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09.03.13 - Braveheart Battle

Back in the Hell

Autor: Joe Kelbel

Monate vorher melden sich die ersten armen Seelen krank. Wer seinen Proktologen wegen Hosenscheisserei um ein ärztliches Attest anfleht, der erlebt seine Hölle auf dem Sofa. So ist wenigstens garantiert, dass das, was an den Ärschen derjenigen klebt, die sie aus den Schlammlöchern schieben, auch wirklich Erdreich ist.

Noch ist die Hölle leer, alle Teufel sind in der Kampfarena in Münnerstadt versammelt, brüllen sich an und lauschen dem schrillen Dudeln der Dudelsäcke. „Sie sagen auf ihre Weise Lebewohl. Sie spielen die geächteten Melodien auf den geächteten Instrumenten”.

 
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Michael Kreiker geht fürs Feuer durch die Hölle: Er will eine brennende Fackel bis ins Ziel bringen. Wir werden uns einen Weg durch die Hölle bahnen, auf dem andere folgen können. Das Wort Kapitulation kennen wir nicht. Huuuuurra!

„Kniet nieder und betet das Gebet der Bravehearts!” Es ist Zeit zu überleben!

Das Startgebiet hüllt sich in dichten Nebel, da bin ich schon fort. Mit Blitzschlägen aus meinem Arsch überspringe ich die ersten Hindernisse. Eine Horde brüllender, total verrückter Kämpfer stürzt sich wie Lemminge den “Killing Hill” hinunter. Ein Hollunderbusch kann meiner geballten Kraft nicht standhalten, entlässt mich krachend in die Tiefe. Echtes Blut vermischt sich mit künstlichem.

Zwölfmal geht es heute durch das Flüsschen Lauer, tiefer und länger als die letzten Jahre. In einer Reihe stehen die Kämpfer im Wasser. Die Hölle ist kalt, eiskalt. Blitzartig ziehen sich die Beinmuskeln zusammen, es beginnt höllisch zu brennen.  Am Steilufer wird gezogen und geschoben, jede Minute rettet die schmerzenden Beine.

Der „Hangman” verschont vor der Kälte des Wassers, wenn man sich denn die acht Meter hinüber hangeln kann. Demütigend, wie das Fallobst von oben herunter prasselt und dann doch im Gletscherwasser versinkt, schreiend auftaucht und vom rettenden Ufer abrutscht.

 
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Stille auf dem langen Trail ins pulsierenden Herz von Münnerstadt. Unter zigtausend sensationsgierigen Augen kriechen Zombies unter die mit Planen zugehängte Brücke. “The Chamber” ist ein neues Fegefeuer: Dunkel, kalt, neblig und nur 1,6 Meter hoch. Wir sind blind. Schrille Schreie lassen den kalten Fluss erahnen. Arme werden aus tiefer, nebliger Kälte hochgeworfen, wie zerrissene Segel des Fliegenden Holländers.

Brüllend und sabbernd stehen Zuschauer über der Kriechkombination „Eys To The Sky”. Wer nicht mit dem Gesicht durch den Dreck robben will, der muss sich auf den Rücken drehen. Der Helfer des Teufels ist dick und hält einen Wasserschlauch auf die Kriechstrecke. „Gutes schottisches Wetter, der Regen fällt fast lotrecht, nur leicht zur Seite geneigt.”

“Brave Wall”, 6,5 Meter hoch und wegen der hohen Stufen extrem kraftraubend. Kraftlos rutsche ich in die  “Schweinfurt”, dann in “The Dive” auf der Höhe der früheren „Swinger Oase”. Das trübe Wasser schlägt über meinen Kopf zusammen, mit dieser Tiefe hatte ich nicht gerechnet. Brüllend explodiere ich wie ein Sektkorken nach oben, Kunstblut läuft von der vor Kälte stechenden Stirn in meine Augen, färben die Kontaktlinsen teuflisch ein.

Alles Fliegenschiss, denn vor uns liegt ein Kanonenfeuer an höllischen Hindernissen: “Hells Steps”, “Muddy Buddy” , “Neeb-Fields” und ”Lanoph Fields”, unendlich tiefe Schlammlöcher mit gnadenlos zähem Schlamm und glitschigen Wänden.

Mein Training bestand darin, auf der stinkenden Erde rumzukriechen, aber die Hölle kann man nicht trainieren. Das Objektiv ist verschmiert. 700 mal werde ich an diesem Tag Rotz und Schlamm von der Kamera lecken, doch meine Spucke ist blutverseucht, meine Zunge ein Plattfisch im Erdmantel. Bleiben werden einige wenige Fotos, die meinen Kampf nur rudimentär dokumentieren.

Hier in diesem Gräberfeld werden Läufer die Pussy-Lanes benutzen und Baumwollschuhe tragen, von der Höllenelite getrennt. Hier muss man in nassen Klamotten glitschige Ärsche von Höllenhunden in den Himmel drücken. Schlammige Handschuhe rutschen von helfenden Händen, jemand erwischt mein Bein. „Das Bein gehört meinem Vater!” Dann stürzt eine Menschenlawine zurück in die Gruft, begräbt arme Teufel unter sich. „Steh auf , Mann! Ich bin doch nicht der Papst!” „Niemand  bleibt zurück!” Nur die Schuhe!

Dennoch müssen wir eine Kämpferin gebrochen im feuchten Grab zurücklassen. Zu ihr seilen sich die Helfer der Bergwacht ab. Gute Besserung Prinzessin!

 
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Wer glaubt, er hätte es geschafft, der muss in den Container. „Devils Corner”, eine stinkende Jauche, darüber senkrecht ein schneidendes Brett, das man nur tauchend bewältigen kann. Aber es ist der Verstand, der aus uns Männer macht, und der lässt uns überleben. Die Containerwand ist hoch und schmerzhaft. Hochstemmen, damit die Gülle aus Mund und Nase laufen kann.

Wer die Pfade bereitet, der stirbt an der Schwelle, doch in Ehrfurcht neigt sich vor ihm der Tod! „The Hedge“ , ein absolut undurchdringliches Dickicht aus Dornen, toten Ästen und Wurzeln, ein echter Knochenbrecher. Es gibt immer jemanden, der neue Wege betritt. Diesmal sind wir es.

Der Anstieg von “ Hipple Hill” presst mir die Luft aus der Lunge. Japsende Leichen im Unterholz. Heulen und Zähneklappern. Brutale Auf- und Abstiege durch die Wildnis der Rhön. Erschöpfung ist die Gnade des Teufels.

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Informationen: Braveheart Battle
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