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06.10.13 - Kaisermarathon / Tour de Tirol

Too much Matsch

Laufen ist im Trend, Trailrunning noch mehr und selbst Marathons abseits der Straße gibt es mittlerweile wie Sand am Meer. Zumeist folgt ihr Ablauf „Schema F“: Kurzer Prolog mit Messe und Pasta, Lauf, und das war es. Vielen reicht das auch. Aber so mancher denkt: Kann man da nicht auch mehr daraus machen? Man kann. Und die Tour de Tirol macht es vor. 

Seit nunmehr acht Jahren setzen die Veranstalter rund um Martin Kaindl und Dieter Aufinger auf die bewährte Formel 10 + 42 + 21 = 78 für ihr Laufevent. In und um das tirolerische Söll ist man drei Tage hintereinander, von Freitag bis Sonntag, auf diesen Distanzen unterwegs. Und zwischen den Läufen wird gefeiert und relaxt. Ergänzt werden muss die Formel noch durch den Faktor „2,4“. Denn das sind die Kilometer, die man zusätzlich in der Vertikalen bewältigen muss.

Mit ihrem Konzept haben sich die Tour-Veranstalter eine treue Fangemeinde aufgebaut und von Jahr zu Jahr werden es mehr. Das schließt auch Spitzensportler der Berglaufszene ein. Weltmeister Jonathan Wyatt stand hier schon des öfteren auf dem Siegerpodest. Und auch 2013 sind, quasi schon als Stammgäste, Topläufer wie Patrick Wieser, Adam Kovacs, Gert Frick und Simona Staicu dabei. Ergänzt wird der diesjährige Favoritenkreis durch den Kenianer Henry Kemboi. 

„Wenn schon, denn schon“ läuft ein großer Teil der Teilnehmer die Gesamttour. Doch kann man sich auch auf Einzeletappen beschränken, wobei das Herzstück der Tour, der Kaisermarathon an Tag zwei die meisten, nämlich mittlerweile 470 Teilnehmer mobilisiert. 950 sind es insgesamt, die 2013 in den Starterlisten verzeichnet sind. Ein neuer Rekord.

Gerade mal zwei Jahre ist mein persönliches Tour-Debüt her. Schon damals sagte ich: Ich komme wieder. Wegen eines vorwinterlichen Wettereinbruchs hatte 2011 – einmalig in der Historie der Tour - der Kurs des Kaisermarathon verlegt und kurzfristig sogar verkürzt werden müssen. Ihn auf der Originalstrecke zu erleben war mir daher ein besonderes Anliegen. 

 

Tour-Metropole Söll

 

Dreh- und Angelpunkt der Tour ist das tirolerische Dorf Söll. Mit Ellmau, Scheffau und Going verbindet Söll die Zugehörigkeit zur “Skiwelt  Wilder Kaiser - Brixental”, dem größten Skizirkus der Alpenrepublik. Aber auch im Sommer ist Saison: Dann stürmen Wanderer und Bergsteiger die umliegenden Berge, allen voran den Gebirgsstock des Wilden Kaiser mit seinen bis zu 2.344 üNN aufragenden schroffen Felstürmen.  

 
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Das erste Oktoberwochenende steht jedoch ganz im Zeichen der Läufer. Fahnen, Banner, Plakate  stimmen allgegenwärtig im Ort auf das anstehende Ereignis ein. Ein kleines Zeltdorf auf den Wiesen am südlichen Ortsrand ist der Punkt, an dem das Herz der Tour schlägt. In einem der beiden Hauptzelte finde ich die Startnummernausgabe sowie eine kleine Messe, das andere ist primär dem Feiern vorbehalten. Auch eine Riesenleinwand ist aufgebaut. Man ist bestens gerüstet für den Ansturm der Lauf“tour“isten.

