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13.03.16 - Special Event

The Wild Elephant Trail (210 km): Sri Lanka, die Träne Indiens

Autor: Joe Kelbel

 

1.    Etappe, ca 35 km

 

Endlich, endlich  dürfen wir laufen. Frühstück geht bei mir nicht. Sachen packen, anziehen, und schon bin ich schweißgebadet. Wir müssen die Treppe hoch, es geht um den Segen der Mönche. Das tut gut. Aber passt man nicht auf, sind die Wasserflaschen aus den Rucksäcken geklaut. Die Diebe jagen damit kichernd in die Baumwipfel. Makaken gehören einfach zu den Tempeln dazu. Die eleganten Languren werden wir auf unserer weiteren Reise nur von Ferne bewundern können.

Die Treppe wieder runter,  Startaufstellung vor dem erhöhten Versammlungsbereich, an dessen Außenseiten die Sitzreihen für Diskutierende deutlich erkennbar sind. Der große Feigenbaum in der Mitte zerstört das Bild eines demokratischen Forums, das einst überdacht war.

Mütze ab, Nationalhymne:

„Sri Lanka, Mutter, Dich verehren wir!
Gedeihe und blühe im Glück,
Du Schöne, voll Gnade und Liebe,
Reich an Korn und köstlichen Früchten,
An duftenden, leuchtenden Blumen,
Du spendest uns Leben und all unser Wohl,
Frohes siegreiches Land,
Voll Dankbarkeit preisen wir Dich,
Sri Lanka, Dich verehren wir.“

Der Text ist ein Auszug, er ist viel länger. Die Kinder singen immer noch so zögerlich, wie letztes Jahr. Wie martialisch werden dagegen europäische Hymnen geschmettert, z.B. die Marseillaise: „ Auf dass unserer Feinde Blut unsere Ackerfurchen durchnässt!“

 

 
© trailrunning.de 56 Bilder

 

Unser Lauf führt zunächst um die ehemalige Hauptstadt Sri Lankas herum.  Auch wenn dies der äußere Ring genannt wird, so ist es einer der inneren, denn außerhalb lagen die Holzgebäude der Untergebenen. Die Stadt wurde nach dem Raub der Zahnreliquie aufgegeben. Danach lebten nur einige Erimiten noch in den Höhlen, der Urwald übernahm die Regie. Die Engländer haben die Graffity, die sie in den Höhlen fanden, gesichert und übersetzt. Bis jetzt ist wenig veröffentlicht worden, denn es handelt sich um normale Graffity: Klotürensprüche mit sexuellem Hintergrund, wie wir sie zu Tausenden in Deutschland und später an unserem Zielort, dem Sigiriya Rock finden werden. Das passt nicht in das missionarische Weltbild der damaligen Zeit.

Unbefriedigend, diesen Ort zu verlassen, ohne ausreichende Antworten zu erhalten. Ich werde mich daran wie an die brennende Sonne gewöhnen müssen. Der „äußere Ring“ wird von einem Graben abgeschlossen, der  nicht nur ein Verteidigungsgraben, sondern auch ein Wohlfühlgraben, in dessen Innenbereich die Bewohner lustwandelten, war.

An einer Stromleitung klebt ein mumifizierter Flughund, im Hintergrund der Yapahuwafelsen. Ein Bild des Übermutes, des Übertreibens und rgendwie Sinnbild für diesen Lauf. Der Flughund kann sich gerne an der Stromleitung ausruhen, aber fängt er aus Übermut zu flattern an und berührt dabei die zweite Leitung, ist er tot. Flughunde sind Früchtefresser, Fledermäuse sind Fleischfresser. Unterschiedliche Tierarten, gemeinsame Merkmale. Analogie nennt sich das.

Der Sri Lanka Elefant ist mit dem Mammut verwandt, nicht mit dem Afrikanischen Elefanten. Mit dem kann sich auch nicht fortpflanzen. Nur 2 % der hiesigen Elefanten haben Stoßzähne, was  an der Selektion durch den Menschen liegt. Nicht der Elfenbeinhandel ist schuld, sondern die 3000 Jahre lange Nutzung dieser Elefanten zu Kriegszwecken. Man nahm die stärksten Tiere.

