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30.04.22 - Harzquerung

Lohnende Herausforderung

Zwei Jahre musste ich auf meinen Start warten. Ihr wisst schon warum. Aber was lange währt wird endlich gut. So reise ich mit Silke voller Vorfreude am Freitagabend nach Wernigerode, um an der Harzquerung von Wernigerode nach Nordhausen teilzunehmen. Für die Abholung der Startunterlagen ist es bereits zu spät, denn die endet um 20.00 Uhr. Wer zu spät kommt, muss halt früh aufstehen. So machen wir uns am Samstagmorgen kurz nach 7 Uhr auf den Weg. Auf die Rückfahrkarte kann ich verzichten, denn Silke wird mich im Ziel erwarten, um mich zurück zu unserer Unterkunft zu kutschieren.

Erst einmal zum Start kommen. Wir folgen den Pfeilen auf den Gehwegen und Straßen - 1,8 Kilometer sind es bis dahin - genug, um den Kreislauf mit einem gemütlichen Spaziergang in Schwung zu bringen. Kurz vor 8 Uhr versammeln sich die Laufjünger langsam im Süden der Stadt am Waldrand.

 

 
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Noch komme ich mir in der anwachsenden Menge fremd vor. Doch das soll nicht lange so bleiben, denn schon werde ich aufgrund meiner Arbeitskleidung von Annette, Werner und Michael angesprochen. Wie es der Zufall will, kommen auch sie aus Ostwestfalen. Ganze 25 Kilometer trennen unsere Wohnorte. Annettes Verein ist zudem Mitausrichter des Almetalmarathons, bei dem ich auch schon zweimal meine Visitenkarte abgeben konnte. Die Zeit verfliegt, bis ich auch noch Heike und Peter entdecke, mit denen ich in letzter Zeit auch schon oft unterwegs war. Ich schleiche mich nach vorne, um nach dem Countdown den Start zu verfolgen. Als Heike und Peter vorbeilaufen, schließe ich mich an.

Gleich zu Beginn lassen wir es langsam angehen, denn die Strecke enthält gleich die ersten Höhenmeter. Da sind bei einem Ultra auch die ersten Gehschritte schon erlaubt. Der Läuferlindwurm steigt durch dichten Wald. Vorbei geht es am Gedenkstein, den der Harzclub dem Schriftsteller Hans Hoffmann gewidmet hat. Ende des 19. Jahrhunderts lebte er mehrere Jahre in Wernigerode. Schnee von gestern, zumindest im Vergleich zum nächsten Schild. Es weist auf die Waldbrandgefahr hin, die aufgrund der Trockenheit der letzten Jahre schon wieder aktuell ist. Dass das lebensspendende Elixier an allen Enden fehlt, werden die kommenden Kilometer noch zeigen, doch vorerst durchschreiten wir noch bergauf und bergab dichte Wälder. Der nächste Abstieg gibt aber erste Blicke frei auf den kommenden Aufstieg über die erste kahle Fläche. Felsen schmücken den kommenden Aufstieg und geben einen Eindruck des schroffen Gebirges.

 

 
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Nach knapp 4 KM ist die erste Hochebene erreicht. Der Weg führt durch offenes Terrain, vereinzelt flankiert von kleinen Wäldchen. Kurz darauf bekomme ich die Zillierbachtalsperre ich den Blick. Wir überlaufen die Staumauer. Als sie im Jahr 1935 errichtet wurde, kamen Weihefunde aus der Bronzezeit zu Tage. Bis vor kurzem stand hier noch dichter Wald, zahlreiche Baumstümpfe zeugen davon. Ein trauriger Vorgeschmack auf das, was ich heute noch häufig zu sehen bekomme. Nach und nach säumen Holzstapel die Strecke. Auf die Strecke brauche ich wenig zu achten, denn zum einen ist sie gut ausgeschildert und zum anderen bin ich nie allein unterwegs. Ein schönes Gefühl, im Vergleich zu den meisten Läufen in letzter Zeit. An markanten Punkten feiern uns sogar einige Zuschauer und einige fleißige Helfer sichern Straßen und Überwege.

