trailrunning.de

 
 
 

31.05.25 - Seen-Lauf Tannheimertal

Kein Hitzefrei beim Seen-Lauf

„Wandern im schönsten Hochtal Europas“ – nicht unbescheiden wirbt der Tourismusverband Tannheimer Tal um Besucher aus nah und fern. „Kristallklare Bergseen und kleine traditionelle Dörfer. Keine Frage, das Tannheimer Tal bietet eine Traumkulisse …“ heißt es weiter. Typisch Werbeslogan, denkt man sich, aber es klingt dennoch verheißungsvoll, umso mehr, als nicht nur Wandersleut‘ und Radfahrer angesprochen werden, sondern auch Läufer. Probieren geht über Studieren, denke ich mir, und schon hat der Werbeslogan seine Wirkung getan.

Als Nebental des Lechtals durchschneidet das durchschnittlich etwa 1.100 m hoch gelegene Tannheimer Tal zwanzig Kilometer weit den österreichischen Teil der Allgäuer Alpen. Zum dreizehnten Mal wird 2025 hier der Seen-Lauf Tannheimer Tal ausgetragen. Auf Superlative bei Distanzen und Höhenmetern verzichtet man. Die Kulisse allein soll wirken. Der „Klassiker“ im Angebot ist der namengebende „Seen-Lauf“ über 23,5 km. Bei lediglich 204 Metern rauf wie runter bietet er entspannten Laufgenuss durch die Bergwelt rund um den Halden- und den Vilsalpsee. Auf 10 km verkürzt kann man das auch angehen und umrundet dann eben nur den Haldensee.

Wer es etwas zackiger mag, findet heuer Alternativen in zwei reinrassigen Trails: Der 6 Hütten-Trail über 25 km mit 1.559 Höhenmetern erschließt die Bergwelt südlich und östlich des Haldensees, der 3-Hütten-Trail über 12,5 km mit 771 Höhenmetern beschränkt sich auf den Part südlich des Sees.

Zusätzliche Schüler- und Kinderläufe machen die Veranstaltung zudem familienkompatibel.

 

Start in Nesselwängle

 

Start- und Zielpunkt für alle Läufe ist das Örtlein Nesselwängle, ein paar Kilometer östlich des Hauptorts Tannheim gelegen, und dort konkret das Sportcenter am Ortsrand. Zwischen 10 und 12:45 Uhr starten die Läufe und enden auch alle hier, womit man sicher sein kann, dass den ganzen Tag etwas los ist. Overall um die eintausend Teilnehmer haben sich in diesem Jahr angemeldet und der Veranstaltung damit eine Rekordbeteiligung beschert.

 

 
© trailrunning.de 10 Bilder

 

Mit der Wahl des 23 km-Klassikers und damit einem Start um 12 Uhr mittags lässt sich die Teilnahme von München aus gut als Tagesausflug gestalten, auch wenn es sich lohnen würde, hier ein paar Tage mehr zu verweilen. Schon in vollem Gange ist das Laufevent, als ich um kurz nach zehn Uhr eintrudle. Parkplätze gibt es genug, aber ortsunkundig wie ich bin, nehme ich gleich den erstbesten und erwische damit einen, der mir einen stattlichen Fußmarsch zum Startgelände beschert. So bekomme ich gleich einmal einen Vorgeschmack davon, wie es sich anfühlt, sich schneller als üblich in sommerlicher Hitze fortzubewegen. Meinen ersten Schweißschub habe ich daher schon hinter mir, bis ich im Schatten des überdachten Freiluftbiergartens Schutz und Ruhe finde.

Reichlich Platz bietet das umliegende sattgrüne Wiesengelände, gerahmt von den das Tal idyllisch begrenzenden Berghängen. Ein optisches Ausrufezeichen setzen die markant-schroffen Zacken der 2.238 m hohen Kellenspitze. Entspannt ist die Stimmung. Die Läufer des 25 km-Bergtrails sind schon seit zehn Uhr unterwegs, die Starter des Seenlaufs noch im Ruhemodus. Das ändert sich auch nur allmählich, als der Startmoderator eine Viertelstunde vor „High Noon“ zur Startlinie ruft. Kein Wunder: Bei an die 30 Grad Celsius ist der Hang zur Dynamik doch etwas gebremst.

Aber hitzefrei gibt es heute nicht und so sind zum Countdown alle etwa 220 Starter dann doch hellwach und präsent. In flottem Trab setzt sich der Lauftross mit dem Startschuss west- und damit taleinwärts in Bewegung.

Ein schmales Sträßlein windet sich leicht ansteigend durch die Wiesen im Talgrund und führt uns in waldiges Terrain. Und Wald bedeutet für uns vor allem eines: Schatten.