Und der beginnt bereits am Nachmittag mit den Kinderläufen. Zuerst müssen die Kleinen jedoch eine Aufgabe ganz anderer Art bewältigen. Unterstützt von den Laufheroen Patrick Wieser und Adam Kovacs gilt es den angeblich weltgrößten Tiroler Apfelstrudel, 20 Meter messend und auf fünf laaaange Bretter drapiert, von der Touristeninfo im nahen Ortszentrum zum Verzehr an den Start zu transportieren. Gleich danach geht es Schlag auf Schlag für die Kleinen. Nach Altersgruppen gestaffelt und von Pinguin Jürgen animiert werden sie auf die Piste geschickt. Eine Bombenstimmung begleitet sie vom Start weg durch den Ort und zurück ins Ziel. Putzig anzusehen ist vor allem der Lauf der Minis aus der „U6“. Auch wenn der Spaß dabei mehr den hochmotivierten Eltern als den teils überforderten Zwergen aus dem Gesicht spricht.    

 

Söller Zehner

 

Sozusagen als Appetizer der Tour steht am Freitag Abend der „Söller Zehner“ an. Drei Runden mit je 70 Höhenmetern und in der Summe 10 km sind in und um Söll zu bewältigen. Bis 2010 hatte man diesen Lauf noch ein paar Kilometer weiter westlich in Reith als „Alpbachtaler Zehner“ ausgetragen, ihn aus logistischen Gründen aber nach Söll verlegt. Und das hat sich bewährt.

 
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Es ist schon später Nachmittag, als sich die Läufer zum Start vor dem Zeltdorf sammeln. Musik wummert aus den Boxen. Der Countdown läuft und mit dem „zero“ um Punkt 18 Uhr jagt die Meute los, als wäre dies der einzige Lauf des Wochenendes. Auf verkehrsfreien Sträßlein geht es westwärts und sodann in einem weiten Bogen durch die Natur um Söll herum. Schon nach einem halben Kilometer spüren wir erstmals deutlich die Höhenmeter, das Tempo stockt für ein paar hundert Meter. Dann zweigen wir nordostwärts auf einen Naturpfad ab, der durch Wiesen und Wälder, Obstgärten und Gehöfte oberhalb von Söll den Bogen um den Ort fortsetzt.

Von fast jedem Punkt unseres Weges haben wir Blickkontakt zu Söll und in der Ferne hören wir die Musik aus den Lautsprecherboxen im Ziel. Eine tolle Szenerie bieten tiefhängende Wolkenfetzen über dem Tal, Reste des Unwetters vom frühen Nachmittag, und der in der letzten  Abendsonne am Horizont erstrahlende Felskamm des Kaisergebirges. Kurz vor km 2 gibt es Gelegenheit zur Erfrischung, allerdings fühlen sich die meisten durch die abendliche Kühle erfrischt genug. Dann stürzt sich unser Laufkurs den Kreis schließend in Kurven gen Söll hinunter, mitten hinein ins Ortszentrum. Dichte Zuschauerreihen und freundlicher Applaus erwarten uns entlang der  Hauptgeschäftsstraßen und begleiten uns bis zur „Tour-City“ am Ortsrand.

Auf der zweiten Runde hat sich das Läuferband schon beträchtlich auseinander gezogen. Man merkt die zunehmende Dämmerung, vor allem in den Waldpassagen. Kurz bevor ich meine zweite Runde beende, saust ein Motorrad, dann ein Radler  im Gefolge der führende Läufer an mir vorbei: Es ist der Kenianer Henry Kemboi. Die Leichtigkeit, in der er vorbei zieht, ist faszinierend. Ob er diese Dominanz auch in den Bergen halten kann? Noch düsterer wird es auf der dritten Runde. In den Waldstücken erhellen zum Teil grelle Scheinwerfer den Weg und schaffen eine fast schon gespenstische Szenerie. Über einen roten Teppich werden wir ins Ziel geleitet. Hier geht der „Bär ab“. Frisches Erdinger Weißbier fließt in Strömen und ich muss mich beeilen, noch ein Stück von dem superleckeren Rekordapfelstrudel zu bekommen. Ein gelungener Einstand – das macht Lust auf mehr.

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