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08.11.15 - Teufelsberg Crosslauf

Goldener Oktober im November

Unser Jahresrhythmus wird geprägt von Traditionen. Etwa der, dass, kaum dass man sich an den Sommer gewöhnt hat, er auch schon wieder vorüber ist und das Weihnachtsfest an die Tür klopft. Zumindest wenn es nach dem Einzelhandel geht. Neben den großen Traditionen gibt es aber auch viele kleine. Und eine davon ist ohne Zweifel der Teufelsberg Crosslauf im Münchener Westen. Zum 41. Mal ruft der ESV Neuaubing zum Run durch die Aubinger Lohe.

Zur Tradition gehört, dass der Lauf in einem Monat stattfindet, dessen Schmuddelimage kaum zu toppen ist: im November, konkret am zweiten Sonntag dieses Monats. Wer den Lauf kennt, weiß allerdings, dass sich der rustikale Charme des Kurses eigentlich mit jedem Wetter verträgt, auch wenn das Naturerlebnis bei spätherbstlichem Sonnenschein natürlich ein eindrücklicheres ist als bei grauen Wolken und Regen. Damit sind die wesentlichen Merkmale des Laufs bereits skizziert: rustikal und naturverbunden. Ersteres bedeutet, dass der Kurs zu 100 Prozent über asphaltfreie Forstwege und Pfade, gepaart mit zünftigen An- und Abstiegen, führt, Zweiteres, dass wir uns zu 100 Prozent durch abwechslungsreiches Wald- und Wiesengelände bewegen. Darüber, ob der Zusatz „Cross“ passt, kann man sicher streiten, fehlt doch ein echtes Querfeldeinelement. Bei entsprechendem Wetter darf man jedoch sicher sein, crosslaufmäßig verdrecktes Schuhwerk vorweisen zu können.

 
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Ein weiteres Wesensattribut des Teufelsberg Crosslauf darf an dieser Stelle nicht fehlen: familiär. Nicht wenige Teilnehmer kommen im Familienverbund: Die Kids starten bei einem der Kinderläufe zwischen 700 und 2.000 Metern, die Mama beim sogenannten „Jugend- und Hobbylauf“ über 4,7 km, der Papa wagt sich an den 10 km-“Hauptlauf“, einer nach dem anderen, sodass genug Gelegenheit zum wechselseitigen Anfeuern bleibt. Viele kennen sich, kommen jedes Jahr wieder. Es gibt selbstgebackene Kuchen, Kaffee und Wurstsemmeln im Zielbereich, speziell für die Läufer zudem warmen Tee, Lauf(laden)institution Klaus Ruscher moderiert das Ganze in seiner beherzt- herzlichen Art.

Das Wetter-Bulletin für den 08.11.2015 verspricht noch einmal „goldenen Oktober“ im November: sonnig ist es und fast schon unnatürlich warm dazu. Nachdem beim 40-jährigen Jubiläum im letzten Jahr gar die Startnummern ausgegangen sind, haben Nachmelder in diesem Jahr kein Problem. Wohl wetterbedingt sind die heuer besonders zahlreich, vielleicht liegt es aber auch ein wenig daran, dass die online-Anmeldung beim neuen Zeitnehmer etwas unkommod ist.

Immerhin insgesamt um die 350 sind es auch in diesem Jahr, die beim schnellen Jog durch die Lohe mitmachen wollen. Entsprechend kuschelig wird es im Vereinsheim der Tennisabteilung des SV Lochhausen am Westrand der Lohe, wohin es alle Läufer, gemeldet oder noch nicht, als erstes zieht. Ein Gewusel wie in einem Bienenkorb herrscht drinnen, aber Johanna und ihre Damencrew haben die Ausgabe der Startunterlagen m Griff.

