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18.10.15 - Wolfgangseelauf

Der Wolfgang in St. Wolfgang am Wolfgangsee

Die ersten zehn km sind für mich wie im Fluge vergangen, der Lauf ist kurzweilig, die Gespräche angenehm, die Landschaft attraktiv, so kann es gerne weitergehen. Nach elf km stoßen wir auf die letzten km des 27 km-Kurses und lernen so schon mal das Ende unseres Laufs kennen. Für mich als derzeitigem Wahl-St. Wolfganger ist das schon fast ein Heimspiel. Hier kenne ich jeden Meter, was die Kurzweil deutlich erhöht. Es ist geradezu unglaublich, schon sind die ersten 15 km vorbei, bevor ich sie richtig wahrgenommen habe. Ich glaube, das liegt daran, dass ich diese genauso wahrnehme, wie es auch vorgesehen ist: Es handelt sich schlicht und ergreifend nur um den Aufgalopp zur eigentlichen Strecke, auch wenn dieser für sich alleine genommen auch schon wirklich schön ist.

 
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Weniger als 200 m vor dem späteren, spektakulären Zieleinlauf leitet man uns parallel nach rechts um, um uns 100 m hinter dem Zieleinlauf auf Höhe des Michael-Pacher-Haus in St. Wolfgang wieder auf den Hauptkurs zu lassen. Schön wäre es gewesen, an den ganzen auf ihren Start wartenden 27 km-Läufern vorbeizulaufen, aber dann hätte ich 15 km in 1:10 Std. laufen müssen, das ist für mich aber weder sinnvoll, geschweige denn machbar. Immerhin werden die ersten 5,2 km-Läufer im Ziel begrüßt, die in Strobl gestartet sind. Linkerhand tut sich erneut das herrliche Panorama des Wolfgangsees auf, und auch dort kenne ich jeden Meter der ersten drei km. Warum? Rund um den See sind nicht nur gefühlte hunderte Wanderwege ausgezeichnet, sondern auch diverse Laufstrecken mit Namen, Gesamtlänge und Streckenkilometer beschildert, eine sehr lobenswerte Einrichtung. Und die ersten drei km gehören zur mehrfach gejoggten Rieder Runde, die allerdings anstatt 6, wie angegeben, nur 5,2 km lang ist.

Etliche der Hotels und Pensionen, die wir passieren, haben schon geschlossen, wie es überhaupt in der Woche vor dem Lauf sehr ruhig war, für uns ausgesprochen angenehm. Am Laufwochenende hat sich dies natürlich ins Gegenteil gewandelt. Linkerhand liegen, am Ufer fest vertäut, die beiden noch funktionsfähigen ersten beiden Schiffe, die auf dem See verkehrten, u.a. die „Kaiser Franz Joseph“. In Ried lässt sich links am Horizont ein mondäner Ferienhort erahnen, den wir vom Schiff aus gesehen haben. In beiden Weltkriegen wurde er militärisch genutzt, v. a. von der Kriegsmarine. Österreich und Kriegsmarine? Klar! Der letzte  Kriegshafen? Pula an der Südspitze Istriens.

 
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Nach der Labestelle in Ried bei km 18 sehe ich einen Weg am Horizont steil aufsteigen, was nur eines bedeuten kann: Es wird ernst, der Falkenstein ruft! 220 Höhenmeter hinauf und hinab drückt man uns aufs Auge auf dem Weg nach Fürberg. Und schon, ich glaube meinen Augen nicht zu trauen, hole ich die letzten der 27 km-Läufer ein, die ich ab hier laufend einsammeln werde. Das ist sicher nicht nur für mich echt motivierend und Resultat einer klugen Startstaffelung. Die ersten gehen schon, für meinen Geschmack viel zu früh, aber ich freue mich, meine westerwaldgestählten Berglaufqualitäten ausspielen zu können. Wohl wissend, dass hier Unterstützung gefragt sind, haben sich viele Fans eingefunden, sehr schön!

Sehr schön ist es auch, Brigitte, die Frau des eingangs erwähnten Transamerikaläufers Helmut Linzbichler auf ihren 27 km wiederzutreffen. Glücklicherweise werden wir uns nach der Siegerehrung nochmals treffen und die versäumten gemeinsamen Fotos machen. Mein Übermut wird bald bestraft, denn schon bald geht es steil bergauf. Wirklich steil bergauf, Laufen ist schnell vorbei. Aber es ist klasse, selbst im zügigen Gehen noch trippelnde Läufer zu überholen. Ja, so ein alter Hahrung, der hat Erfahrung!

Einige ganz wenige Bergabmeter bringen uns zur Spitze des Falkensteins. Dort steht die Wolfgangskapelle, ein Wallfahrtskirchlein, 1350 zum ersten Mal erwähnt. Der Legende nach flüchtete der hl. Wolfgang sich einmal vor dem Teufel auf den Falkenstein, als sich der Felsen vor ihm öffnete und ihn durchließ. Es ist die Höhlung, durch die die Pilger, in Spitzenzeiten bis zu 300.000 jährlich, durchkriechen. Sie durchquerten die Durchschlupfstelle ungeschaut und ungeschrien, das heißt ohne zurückzuschauen und schweigend. Von der Engstelle hieß es, dass sie auch der „Dickste, wenn er frei von Sünden ist“ begehen könne. Schwangere erhofften sich eine leichtere Entbindung. Das beruhigt mich persönlich jetzt doch enorm. Wenige Schritte vom Kirchlein weg ist in der Felswand eine Nische mit einem lagerartig geformten Stein, der die Schlafstätte des hl. Wolfgang gewesen sein soll, dessen Körpereindrücke man daran erkennen will. Das nützt mir allerdings herzlich wenig, denn ich muss weiter.