Über die Felder schweift mein Blick weit in die Umgebung. Der Brocken liegt rechtszurück, einige Baumstämme liegen über der ursprünglichen Strecke. Nicht alle Stellen konnten der mit der Trockenheit verbundenen Astbruchgefahr freigegeben werden, weshalb sich die ursprüngliche Herausforderung um knapp 2 Kilometer verlängert hat. Sei es drum, ich genieße den Lauf auch so.

 

 
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Bei KM 11,3 wartet die erste Verpflegungsstelle. Aufgetischt wird reichlich. Neben Schmalz- und anderen Broten u. a. die üblichen Bananen, Mandarinen und Zitronen. Den Durst kann ich mit Wasser, Iso, Cola und Tee stillen. Gut so, denn der Wetterbericht war zwar nicht so berauschend, aber zwischen den Wolken kommt ab und zu die Sonne heraus. Durch den Wald wartet nach wenigen Kilometern bereits die Bode, ein 169 km langer Zufluss der Saale, der ich ein kurzes Stück folgen darf. Erst noch recht offen durch eine blühende Wiese, dann durch ein enger werdendes Tal. Erinnert mich an meinen Ottonenlauf letztes Jahr durch das nahe gelegene Selketal. Kaum zu Ende gedach,t hat die Pracht ein Ende und über die Bode hinüber kraxele ich hinauf in Richtung Kapitelsberg.

Die Strecke bleibt so abwechslungsreich wie bisher. Ein angenehmer Mix aus Wald, Wiese und gerodeter Fläche, über Brücken und umgestürzte Bäume. Letztere bietet Ausblicke, die früher verwehrt blieben. So ist zurückschauend immer noch der Brocken zu erkennen. Die jungen Leute vor mir haben die kurze Strecke über 25 KM gewählt. Diese wird neben dem Ultra und einem 28 KM-Lauf zusätzlich angeboten. Wer die Strecke wandern will, kann sogar eigenständig früher starten. Nach der Verpflegung bei KM 20 teilt sich die Strecke und ich folge dem Weg in Richtung Nordhausen.

Bevor ich über Felder hinab nach Trautenstein laufe, genieße ich einen letzten Blick auf den Brocken. Im Ort selbst werde ich sicher über die Straße geleitet. Mit KM 25 habe ich fast Halbzeit und das Glück, dass Silke mir entgegen strahlt. Sie ist erst vor wenige Minuten eingetroffen. Besseres Timing kann es kaum geben. Da fühle ich mich richtig heimisch, zumal das Örtchen sogar unter Napoleon einmal Teil des Königreiches Westphalen war. Genug der Nostalgie, der Südharz wartet. Er wartet auf mit der nächsten Rodungsfläche, die fast schon an eine Mondlandschaft erinnert, wären da nicht die zahlreichen bunten Flecken der Läufer. Besonders das Shirt von Ralf sticht mir ins Auge, das er sich beim diesjährigen PUM redlich verdient hat. Sehnsüchtig blicke ich darauf, denn ich konnte es mir wegen eines DNF leider nicht verdienen. Vielleicht beim nächsten Mal.

 

 
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Dann wird das Gestrüpp dichter. Auf dem Boden weisen Holzpfeile den Weg. Durch den lichten Wald geht es erneut steil hinab ins Tal, nur um anschließend die nächste Steigung zu einer Bahntrasse hinauf zu laufen. Dieser folge ich nur kurz, um dann rechts abzubiegen. Die Strecke scheint vertraut und doch immer etwas anders. So erreiche ich die Verpflegung in Sophienhof. Hier befinde ich mich im Reich von Hans Dietrich von Zanthier, einem Pionier der Forstwirtschaft im 18. Jahrhundert. Die örtliche Linde hat er auch noch gesehen.