 
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Froh bin ich dennoch, draußen wieder Frischluft schnappen zu können. Vorbei an den Tennisplätzen und über den großen Parkplatz ist es nicht weit bis zum Zielbereich. Einige Zelte gruppieren sich im Gelände hinter den Messmatten des Zieldurchlaufs. Im größten kann man sich umziehen und die Kleidung deponieren, im wichtigsten findet man das Kuchenbuffet. Emsiges Treiben erwartet mich auch hier. Schon seit 10 Uhr sind die Kinderläufe im Gange. Schlag auf Schlag starten die verschiedenen Altersklassen, die jüngsten beim Zwergerllauf in der U8. Und die Belohnung mit Siegerehrung, Treppchen, Pokalen und Urkunden in allen Altersklassen folgt hinter dem Zieleinlauf sozusagen auf dem Fuße. So mancher Zwerg kann mit soviel Ehr` noch gar nicht recht viel anfangen. Die sich in einer dichten Traube drängenden, eifrig fotografierenden, stolzen Eltern umso mehr.

Vergleichsweise ruhig ist es ein paar Schritte weiter, wo über den Weg das Startbanner gespannt ist. Wenn nicht gerade ein Start stattfindet, erwartet einen hier die pure Idylle. Das stille Wasser eines kleinen Sees glänzt unweit in der Sonne, gülden leuchtet das Restlaub an den Bäumen. Als Künstler müsste man wohl unweigerlich Block und Pinsel zücken. So mancher nutzt die noch reichliche Zeit, sich ein wenig in der Natur einzulaufen oder auch nur, um in sich gekehrt die Nase in die herbstliche Sonne zu halten. Andere treffen sich auf den weiten Wiesen zum Ratsch oder Gruppenfoto.

 
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11:15 Uhr ist es, als erstmals die „Großen“ an den Start gehen. Es ist zwar eine recht überschaubare Schar, die sich zum 4,7 km-Run einfindet, doch den vielen jungen Startern in der ersten Reihe sieht man ihre Ungeduld und Dynamik schon an. Entsprechend rasant geht es nach dem Scheppern der Startklappe los. Ganz gegenteilig präsentiert sich das hintere Starterfeld: ohne jede Hektik mit einem Lächeln im Gesicht lassen es die Hobbyjogger angehen. Entsprechend differieren auch die Zielzeiten zwischen 16 und 37 Minuten.

Der Uhrzeiger rückt gen High Noon. Nun satteln auch die Matadore des Hauptlaufs die Laufschuhe und es wird zum ersten Mal so richtig voll am Start. Eigentlich fehlen nur die Klänge eines Morricone-Klassikers, wie sie bei alpinen Bergläufen zunehmend beliebt sind. Viele „alte Hasen“ sind am Start, doch auch einige, die es erstmals wissen wollen, wie etwa Patrick und Lisa. Ein letztes Startfoto noch im Frischemodus, schon geht es los.

Der Kurs ist den meisten vertraut: Wie alle Jahre wieder sind drei Runden mit je drei Anstiegen zu bewältigen. Nummer eins: kurz und knackig, Nummer zwei: laaang und ein bisschen fies, Nummer drei: trailig – so lassen sich die Anstiege in Stichworten charakterisieren. Eine Neuerung gibt es auch. Aber der Reihe nach.

Gemütlich einlaufen ist nicht gerade eines der Wesensmerkmale des Teufelsberg Laufs. Ganz im Gegenteil. Kaum sind die ersten knapp zweihundert Meter durch die Wiesen bewältigt, geht es sogleich mächtig bergan. Nicht sehr lange, aber, wie schon gesagt, knackig. In einer S-Kurve windet sich der Pfad über einen dichten Laubteppich steil in die Höhe. Keiner gibt sich hier eine Blöße, aber das kollektive Schweigen spricht für sich. Jenseits der Kuppe geht es in einer langen Geraden durch eine Allee schlanker Bäume schon wieder hinab. Auf dem Trampelpfad entlang des stillen Fischbachs ist kurzzeitig Chill Out angesagt, ehe die Steigerung Nummer zwei ruft. Weniger steil, aber dafür deutlich länger geht es durch dichten Wald wieder hinauf. Das Attribut „fies“ verdient sich der Anstieg dadurch, dass er ausgerechnet zum Schluss nochmals an Profil zulegt. Gerade einmal einen Kilometer sind wir unterwegs und als Neuling wird sich so mancher denken: Oh, oh, ganz schön heftig …..

