Frederick, Jonathan und Nicholas Kenny gehören der gleichen Familie an. Alle vertreten an den Davos X-Trails vom 26. Juli Grossbritannien. Ins Landwassertal reisen sie indes aus zwei zusätzlichen Ländern an: aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und China.
Aufs Wiedersehen freuen sich alle sehr. Dieses findet aber nicht in der Grafschaft Cheshire im Nordwesten Englands statt, wo die Familie Kenny wohnt und alle fünf Söhne aufwuchsen. Treffpunkt ist Davos und somit die höchstgelegene Stadt Europas. Dort besitzt die sportbegeisterte Familie seit fast zwei Jahrzehnten ein Ferienhaus. Und es ist der Ort, an dem seit 2022 die Davos X-Trails ausgetragen werden. Papa Nicholas sowie sein jüngster Sohn (Frederick) und zweitältester Sohn (Jonathan) werden am letzten Juli-Samstag beim Diamond Run an den Start gehen.
Nach Davos kehren die Kennys immer wieder gerne zurück. Sei es für Ferien, in denen sie im Sommer bevorzugt wandern, schwimmen und biken sowie im Winter Skifahren. Oder eben für die Davos X-Trails. Der 65-jährige Nicholas beteiligt sich zum vierten Mal an der Veranstaltung; bei der Premiere 2022 meisterte er den Diamond Run und in den folgenden zwei Jahren jeweils den Gold Run. Der 22-jährige Frederik, welchen es vor wenigen Monaten aus beruflichen Gründen in die Vereinigten Arabischen Emirate zog, geht wie im Vorjahr – bei seinem ersten Start an einem Ultra-Marathon überhaupt – auf der Königsdistanz an den Start.
Erstmals dabei ist der 31-jährige, inzwischen in Hongkong wohnhafte Jonathan. Er wird von seiner Freundin Lok Yan Yim begleitet. Die Beiden fassten den Diamond Run ins Auge und absolvierten schon mehrere Ultra-Marathons – unter anderem ein Rennen entlang eines Teils der Chinesischen Mauer. Oder am letzten Juni-Wochenende eines in der Mongolei, wo sich Jonny bei den Männern als Achter klassierte und Lok Yan Yim bei den Frauen sogar die Schnellste war. Nicholas seinerseits startete vier Wochen vor den Davos X-Trails am Mont-Blanc-Marathon in Chamonix.
Die Familie Kenny – zu ihr zählt auch der 28-jährige Oliver, welcher 2024 mit dem Gold Run seinen allerersten Ultra-Marathon meisterte, diesmal aber aus beruflichen Gründen fehlt – mag das Reisen. Speziell, wenn sie es mit dem (Lauf-)Sport verbinden kann. Mit dabei ist jeweils auch Mama Ruth, welche ihren Gatten und die Söhne an den Läufen bestmöglich unterstützt und bei Bedarf verpflegt. So wird sie «ihre» Männer an den Davos X-Trails an verschiedenen Stellen entlang der abwechslungs-, aber auch anforderungsreichen Strecke anfeuern.
Davos entdeckte Nicholas Kenny berufsbedingt. Er arbeitet als Orthopäde und besuchte jährlich Kongresse der AO Foundation. Das Landwassertal zog ihn schnell in den Bann. «An unserem Zweitwohnsitz geniessen wir die frische Luft, die wunderschöne Natur, die Berge, den See und die Menschen», sagt das Familienoberhaupt. Nach Davos reisen die Kennys Ende Monat bereits sieben Tage vor den Davos X-Trails – wegen der Höhenakklimatisierung, die sehr wichtig ist, wenn man aus einem tief gelegenen Gebiet kommt.
Während sich Nicholas Kenny seit 2012 der Herausforderung von Ultra-Marathons stellt – seinen Einstand gab er beim damaligen Swissalpine in Davos – und inzwischen nahezu deren 40 beendete, befinden sich seine Söhne diesbezüglich in der Anfangsphase. «Ich merke, dass meine Leistungsfähigkeit abnimmt. Die Jungs begleiten mich jetzt bei den Rennen, um die Lauftradition in der Familie aufrechtzuerhalten.» Zwar schrieb sich Nicholas diesmal wie Jonathan und Frederik für den Diamond Run ein, doch er kann sich gut vorstellen, im Sertig auf den Gold Run abzubiegen.
An die Startlinie begibt sich Nicholas Kenny am 26. Juli unter einer besonderen Voraussetzung. Wenige Tage nach der Rückkehr vom Mont-Blanc-Marathon musste er sich dreieinhalb Wochen vor den Davos X-Trails einer Operation am linken Bein unterziehen. «Ich gehe davon aus, dass die Wunde bis zum Rennen im Landwassertal verheilt ist und ich rechtzeitig wieder fit bin», meinte Nicholas kurz vor dem operativen Eingriff. «Ansonsten müsste ich schweren Herzens auf eine Teilnahme verzichten.»
So weit mag Nicholas Kenny nicht denken. Denn die Davos X-Trails bedeuten ihm sehr viel. «Der Lauf ist hervorragend organisiert und die Landschaft fantastisch. Es herrscht eine tolle gemeinschaftliche Atmosphäre, und ich bin stolz, Teil davon sein zu dürfen.» Dies verdankt er nicht zuletzt seiner guten Verfassung. Fit hält er sich mit fast täglichen Besuchen im Fitnessstudio, regelmässigem Tennisspielen und Radfahren. Doch er ist sich bewusst: «Lange Rennen wie die Davos X-Trail erfordern auch mentale Stärke und die Einstellung, niemals aufzugeben.»