 

Haldensee

 

Nach knapp zwei Kilometern lichtet sich der Wald zur Rechten und öffnet den Blick auf ein verträumtes Gewässer. Das Südufer des Haldensees ist erreicht. Der etwa 1,4 km lange auf 1.124 m üNN gelegene See nimmt die gesamte Breite des Talbodens ein. Kaum Platz bleibt da zwischen dem stillen Wasser und den steil emporsteigenden Berghängen. Während das Nordufer von der Durchgangsstraße belegt ist, ist das Südufer ganz dem Fußvolk und eben jetzt uns vorbehalten.

Etwa einen Kilometer lang führt uns ein Naturweg direkt am See entlang. Es ist ein herrliches Wegstück, aussichtsreich wie kühl, und leider viel zu schnell zu Ende.

 

 
© trailrunning.de 18 Bilder

 

Nach 3,4 km erreiche ich nahe dem Campingplatz Haldensee die erste von immerhin sieben Verpflegungsstationen entlang der Strecke. Wasser und Isotonisches gibt es und das ist erst einmal das Wichtigste. Nüsse, Obststücke sowie Energy-Riegel und -Gels ergänzen das Angebot. Schon hier bestimmt sich mein Wasserkonsum nach dem Motto: „Eins fürs Kröpfchen, eins übers Köpfchen.“ Das erfrischt ungemein.

In stetigem leichtem Auf und Ab mäandert der Weg zumeist durch offene Blumenwiesen dahin. Gelb und weiß leuchten die Blüten im grünen Meer und weit reicht der Blick ins Tal und in die umgebende Bergwelt hinein. Schatten ist rar, die wenigen Waldpassagen kommen Cooling-Zonen gleich. Immerhin weht ab und an eine kühlende Brise durchs Tal.

 

Tannheim

 

Schon von weitem signalisiert die Zwiebelkuppel der barocken Pfarrkirche, dass Tannheim, mit 1.160 Einwohnern die namengebende Talkapitale, naht. Von der nach 6,9 km erhöht nahe der Talstation der Gondelbahn zum Neunerköpfle liegenden Verpflegungsstation Ressebichl haben wir einen schönen Blick über das Dorf, während die gelben Gondeln leise über unsere Köpfe hinweg nach oben entschweben.

Nur am Rande kommen wir auf Tuchfühlung mit Tannheim. Der Kurs verlässt hier das Haupttal und zweigt nach Süden in ein Seitental ab. Ein Stück weit rauscht in der Sonne glitzernd das Flüsschens Vils neben uns, dann traben wir auf Asphalt den sich im verengenden Tal am fernen Horizont schneebedeckt schimmernden Berggipfeln entgegen.

 

 
© trailrunning.de 15 Bilder

 

Eine - zumindest bis 17 Uhr - geschlossene Schanke sperrt die Straße für den Autoverkehr. Nur per Regionalbus oder für Gehfaule per Bimmelbahn geht es hier weiter. Oder man geht. Oder besser noch: man läuft. Ab hier beginnt das Naturschutzgebiet rund um den Vilsalpsee. Von der Straße führt alsbald ein Waldpfad ab. Reichlich beschattet geht es durch üppig dichten Nadelwald immer weiter ins Tal hinein. Vom See ist noch nichts zu sehen, dafür sorgt am Wegesrand nach 10,2 km erneut eine Verpflegungsstelle für willkommene Abwechslung.

Gleich dahinter ist die Zufahrtsstraße wieder erreicht, auf der mir nun immer wieder diejenigen Läufer entgegenkommen, die ihre „Vilsalpsee-Experience“ schon hinter sich haben. Der eigenwillig modern konzipierte Holzbau des „Gasthaus Vilsalpsee“ signalisiert mir: Der See ist nach 11 km erreicht. Und damit zur Halbzeit auch der Höhepunkt des Laufkurses.

 

Vilsalpsee

 

Der auf 1.165 m üNN gelegene, knapp 1,5 km lange Vilsalpsee und das Naturschutzgebiet, in das er eingebettet liegt, sind ohne Zweifel ein Aushängeschild und „der“ Touristenmagnet der Region. Bis über zweitausend Meter ragen die hohen, steilen und vielgestaltigen Berge rund um das türkisblau schimmernde Gewässer in die Höhe. Die perfekte alpine Bilderbuchkulisse. Und bei heute perfekter Ausleuchtung durch die Sonne gilt das umso mehr.

