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26.04.14 - Harzquerung

Einmal quer durch den Harz

Sattgrüne, würzige Nadelwälder, von Klippen und steilen Hängen gesäumte wildromantische Täler mit klaren Bächen und Seen. Mittelalterliche Städte und Dörfer im farbenprächtigen Fachwerkstil. Das ist Deutschlands schönstes Mittelgebirge, der Harz.

Er erstreckt sich von Nordwesten nach Südosten und misst nur etwa 95 Kilometer in der Länge und etwa 40 Kilometer in der Breite. Und mittendrin der Brocken, der Berg der Harzberge. Jedes Jahr zum Ende des Monats April, wenn der Harz aus seinem Winterschlaf erwacht, die Hexen ihre Walpurgisnacht feiern, das erste zarte Grün an den Bäumen und Sträuchern sprießt, findet hier ein anspruchsvoller Landschafts- und Geländelauf über 51Kilometer und 2200 Höhenmeter im Auf und Ab statt. Die Harzquerung.

Für Läufer mit Marathon- und Ultramarathonerfahrung ist dieser Lauf ein besonderes Erlebnis. Das Wetter spielt dabei eine große Rolle. Es hat schon Jahre gegeben mit Minustemperaturen, Regen und Schnee und Jahre mit extrem hohen Temperaturen.

 

 
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Der Startort dieses wunderbaren Landschaftslaufes ist das schöne, am Nordrand des Harzes gelegene Städtchen Wernigerode, das durchaus eine Reise wert ist. In der fast vollständig erhaltenen Altstadt aus Fachwerk und dem darüber aufragendem Schloss, finden historisch interessierte Romantiker etliche schöne Plätzchen.

Nicht nur Eisenbahnfans begeistern sich für die über einhundert Kilometer lange Schmalspurbahn quer durch den Harz und hinauf auf den Brocken, die in Wernigerode ihren Ausgangspunkt hat. Auch Läufer kommen im Harz voll auf ihre Kosten, denn über das ganze Jahr verteilt finden hier etliche schöne Landschaftsläufe statt.

Zielort ist am Nordrand der Kreisstadt Nordhausen im Albert-Kuntz-Stadion, das vielen durch den gleichnamigen Schnaps eher ein Begriff ist. 1507 wurde die Produktion von Branntwein (Nordhäuser Korn) erstmals urkundlich erwähnt. Sie brachte die Stadt im Mittelalter zu Reichtum.

Nordhausen gelangte im 2. Weltkrieg zur traurigen Berühmtheit. Ab dem Jahr 1943 mussten im unterirdischen KZ „Mittelbau-Dora“ ca. 60000 Zwangsarbeiter an der V 2 Rakete arbeiten. Im Jahr 1945 wurde Nordhausen durch die Royal Air Force bombardiert. Dabei wurde die Stadt zu ¾ Viertel zerstört und ca. 8800 Menschen kamen dabei ums Leben.

 

 
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Endlich hat die Harzquerung wieder Mal ein tolles Wetter. Die Natur war noch nie so weit fortgeschritten wie in diesem Jahr. In 2013 bin ich erst gar nicht am Start erschienen - 2° und Schneeregen machten aus mir eine Eissäule. 51 Km bei so einem Schweinewetter wollte ich mir partout nicht antun.Die Harzquerung heute ist meine Letzte. 10 Teilnahmen sind genug. Bei meiner ersten standen gerade Mal knapp 200 Teilnehmer am Start. Mittlerweile ist die Teilnehmerzahl auf über 500 Läufer angewachsen.

Mit dem Startsignal um 8:30 Uhr auf der Salzbergstraße machen sich knapp 550 Teilnehmer auf den Weg den Harz von Nord nach Süd zu durchlaufen. Bei diesem 51 Kilometer langen Lauf mit Auf- und Abwärtspassagen von insgesamt ca. 2200 Höhenmetern passiert man einige der vielen Harzberge. Langeweile kommt bei diesem anspruchsvollen Landschafts- und Geländelauf nicht auf, denn direkt nach dem Start geht es sofort stramm bergan. Nur etwa zwei Kilometer reichen, um zweihundert Meter an Höhe zu gewinnen.

 

 
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Hinten im Feld fangen die ersten Teilnehmer direkt an zu marschieren. Das folgende Bergabstück am Hang, hinunter zu einer kleinen Holzbrücke, bewältigt man in einer Läuferschlange. Die Wald- und Trailwege erfordern ständige Tempowechsel und einiges an Umsicht und Trittsicherheit. Der folgende Hohlweg, hinauf zum Herbert-Pohl-Weg, dem Gründungsvater dieser Harzquerung, ist um einiges ruppiger und bremst die Teilnehmer erneut auf das Tempo der Vorderleute herunter. Noch einmal müssen ca. 100 HM überwunden werden, bevor sich die Laufstrecke auf ein etwas gleichmäßigeres Niveau einpendelt.

Auf schmalen Wegen und Trampelpfaden, mit ständigem Auf- und Ab, zum Teil recht rabiat, machen das Wurzelwerk, die Steine und Steinplatten dem Läufer schwer zu schaffen. Nach diesem ersten Kraftakt müssen von den erlaufenen Höhenmetern einige schon wieder abgegeben werden. Es geht hinab zu dem kleinen, verträumten Zillierbach Stausee. Die Passage entlang des Sees könnte man als fast eben bezeichnen.

