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27.04.19 - Ith-Hils-Ultratrail

Im Knofelduft durch Ith und Hils

Um es gleich vorweg zu sagen: Ith und Hils sind nicht Pat und Patachon oder Dick und Doof. Es sind zwei ganz besondere Mittelgebirgszüge in Niedersachsen. Besonders sind sie durch ihre Form und die Fauna: der Ith ist völlig mit Bärlauch überzogen. Soviel habe ich noch nie gesehen. Deshalb riechts da auch so lecker. Na, und die Form erstmal: ein 20 km langer Klippenkamm, hoch über der Ebene, sanft nach Osten abfallend, irrsinnig steil nach Westen und daher beliebt bei Kletterern. Und einen Kammweg hat er auch…

Wir sammeln uns um 5 in Salzhemmendorf in der Therme. Das lässt hoffen für später - Wellness, ihr wisst schon. Wir, das sind die Langsamen. Um 6 starten wir, die Schnellen folgen um 8 nach. Alle sollen nach 81 km und 2100 HM um 20:00 wieder im Ziel sein.10 bis 14 Stunden, so ist der Plan. Nummernausgabe und Briefing, und dann schickt uns Detlef, der Laufcoach, auch running-paule genannt, in die Berge. Ein paar Kilometerchen nur durch die Felder und dann hoch, im Frühtau und bei Sonnenaufgang. So was Herrliches erleben nur wir Frühaufsteher.

 

 
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Am und im Wald umrunden wir des Ith Nordflanke und schrauben uns auf ziemlich steilen Trails zu Adam und Eva hoch. Zwei Klippentürme sind das. Dann ist der Kammweg erreicht. Der führt an der Abbruchkante längs mit spannenden Ausblicken in die Ferne oder nach unten. Gut, dass wir uns nicht von unten sehen können…total steil ist das hier. Frühnebel steigt auf, es wird richtig romantisch.

Der 100 Jahre alte Ith-Turm wird gerade saniert, also weiter im Bärlauch. Kurvig, wellig, weich, ein Traum von einem Trail. Bei 14,5 km dann ein Getränkepunkt. Bissel auftanken und weiter. Weiter hoch ist gemeint.

Dann  weicht unser Trail vom Weg ab. Man gestatte mir das Wortspiel. Es heißt nämlich offiziell Ith-Hils-Weg, ist eigentlich aber schwer wie ein Steig oder wie ein Trail, wie man heute sagt. Sie untertreiben hier halt gern etwas in ihrer Bescheidenheit. Es könnte doch etwas riskant sein, so dicht an der Kante zu traben. Also schickt uns Detlef unterhalb des Kammweges auf breiten Wegen weiter. Aber nur kurz, dann treffen sich die Pfade und wir gehen (!) auf ziemlich verblockten, steilen Aufundab-Trails weiter. Laufen ist nicht.

 

 
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Immerhin ist der Nebel nun weg, das Gras dampft richtig und die Sonne scheint in breiten Strahlen zwischen dem frischen Grün durch. Und noch besser: lange Strecken sind wieder laufbar! Begeisterte Wanderer feuern uns an. Sie machen die Tour in mehreren Etappen. Steinmännchen, alte Grenzsteine mit KH (Königreich Hannover) sind nette Wegmarken. Wenn dann links die ersten Wiesen auftauchen, ist der erste VP erreicht. Also - für diese ersten 30 km hat sich jede, aber wirklich jede Mühe gelohnt!

Ein Stück Straße über hügelige Wiesen, am Flugplatz Ith-Wiesen vorbei, dann noch links die Rothesteinhöhle und wir sind bei Holzen. Der Ort wird nur knapp berührt, schon geht’s links auf breitem Weg mitten in den Hils hinein. Und natürlich prompt zum höchsten Gipfel, der Bloßen Zelle, 480 m. Vorher liegen noch zermürbende Anstiege über steile Schotterstraßen und schmale und schlammige Waldpfade vor uns. Etwa 260 HM Anstieg auf 5 km Strecke. Gut machbar, aber noch viel besser läuft’s. als es auf prachtvollen, weichen Wegen da wieder runter geht. Nicht zu schnell, sonst hebt man ab vor lauter Freude. Detlef lauert unten und schießt Fotos. Ihm entkommt niemand. Ich glaube, selten sieht man in so glückliche Läufergesichter.

Grünenplan,  Sitz der Glaswerke Schott mitten im Ort in einem Bau mit prächtiger, alter Ziegelfassade. Man kann Fabriken auch ansehnlich bauen, das haben unsere Ahnen drauf gehabt. Dagegen fällt die Funktional-Architektur am Werk 2 nur ein paar Schritte weiter schon beträchtlich ab. Und schon sind wir wieder im Wald und laufen an einem Bach entlang zum nächsten Getränkepunkt. Hier wurde sogar ein Feuersalamander gesichtet! Ein gutes Zeichen für intakte Natur!

Die sehr abwechslungsreiche Streckenführung verlangt nun hohe Konzentration von uns. Die Schilder sind nicht immer soo eindeutig. Scharfe Abknickungen oder plötzliche Gefällabschnitte kann man schnell verpassen. Also: im Zweifel lieber auf die Streckenkarte gucken. Eine solche gab‘s am Start, oder aufs GPS- Maschinchen.

Kaierde heißt der nächste Ort, in einer tiefen Mulde auf halber Strecke nach Delligsen gelegen. Da kann man es schön rollen lassen. Und genau da macht Detlef wieder seine Fotos, bevor wir zum Plattenberg rauf müssen. Ein steiler Weg in den Feldern (der war schon von Weitem zu sehen), lässt dunkle Ahnungen aufsteigen. Und tatsächlich, es geht 120 HM auf knapp 2 km hoch. Aber dann ein Panoramaweg, prächtige Ausblicke nach Norden, und sanftes Gefälle bis nach Delligsen.

