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03.05.25 - Malcesine Baldo Trail

Von der Burg zum Gipfel

Italien geht immer. Ich bin ein absoluter Fan der italienischen Trail-Szene und insbesondere der Gardasee hat es mir angetan. Hart und heftig auf den Trails, und Dolce Vita am lieblichen Seeufer bilden ein perfektes Kontrastprogramm.

Die meisten Rennen rund um den Gardasee habe ich schon gemacht. Es fehlt mir eigentlich nur noch der Malcesine Baldo Trail. Den namengebenden Berg habe ich vor zwei Jahren im Oktober beim familiären Baldo Trailfest kennen und lieben gelernt.  Somit bietet das lange Wochenende rund um den ersten Mai die perfekte Gelegenheit, den Monte Baldo auf neuen Pfaden im Frühling zu erleben.

Getarnt als frühsommerlicher Kurzurlaub, kommt auch meine Frau gerne mit. Wir quartieren uns im malerischen Start-Ort Malcesine in einer einfachen Wohnung direkt im Ortskern ein. Der kleine Ort konnte sich trotz des touristischen Ansturms seinen Charme weitestgehend bewahren. Die kleinen Plätze und schmalen Gassen des mittelalterlichen Städtchens und der alte Hafen bilden die perfekte Umgebung, um es sich mit Blick auf das Castello Scaligero und die schneebedeckten Gipfel des Monte Baldo, ein paar Tage gut gehen zu lassen. Dazu liegt Malcesine auch strategisch günstig, um den Gardasee mit Schiff und Bus zu erkunden. Außerdem fährt von hier eine Seilbahn zum 1760 Meter hoch gelegenen Tratto Spino, einem Gipfel des Monte Baldos.

 

Dolce Vita


Wir verbringen eine ganze Woche mit allerlei Ausflügen zu den schönsten Orten am Seeufer. Ich bin noch im Erholungsmodus. Hatte mich doch nach meinem letzten Rennen in den Vogesen ein Virus niedergestreckt. An Lauftraining war also die letzten vier Wochen nicht zu denken.

 

 
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Am Donnerstag kommen meine Mitstreiter Buki, Astrid und Lukas an. Gemeinsam nehmen wir am Freitag die spektakuläre Gondel zum Monte Baldo (sie dreht sich beim Hochfahren einmal um die eigene Achse) und nutzen das sommerliche Wetter, um den fantastischen Ausblick auf den See und die umliegenden Bergketten ohne große Anstrengung zu genießen und schon mal zu schauen, wie sich die Bedingungen für das kommende Rennen darstellen. Wir schlendern über das weitläufige Hochplateau. Am Gleitschirm-Startplatz hängt schon die Streckenmarkierung für morgen. Das ist aber für die Kurzstrecke. Wir versuchen am gegenüberliegenden Berg die Wegführung unseres Trails zu erkennen, können aber keine Bänder oder Fähnchen entdecken.

Den Mittag verbringen wir bei gutem Essen auf der Terrasse einer Hütte. In der Sonne ist es angenehm warm. Wir haben einen spektakulären Ausblick auf die Adamello Gruppe und die Dolomiten bis zum Ortler. An der Bergstation der Seilbahn sehen wir dann doch noch einen Teil unserer Streckenführung. Hier kommen wir morgen bei km 38 vorbei. Von Dolce Vita ist nicht viel zu erkennen. Steil hoch, steil runter. Aber das war ja zu erwarten.

 

Aller Anfang ist schwer

 

Gut ausgeschlafen geht es am Morgen zum Start. Etwas mehr als 200 Läuferinnen und Läufer sind auf dem 53 km Ultra angemeldet. Das Wetter ist zum Laufen perfekt. Leicht bewölkt und etwa 14 Grad, was mir fast schon zu warm ist. Wenn ich an mir runterschaue, kommen mir erste Zweifel. Um mich herum lauter junge stramme Beine. Das wird heute kein Zuckerschlecken.

