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25.09.16 - ARBERLAND Ultra Trail

Trailrunning im Woid: Dem Himmel nah, den Sorgen fern

 

Ein schmaler Pfad durch den Wald führt uns zu einem Aussichtspunkt. Dort haben sich bereits ein paar Mitläufer versammelt und genießen das wunderbare Panorama. Mache ich normalerweise auch und dazu ein paar Fotos, aber ich sehe hier schnell meine Chance, die rote Laterne abzugeben und etwas Abstand zum Schlussläufer zu gewinnen. Nix wie weiter. Es geht wieder abwärts.

Nach 24,5 km sind wir wieder zurück in Bodenmais. Am großen Verpflegungspunkt am Ortsrand, neben dem Joska Glasparadies, ist für uns eine erste Zeitbarriere um 11.30 Uhr einzuhalten. Meine Hochrechnung hat gepasst. 45 Minuten liege ich darunter. Für die Staffelläufer war hier der erste Wechselpunkt, die sind natürlich schon längst über alle Berge. Ein Paradies ist auch das tolle Büffet, das man für uns aufgebaut hat. Da ist alles dabei, von süß bis salzig. Hier kann man es für eine kräftige und ausgiebige Stärkung einige Zeit aushalten …könnte …da isser wieder, unser Besenläufer. Ich breche ab und mache mich schnell vom Acker.

 

 
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Vor mir liegt jetzt der längste Anstieg des Tages. Bis zum Gipfel des Kleinen Arber sind es 9 km ausschließlich im Bergauf-Modus. An der VP habe ich mich entschlossen, meine Stöcke auszupacken, auch um die Sehne etwas zu schonen und um etwas schneller voran zu kommen. Grundsätzlich stören die Dinger beim Fotografieren immer gewaltig, daher verzichte ich auf sie, solange es geht.

Einige der Laufkollegen haben mich wieder überholt und plötzlich ist der Besenläufer schon wieder hinter mir, hat jetzt einen frischen Partner dazubekommen. Ich bin schon wieder Letzter. Oh Mann, ob ich den heute noch los werde? Vor mir läuft ein Pärchen, das sich einen kurzen, unbeabsichtigten Abstecher leistet, aber gleich wieder zurückbeordert wird. Ich nütze meine Chance für einen erneuten Fluchtversuch und laufe schneller, als ich wirklich will.

Der Aufstieg im Wald ist wunderschön, nicht sonderlich steil führt er auf Waldwegen und schmalen Pfaden kontinuierlich nach oben. Ein Stück geht es am wildromantischen Moosbach entlang. Vor dem eindrucksvollen Hochfall überqueren wir den Bach auf einer Holzbrücke. Die Wasserfälle sind die zweithöchsten im Bayerischen Wald. Je weiter wir nach oben kommen, umso mehr öffnet sich der Wald und gibt etwas von der Aussicht frei. Ich kann nebenbei wieder einige Mitläufer überholen, das verschafft mir Luft ...ihr wisst schon von wem.

In Fünfer-Schritten zeigen uns Tafeln den Kilometerstand an. Die Strecke ist bestens mit blauen Punkten und orangenen Flatterbändern markiert. Verlaufen ist bei etwas Konzentration eigentlich unmöglich. Zwischen Enzian und Kleinem Arber gelangen wir auf die Route des Goldsteigs auf eine Hochfläche. Man hat einen tollen Überblick über den Bayerwald und auch einen längeren Abschnitt unseres Kurses …puuh, nichts zu sehen vom Besenläufer. Nach einer kurzen Kraxelpartie passieren wir etwas unterhalb des Gipfelkreuzes den Kleinen Arber. 1.350 Meter sind wir hier hoch.

Steil und anspruchsvoll geht es über Wurzeln und Steine wieder runter bis zur Chamer Hütte – neuerdings auch Schutzhaus Kleiner Arber genannt. Schutz benötigen die vielen Ausflügler auf der Terrasse bei Brotzeit und Bier heute nur vor der Sonne. Man könnte schon etwas neidisch sein, aber unsere nächste VP ist auch nicht mehr allzu fern.