 
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Danach fällt der Weg schnell steil zum See hin ab und als ich den nach einer Kurve zum ersten Mal wieder vor meinem Auge habe, höre ich mich „Boah, wie geil!“ rufen. Um mich herum lacht alles, aber wir sind uns einig, dass das ein mehr als toller An- und Ausblick ist. St. Gilgen ist bereits auszumachen. Mein lieber Freund, geht das am Kreuzweg steil hinunter! Völlig egal, ich gebe Gas und überhole. Und büße das, blöd wie ich bin, natürlich noch Tage später. Von wegen alter Hahrung... In Fürberg haben wir den See wieder erreicht und bekommen an der Anlegestation wieder Atzung. 22 km sind geschafft, mir geht es blendend. Und schon wieder habe ich Peter Alexander, nur ganz leicht verfälscht, im Kopf:

Ja im Salzkammergut,
da kamma gut
sportlich sein,
wenn Franz Sperrer ruft, holdrio.

Ja im Salzkammergut,
da kamma gut
sportlich sein!
Es geht rauf und runter,
die ganze Strecke mitunter.

Unmittelbar am Ufer laufen wir auf herrlichstem Wanderweg weiter voran, das ist Balsam gleichermaßen für Auge, Seele und Geläuf. Schon in St. Gilgen habe ich ein Déjà Vu: Wie seinerzeit auf dem Bostoner Kurs gesehen, hat man ein ganzes Altersheim vor die Tür gesetzt und den Leutchen Abwechslung ermöglicht. So sitzen sie schön in der Sonne und feuern uns an. Ein herzliches „Vergelt's Gott!“, Haus Maria! Den schönen Dorfplatz kenne ich natürlich auch schon, denn im Café Dallmann haben wir so manche Köstlichkeit genossen. Wer weiß, wer hier noch regelmäßig Gast war? Richtig, unser Kanzler der Einheit, der in St. Gilgen jahrzehntelang urlaubte. Das ganze Café hängt voller Erinnerungen an ihn. Ich möchte nicht wissen, was hier gebacken war, wenn er mit seiner Entourage vor Ort war.

 
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Am Ortsausgang steht das Geburtshaus der Mutter Mozart, entsprechend ist der Bohei um ihren Sohn, der hier gemacht wird. Seine Schwester, die Nannerl, hat viele Jahre hier gelebt, ein weiteres Café ist nach ihr benannt. Damit ist die Westspitze des Sees umrundet und wir beginnen den gegenüber St. Wolfgang liegenden Teil. Auf dem über die sog. Franzosenschanze bei km 28 führenden Radweg geht es zügig voran. Klar, nicht für alle, aber bei mir läuft's super, ich bin nach wie vor hochmotiviert. Wetter, Stimmung, Verpflegung, Kondition, bis hierher stimmt alles. Gut, auf den parallel verlaufenden Autoverkehr könnte ich verzichten, aber der Streckenverlauf ist alternativlos (hört Ihr die „Mutti“ aus mir sprechen?). An einer von mehreren Stellen sind die offiziellen Fotografen platziert und versuchen, uns vorteilhaft ins Bild zu bringen. Natürlich auch mich, daher lassen wir hier Sigismund Sülzheimer (natürlich auch wieder geringfügig, aber völlig unwesentlich) verändert zu Wort kommen:

Als Wolfi in der Wiege lag, da war es schon zu seh'n:
Das Kind wird wunderschön wie'n Standbild aus Athen!
Die Männer wurden grün vor Wut, die Mädchen in der Stadt,
Die sagten: Nur kein Neid! Wer hat, der hat!

Was kann der Wolfgang denn dafür, dass er so schön ist?
Was kann der Wolfgang denn dafür, dass man ihn liebt?
Die Leute tun, als ob die Schönheit ein Vergehn ist -
Man soll doch froh sein, dass es sowas Schönes gibt.

Was kann der Wolfgang denn dafür, dass er so schön ist?
Der Wolfgang ist nun mal ein süßer Kavalier,
Und dass er immer bei den Damen gern geseh'n ist,
Was kann der Wolfgang, ja der Wolfgang denn dafür?

Unweit der offiziellen Labestelle Gamsjaga steht ein Naturbursche, ein Mann wie gemalt, und strahlt mit der Sonne um die Wette. „Du schaust gut aus!“, sage ich ihm, bevor ich auf den Auslöser drücke. „Du aber auch!“ erwidert er, womit er natürlich recht hat. Und weil wir uns so gut verstehen, habe ich direkt ein Bier in der Hand. Ja, Anton und Joe, so etwas passiert nicht nur Euch! Mein laufender Nachbar zur Rechten schaut zwar missbilligend, aber ich sehe das mittlerweile maximal entspannt, denn: Ein guter Schluck mit viel Aroma hält Opa jung und auch die Oma!

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