 

 
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Ich bin einigermaßen aufgeregt und froh, als es pünktlich um halb acht losgeht. Nach fünfzig flachen Metern geht es gleich steil berghoch. Wir laufen ein Stück durch den Ort, passieren die Talstation der Seilbahn und winden uns auf sehr steilen Fahrwegen in die Höhe. Erst begleiten uns noch Olivenbäume, dann folgen lichte Buchen- und Kastanienwälder. Die Hüllen der Blüten werden vom Wind durch die Luft gewirbelt. Ab und zu ein schöner Blick auf den See unter uns. Wir gewinnen schnell an Höhe. Ich freue mich über jedes kleine flache Stück oder ein paar Meter Downhill. Meine Beine haben schwer zu kämpfen.

Die Luft wird zunehmend kühler. Trotzdem schwitze ich wie verrückt. Ich versuche von Anfang an viel zu trinken, was ich sonst gerne vergesse. Der Wald wird lichter. Ab und zu begleiten uns massive Felswände. Der Untergrund ist eine Mischung aus Laub und grobem Schotter. Aber alles in allem lässt es sich gut laufen. Oder besser steigen.

 

 
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Nach 8 km überholen uns die ersten Eliteläufer der kurzen Strecke. Unglaublich, in welchem Tempo die Athleten diesen Anstieg hochrennen. Einen Kilometer später erreichen wir die erste Verpflegungsstelle an der Bocca di Navene. Wir haben schon 1500 Höhenmeter in den Beinen und ich bin dankbar für eine kurze Pause. Rechts von uns erkenne ich den Aussichtspunkt, von dem wir gestern über den Streckenverlauf gerätselt haben. Ganz anders als erwartet geht es weiter über den Grat zum Monte Altissimo. Der See liegt jetzt tief unter uns. Wir passieren immer wieder wunderschöne Aussichtspunkte, aber für eine Rast habe ich keine Lust und vor allem keine Zeit.

 

 
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Gipfelglück

 

Über der Baumgrenze wird es frisch. Altschneefelder säumen den Weg. Meine Beine haben aufgehört zu meckern und schieben mich, etwas beleidigt zwar, aber immer noch kraftvoll nach oben. Ich schnaufe wie eine alte Dampflok und versuche ihnen so maximal Sauerstoff zu liefern. Die vier Wochen Ruhe haben sie träge werden lassen und sie müssen sich erst wieder an die Arbeit gewöhnen. Der Aufstieg will aber auch einfach nicht enden. Ich bin sehr erleichtert, als ich den Gipfel erreiche. 2300 Höhenmeter auf 12 Kilometer. Das hatte ich schon lange nicht mehr. Knapp vier Stunden habe ich bis hierher, der höchsten Stelle des Rennens, gebraucht. Jetzt geht es erst mal bergab.

 

 
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An der nahe gelegenen Hütte nehme ich einen Schluck Wasser. Es ist windig und kalt. Also schnell weiter. Der Downhill ist nicht ganz so steil und lässt sich gut laufen. Es geht über Wiesen und Weiden am Osthang des Monte Baldo entlang. Immer wieder bremsen kurze Gegenanstiege die Talfahrt.

Kurz vor der Fos-Ce -Hütte bei Km 20, sehe ich Buki unter mir auf dem Fahrweg. Ich dachte, er wäre schon über alle Berge. Ich rufe ihn und gebe ein Zeichen, das er sofort versteht. An der Hütte erwartet er mich mit einem kühlen Bier. Das tut jetzt richtig gut. Wir haben 45 Minuten Vorsprung aufs Cutoff.

 

 
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Leiden ist keine Option

 

Die nächsten Kilometer hatte ich mir leichter vorgestellt. Es ist Mittag und nur wenige Wolken verdecken spärlich die Sonne. Es ist sehr warm und ich merke extrem das fehlende Training. Die Pfade sind oft sehr technisch und es geht ständig auf und ab. Ich finde keinen vernünftigen Rhythmus und es fällt mir zunehmend schwerer, in Bewegung zu bleiben.

Bei Kilometer 29 kommt in Madonna de la Neve die nächste Verpflegung. Ich nehme ein Schluck Wasser und etwas Käse. Ab hier geht wieder in die Höhe. Über Weiden und Almen quäle ich mich Richtung Monte Baldo. Buki begleitet mich zum Glück. Allein könnte ich mich nicht mehr motivieren. So wie ich das Wasser in mich reinschütte, strömt es aus allen Poren wieder heraus.