 

 
© trailrunning.de 9 Bilder

 

Leider nur einen Viertelkilometer führt unser Laufkurs am Ufer entlang, sodass uns auch nur ein paar Minuten bleiben, dieses Idyll optisch aufzusaugen. Dann nötigt uns ein eher schnöder Wendepunkt nach 11,5 km schon zur Umkehr. Auch wenn der See wegen mehrerer Bergstürze auf der Ostseite seit 2013 nicht mehr vollständig umrundet werden kann bzw. darf, wäre es schon ein echter Zugewinn für den Lauf, wenn man zumindest das Westufer stärker in den Kurs integrieren könnte.

 

Und alles wieder zurück

 

Die Eckpunkte des Rückwegs nach Nesselwängle sind dieselben wie auf dem Hinweg, doch weicht die Streckenführung in einigen Passagen erheblich ab. Weniger erbaulich ist sogleich das erste Wegstück, das in brütender Hitze der frisch asphaltierten Zufahrtsstraße zum Vilsalpsee folgt, ehe uns ein Schotterweg bis Tannheim in sattgrüne hügelige Wiesenlandschaft entführt und für Zuwachs in der Höhenmeterbilanz sorgt.

Richtig einsam ist es auf dem Streckenkurs mittlerweile geworden. Weit vor und weit hinter mir schleichen ein paar einsame Gestalten wie ich durch die Landschaft, die mit der Hitze nicht zurechtkommen oder aus anderen Gründen konditionell schwächeln, oder bei denen, wie bei mir, beides zutrifft. Weiße, auf dem Boden aufgesprühte Pfeile sorgen dafür, dass ich nicht vom rechten Pfad abkomme. Auf Asphaltpassagen entdecke ich zudem fix aufgesprühte Logos des Seenlaufs. Fix montiert sind auch an Pfosten geheftete farbige Richtungspfeile. Damit lässt sich der Seen-Lauf letztlich ganzjährig absolvieren.

 

 
© trailrunning.de 20 Bilder

 

Wie eine Oase mutet mir der schon bekannte Verpflegungspunkt Ressebichl bei Tannheim nach 15,8 km an. Und weiter geht es durch die Weiten der Almen im Tal, dem Haldensee entgegen. Noch vor dem See dürfen wir den Weiler Haldensee bzw. einige der hier ansässigen komfortablen Hotels kennenlernen und die Gäste beim Sonnenbad und Räkeln im Pool beobachten. Da blitzt für einen Moment tatsächlich so etwas wie ein wenig Neid durch.

Kurz darauf ist der Haldensee erreicht und wir dürfen nun diejenigen Uferpassagen läuferisch kennenlernen, die uns auf dem Hinweg verborgen blieben. Stark verschilft, aber umso idyllischer ist das schmale Westufer. Weiter geht es entlang des Naturwegs, der parallel zur Durchgangsstraße direkt am Nordufer entlangführt. Ein Konvoi hochpreisiger Luxuskarossen röhrt auf Samstagsausfahrt an mir vorbei. Das hat etwas von Schönwettergassigehen mit dem Schoßhund.

Blendet man die Geräuschkulisse im Hintergrund aus, eröffnen sich auch von hier herrliche Ausblicke über den glitzernden See. Am Ostufer folgt mit Haller der nächste Ballungspunkt für Hotellerie und Gastronomie. Aber hier entschwindet der Weg zusehends sowohl der Zivilisation, als auch dem See. Einmal mehr durchmessen wir die Weiten satter Wiesen.

 

Endlich im Ziel

 

Quasi durch die Hintertür gelange ich zum Ausgangspunkt meiner Talerkundung, dem Sportcenter bei Nesselwängle. Eine letzte Schleife ist über die Wiesen des Geländes zu drehen, ehe der Zielbogen meine müden Beine erlöst.

Die im Schatten stehenden Bierbänke und -tische und die umliegende Wiese sind von Finishern dicht bevölkert, es wird ausgiebig gefeiert und relaxt. Mich persönlich zieht es aber schon bald dorthin zurück, wo ich vorhin viel zu schnell entschwinden musste: An den Vilsalpsee. Mich im Liegestuhl auf der Sonnenterrasse des chicen Gasthauses bei einem kühlen Radler mit Blick auf den See ausstreckend, feiere ich in dieser einmaligen Kulisse mein Finish auf meine persönliche Weise, bis die Sonne hinter den Bergen verschwindet. Und nehme dann die letzte Bimmelbahn zurück zum Parkplatz. Das muss jetzt sein.

 

 
© trailrunning.de 5 Bilder

 

 

 

 

 

Informationen: Seen-Lauf Tannheimertal
Veranstalter-WebsiteE-MailHotelangeboteOnlinewetterGoogle/Routenplaner

 
Zurück zur Übersicht
 
 
 
 
 

Kontakt

Trailrunning.de
Klaus Duwe
Buchenweg 49
76532 Baden-Baden

07221 65485

07221 801621

office@trailrunning.de