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12.05.13 - RAG Hartfüßler Trail

Willkommen im Urwald

 

Über schwarze Pfade


Um 9 Uhr wird gestartet, bequemerweise verlaufen die ersten Meter für uns bergab Richtung Grube Von der Heydt. Von den alten Schacht-Anlagen gibt es aber für Unwissende wie mich nichts mehr zu erspähen. Die Natur hat die gröbsten Spuren beseitigt. Dafür kann ich aber heimatliche Klänge vernehmen. Alphornbläser blasen uns den Marsch. Sind die extra wegen mir aus Bayern angereist? Natürlich nicht. Es sind alles Saarländer mit Liebe zu diesem exotischen Instrument.

Links des Weges liegt der Absinkweiher Frommersbachtal. Früher wurde er zur Klärung der Kohlenschlämme genutzt, heute sind die 19 ha Wasserfläche rekultiviert und sehen recht idyllisch aus. Gerade mal 4 km haben wir es trockenen Fußes geschafft, da beschert uns eine schwarze Front einen kräftigen Duscher und somit eine Änderung der Kleiderordnung: Regenjacke ist angesagt.
Was die wenigsten Organisatoren einer Veranstaltung auf die Reihe bekommen, lässt sich Hendrik heute nicht nehmen: Nachdem er sie gestern ausgeschildert hat, läuft er heute auf der Ultrastrecke das Rennen auch selber mit. Da hat er sein Team offensichtlich gut im Griff.

Nach 5 km erreichen wir die in Jahrzehnten aufgeschüttete Bergehalde Viktoria, ein Dokument harter bergbaulicher Arbeit. Ein kurzes Begegnungsstück führt uns auf den Gipfel des etwa 100 Meter hohen Spitzkegels. Auf dem schwarzen, zerklüfteten Bergematerial entstanden zusammen mit einigen umliegenden Feuchtgebieten äußerst vielfältige Lebensräume für Tiere und Pflanzen. Darunter für so seltene und gefährdete Arten wie Rohrweihe (Greifvogel), Ringelnatter und Zwergfledermaus. Die Halde gehörte zur gleichnamigen Grube, die 1963 geschlossen wurde. Fast 50 Jahre später sind die Flanken bereits vollkommen bewaldet. Es gibt sogar ein Gipfelkreuz. Hier bietet sich uns eine herrliche Aussicht über das Köllertal. Bei klarem Wetter kann man sogar bis Luxemburg blicken, erzählt mir Hendrik. Ein Trompeter bläst uns das Steigerlied.

 
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Vom kurzen Regenschauer haben sich bergab kleine Rinnsale gebildet, wer nicht aufpasst, kann sich schnell nasse Füße holen. Fünf Verpflegungs- und Getränkestationen werden uns angeboten, die erste erreichen wir an der Schutzhütte Riegelsberg bei km 8,6. Zur Pflichtausrüstung zählen neben einem Mobiltelefon auch eigene Verpflegung und mindestens ein Liter an Getränken. Danach wird’s erstmals richtig schlammig  …ääh trailig wollte ich sagen. Von vorher oft noch befestigen Wegen geht es jetzt auf weichen Trampelpfaden mitten durch den Wald. Ein Mitläufer ist davon wenig begeistert, ich bin Trailer und find’s super.

Wir unterqueren die Autobahn und begleiten sie ein Stück auf einem Radweg. Jan macht mehr Pace als mir eigentlich lieb ist.  Die relativ flachen und komfortablen drei Kilometer ermöglichen dies aber problemlos. Bei Kirschheck – Luftlinie nur einige hundert Meter von unserem Startpunkt entfernt – ist die Tempobolzerei beendet.

 

Durch den Urwald


Bei km 16 tauchen wir ein in ein märchenhaftes, über tausend Hektar großes Waldgebiet. Willkommen im Urwald. Seit 1997 wird dieser Abschnitt inmitten des Saarkohlenwaldes nicht mehr forstwirtschaftlich genützt und so entsteht diese Wildnis. Schlagartig ändert sich unser Terrain. Es ist ein Traum für Trailrunner. Farne und Sträucher wuchern wild über die Pfade. Vermoderte Bäume liegen einfach quer über den schmalen Wegen und die Trails sind weich und ausgewaschen vom Regen und oftmals natürlich auch etwas matschig.

Zugegeben, manchmal hat man auch etwas nachgeholfen und so etwas wie Treppenstufen in die kreuzenden Baumstämme gesägt um das übersteigen etwas zu erleichtern und natürlich überqueren wir breitere Bachläufe auch auf von Menschenhand errichteten Holzbrückchen.

Ich bin restlos begeistert, von der Streckenführung, von der Landschaft, vom sich selbst überlassenen, zauberhaften Wald. Ein einmaliger Ort der Naturerfahrung. Und wenn’s nicht schon genug wäre, mittendrin dürfen wir noch eine kleine Bergehalde über Treppenstufen fast senkrecht erklimmen, wie auf einer Himmelsleiter und das Ganze von oben bewundern. Die Halde Kleiner Fuji ist noch ein Überbleibsel aus den Anfängen des 19. Jahrhunderts. Auf gleichem Wege geht‘s wieder hinunter, kontrolliert wird das selbstverständlich auch, jeder soll schließlich das Vergnügen haben.

 
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Einsame Pfade, oft durchzogen von tiefen Schluchten führen uns weiter über die Abraumhalden des Steinbachschachtes durchs Tal der Stille bis zum Gouvysweiher. Bizarr ragen die abgestorbenen Baumstümpfe aus dem Wasser. Hier liegt die Wiege des Bergbaus. 1760 wurde im Steinbachtal erstmals nach Kohle gegraben. Es ist wirklich außerordentlich schön hier, egal was jetzt noch kommt, dies wird mein Lieblingsabschnitt.

Scheune Neuhaus erreichen wir nach fast genau 20 km. Diese wurde Ende des 19. Jahrhunderts im Bereich einer jahrhundertealten Schlossanlage errichtet. Heute dient sie als Ausgangspunkt für vielfältige Wanderungen durch den Urwald oder als Location für Veranstaltungen. Für uns ist vor ihren Toren die zweite Verpflegungsstelle errichtet.

 
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Ein wunderschöner Trail führt uns entlang des Netzbaches, wieder gespickt mit vielen Klettereinheiten, zum Teil über wirklich große umgestürzte Bäume, ins wild-romantische Netzbachtal. Der längste zusammenhängende Anstieg führt uns zur Grube Göttelborn. Der 90 Meter hohe weiße Riese ist immer noch der höchste Bergbauförderturm weltweit. War aber nur sechs Jahre in Betrieb.

Im Januar 1990 begannen die Arbeiten an dem futuristischen, alle bislang in Deutschland bekannten Dimensionen sprengenden Fördergerüst. Die Investitionen zum Bau betrugen etwa 200 Millionen Euro. Im November 1997 wurde der Plan aufgegeben ihn zu einer der leistungsfähigsten Förderanlagen im europäischen Bergbau zu machen. Das Bergwerk mit 220 Mio. Tonnen abbauwürdiger Vorräte und 137 Kilometern Grubenräumen erwies sich als doch nicht zeitgemäß: Im Vergleich zu anderen Energieträgern war die Kohle aus Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig. Heute ist der Schacht mit einem 70 Meter dicken Betonpfropfen verschlossen.

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