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09.07.10 - Special Event

Rückkehr auf die Alm

Autor: Klaus Duwe

Ich hätte es Euch schon letztes Jahr sagen können: Die Seiser Alm sieht mich bald wieder.

Der Dolomiten-Marathon in Brixen ist die Gelegenheit. Von der Bischofstadt sind es nur ungefähr 40 Kilometer. Genauso weit ist es von Bozen aus. Unser Anton, er war noch nie in den Dolomiten, hat auch Lust auf die Berge. Und der Hartmann Stampfer wohnt ja dort (in Völs). Also, nichts wie hin.

Nicht ganz zufällig und dennoch mit großer Freude treffe ich auf der 1800 bis über 2000 m hoch gelegenen Alm „alte“ Bekannte: Jungfrau-Sieger Hermann Achmüller aus Südtirol, den Österreicher Roman Weger (7facher Landesmeister, Marathon-Bestzeit 2:16;18), seine Partnerin Silvie Tramoy aus Frankreich (Gewinnerin des Dresden Marathon 2009) und das Kenianische Marathonteam des Italieners Dr. Rosa. Internationaler geht es nicht.

Mein Hotel ist das Bellavista, die Asse wohnen gleich nebenan im Plaza. Beide Hotels sind erste Wahl, will man zum Laufen oder Urlauben auf die Seiser Alm. Sie liegen zentral am Beginn der Hochalm, haben Parkplätze, die Bushaltestelle ist vor der Tür und von dort kann man auch gleich auf bequemen Wegen loslaufen. Die Seiser Alm ist mit PKW nur mit Sondergenehmigung zu bestimmten Zeiten zu befahren. Eine Sondergenehmigung bekommt man für die Dauer seines Aufenthaltes, wenn man eine Hotelreservierung vorweisen kann.

Der Sommer ist auch in Südtirol heiß. Unten im Tal hält man es kaum aus. Hier oben hat es um die 25 Grad, die sich aber anfühlen wie 30. Trotz der 42 km gestern und der Hitze heute, der Anblick des Schlern, dessen Felstürme (Euringer- und Santnerspitze) wie die einer Kathedrale in den Himmel ragen, weckt unbändige Lauf- und Wanderlust in mir. Der Schlern (2563 m) ist das Wahrzeichen von Südtirol. Und Hermann Achmüller war noch nie oben – als Südtiroler! Das soll sich jetzt aber ändern.

 

„Hey, marathon4you, Foto machen“

 

Am Montag ist noch Büroarbeit angesagt, ein lockeres Läufchen und Gespräche mit dem jungen Italienischen Trainer der Kenianer, Claudio Prandelli und ein paar Läufern.  Da sind Namen dabei, die zergehen einem auf der Zunge:

Samuel Wanjiru, bis zum Frühjahr hielt er den Weltrekord (58:33) auf der Halbmarathondistanz. Am 24. August 2008 wird der damals 22jährige in Kenia zum Volkshelden, als er bei den Olympischen Spielen in Peking endlich das ersehnte Marathon-Gold ins Land der Läufer holt. Ich kann mich sehr genau an das dramatische Rennen erinnern. Haile Gebrselassie hatte verzichtet, er hatte Bedenken wegen der schlechten Luft.  Dann waren das Wetter und die Bedingungen gar nicht so schlecht, aber 24 Grad waren es doch. Zu viel für ein schnelles Rennen? Würden die Kenianischen Weltklasseläufer (am Start waren noch Martin Lel und Luke Kibet, der Weltmeister) gemeinsam die Gegner zermürben? Für solcherlei Teamarbeit und Taktiken sind die Kenianer ja eher nicht bekannt. 

 
 
Samuel Wanjiru
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Wanjirus höllisches Anfangstempo macht allen klar: Für ihn zählt nur eins – Gold. Seine Durchgangszeiten bei 5.000 und 10.000 m (14:52/29:25) sind weltrekordverdächtig und die 62:34 bei  der Halbdistanz angesichts der Temperaturen unglaublich. Aber Wanjiru ist nicht alleine. Der Äthiopier Deriba Merga übernimmt zeitweise sogar die Spitze und auch der Eriträer Yonas Kifle lässt sich nicht abschütteln. Und dann ist da noch der Weltmeister von 2003 und 2005, Jaouad Gharib aus Marokko. Martin Lel kann ab ungefähr km 30 nicht mehr folgen. Bei km 37 forciert Wanjiru das Tempo. Am ehesten kann noch Gharib folgen, ohne Wanjiru jedoch zu gefährden. Jubelnd läuft er im Stadion ein, gibt noch einmal Gas und gewinnt in 2:06:32 Stunden Gold für sich und Kenia. Gharib wird zweiter (2:07:16) vor Tsegeye Kebebe aus Äthiopien, der seinen Landsmann Deriba Merga noch im Stadion überholt.

Danach wurde spekuliert: Kann dieser junge Wanjiru auch den Weltrekord nach Kenia holen? Welche Zeit wäre möglich gewesen, bei günstigeren Bedingungen? 2:05:10 war 2009 seine Siegerzeit in London. Was bringt 2010? „Man weiß es nicht. Marathon ist keine einfache Disziplin“, meint er.

 
Martin Lel
© trailrunning.de 2 Bilder

Martin Lel ist auch hier. Er ist nicht fit und kann noch nicht alle Laufeinheiten mit machen. Wir stehen vor dem Hotel in der Sonne und ich frage ihn, ob er nicht mal in Deutschland laufen wolle. Doch, würde er gerne. Ich gebe ihm den m4y-Flyer und sage ihm, er soll sich einen aussuchen. Na, ja, man weiß ja, von was das abhängt. Aber Spaß versteht er. Er fragt mich, ob und wie man auf den Berg da (er zeigt auf den Schlern) kommt. Ich erkläre es ihm. Er lacht herzhaft. „Etwa mit Stöcken?“ fragt er und macht mit vor, wie er sich das vorstellt. Dabei muss er noch mehr lachen. Da steht der dünne Schlacks,  London- und NY-Sieger, Gewinner der World-Marathon-Majors-Serie 2007/08 und parodiert die Walker. Achim Achilles hätte seine helle Freude gehabt. Ich kann mich kaum mehr halten.

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