Am Kuda Kathnoruwa Wewa See komme ich an drei englischen Mädchen vorbei, die unter einer Veranda Bücher lesen. Ich frage, wie weit ihr Hotel sei, ich möchte Bier kaufen. „There is no beer, this is a Koni!“   „Thank you! No more questions!“  Bin erstaunt, wieviele Bekloppte es auf dieser Welt gibt.

Der Aufstieg zum Sliya Arannaya Tempel liegt in der prallen Sonne, der Fels reflektiert die  volle Hitze. Unter einem Felsüberhang ist eine Klausnerwohnung. Dann geht es zurück in den Busch. Ich kann Gary überholen, muss mich dann aber setzen, um nach den Salztabletten zu suchen. Ich habe sie vergessen. Auch Gels und Getränkepulver sind in einem wasserdichten Beutel, den ich heute morgen in der Hektik fälschlicherweise in die Übernachtungstasche gepackt habe. Meine Situation ist brenzlig.

Nach 30 Minuten treffe ich auf Kinder, die mir Wasser über den Kopf schütten.  Das nimmt ein wenig das Schwindelgefühl. Gary hat mich längst abgehängt, von dem kann ich keine Hilfe erwarten. Wer wann hinter mir ist, kann ich nicht wissen, ich muss weiter. Nach einer Stunde der erste kleine Laden. Drei Flaschen eiskalte Cola, ich werde überleben. Aber ich  handele mir damit für die nächsten Tage eine schweres Problem ein. Magensäure zieht permanent die Speiseröhre hoch.

Madhu steht mit ihren beiden Kindern an der Laufstrecke, fotografiert mich mit ihrem Handy. Sie kann gut Englisch, was für diese Gegend aussergewöhnlich ist. Wir sind nun auf FB befreundet. Eine Familie lädt mich zur Wassermelone ein: „ Last night much elephants!“  Die Wassermelone ist wohl die einzige, die die Elefanten übriggelassen haben. Kein Wunder, sie ist sauer wie eine Zitrone.

Pavel hat heute Morgen den frischen Elefantenschiß mit Markierungsfarbe versehen. Ich muss laut lachen. Hoch in den Bäumen über den Feldern kleben Hochsitze. Von dort bewachen die Bauern ihre Felder. Sie spannen Drähte, die bei Berührung über eine einfache Konstruktion Alarm auslösen.

Ein Elektrozaun kündigt mein Ziel an: Der Tempel von Yapahuwa muss vor Elefantenrandale geschüzt werden. Der Lama hat uns erlaubt, auf diesem heiligen Gebiet zu übernachten. Er kann nicht gut sprechen, er hatte eine Krebsoperation. Schuld ist das noch weit verbreitete Betelnusskauen, wobei nicht die Betelnuss gefährlich ist. Die führt nur zu Zahnausfall. Gefährlich ist der Kalk, der die Mundschleimhaut ätzt, damit der Wirkstoff aufgenommen werden kann. Unsere Gebirgsjäger dürfen noch Kautabak konsumieren. Die kleinen Säckchen werden mit Glassplittern versetzt, hinter die Lippe geklemmt, bis diese blutig ist, dann geht der Tabaksaft ins Blut über.

Das Zeltcamp ist perfekt. Dicke Planen über den 1-3 Mannzelten schützen vor Sonne und eventuellem Regen. Vom See kommt ein angenehmer Wind. Es gibt immer heisses Wasser für die persönlich mitgebrachte Trekkingkost.

In der Nähe des Camps wurden Mönchsunterkünfte gebaut. Leider sind sie seit letztem Jahr sehr verwahrlost und sämtliche Wasserleitungen unterbrochen. Immerhin gibt es hinter dem Haus zwischen viel Müll eine Art Dusche und eine rudimentäre Kloanlage. Da zuckt eigentlich niemand von uns mehr mit einer Wimper. Unangenehm ist der 20 cm lange Hundertfüssler, der in der Ecke hängt. Caruda nennt man die Viecher, die äusserst schlecht heilende Bisswunden verursachen.

 

 
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