 
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Im letzten Jahr ging es von hier gemütlich mitten durch den Wald weiter. Heuer ist das anders. Erstmals werden wir etwas weiter nach rechts zu dem Weg gelotst, der am Waldsaum oberhalb der Hügelkette des Teufelsbergs entlang führt. Wunderbar ist der Blick von hier den grünen Abhang hinab, hinein ins Tal und über die Lohe hinweg bis weit ins Hinterland. Im Winter sind die Hänge ein Rodelparadies, im Sommer kann man hier bestens seine Berglaufkondition aufpeppen.

Schließlich schwenken wir nach links und erreichen wieder das aus dem letzten Jahr bekannte Terrain. Auf breiten, symmetrisch angelegten Forstwegen beschreibt der Kurs eine Art Viereck. Statt Laub- dominiert nun der Nadelwald. Dicht an dicht drängen sich die schlanken Stämme der Fichten über dicken Moosteppichen. Perfekt ist die Szenerie, wenn auch noch die Sonne seitlich durchscheint. Doch die Fichtenidylle hat auch in Lohe gelitten: Die Spuren der Zerstörung diverser Stürme in den letzten Jahren sind unübersehbar, auch wenn sich die Natur unverdrossen überall zurück kämpft.

Eine lange Gerade sausen wir im Galopp hinunter. Gerade schön auf Tempo gekommen werden wir jäh ausgebremst. Um eine Haarnadelkurve herum werden wir auf einen schmalen, steinigen Pfad geschleust. Durch dichtes Buschwerk führt uns die Steigung Nummer drei. Bei Schnee oder Regen wäre dieses Teilstück etwas für Freunde der Matschkultur, heute präsentiert sich die holprige Passage allenfalls als Stolperfalle. Wenig später mündet der Pfad in einen kultivierten Spazierweg, der sich in langen Kurven zu Füßen der Hügel geradewegs dem Ausgangspunkt unseres Rundkurses entgegen windet. Unterwegs passieren wir einen überaus idyllischen, schilfumrahmten See.

Fast wie aus dem Nichts taucht aus dem Dickicht der Bäume vor mir das Startbanner auf. Die erste Runde ist geschafft. Dahinter dürfen wir uns auf einen überaus überschwänglichen Empfang der Laufbegleiter und sonstiger Zaungäste freuen. Hey, da ist mehr Stimmung als bei so mancher Großveranstaltung! Vor allem gibt das Schwung und Motivation für die nächste Runde. Und die können wir brauchen, denn los geht die sogleich …. mit der Steigung Typ „kurz und knackig“.

Das Läuferfeld hat sich mittlerweile kräftig auseinander gezogen. Das wird besonders deutlich entlang der Passagen, die zunächst oberhalb und später unterhalb der zentralen Hügelkette entlang führen. Als einsame kleine bunte Punkte kann man jeweils die anderen Läufer beobachten. Überholt wird kaum noch, das Feld hat sich sortiert und jeder mehr oder weniger sein Wohlfühltempo gefunden. Das Grundtempo ist dennoch relativ hoch. Gerade einmal 0:35:58 Std. benötigt heute der Schnellste, 1:10 Std. der Langsamste, was für einen Jahrgang 1938 überaus beachtlich ist. Mit einem Mittel von knapp 50 Minuten wird schneller als etwa beim superflachen Sylvesterlauf des MRRC im Olympiagelände gelaufen. Das kann daran liegen, dass hier einfach bessere Läufer am Start sind oder auch daran, dass die Umgebung mehr motiviert. Wahrscheinlich ist an beidem etwas dran.

 
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So gesehen erfülle ich heute voll den TBC-Schnitt, als ich nach meiner dritten Runde in den abgesperrten Zielkorridor einbiege und wie alle Läufer von Klaus Ruscher willkommen geheißen werde. Im Ziel treffe ich auch wieder auf Patrick und Lisa. Erschöpft und schweißgebadet sind sie nach ihrem 10 km-Debut. Aber zurecht stolz, diesen anspruchsvollen Parcours mit Bravour gemeistert zu haben. Und das beste: Kein Wort von „nie wieder“. Vielmehr: Nächstes Jahr sollen die Familien geschlossen auf den Teufelsbergkurs geben. Na prima, als Patricks Papa höre ich das natürlich gerne. Bei heißem Tee stoßen wir darauf an.

 

Informationen: Teufelsberg Crosslauf
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