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31.08.13 - Monte Sophia XII

Wer bremst, verliert

Am neunten km befinden wir uns auf der untersten Berme der Monte Sophia, ein Begriff aus u.a. dem Tagebau, den ich bisher noch nie gehört hatte. Er bezeichnet ein horizontales Stück bzw. Absatz in der Böschung an einem Hang und unterteilt sie in zwei oder mehrere Abschnitte, um den Erddruck auf den Fuß der Böschung vermindern. Hast Du in der Schule nichts gelernt, liest Du MARATHON4YOU oder TRAILRUNNING.DE. Oder Du schreibst dafür.

Bei km 11 sind wir am äußeren nördlichen Rand der Sophienhöhe und zugleich tiefsten Punkt des gesamten Laufs angekommen. Die dritte Verpflegung bereitet uns auf ein besonderes Schmankerl vor. Klein, aber gemein ist sie, die „Rodelbahn“, ein schöner Trail, der zunächst recht harmlos daherkommt, im oberen Abschnitt die Pumpe aber ganz ordentlich zum Arbeiten bringt. Also umgedreht, die Schnaufer hinter mir geknipst und dabei selber den Puls wieder unauffällig heruntergefahren, so macht man das.

Die km 12 – 14 führen uns über die „Blutstrecke“, benannt nach dem Ausspruch eines Trainingsgastes, der hier nach eigenem Bekunden Blut und Wasser geschwitzt hat. Bibelfesten Lesern sei gesagt: Nein, DER war’s nicht. Für Trinkfeste: Nein, DER auch nicht. Eine ganz andere Bedeutung hat Sabine Fischer auf ihrem diesjährigen Vorbereitungslauf festgestellt, bei dem sie bis zum Römerturm im 5er-Schnitt weitergelaufen ist! Respekt, junge Frau, sage ich, ganz schön flott für ein Training. Mit dem 5er-Schnitt meinte sie jedoch 5 Stiche pro Kilometer! Die Sch… Bremsen bescherten jedem bis obenhin mindestens 15 Stiche, da haut jeder rein, um dem schnellstmöglich zu entkommen. Heute haben wir Glück und kommen „ungebremst“ davon.

Es folgen mehrere weit einsehbare Geraden, wohl denen, die sich in langen, monotonen Läufen die nötige mentale Härte angeeignet haben. Ich sage nur: Hast Du mal einen Dreißiger auf dem heimischen Laufband heruntergerissen, erschüttert Dich so schnell nichts mehr. Die nächste (bereits die vierte!) Verpflegung gibt es nach km 15. Immer weiter bergauf, der Gipfel ist noch lange nicht erreicht, aber im Vergleich zu meinen letzten Abenteuern hinauf zur Zugspitze und auf dem K 78 bei Davos ist das absolut harmlos. Wie immer ist alles im Leben relativ. Nach km 17 fast oben, fehlen doch noch drei weitere bis zum Gipfelglück, denn man schickt uns noch auf eine Schleife, damit wir über eine nette Traileinlage am Jülicher Kopf den zu umrundenden Hinkelstein bewundern können. In dem Halbdunkel des dichten Waldes ist leider kein einziges Foto etwas geworden. Zur Belohnung dürfen wir die Verpflegungsstelle 5 als sechste direkt noch einmal nutzen. Abkürzen ist natürlich verboten!

 
© trailrunning.de 17 Bilder

Nach km 20 ist er dann erreicht, der Aussichtspunkt Römerturm am Steinstraßer Wall. Er stellt den zweiten und absoluten „Höhepunkt“ des Laufs dar. Die Überraschung: Hier steht „Cäsar“ (Stefans Papa Konrad, eine örtliche Lauflegende, der auch jedes km-Schild ziert), ganz leibhaftig, grüßt jeden Läufer mit einem kräftigen „Salve!“ und bietet Träubchen an. „Ave Cäsar, moriturus te salutat!“ (in etwa: Man et joot, Jung, isch joon kabott) stöhnt der Lateiner in mir nach dem langen Aufstieg zurück. Ich muß nicht Weltmeister werden, daher gönne ich mir und Euch die paar Treppenstufen turmauf und werde dafür mit einem schönen Rundumblick und einem feinen Fotomotiv belohnt. In meiner Blödheit vergesse ich den Turm selber zu knipsen. Von hier geht’s, teilweise recht heftig, bergab. Jetzt gilt es: wer bremst, verliert, wie Lauffreundin Sabine Fischer erneut so treffend formulierte.