 

 
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Delligsen – ein magischer Ort für uns. 53 km und mit 114 hm der tiefste Punkt der gesamten Runde. Und mit der Chance, mit 4 Rädern zum Ziel gebracht zu werden. Man muss nur am VP2 Bescheid sagen. Hier gibt’s mal wieder alles, vor allem lecker Essen und Trinken. Aber das zum letzten Mal. Denn nun kommen die Höhenmeter. Lang und steil, rauf und runter geht der Weg. Gerade hat man so 100 bis 150 HM gesammelt, kann man sie im nächsten Tal gleich wieder loswerden. Aber die Wege sind toll, gut zu laufen und gut markiert.

Meistens sind wir im Wald und unter Bäumen. Und das ist auch gut so, denn man hat Schatten bei Sonne und Schutz bei Regen wie heute. Ich habe gerade den VP verlassen und schaue zurück, als ein erster Guss im Tal und über dem Ort niedergeht. Pünktlich, der Wetterbericht hat Recht. Ab jetzt Niesel bis ins Ziel und soo warm ist es nun auch nicht mehr. Also die Regenklamotten ausgepackt. Der Niesel weicht die Böden auf, Schlamm und Glitsch erschweren nun den sicheren Tritt. Die Wege sind wie zuvor hervorragend, erfordern aber nun verschärfte Aufmerksamkeit.

Wir haben einen ersten kleinen Höhenzug überwunden, mit einem imposanten Klippenüberhang und einem Knochenbrecher-Abstieg dahinter. Dann kommt ein Unesco-Weltkulturerbe in Sicht. Jawohl, Weltkulturerbe – und das hier. Es glaubt mir wohl keiner, aber in Alfeld sieht man den rauchenden Schlot des Fagus-Werkes. Es ist ein Bauhaus-Gropius-Bau, immer noch aktuell und lebendig, gerade heuer, beim 100er Bauhaus-Jubiläum…

Was man auch immer dort treibt, es hat Zeit für später. Der Duinger Berg ruft. Der ist genauso schmal und langgezogen wie der Ith, läuft genau parallel zu ihm, hat aber eine andere Geologie und Fauna. Und es gibt kein Bärlauch. Aber schön hoch ist er auch. Das Tal der Glene unterbricht ihn. Dort findet man die Lippoldshöhle.  Auf sehr schmalem Steg über den Bach, dann gegenüber wieder hoch zu einem schönen Kammweg, der nun im Regen nicht ganz so attraktiv daherkommt. Jedenfalls was die Aussicht betrifft. Auch vom Leineberglandbalkon aus gesehen ist alles diesig, der Brockenblick fällt heute aus. Aber es ist wieder toll zu laufen.  Am Ende liegt Marienhagen mit der allerletzten Tanke. Cola und Gummibärchen sind sehr gefragt.

 

 
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Keine 10 km sind es mehr, aber da wäre noch ein Berg… der Thüster Berg nämlich, 450 m hoch. Ein Klacks. 7 km sanfter Anstieg. Hier stellt sich für manchen die Frage: gehst du schon oder läufst du noch?. Oben steht ein wenig ästhetischer Fernsehturm und einen Kilometer weiter der Lönsturm mit interessanter Geschichte, die sein uriges Aussehen erklärt. Der Turm war 1928 ursprünglich 10 m höher geplant, aus Geldmangel aber etwas abgespeckt ausgeführt.  Als die Buchen um ihn herum irgendwann die Sicht versperrten, wurde er 1972 zur 950-Jahr-Feier von Salzhemmendorf und 1997 ein weiteres Mal erhöht.

Knapp dahinter geht es auf dem Klippenweg zum Ziel. Es ist ein Steig, wo die Felsen abbrechen. Auf Glitsch und am Stahlseil geht es runter. Gut, dass das Seil mit weichem Kunststoff ummantelt ist, Handschuhe hat ja keiner dabei. Unten aufpassen: das Wanderwegenetz von Salzhemmendorf ist erreicht. Es gibt vele Kreuzungen! Aber zuerst geht es noch durch einen Steinbruch mit sehr imposanten Abbruchkanten.

Der Ort wird umgangen. Natürlich ist da ein Hügel, war ja klar. Kürzer wäre es ja schon, und man sähe auch was vom Ort, würde man auf dem Radweg direkt zur Therme laufen. Aber gemütlich kommt später. Ein oder zwei Wohnstraßen noch, dann über die Saale (tja, wer rumkommt, kennt nun die in Thüringen, in Franken und nun in Niedersachsen) ins Ziel.

Geschafft! Und nun: je nach Ankunftszeit kann die Wellnessphase gestaltet werden. Vom einfachen Duschen bis zum Außenpool, mit und ohne Sauna. Hauptsache, man ist ab 20 Uhr zum Essenfassen und zur Siegerehrung fertig. Oh, wie lecker sind diese Nudeln…

 

Fazit

 

Ein Wanderweg, der eigentlich den Titel Steig verdient, bietet unvergessliche Eindrücke. Ein einmalig schönes Geläuf ist das hier. Detlef hat uns ein perfekt organisiertes Lauferlebnis beschert. Nur schade, dass es schon nach spätestens 14 Stunden schon endet. Aber am Sonntag kann gut die interessante Gegend erkundet werden.  Hier gibt’s ganz viel zu erleben! Ein ganz, ganz großes Dankeschön an Cordula, an Detlef und an alle fleißigen Helfer. Ohne euch wär dat alles nix!

 

Informationen: Ith-Hils-Ultratrail
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