Ich schaue nur noch vor die Füße und stemme mich den Berg hoch. Unser Vorsprung aufs Cutoff schmilzt wie Schnee in der Sonne. Ich sage Buki, er soll ohne mich weiterziehen, da ich nicht weiß, ob ich es schaffe, aber er bleibt einfach hinter mir. Zu allem Elend will die nächste Verpflegung einfach nicht kommen. Auf meiner Uhr müsste sie schon lange da sein. Einen Kilometer weiter, wie angekündigt, sind wir dann endlich in Prà Alpesina. Wir haben noch 5 Minuten zum Cutoff. Ich fülle schnell die Flaschen und nehme noch eine Dose Bier in den Rucksack, dann geht es direkt weiter. Bis zum letzten Cutoff an der Bergstation der Seilbahn, haben wir nur eine Stunde Zeit. Das muss jetzt einfach klappen.

 

Automodus

 

Wir laufen ein Stück über eine Straße und trinken gemeinsam das Bier, bevor es in den letzten harten Anstieg geht. Ich nehme noch ein Gel und schalte in den Automodus. Wir hören die Musik von der Bergstation und im Takt geht es nur noch nach oben. Stehen bleiben geht nicht. Mein Kreislauf lässt keine Pause mehr zu. 15 Minuten vorm Cutoff erreichen wir die Zeitmatte. Mein Kopf ist so leer, wie meine Trinkflasche. Wie in Trance fülle ich nach. Dann direkt weiter.

 

 
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Den ersten Kilometer bergab muss ich gehen, um wieder halbwegs in den Normalzustand zu kommen. Immerhin geht es jetzt die meiste Zeit bergab.

 

Rolling Home

 

Wir sind wieder auf der Seeseite und rollen langsam zu Tal. Über viel Geröll aber auch gute Wege geht es steil bergab. Das Gefälle liegt immer über 20 Prozent. Schnell sind wir wieder im Wald. Ich fühle mich besser, aber meine Muskulatur ist durch. An der Mittelstation der Seilbahn gibt es eine letzte Verpflegung. Noch 4 Kilometer.

Unter uns liegt malerisch Malcesine mit seiner Burg. Die beiden Läufer, die noch hinter uns waren, überholen uns auf dem letzten technischen Abschnitt. Dann geht es auf sehr steilen Fahrwegen zurück in den Ort. Wir werden als letzte Läufer beim Überqueren der Ziellinie ordentlich gefeiert und sogar noch gewertet, obwohl wir die Zielzeit von 12 Stunden überschritten haben. Endlich im Ziel.

Das war eine harte Nummer.

 

 
 
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Fazit

 

Der Malcesine Baldo Trail ist ein harter Wettbewerb. 3655 Höhenmeter auf 53 Kilometer sind eine harte Prüfung. Dabei hat man zwei Drittel der Höhenmeter schon nach 12 Kilometern in den Beinen. Die Trails sind sehr abwechslungsreich und (wenn es nicht regnet) auch gut laufbar. Die ganze Strecke ist landschaftlich sehr schön und wird nie langweilig. Immer wieder hat man fantastische Ausblicke auf den See oder die Berge. Die Markierung ist immer eindeutig und lässt nichts zu wünschen übrig. Die Cutoff-Zeiten sind eng getaktet und bieten auch nach hinten keine großen Reserven.

Die Verpflegung hat alles, was man als Läuferin oder Läufer so braucht. Ob Marmeladenbrot, Parmesankäse, Salzgebäck oder Banane. Alles da. Die Abstände der Getränkeposten sind gut aufeinander abgestimmt, so dass auch in der Mittagshitze niemand trocken läuft. Im Ziel gibt es Bier und Pasta (solange man in der Zielzeit bleibt). Der Malcesine Baldo Trail ist trotz der Größe, eine familiäre und herzliche Veranstaltung. Unbedingt zu empfehlen!

 

Strecken

52 k Ultra                        53,91 Km / D+ 3.655 m
26 k Medium                   26,40 Km / D+ 2.117 m
16 k Short                       16,00 Km / D+ 1.185 m

 

Informationen: Malcesine Baldo Trail
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