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08.06.13 - LGT Alpin Marathon Liechtenstein

Zwei Greenhorns in den Bergen

Irgendwann muss man sich ja mal an etwas Neues wagen. Und nachdem wir einige Laufberichte über Bergmarathons gelesen hatten, wollten Judith und ich auch mal einen machen. Klaus Duwe empfahl uns als Einstieg den Liechtensteiner LGT Alpin Marathon. 

Bei der Gelegenheit kann man gleichzeitig ein neues Land in der Marathon-Laufliste „abhaken“. Liechtenstein kannte ich bislang nur vom Fernsehen: Das fürstliche Schloss und die Briefkastenfirmen. Für mich eine schöne Möglichkeit, ein ganz kleines Land einmal selbst zu bereisen und quasi zu Fuß zu „erlaufen“.

Wir erreichen per Auto die Grenze zwischen Österreich und  Liechtenstein und stellen fest, dass diese von der Schweiz bewacht wird. Oder eben nicht. Dank Schengen-Abkommen kann man ohne Kontrolle einreisen. Auffallend die wirklich gepflegte Landschaft und die schönen Häuser. Leider sieht man recht wenig von den 38.000 Liechtensteiner Einwohnern. Die genießen sicher das schöne Wetter. Gefühlt ist hier die Dichte an teuren Autos extrem hoch. Auch Stretch-Limousinen sind in. Zur Geschichte Liechtensteins empfehle ich Joe’s Laufbericht aus dem Jahr 2012.

Wir sind in Malbun, dem Zielort des Marathons, untergebracht. Hier auf 1600 Metern Höhe ist es mit 20 Grad sieben Grad kühler als im Rheintal. Das Hotel Turna ist eines der Hotels, die auch im Sommer geöffnet haben. Malbun ist hauptsächlich ein Wintersportort, im Sommer aber ein guter Ausgangspunkt für Wanderungen auf über 2.500 Meter hohe Berggipfel und für schöne Mountainbike-Touren. Später genieße ich die gute Bergluft und am Samstag einen schönen Sonnenaufgang.

Vorteil unseres Hotels ist auch das Frühstück am Marathontag, das ab 5:30 Uhr bereit steht. So einen Service gibt es bekanntermaßen nicht überall. Um Punkt 7:00 Uhr fahren dann zwei Shuttlebusse Richtung Start. Diese nehmen auch noch Läufer auf, die an der Fahrtstrecke ins Rheintal warten. Im Bus auch eine Gruppe schwedischer Läufer. Einer von ihnen wird heute seinen 700. Marathon bestreiten. Außerdem super sportlich aussehende Athlet/innen mit Halstüchern als Souvenirs vom „Transalpin-Lauf“. Ein Läufer aus Moskau erzählt von seinem letzten 100 km-Lauf. Ob wir hier richtig sind?

 
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Um 7:30 Uhr ist es am Startgelände in Bendern (nördliches Liechtenstein) schon angenehm warm. Viele Läuferinnen und Läufer holen erst heute in der Kantine der Fleischfabrik („Mal besser. Malbuner“) ihre Startnummern ab. Es handelt sich um einen Familienbetrieb, der 1957 von Herbert Ospelt („Onkel Herbert) gegründet wurde und inzwischen auch Werke in Deutschland betreibt. So haben wir sicher schon alle einmal Fertigpizza aus der Ospeltschen „Anstalt“ gegessen. Anstalt ist hier übrigens die Bezeichnung für eine Rechtsform. Auf dem Parkplatz erkennen wir dann Onkel Herbert sofort an der für ihn typischen Kopfbedeckung, dem Borsalino, und nutzen die Gelegenheit für ein Erinnerungsfoto. Immerhin hat er ein Imperium mit mehr als 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 650 Millionen Euro aufgebaut. Mein Vater ist dagegen mit seinen drei Blumengeschäften schon 1965 baden gegangen.

Wie erwartet haben die Liechtensteiner die saubersten und komfortabelsten mobilen Toiletten, die ich je gesehen habe. Ganz im Ernst.

Den Startschuss gibt der einheimische Alpin-Skistar Tina Weirather. Bei 653 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die schnell die Startlinie passieren, kann man sich auf eine Bruttozeitnahme beschränken. Vor uns eine laut Trikotbeschriftung bekennende Veganerin, die wahrscheinlich froh ist, dass sie bald von diesem furchtbaren Ort wegkommt. Sie wird uns bis ins Ziel begleiten.