Bei Kilometer 11,5 an der Kalten Bode erreichen die Teilnehmer die erste von sechs Verpflegungsstationen. Hier zeigt sich dann der Unterschied zu den großen Cityläufen mit dem Einerlei aus Isogetränken und Bananenstücken. Hier kann jeder seinen eigenen Ernährungsplan zusammen stellen. Es gibt alles, was der Ultraläufer braucht und begehrt. Neben Wasser, Tee, Iso und Cola gibt es Müsliriegel, Obst, Schmalzbrote, Kuchen und Schokolade. Die weiteren Versorgungspunkte sind bei Kilometer 20, 31, 39, 43 und Kilometer 46 aufgebaut.

Der Knackpunkt der Harzquerung ist der Aufstieg über drei Kilometer hinauf zum 600 Meter hohen Poppenberg. Ständig ist Konzentration angesagt, denn es geht immer wieder über Wurzeln, Steine, tiefe mit Regenwasser gefüllte Fahrrinnen und kleine Bäche mit wackeligen Holzbrücken.

 

 
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Hinter Kilometer 20 und der zweiten Verpflegungsstelle wird es abenteuerlich. Es geht durch dichten Nadelwald, über aus Tannenholz errichtete Brückchen, kreuz und quer, auf und ab nach Trautenstein. Ein Traum für Trailrunner. Dichter Wald und sonnendurchflutete Lichtungen wechseln sich ab. Kurze, giftige Wellen ziehen einem die Kraft aus den Beinen. Und wie es sich für einen Trailrun gehört, wartet das eine und andere Matschloch auf noch nicht eingesaute Laufschuhe.

Zwischenzeitlich öffnet sich der Wald und erlaubt schöne Ausblicke über die Höhen und Tiefen des Harzes. Vor der dritten Verpflegungsstelle wird es richtig spektakulär. Es geht bergab, steil bergab über Steine und Wurzeln, durch einen Hohlweg und Trampelpfad zu dem Bahngleis der Harzquerbahn an der Haltestelle „Sophienhof“. Ab und zu kann man die Harzquerbahn in der Ferne schnaufen und pfeifen hören. In Sophienhof hat man zum dritten Mal die Gelegenheit, sich zu stärken.

31 Kilometer und viele HM im Auf und Ab sind bis hier abgearbeitet. Hinter Sophienhof geht es etliche Kilometer bergab. Ein anfangs schmaler Pfad am Berghang wird langsam immer breiter und neben einem fließt plötzlich wieder einer der vielen Bäche, denen man unterwegs begegnet. Unten im Tal, an der Bundesstraße B 81, kreuzt man ein zweites Mal die Gleise der Harzer Schmalspurbahn. Neben dieser laufend erreicht man einige Kilometer später den Bahnhof „Netzkater“ und das alte Schaubergwerk „Rabensteiner Stollen“ am Fuße des Poppenberges. Rund 300 HM auf den nächsten drei Kilometern gilt es ab hier zu erlaufen. Nach mittlerweile 36 schweren Kilometern kein leichtes Unterfangen. Wer hier marschiert, braucht sich nicht zu schämen, denn viele andere tun dies auch.

Oben auf dem Gipfel wird der Läufer dann mit einem Getränkestand belohnt, an dem, wenn man will, sich ein kühles Blondes genehmigen kann. So steil wie es hinauf geht, geht es auf der anderen Seite hinab. Hier kann, wer die Kraft noch hat,  hinunter ins Örtchen Neustadt Zeit gut machen. Aber Zeit spielt bei diesem schönen Landschaftslauf eher eine untergeordnete Rolle. Hier kann es sogar passieren, dass die Beine dann schneller sind, als der Kopf es will und es kann durchaus vorkommen, dass man intensiven Kontakt mit dem Waldboden bekommt.

Hat man das Ausgangsniveau wieder erreicht, steht die einzige und echte Ortsdurchquerung an. Neustadt mit seinen schönen und alten Fachwerkhäusern muss auf dessen Hauptstraße komplett durchlaufen werden. Hexenschmuck an vielen Fassaden kündigen die bevorstehende Walpurgisnacht an. Am Ortsausgang von Neustadt steht dann wieder eine der super Verpflegungsstände.

Hier bei Kilometer 43 hat man dann eigentlich das Schwerste hinter sich. Aus den dichten Wäldern werden immer mehr offene Felder und blühende Wiesen. Doch alle Anstiege sind noch nicht überwunden. Immer wieder steigt der Pfad leicht bis mäßig bergan, zwar nicht mehr so steil wie Stunden zuvor, aber nach rund 45 Kilometern haben auch diese Wellen in den Beinen ihre Wirkung.

Auch wenn das Städtchen Nordhausen schon zum Anfassen nahe ist, hat die Landschaft noch eine Zugabe parat. Die Ecke hier heißt Rüdigsdorfer Schweiz und die Strapazen haben ein Ende. Ein herrlicher Ausblick bietet sich den Teilnehmern auf Nordhausen und den Nordhäuser Steinbrüchen. Durch ein blühendes Rapsfeld führt der grasige Pfad und von hier geht es die letzten vier Kilometer ins Ziel, im Albert-Kuntz-Stadion, nur noch bergab.

Nach 51 schweren aber schönen Kilometern endet dann ein Landschaftslauf der Extraklasse.

 

Informationen: Harzquerung
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