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11.09.11 - Transalpine Run

Ein Drama braucht gefallene „Helden“

Bereits die zweite Etappe von Hirschegg nach Schruns stellt die Königsetappe des TAR dar. Harte 53 Kilometer und 2.481 Höhenmeter bedeuten eine extreme Herausforderung, wobei bereits das Ankommen in Schruns innerhalb des Zeitlimits auch für uns eine Höchstleistung dargestellt hätte.

7:00 Uhr.  Wie unbeteiligte und zufällige Zuschauer, aber mit Startnummer vor dem Bauch und mit Tränen in den Augen sehen wir den Läufern nach, die schnell im Nichts verschwinden. Als öffnete sich der Boden unter uns und schluckt uns, um uns irgendwann einfach wieder auszuspucken. Das Start-Tor wird abgebaut, die Massagebänke zusammengeklappt und die First Aid Biker werfen ihre Maschinen an, um dem Trott zu folgen.

Körperlich wie gelähmt von einer unglaublichen Leere, suchen wir die Bushaltestelle des Stadtbusses, der uns zurück nach Oberstdorf an unser Auto bringen wird. Die Läufer haben auch heute wieder das schönste Wetter und laufen über Wanderwege und anspruchsvolle Trails. Wir erreichen unser Auto in Oberstdorf, 7 Tage zu früh. Die Läufer befinden sich bereits in der eindrucksvollen Hochgebirgslandschaft. Mit den Allgäuer Alpen, den Lechtaler Alpen und der Verwallgruppe werden in dieser Etappe alleine drei Gebirgsgruppen durchquert. 

Aber wir sind nicht alleine mit dem Schicksal. Ebenfalls startet heute nicht mehr Edurne Pasaban ,eine der erfolgreichsten Bergsteigerinnen. Sie ist eine von drei Frauen, die alle vierzehn Achttausender bestiegen hat. Auch die zweifache Olympiasiegerin Claudia Nystad geht nicht mehr an der Start. Die Langlaufqueen gewann 2010 in Vancouver die Goldmedaille im Team-Sprint und die Silbermedaille mit der Staffel . 

Für viele Läufer wird die Königsetappe zum schönsten Tag – jedenfalls was das Laufgefühl angeht. Denn die Läufer, die wir im Ziel begrüßen, erleben die wahrsten Glücksgefühle.

Beim Briefing am Abend  erklärt der für die Streckenplanung verantwortliche Renndirektor Wolfgang Pohl, dass die dritte Etappe mit der ursprünglichen Route über das Kreuzjoch und den anschließenden Wormser Höhenweg zur Heilbronner Hütte leider nicht freigegeben wird. Schade, auf diese Etappe freuten sich viele Läufer. Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt und Gewittern seien vorhergesagt. „Das wären absolut exponierte 18 Kilometer gewesen. Und das im Sturm und Regen. Es ist einfach viel zu gefährlich, die knapp 600 Läufer dort hochzulassen“ sagt er.


Ende für das Team Marathonhund


Als besondere Herausforderung für das Jahr 2011 freuen sich Fjelline (Siberian Husky), Ylvi (Samojede), Doro und Andree auf den Transalpine-Run. Gemeinsam hat dieses Team schon etliche Abenteuer erlebt und dabei unzählige Kilometer bewältigt. Leider mussten sich die hervorragend ausgebildeten Schlittenhunde dem alpinen Terrain „geschlagen“ geben. Die spitzen Steine schnitten den Hunden die Pfoten auf. Bei der ersten Etappe konnten wir das Team noch in Aktion erleben. An einem Klettersteig musste Andree seine Hunde einzeln nach oben tragen. Auch Doro und Andree laufen von nun an, jedoch ohne Hunde, abwechselnd jeweils eine Etappe mit.

Unser heutiges Zimmer in Schruns hat den Blick auf nichts. Es ist ein Dachstudio mit Fenstern zum Himmel. Doch das nützt uns jetzt auch nichts. Die Wolken hängen tief und dunkel und es tropft und pladdert aus allen Rohren und Regenrinnen. Statt Sonnenhut tragen die Touristen Regenschirme, und wo gestern noch die kleinen Tische im Straßencafe standen, breiten sich heute große Pfützen aus. Wir denken an die vielen Läufer, die um 7:00 Uhr in Regenjacke an der Startlinie  stehen. Während die Läufer bereits die ersten Stunden im Regen verbracht haben, sitzen wir am Frühstücksbuffet und fühlen uns wie das Wetter draußen.