Der Marathon lässt sich gut in drei Abschnitte aufteilen:

- im Rheintal bis Vaduz (eben)
- über Silum nach Steg. Dort endet der „Halbmarathon Plus“ nach 25,4 km
- dann das Genussstück  über das Sass Förkle nach Malbun

 
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Judith und ich haben uns als Trail-Anfänger keine besondere Taktik zugelegt. Wir wollen den Lauf einfach genießen und haben vor, entsprechend dem Tipp von Klaus Duwe einfach auch mal Gehpausen einzulegen. Daher ordnen wir uns bei Andrea (Zermatt-Marathon-Chefin), der Sechs-Stunden-Pacemakerin, ein. Schon nach zwei Kilometern sind wir direkt am Rhein und kurz danach auf dem hohen Rheindamm. Auf der anderen Seite liegt schon die Schweiz. 160 km² sind nicht wirklich viel Liechtenstein. Nachdem es hier nicht so viel geregnet hat, führt der Fluss nur wenig Wasser. Es ist angenehm zu laufen und die  Spannung auf das, was uns noch erwartet, steigt.

Am neuen Stadion vorbei biegen wir ab zur „Hauptstadt“ Vaduz mit ihren 5000 Einwohnern. Am Berg erkennt man das fürstliche Schloss. Nicht so einfach zu fotografieren, da fast direkt in Richtung Sonne gelegen.

Bei der zweiten Verpflegungsstelle sind wir bereits im Zentrum mit vielen neuen und schicken Verwaltungsgebäuden und Museen. Außerdem ist hier der Punkt 0, von dem aus alle Straßenkilometer im Fürstentum gezählt werden. Im „Städtle“ direkt unterhalb des Schlosses sind viele applaudierende Zuschauer. Leider sind die Fotos aus der  kleinen Kamera wegen zu viel Licht und Schatten nicht vorzeigbar.

 
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Nach 10 lockeren Kilometern beginnt nun der gebirgige Teil. Wir laufen dieses Jahr direkt am Schloss vorbei. Die Strecke wurde etwas modifiziert, behält aber die gleiche Länge, da sie bei 23 km entsprechend verlängert wurde. Hinter einem Mäuerchen sieht man das Rote Haus und Weinstöcke. Also schon wieder etwas gelernt: Hier wird Wein angebaut. Es gibt auch eine Fürstliche Weinkellerei.

Nach dem Schloss kommt dann die erste Bergwaldpassage, aufgelockert mit Infotafeln zur Geschichte und Verwaltung in Liechtenstein. Rechts ein kleiner Aussichtsbalkon über der Stadt. Aber für all das haben wir keine Zeit. Tief im Wald haben wir unsere erste „Wanderstelle“ erreicht. Es geht in Serpentinen nach oben. Nachdem alle hier gehen, habe ich keine Bedenken, es ihnen gleich zu tun. Dieser Kilometer wird mit 12 Minuten Dauer unser vorerst langsamster sein. Danach geht es wieder auf eine Fahrstraße und natürlich weiter bergauf.

Wenn man mal den Zwang zu laufen überwunden hat, kann man den wunderbaren Blick auf das Rheintal und die Berge genießen. Ich liebe es, wie mit dem Höhengewinn immer neue Berggipfel am Horizont auftauchen. Richtung Schweiz sind da wirkliche „Riesen“ auszumachen.  In puncto Aussicht  haben wir einen guten Tag erwischt. Mir kommen die Berichte aus den Jahren vor 2011 in den Sinn. Regen und Nebel. Ist sicher auch ein Abenteuer, aber schönes Wetter ist mir lieber. Und es sind viele Zuschauer unterwegs. Mir ist es ein bisschen peinlich, dass wir als „Wanderer“ so angefeuert werden. An diesem Hang gibt es viele Weiler und Dörfer. Wer hier wohnt, genießt die schönen Ausblicke das ganze Jahr.

 
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Es wird mal wieder etwas flacher oder geht gar bergab und ich sehe auf einmal allerlei Eulen und in Stämme geschnitzte abenteuerliche Gestalten am Wegesrand. Wir befinden uns nun auf dem Walser Sagen Weg. Hier kann man etwas über die Geschichte der Walser lernen, wenn man es denn nicht so eilig hätte. Nur die Zeit, ein Holzstamm-Xylofon auszuprobieren, nehme ich mir.

Wir „laufen“ so dahin und ich stelle fest, dass Judith recht missmutig ist. Sie hat anscheinend viel gerechnet und festgestellt, dass wir die Cutoff-Zeit von 3:45 für die 25 Kilometer nicht schaffen werden, wenn es in diesem langsamen Tempo weitergeht. Es entspinnt sich ein kleines Streitgespräch über die Mathematik und die mangelnde Vorbereitung bezüglich Höhenprofil und Strecke. Auch mein Hinweis darauf, dass wir die Sechsstunden-Läufer längst hinter uns gelassen haben, scheint nicht zu wirken. Erst als ein einheimischer Läufer (an gelber Startnummer erkennbar)  darauf hinweist, dass es bald bergab geht, keimt doch etwas Zuversicht auf. Außerdem hatten die Läufer um uns herum auch noch ihren Spaß an unserer kleinen „Diskussion“.

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