Etwa eineinhalb Kilometer lang umrunden wir auf einem Forstweg in gleichbleibender Höhe den Großen Arber, bevor wir zum Gipfelsturm ansetzen können. Die Himmelsleiter, mit über 150 mit Holzbalken abgestützten Stufen, führt uns steil hinauf auf den Gipfel des Königs des Bayerwalds. Bei dem prächtigen Ausflugswetter sind natürlich sehr viele Wanderer unterwegs, aber größere Behinderungen gibt es deswegen nicht. Die meisten machen freiwillig Platz und spenden auch einmal Beifall. Wir profitieren natürlich auch vom tollen Wetter, die Aussicht über den Bayerischen und Böhmer Wald ist grandios.

Obwohl seine 1.456 Meter nach Alpinen Maßstäben nicht allzu hoch sind, fanden bis vor einigen Jahren vom Großen Arber in unregelmäßigen Abständen auch Ski-Weltcup-Rennen im Slalom und Riesenslalom bei den Herren und Damen statt. Den ersten Sieg feierte 1976 der legendäre Ingemar Stenmark, den bisher letzten Lauf gewann 2011 Viktoria Rebensburg. Daneben werden an seinem Fuße auch noch Biathlon und Langlauf-Europacup-Rennen ausgetragen.

Neben der Aussichtsterrasse der Fürstlich-Hohenzollerschen Arber-Bergbahn ist auch für uns eine VP eingerichtet. 37 km sind hier durch und einen Großteil der Höhenmeter. Nudelsuppe und Erdinger Alkoholfrei sind meine Favoriten an der Labe. Das Angebot ist natürlich weitaus reichhaltiger. Jede Menge Obst, Brot, Cola, Iso und vieles mehr stehen bereit.

 

 
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Technisch höchst anspruchsvoll geht es wieder runter vom Gipfel. Der verblockte und extrem verwurzelte Pfad durch grobes Gestein ist für mich absolut nicht laufbar, es bleibt nur ein langsamer Abstieg anstatt eines rasanten Downhills übrig. Ich würde gerne mal sehen, wie hier die Spitze runterbrettert und wie viel Risiko sie auf dieser Knochenbrecherpiste eingehen. Zwei Kilometer dauert der Spaß etwa, bevor wir auf eine Schotterstraße treffen, die uns bis an das Ufer des Arbersees (km 40) führt.

Das Zeitlimit von 8 Stunden kann ich an der zweiten Wechselstelle der Staffeln um eine halbe Stunde unterbieten, noch beruhigender für mich ist aber, dass jetzt doch einige hinter mir sind und ich so vom Schlussläufer nicht mehr behelligt werde. Ja, irgendwie beschäftigt mich das das ganze Rennen und treibt mich auch etwas an. An einer Getränkestation kann nochmal nachgetankt werden.

Ein langer, unspektakulärer Abschnitt auf Forststraßen führt wieder über einige Kilometer nach oben. Bevor es zu einer Schleife über das Mittagsplatzl geht, passieren wir an einer Kreuzung eine weitere Versorgungsstation. Wenn wir von der Runde zurückkommen, gibt es hier ein weiteres, kurzfristig eingeschobenes Zeitlimit einzuhalten.

Nach rechts führt unsere Runde erst durch Mischwald und dann über die Freiflächen der einstigen Almweide wunderbar trailig weiter bis zum Mittagsplatz. Ich nehme mir etwas Zeit, um bis zum Aussichtspunkt an der Felskante mit dem außergewöhnlichen Gipfelkreuz von der Strecke abzuweichen. Nicht umsonst wird der Ort als das „schönste Fleckerl im ganzen Woid“ bezeichnet.

