trailrunning.de

 
 
 

06.07.14 - Dolomiti Skyrun

Traumtrails in den Dolomiten

Etwa 5 Stunden nach dem Start erreiche ich das Rifugio de Fanes auf 2.060 m Seehöhe. Dort befindet sich der 2. Versorgungspunkt. Leider gibt es auch hier nur ein identisches Angebot wie am vorherigen VP. Im Trockenraum der Hütte ziehe ich mich für die Nacht um und bin nach kurzer Zeit wieder auf der Strecke. Drei aufeinanderfolgende heftige An- und Abstiege liegen zwischen mir und dem Passo Falzarego. Die Wege sind steil. Laufbare Passagen und grobes Geröll wechseln sich ab. Die Zeit vergeht schnell. Die vorhandenen Markierungen reichen völlig aus und ich komme ohne Verhauer gut voran.

Am Samstagmorgen gegen 03:15 h erreiche ich den Passo Falzarego. Gute 40 km mit etwas mehr als 3.500 Höhenmetern liegen hinter mir. Hier befindet sich die erste Drop-Bag-Station. Es sind mehrere Zelte aufgebaut. Ich hole meinen Kleidersack und ziehe mich komplett um und wechsle auch die nassen Schuhe.

Es gibt warme Suppe mit Nudeln, sonst nur das gleiche Angebot wie an den vorherigen VPs. Das soll sich auch nicht mehr grundlegend ändern. Auch italienische Laufkollegen fragen nach Brot, Käse und Wurst und sogar nach Bier.

Die ersten Ausfälle liegen in Rettungsdecken gehüllt in zwei Zelten der Bergrettung. Es ist kurz nach 04:00 h als ich, eine Stunde vor der Cut-Off-Zeit, wieder aufbreche. Es hat aufgehört zu regnen und auch etwas aufgeklart.

Zunächst geht es über Almwiesen, später durch Schutt- und Blockgelände Richtung Rifugio Averau. Nach einer steilen Felspassage müssen wir ein ausgedehntes Schneefeld queren. Mehrere Spuren sind erkenntlich, verlieren sich aber schnell im plötzlich aufziehenden Nebel. Ich stoße auf eine Gruppe von Läufern. Dank Schwarmintelligenz ist der richtige Weg über das Schneefeld nach einem kurzen Verhauer schnell gefunden.

Ohne das Rifugio etwas abseits des Wegs richtig wahrzunehmen, laufe ich im Dämmerlicht des frühen Morgens Richtung Passo Giau weiter. Plötzlich erscheint mir Aussicht und Umgebung vertraut. Kurz vor dem Passo Giau vereinigt sich nämlich unsere Route mit der des Lavaredo Ultratrails (LUT). Schon 7 km nach dem letzten VP werde ich gegen 05:30 h von drei italienischen Schönheiten mit großem Hallo am VP Passo Giau empfangen.

 
© trailrunning.de 7 Bilder

Eine kurze Rast und es geht, identisch mit der Wegführung des LUT, weiter zur Forcella Giau und zur Forcella Col Duro. Die Massive von Nuvolau und Croda da Lago bilden eine beindruckende Kulisse. Von Osten grüßen Cristallo, Marmolada und Antelao. Im Tal liegt unter Wolken versteckt Cortina d´Ampezzo.

Gegen 08:00 h telefoniere ich mit meiner Frau Margot und berichte ihr von der Nacht. Dabei schließt eine Gruppe italienischer Läufer zu mir auf. Ich freue mich sehr, Roberta Peron wiederzusehen. Sie ist so etwas wie ein guter Engel für mich. Nicht zuletzt dank ihrer motivierenden Begleitung habe ich im Jahr 2010 beim Tor des Géants das letzte Base Vita innerhalb des Zeitlimits erreicht. Den gemeinsamen Zieleinlauf in Courmayeur werde ich nie vergessen.

Wir laufen ein Stück gemeinsam weiter. Der Monte Pelmo liegt links von uns und wir tauchen, nachdem wir schon vor einiger Zeit die Trasse des LUT wieder verlassen haben, nach rechts ins Tal. Bei km 57,5 wartet am Rifugio Città di Fiume der nächste VP auf uns. Angesichts des dort unverändert dürftigen Angebots bestelle ich in der Hütte einen Toast mit Speck und Käse sowie ein Bier. Letzteres zapft die Hüttenwirtin, angesichts des noch frühen Morgens, mit mehr als ungläubigen Augen.

 
© trailrunning.de 5 Bilder

Der Tag verspricht traumhaft zu werden. Sonnenbeschienen geht es im ständigen Auf und Ab durch wunderbare Landschaften. Die Wege sind abwechslungsreich und bis zum Rifugio A. Sonino Al Coldai auch meist gut laufbar. Kleine Unaufmerksamkeiten rächen sich aber sofort. Nach einer schlammigen Passage rutsche ich auf einem Felsblock aus und schlage mir den Ellbogen blutig. Ich bin allerdings mehr als froh, dass ich den feuchten Kuhfladen neben mir verfehlt habe.

