Nachdem mich mein Kumpel, David Schlee, bei meinem ersten Marathon im Oktober diesen Jahres in Dresden allein hat starten lassen, lud er mich, quasi als Wiedergutmachung zum gemeinsamen Lauferlebnis nach Sondershausen ein. Dort finden, 700m unter der Erde, in einem Schacht eines stillgelegten Salzbergwerks diverse Sportevents statt. Dazu gehört auch der Marathon, der aufgrund seiner besonderen Bedingungen, 42,195 km mit 1.240 hm, 25°C bei nur 30% Luftfeuchte und dem Salz überall, was den Körper zusätzlich noch enorm austrocknet, zu den härtesten Sportevents in Deutschland zählt.
Da ich persönlich nicht unbedingt viel von derartigen Superlativen halte, da mittlerweile, dem allgemeinen Trend folgend, nahezu jeder seine Sportveranstaltung als „härteste“ oder „extremste“ deklariert, ging ich relativ routiniert in die achtwöchige Vorbereitung, die parallel zur Radsportvorbereitung für 2008 stattfinden musste. Somit hieß es neben den mind. 450 km pro Woche auf dem Rad nochmals über 110 km wöchentlich zu Fuß zu absolvieren, was sich aber auch auszahlen sollte. Auf Dresden hatte ich mich mit einem 3:30-Trainingsplan vorbereitet und erreichte beim Debüt eine 3:21:57 trotz immenser physischer Probleme. Da ich wusste, dass Sondershausen in allen Belangen keineswegs mit Dresden vergleichbar sein würde und ich dennoch eine Steigerung meiner Leistung haben wollte, trainierte ich hierfür nach einem 3:15-Plan, legte sehr viel Wert auf die ganz langen Vorbereitungsläufe, lief viel indoor, um die klimatischen Gegebenheiten zu „simulieren“ und stellte meine ernährungstechnische Vorbereitung unmittelbar vor dem Start etwas um.
Die Tatsache, einfach morgens 4:30 Uhr ins Auto steigen zu können, ohne mich um irgendetwas anderes kümmern zu müssen hielt mir den Kopf frei und ich konnte mich metal bestens auf den Lauf vorbereiten. In Dresden hatte ich viel dazugelernt und wusste, was man alles falsch machen kann. Ein Großteil der Fehler passiert im Kopf und der war diesmal klar. Mir ging es gut.
Gegen 7:30 Uhr in Sondershausen angekommen, holten wir auch rasch unsere Unterlagen und fuhren mit dem Korb die 700m untertage. Ich kannte das bereits, da ich schon mal in einem Bergwerk war. Unten hatten wir bis zum Start gegen 10:00 Uhr noch genügend Zeit, uns an das Klima und die Gegebenheiten zu gewöhnen. Ich bin vor dem Start eher ruhig und will noch mal in mich gehen. David hingegen befragte einen Haufen anderer Starter um uns herum, was sie erwarten, bisher gelaufen sind und sich vorgenommen haben, was dazu führte, dass sein Ego schon vor dem Start einen mitbekam. Das Leistungsvermögen von Menschen kann man nicht nach deren Worten oder Erscheinungsbild beurteilen. Was jemand kann, zeigt sich auf der Strecke. Das ist überall so und wird oft vergessen. Im Sport und im Job wird es nur schneller deutlich.
Am Ende dieses Trips stand eine gute 4:03:12 h, ein 5.Platz in der AK M30 von 26 Startern und ein 32. Gesamtplatz von 346 Startern. Darauf bin ich schweinestolz und das aus verschiedenen Gründen. Ich bin stolz, weil dies erst mein zweiter Marathon überhaupt war, weil dies ein besonders harter Marathon war, weil ich eigentlich Langstreckenradsportler bin, weil ich mich gegen ausgezeichnete Leichtathleten und reine Marathonläufer behaupten und durchsetzen konnte und ich bin stolz, weil ich dieses Leistungspotential in nur 20 Wochen entwickeln und ausbauen konnte. Ein wirklich geiles Lauferlebnis und ein grandioser Abschluss meiner ersten Laufsaison.
2008 gehe ich dann auf die Langstrecke und werde am Rennsteig die 72 km und beim Swiss Alpin in Davos die 78 km in Angriff nehmen und das am liebsten früher, als später. Ich möchte an dieser Stelle allen danken, die mir in der Vorbereitung und der Durchführung meiner Läufe in diesem Jahr geholfen haben und mir mit Rat und Tat zur Seite standen. Ohne Euch wäre das niemals drin gewesen!
Von außen betrachtet, scheint ein Marathon recht einfach zu laufen und die Leistungen einfach abrufbar zu sein, zumal die Medien so was auch gern suggerieren. Höher, weiter, schneller! Das ist falsch. Sämtliche (Ausdauer)sportler trainieren ein Zigfaches an Zeit und Kilometerleistung von dem, was sie zum Wettkampf darbieten. Der Wettkampf ist schlussendlich „nur“ die Kür einer wochenlangen, intensiven, harten und entbehrungsreichen Vorbereitung. Sich selbst immer und immer wieder zum Training und den Schmerzen zu motivieren ist der Kern des Ausdauersports. Dann noch auf den Tag oder die Stunde hin genau das volle Leistungsvermögen abrufen zu können, ist die Grundlage einer gelungenen Kür. Leider wird das bei rhetorischen Relativierungen der Leistungen von (Ausdauer)sportlern gern vergessen. Ich habe das Gefühl, dass mir meine Kür in Sondershausen gelungen ist. Deshalb fühle ich mich jetzt so super und bin auch heute schon wieder 16 km ausgelaufen und 3,5 h ausgerollt.
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16.11.13 | Schicht im Schacht |
Anton Lautner |