Vom 1.340 m hohen Mittagsplatzl (km 45) offenbart sich mir eine beeindruckende Aussicht auf den Arbersee, in den Böhmerwald, zum Großen Falkenstein im Nationalpark Bayerischer Wald und weit bis nach Tschechien hinein. Ein schönes Gedicht ist auf einem Metallschild neben dem Kreuz eingraviert, den ersten Reim kann ich auch auf den heutigen Tag übertragen: Dem Himmel sehr nahe, den Sorgen ganz fern ...meine Achillessehne lasse ich mal außer Acht.

Rustikal und technisch höchstschwierig geht es auf dem nachfolgenden Kilometer wieder vom Gipfel runter. Der Abstieg beinhaltet eigentlich alles, was einen Knochenbruch begünstigt. Für mich wieder nur im geruhsamen Tempo zu bewältigen. Ein Schotterweg führt uns wieder zurück zur VP, welche bis 17 Uhr passiert werden muss. Ich nehme eine letzte ausgiebige Stärkung und mache mich auf den Weg zum Schlussabschnitt. Noch liegen 10 Kilometer vor mir, wenn auch meist abwärts.

Zum nächsten Highlight, den Rießlochfällen, sind es etwa 5 km. Über mehrere Kaskaden hinweg stürzen sie insgesamt über 50 Meter zu Tal und sind somit die höchsten Wasserfälle des Bayerwaldes. Das Naturschutzgebiet Rießloch ist eines der letzten Urwaldreste im Bayerischen Wald, galt bis vor wenigen Jahren noch als Geheimtipp. Faszinierend ist der nachfolgende Aufstieg in diesem urwüchsigen Märchenwald über Steintreppen und an bemoosten Felsen vorbei. Zu einem Aussichtspunkt mit wunderbarem Blick auf das Ziel lege ich noch einen kurzen Abstecher ein.

Die finalen 4,5 Downhill-Kilometer sind ohne große Schwierigkeiten und Stolpersteine versehen, in einem Rutsch geht es durch bis Bodenmais. Der Schlussabschnitt führt noch ein gutes Stück durch die Ortschaft, nach überqueren der Bahnhofstraße durch den Urlauberverkehr habe ich es geschafft. Nach genau 58,3 km überquert man die Ziellinie auf dem Marktplatz.

 

 
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Im Ziel wird mir gleich die schöne Glasmedaille umgehängt. Die wunderschönen Glaspokale des Herstellers Joska sind auch als Siegertrophäen aus dem Ski- und Biathlon-Weltcup bekannt. Zudem wird mir noch ein Gutschein für ein Finishershirt überreicht, das später zugesandt wird. Kostenoptimierung nennt sich das, würde ich sagen. Auf einem gemütlichen Plätzchen mit Erdinger Alkohohlfrei und einer Brotzeit verfolge ich die weiteren Zieleinläufe und warte jetzt auch entspannt auf den Schlussläufer. Da muss ich mich aber dann doch noch einige Zeit gedulden.

 

 
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Man kann den Woidläufern Bodenmais zur gelungenen Premiere nur gratulieren. Herrlich war es im Arberland. Super Organisation, wunderschöne, abwechslungsreiche, aber auch oft anspruchsvolle Strecke, gespickt mit vielen Highlights des Bayerwaldes. Trailrunning im Woid: Dem Himmel sehr nahe, den Sorgen ganz fern …nur der Besenläufer könnte vielleicht noch etwas eingebremst werden.

 

Ergebnisse:

 

Arberland Ultra Trail, Herren:

1 Mingo, Markus 5:38:43
2 Quack, Philipp 5:51:53
3 Maurer, Jochen 5:55:55


Arberland Ultra Trail, Damen:

1 Sperger, Eva 6:22:04
2 Philipp, Simone 6:47:22
3 Förster, Basilia 6:48:20


Auerhahn Trail, Herren:

1 Schlagbauer, Christian 2:59:56
2 Kufner, Konrad 3:02:28
3 Lechermann, Thomas 3:06:12


Auerhahn Trail, Damen:

1 Fischl, Tina 3:18:07
2 Friedl, Anke 3:35:47
3 Forchthammer, Ina 3:39:51

 

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Informationen: ARBERLAND Ultra Trail
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