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05.10.14 - Kaisermarathon / Tour de Tirol

Was will man mehr?

Unser Weg biegt in den Wald und führt in steilen Serpentinen weiter nach oben. Das km 22 Schild steht etwas deplaziert im sonnendurchfluteten Wald. Der Weg wird zum Pfad, wobei mich die vielen Wurzeln an den Rennsteig erinnern – Rennsteiglauf vertikal. Teilweise ist es so steil, dass sich die Wegbauer mit dem Einbau von befestigten Treppen behelfen mussten. Der Weg gleicht manchmal einem ausgetrockneten Bachbett.

Wir unterqueren die Hartkaiserbahn und erreichen das km 23 Schild. Es sind von der Mittelstation zur Rübezahlalm nur 15 Minuten Gehzeit. Die großen, aus ganzen Baumstämmen geschnitzten Rübezahlfiguren,  weisen den Weg. Oberhalb der Rübezahlalm liegt unsere VP. Hier muss man kurz Pause machen. Zum einen gibt es nun auch Red Bull und Cola. Zum anderen ist die Aussicht auf die Gipfel Kaisergebirges (Ellmauer Halt, Ackerlspitze, Trefflauer) grandios.

Das Kaisergebirge besteht aus dem  Wilden und Zahmen Kaiser, beide verbunden oder getrennt (wie man will) durch das 1580 m hohe Stripsenjoch. Der Wilde Kaiser ist seit jeher eines der  beliebtesten Klettergebirge Österreichs. Namen wie Totenkirchl, Fleischbank-Ostwand oder Predigtstuhl lösen bei Alpinisten Ehrfurcht und sportlichen Ehrgeiz aus.

 
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Unser Weg führt im Zickzack den Berg weiter hinauf. Ein Schild weist uns vom gesperrten Waldwanderweg auf die „Fahrspur“. Ich vermute eine geteerte Straße. Tatsächlich handelt es sich aber um einen breiten Weg, der an eine Baustellenzufahrt erinnert, die sich an der Bergflanke steil hinaufzieht. Mir soll es recht sein, liegt uns doch das ganze Tal mit kilometerweiter Fernsicht zu Füßen. Ab und zu kommen Läufer von hinten; ich kann dafür andere überholen. Wir treffen wieder auf die Hartkaiserbahn. Den Gasthof Jägeralm lassen wir rechts liegen, um die Standseilbahn erneut zu unterqueren.

Waren die ersten 20 Kilometer erfreulich kurzweilig, zieht es sich nun gewaltig. Die Abstände zwischen den Kilometerschildern scheinen sich verdoppelt zu haben. Beim km 25 Schild geht es steil bergauf. Aber was ist das? Von oben kommen uns Menschenmassen entgegen. Einer der Männer trägt eine Halbe Bier spazieren.  Auf ihn steure ich zu. Er erkennt mein Anliegen und reicht es mir und sofort laden mich auch seine Begleiter ein. Danke liebe Freunde, danke.

Ein Schild kündigt die nächste VP in 200 m Entfernung an. Ich glaube damit sind 200 Höhenmeter gemeint. Während sich die Standseilbahn samt Bergpanorama in einem kleinen See spiegelt, komme ich nur langsam der Bergstation näher. Die VP liegt traumhaft, aber es ist ganz schön viel los. Hier befindet sich nämlich „Elmis Zauberwelt“: Ein Kindererlebnispark mit diversen Spielgeräten, Streichelzoo, Sandkiste, Irrgarten und Wasserspielplatz. Wir Läufer werden von den Gästen neugierig begutachtet, sie denken sich wohl ihren Teil.

Wir überqueren eine Kuppe und haben jetzt Aussicht in die andere Richtung. Gleichzeitig geht es leicht bergab. Vom Hauptweg biegen wir auf einen schmalen Trail. Das macht jetzt richtig Spaß. Im schattigen Wald geht es wellig dahin. Wir verlassen den Wald und treffen bei km 27 auf einen kleinen Teich. Eine Ente zieht eine einsame Spur auf der ansonsten glatten Oberfläche.  Weiter geht’s zur neu gebauten Almgaststätte Tanzboden. Ich werde auf die Aussichtsterrasse gelotst und von der Moderatorin begrüßt.  Die Gäste bieten mir zu trinken an. Alles für den Sportler.

Ich freue mich, endlich bergab laufen zu dürfen. Die Freude währt aber nur kurz, dann führt die Strecke schon wieder bergauf. Wir laufen quasi auf einer Hochebene. Hinter km 30 wartet die nächste VP. Ich beneide die Helfer um diesen genialen Platz. Wir haben Rundumsicht auf die phantastische Bergwelt. Ich erkundige mich, wann denn nun endlich das lange Gefälle zum Hexenwasser kommt. Scheinbar in 5 Minuten. Tatsächlich, bei km 31 ist es soweit. Es geht bergab. Aber wie. Ich muss bremsen, sogar mir ist das zu steil. Erst als es flacher wird, komme ich ins Rollen. Die Schilder von km 32, 33 und 34 fliegen förmlich vorbei.

An der VP bei km 35 gibt es Brühe und Brötchen. Meine Mitläufer machen sich Sorgen, beim Hexenwasser nicht weiter laufen zu dürfen. Ich hatte mich im Vorfeld nicht für die Cutt off Zeiten interessiert. Ich laufe immer so schnell, wie ich kann und bin bis jetzt in meinem Plan. Wenn das nicht reicht, kann ich es auch nicht ändern.

Der Weg führt an einem See entlang und dann leicht bergauf. Mir geht es so gut, dass ich das Stück fast ohne Gehpause schaffe. Bei km 37 kommen wir wieder in den Wald und laufen weiter bergab. Ich bin so flott, dass auch das km 38 Schild schnell hinter mir liegt. Der Wald lichtet sich für eine weite Almlandschaft. Schon von weitem höre ich Musik und einen Moderator. Gleich habe ich es geschafft. Aber mir scheint, dass schon abgebaut wird. Ich werde zwar freundlich begrüßt, dann aber darauf aufmerksam gemacht, dass es „aus“ ist. Das Rennen ist für mich hier beendet. Ich bin 20 Minuten zu spät.

 
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Mechanisch steuere ich die Gondelstation an. Der Kontrolleur lässt mich passieren. Während mich die Kabinenbahn nach oben bringt, kann ich die glücklicheren Läufer beim Aufstieg beobachten. Da ist auch Bernie. Trotz Verletzung wird er es heute nach oben schaffen. Die Strecke sieht steil aus, sehr steil. Hätte ich das noch geschafft?

Oben treffe ich Norbert. Er hat etwas über 5 Stunden gebraucht - Gratulation. Die Zielverpflegung ist grandios. Kuchen, belegte Brötchen, Plätzchen, Erdinger und natürlich auch die normalen Sachen. Der Zielbogen steht ganz oben am Hang. Unbeschreibliche Szenen spielen sich dort ab. Es wird umarmt und gratuliert. Viele kommen mit letzter Kraft hier an. Andere dagegen schaffen sogar noch einen Sprint auf den letzten Metern und zeigen damit dem Berg: „Ich habe Dich bezwungen“.

 
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