Heute treffen wir uns mit Dirk und Heike. Die beiden sind extra für uns nach Ischgl gekommen, um uns an der Strecke anzufeuern, bis sie unsere SMS vom Ausstieg informierte. Also werden wir uns, bewaffnet mit Regenschirm, Mütze und Handschuhen gemeinsam  auf die Strecke begeben, um die Läufer anzufeuern. Unser Ausstieg gibt uns die Chance, auch mal die schnelleren Läufer auf der Strecke zu sehen. Man sieht sie ja sonst nur am Start oder bei der Siegerehrung.
Viele Stunden später: es regnet immer noch. Trotzdem, ein schöner Zieleinlauf in Galtür, der die Strapazen zuvor – zumindest für viele Teams – vergessen macht. Denn auch auf der Alternativroute bekommen es die Trailrunner mit extremen Verhältnissen zu tun. „Es war sehr nass und kalt und damit wirklich schwer zu laufen“, berichtet ein Teilnehmer. Auch ein guter Bekannter von uns streicht heute die Segel und tritt die Heimreise an. Wir fahren weiterhin dem Läufertross hinterher, die Unterkünfte sind sowieso gebucht und das Wetter soll ab heute auch wieder besser werden. Vielleicht ist es einfach für uns die geeignete Art und Weise, uns  mit dem Ausstieg auseinander zu setzen. Muskelkater vergeht, Blasen verheilen …

Wenn ihr mal irgendwo bei einem Lauf einen sehr schnellen Läufer seht, mit einem selbstgestrickten Stirnband, versehen mit dem Namen Thomas, dann ist dies höchstwahrscheinlich der Master-Titelverteidiger Dr. Thomas Miksch. Früher strickte er im Hörsaal, heute beim Warten auf die Siegerehrung. Denn er steht jeden Abend auf der Bühne. Mittlerweile hat Thomas schon eine lange Warteliste, denn jeder möchte ein gestricktes Stirnband von ihm.

 
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Am fünften Tag, der von allen als „Ruhetag“ bezeichnet wird, steht ein Bergsprint vom Ortszentrum Scuols auf die 2.130 Meter hohe Motta Naluns auf dem Programm. Wir machen uns eine Stunde bevor der erste Läufer startet auf den Weg nach oben, denn wer die Läuferinnen und Läufer sehen will, der muss aufsteigen. Die Sonne brennt und der steile Anstieg über 6,19 km und 936 Höhenmetern auf unebenem Untergrund verlangt den Teilnehmern heute trotzdem wieder alles ab. Es wird im Team gestartet und die Zeit des letzten Läufers wird gewertet. Wer zu langsam ist, wird vom Teampartner gezogen oder von hinten geschoben. Geht nicht, gibt´s nicht. Manche verziehen das Gesicht.

Die Pastaparty findet heute auf der Bergstation statt. Die Skistation ist an diesem Mittag fest in der Hand der Läufer.  Am Abend treffen wir uns mit Freunden zur Pizza in Scuol. Umgerechnet sage und schreibe 50 Euro bezahlen wir für zwei Pizzen und zwei Mineralwässer. Für zwei Übernachtungen in einem sogenannten drei Sterne-Hotel im Stil einer Pension aus den 70ern, aber ideal an Start und Ziel gelegen, zahlen wir 300 Euro. Das sollte man in das Budget mit einplanen. Gut, dass es morgen weiter nach Italien geht. 

Als Alternative bleibt das Übernachten im Läufer-Camp. Immerhin machen mehr als 100 Läufer davon Gebrauch und übernachten in Turn- oder  Gemeindehallen oder ähnlichen. Da kann sich jeder vorstellen, dass bei den vielen Campschläfern nachts natürlich eine gewisse Unruhe herrscht, doch das Zusammengehörigkeitsgefühl, das im Camp aufkommt, würde das wieder ausgleichen erzählt eine Läuferin. Der Vorteil der „Campschläfer“ besteht aber ohne Zweifel in der Nähe zum jeweiligen Ziel, denn abends sind die Beine so müde, dass man jeden überflüssigen Meter meidet. Und noch einen Vorteil haben sie zu den „Hotelschläfern“. Pünktlich um 5:30 Uhr müssen unsere mit der Startnummer versehenen 100 Litertaschen fertig gepackt vor dem Hotel zur Abholung bereit stehen, damit diese reibungslos zur nächsten Unterkunft transportiert  werden kann.

Auch nicht jedes Hotel oder Pension ist eingestellt auf die Frühfrühstücker, aber irgendwie bekommen wir doch immer wieder unseren Kaffee oder auch mal ein Lunchpaket. An jedem Tag ist die First Aid Station gut besucht. Von der Versorgung der Blasen, einer Infusion bis hin zum Versorgen nach Stürzen (eine Fleischwunde, die mit mehreren Stichen genäht werden musste) - jeder bekommt hier sein persönliches „Pflaster“.

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Informationen: Transalpine Run
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