An einem kleinen Teich verlasse ich den Ort. Die Sonne strahlt vom Himmel, während ich hinunter zur Bere laufe. Über den Fluss führt die Strecke nach rechts durch das Tal, entlang der Harzquerbahn bis zum Rabensteiner Stollen. Eine alte Grubenbahn erinnert an Steinkohleabbau, der hier stattgefunden hat. Statt des Abstieges in den Stollen wartet der steilste Anstieg der Strecke mit  270 Höhenmeter hinauf zum Poppenberg. Keine leichte Herausforderung nach 36 KM. Die Beine sind schon etwas schwer. Ich bin froh, diese Herausforderung nicht alleine meistern zu müssen, denn ab hier bin ich bis ins Ziel mit Karin unterwegs. Auch wenn sie mir bergauf noch ein paarmal entwischt, kann ich bergab immer wieder aufschließen. Im gemeinsamen Laufen spornen wir uns gegenseitig an. Nach 41,3 KM ist mit dem Poppenberg der höchste Punkt des Tages erreicht. Den dazugehörigen Aussichtsturm erklimme ich nicht, sondern stärke mich lieber noch einmal für die finalen Kilometer. Viele Steigungen soll es nicht mehr geben. Also einfach rollen lassen. Denke ich zumindest.

 

 
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Es läuft wieder etwas runder, vorbei an blühenden Obstbäumen durch grüne Wälder über lauschige Bäche. Über das Feld grüßt das nächste Etappenziel, Neustadt / Harz, Ortsteil der Gemeinde Harztor. Bald haben wir den Harz gequert. Der Ort ist alt, wurde schon 1372 erstmals erwähnt. Zeugen längst vergangener Zeiten sind die Kirche St. Georg und das schön zu durchlaufende alte Tor. Kurz bevor wir den Ort verlassen, jubelt uns noch Karins Fanclub zu.

Anschließend wartet die nächste Steigung. Laut Streckenprofil zwar recht unbedeutend, aber mit den müden Beinen doch eine Herausforderung. Wanderer der Harzquerung mischen sich unter die Läufer. Die Veranstaltung bewegt immerhin 1.200 Teilnehmer am heutigen Tag. Unser Tempo gleicht sich auf diesem Stück dem der Wanderer an. Dennoch erreichen wird zügig die nächste Anhöhe.

Über weite Felder und kurze Straßenabschnitte erreichen wir die letzte Getränkestation. Auftanken für den Zielspurt. Als Rest-Kilometer sind auf dem Schild 4 angezeigt, oder sind es wie korrigiert nur noch 3?  Es ist bei einer Laufuhr, der man auch nicht 100 % trauen kann. Meiner heute schon, wie ich im Ziel noch feststellen werde, denn sie zeigt nur wenige 100 Meter mehr als die offizielle Strecke an. Also, nichts wie weiter, wenn auch noch einmal gehend, denn die Steigungen scheinen heute kein Ende zu nehmen.

Einen Kilometer weiter sind die Höhenmeter dann aber doch geschafft. Vor uns liegt endlich Nordhausen. Nur vom Ziel im Stadion ist noch nichts zu sehen. Über das Feld wartet noch ein letztes Waldstück. Annette hat uns tatsächlich noch einmal ein- und sogar überholt.  Als links das Ziel mit der Zeitanzeige in unseren Blick kommt findet sie die Zielgerade nur auf Zuruf. Mich zieht es magisch an, weshalb ich noch einmal beschleunige. Karin kann mithalten und so überqueren wir gemeinsam die Ziellinie. Die angenehme Begleitung endet, aber ich brauche nicht traurig sein, denn Silke wartet schon und schließt mich glücklich in die Arme.

Im Zielbereich bekomme ich zum Ende der gut organisierten Veranstaltung noch meine Medaille und einen Aufnäher. Zudem lässt die Verpflegung auch hier nicht zu wünschen übrig.

Die Harzquerung war, ist und bleibt eine lohnende Herausforderung.

 

Impressionen

(Silke Pitz)

 
 
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Sieger 53,9 KM:

Damen

  1.  Nicole Keßler, 4:53:55
  2.  Tanja Spiekermann, 5:00:20
  3.  Judith Havers, 5:10:30

 

Herren

  1.  Sebastian Jägerfeld, 3:53:49
  2.  Enrico Wiessner, 4:06:27
  3.  Jon-Paul Hendriksen, 4:14:48

 

 

 

 

 

 

 

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