Das Gipfelkreuz an km 21 liegt tiefer als der Gipfel selber. Verstehen muß ich das nicht, daher lasse ich es im wahrsten Sinn des Wortes links liegen. Rechterhand kündet ein Schild den Mammutwald an, den wir aber nicht betreten. Hier hat man wohl einige Sequoien gepflanzt, aber die in den USA bis zu 3.000 Jahren alten, 100 m hohen und 13 m dicken Kameraden sind hier noch Babys. Der folgende siebte Verpflegungspunkt ist identisch mit dem früheren zweiten (hier war die Möglichkeit zum Besch…). Links vom Kreuzweg ist es explizit verboten sich zu bewegen, denn dort ist Tagebaugelände, das sich noch nicht ausreichend gesetzt hat, außerdem ist dort noch Werksbetrieb.

An km 26, identisch mit km 2, passieren wir nochmals die Schranke und werden das letzte Mal unterwegs verköstigt (insgesamt also achtmal auf 28,1 km!). Die letzten paar hundert Meter sind wir wieder auf Asphalt unterwegs, nochmals auf der Brücke über die L 264, dann liegt das Sportgelände vor uns, die Zielmoderation ist schon gut zu hören, ab durch den Zielkanal und es ist nach knappen 2:30 Std. vollbracht. Wie war das noch mit dem beabsichtigten Sechserschnitt? Nun ja, es ist halt gelaufen… Aber das mit dem langen, langsamen Laufen ist schon irre, der selige Dr. van Aaken wusste genau, was er predigte. Die letzten vier Wochen nach Davos war ich nicht weiter als 16 km gelaufen und das meistens im Sechserschnitt (flach). Und die insgesamt 5:20 min/km bei 370 HM haben mir gar nichts ausgemacht, prima.

Wie erwartet, war es eine sinnvolle Entscheidung, den langen Lauf nach Niederzier zu verlegen. Ich liebe solche „handgestrickten“, nichtkommerziellen Läufe, bleibe noch eine Weile sitzen und lerne so Peter Borsdorff (www.runningforkids.de.vu) kennen. Seit 19 Jahren sammelt er zugunsten benachteiligter Kinder, eine dreiviertel Million Euro hat es seitdem eingenommen und verteilt.

Das heutige Schicksal ist besonders anrührend: Da stirbt die junge Mutter an einem Wespenstich, wenn ich es richtig mitbekommen habe. Der Witwer bleibt mit der anderthalbjährigen Tochter zurück. Und mit dem kleinen Oskar, den man ihr in der 25. Schwangerschaftswoche nach dem Tod entnommen hat und der jetzt im Krankenhaus um sein Leben kämpft. Da atmen viele ganz tief durch, sein Sparschuh wird großzügig gefüllt. Danke, Peter, das machst Du gut!

Wie dichtete unser Freund und Poet Udo Lohengel so schön?

Monte Sophia -
Wo man spürt, daß man noch lebt
und sich über die Kraft der Steigung erhebt.

Schön war’s. Ich habe dem nichts hinzuzufügen.


Startgeld:
10 €

Wettbewerbe:
Neben dem Hauptlauf verschiedene kürzere Lauf- und Walkingstrecken.

Streckenbeschreibung:
Rundkurs über 28,1 km und +/- 370 Höhenmeter, Zeitlimit 3:30 Stunden.

Auszeichnung:
Urkunde

Zeitnahme:
Manuell

Verpflegung:
Achtmal Tee, Wasser und Schwämme unterwegs, am Ende zweimal zusätzlich Obst und Cola.

Rahmenprogramm:
Kleine Läufermesse

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Informationen: Monte Sophia XII
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