Nach dem Rifugio (km 69,5, VP) führt der Weg noch über einen kleinen Sattel, um dann zum Laghetto di Coldai abzusteigen. Links vor uns liegt die gewaltige Flucht der Nordwestwand der Civetta.

 
© trailrunning.de 8 Bilder

Über steile Schneefelder queren wir unterhalb der Nordwestwand in südwestlicher Richtung. Hier bewährt sich meine Schuhwahl. Ich laufe mit einem Paar Inov8 Terroc 330. Sie bieten auf den rutschigen Schneefeldern einen unvergleichlichen Halt. Auch die eingelagerten Schuttpassagen lassen sich mit diesen Schuhen hervorragend abfahren. Ich überhole eine Vielzahl von Läufern, die sich offensichtlich bei diesen Verhältnissen nicht so wohlfühlen und entsprechend vorsichtig unterwegs sind.

Die so gewonnene Zeit nütze ich beim Abstieg zum Rifugio Vazzoler (km 78,5, VP) zu einem kurzen „power-nap“ in der Nachbarschaft friedlicher Almbewohner. Danach geht es mit frischer Kraft weiter.

 
© trailrunning.de 11 Bilder

Nächstes Ziel ist der Passo Duran. Dort bei km 89 wartet der zweite Drop-Bag auf mich. Cut-Off Zeit ist am Samstag um 18:00 h. Ich erreiche den VP um 16:10 h. Ich wechsle erneut die Kleidung und wähle für die letzte Etappe die deponierten Hoka Stinson Trail.

Neben dem VP befindet sich eine Hütte. Ich bestelle ein Panini und lasse mir ein weiteres für den Weiterweg einpacken. Ein Bier versorgt mich mit den notwendigen Mineralstoffen. Kurz vor 18:00 h mache ich mich ganz entspannt auf den Weiterweg.

Wegen großer Altschneemengen musste in der nun folgenden Etappe die Streckenführung geändert werden. Im Vergleich zur ursprünglich geplanten Strecke  werden uns etwa 1.200 Höhenmeter geschenkt. Darüber freue ich mich nicht besonders, hätten doch gerade die folgenden 3 Anstiege nochmals grandiose Ausblicke in der Abendsonne erwarten lassen.

Meine Enttäuschung darüber vergeht aber recht schnell. Auch die Ausweichstrecke bietet ein wunderbares Panorama und durchaus technische Abschnitte. Immer wieder geht es über Lawinenkegel, später auf schmalen und teilweise auch ausgesetzten Bändern hoch über dem Valle Agordina entlang.

 
© trailrunning.de 6 Bilder

Die zweite Nacht bricht an. Ein langer Abstieg auf nicht enden wollenden Serpentinen führt mich ins Tal nach Tomer. Am dortigen VP halte ich mich nur kurz auf. Immerhin gibt es hier erstmals Cola. Die geänderte Strecke führt über den Torrente Cordelove auf die andere Talseite und dort ansteigend auf einen, bei Tageslicht sicherlich sehr reizvollen, Panoramaweg. Aber auch im Dunkeln macht es Spaß dort zu laufen. Schon seit längerem höre ich das Rauschen eines Baches. Hinter einer Biegung schimmert im Licht der Stirnlampe ein Wasserfall. Ich habe ein echtes Déjà Vu. Ein ganz ähnliches Bild ist in meinem Kopf aus 2011 bei der „Tour de l'Oisans et des Ecrins“ (180 km, 12.000 hm +/-) bereits abgespeichert.

Hier bringe ich allerdings eine neue Erfahrung mit nach Hause. Dolomitgestein besteht aus Kalk. Durch Wasser wird der Kalk ausgewaschen und versintert. Dadurch entsteht eine glatte, marmorähnliche Oberfläche. Wenn die von Wasser überspült wird, gibt es kein Halten mehr. Ein wenig eleganter Bewegungsablauf lässt mich ein unfreiwilliges Bad nehmen. Die Stirnlampe rutscht vom Kopf und es ist schlagartig finster. Die Lampe schimmert unter Wasser und lässt sich leicht herausfischen. Der linke Handballen und die Hüfte fühlen sich leicht geprellt an, sonst scheint nichts passiert zu sein.

123
 

Informationen: Dolomiti Skyrun
Veranstalter-WebsiteE-MailErgebnislisteHotelangeboteOnlinewetterGoogle/Routenplaner
 
Zurück zur Übersicht
 
 
 
 
 

Kontakt

Trailrunning.de
Klaus Duwe
Buchenweg 49
76532 Baden-Baden

07221 65485

07221 801621

office@trailrunning.de