und Büschen bewachsen. Wir laufen bzw. gehen auf dem nassen, unebenen und steinigen Untergrund. Es zieht sich. Nur selten taucht ein anderer Läufer auf. Endlich ist der kleine Wald unterhalb des Ruivo do Paul erreicht.

 

 

Informationen: Madeira Island Ultra Trail
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