In Spalt, in Spalt
Dou wera die Leit gor alt
Sie kenna nix dafier
Dös macht ös goute Bier
Egal ob im kleinsten Dorf oder in den fränkischen Städten, im Bierland Franken ist die nächste Brauerei nie weit entfernt. Rund 300 Brauereien halten in der Region die Brauerskunst hoch. Eine Besonderheit ist dabei die Stadtbrauerei Spalt, sie ist die einzige kommunale Brauerei Deutschlands. Seit über 450 Jahren wird hier Bier gebraut. 1879 ging die Brauerei an die Stadt über, deren mittlerweile 5000 Bürger seitdem stolze Brauereibesitzer sind. Oberster Chef ist somit der Bürgermeister. Glaubt man den Reim zur Einleitung, für alle eine Win-Win-Situation.
Eine noch ganz junge Veranstaltung ist der „Spalter Freiheit Hügelland Trailrun“, heuer findet die 3. Auflage statt. Schritt für Schritt hat man die Teilnehmerzahlen gesteigert. Premiere war 2023 mit 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Nach 520 Startern im Vorjahr dürfen heuer bereits 750 Personen an den Start gehen. Die Spalter Brauerei zählt zu einem der drei wichtigsten Partner des Events und ihr Bier „Spalter Freiheit“ hat es sogar bis in die Namensbezeichnung geschafft. Sportlergerecht handelt es sich dabei um die alkoholfreien Varianten der Brauerei.
Veranstalter des Events ist der TSV Katzwang 05, 30 km von Spalt entfernt und hier genau die noch junge Abteilung Ultrasport mit Rennleiter Florian Geffers. Hauptbestandteil bei einer Anmeldung ist ein hochwertiges Laufshirt des Partners René Rosa Trikotmanufaktur, der Rest des Startgeldes wird hauptsächlich für die Verpflegung auf der Strecke verwendet. Als gemeinnütziger Verein steht man dafür, dass alle Einnahmen der Veranstaltung dienen und kein Gewinn damit erzielt wird. Besonders freuen würde man sich dann auch, wenn das Shirt während des Trailruns auch getragen wird.
Die Idee für diesen Lauf ist schon etwas älter. Der Lauf folgt den Wegen und Pfaden der Spalter Hügelland Tour. Dessen permanent beschilderte knapp 22 Kilometer bieten vielseitige Natur, steile Anstiege, Schluchten, Burgen und mittelalterliche Walle. Mit ein paar verlängerten Abweichungen kommt man beim Hügelland Trailrun auf ziemlich genau 23 km und 650 Höhenmeter, die die Runde des 23K ausmacht und auch die Hauptdistanz mit den meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmern einnimmt. Aber natürlich bietet die Abteilung Ultrasport auch einen Ultra an. Beim 46K wird noch eine zweite Runde gelaufen, diese wird als Besonderheit dann aber in die entgegengesetzte Richtung gelaufen. Zudem werden noch ein 13K und neu für Einsteiger ein 6K angeboten.
Wo genau befindet sich denn nun Spalt? Der Ort liegt im Herzen des Landkreises Roth, weitbekannt durch seinen Triathlon am Rothsee. Nach Nürnberg sind es etwa 50 km, den Großen Brombachsee kann man mit einer schönen Wanderung locker zu Fuß erreichen. Für mich aus Augsburg beträgt die Anreise etwa 120 km. Das könnte ich zur Not auch am frühen Morgen zurücklegen, aber das Programm am Samstag ist dermaßen interessant, dass ich kurzfristig noch eine Übernachtung vor Ort vorziehe.
Start- und Ziel befinden sich vor und in der Erlebniswelt HopfenBierGut, einem Museum rund um die Hopfen- und Bierkultur im fränkischen Seenland. Im ehemaligen Kornhaus darf der Hügelland Trailrun fast die gesamte Location nutzen. Mein erster Weg führt in den zweiten Stock, wo wir in einer imposanten Innenkonstruktion aus uralten Balken von 17 – 20 Uhr unsere Startunterlagen empfangen können. Wow, wirklich spektakulär und wunderschön. Der Fachwerkbau wurde 1457 errichtet und von 1897 bis 1984 als Hopfenlager genutzt. Nach einer aufwendigen Renovierung wurde auf 1200 m2 die Welt des Hopfens und des Bieres erlebbar gemacht. Hier oben gibt es alte Gerätschaften und alles, was mit Hopfen zu tun hat, zu bewundern.
Im Untergeschoß findet um 18 Uhr das Race-Briefing statt. Mit Axel bin ich zu Fuß von unserer Unterkunft hierhergekommen. Natürlich nicht ohne Hintergedanken, wir wollen selbstverständlich auch das vielgepriesene Spalter Bier probieren. Auch für den Hunger ist gesorgt, im Außenbereich befindet sich der Food Court, wo man sich mit fränkischen Spezialitäten stärken kann. Im hinteren Bereich des Untergeschosses, wo das Briefing stattfindet, gibt es gemütliche Tische, dazu spielt ein Duo alte Rockklassiker auf der Quetsche und Percussion. Auch in Verbindung mit dem wirklich süffigen Bier lässt sich hier gut aushalten. Bis auf eine kurzfristige Streckenänderung gibt es dann beim Briefing nur wenige Neuigkeiten, was uns eh nicht schon per Mail mitgeteilt wurde. Aber natürlich können auch Fragen gestellt werden, zu speziellen Themen.
Für 8 Uhr ist der Start des 46K terminiert, das Briefing von gestern Abend, gibt es in Kurzform zehn Minuten vorher noch einmal. Geändert zum Vorjahr hat sich die Laufrichtung, es geht für uns erstmal im Uhrzeigersinn auf die erste Runde. Die Läuferinnen und Läufer des 23K, die um 10 Uhr auf ihre Runde gehen, starten entgegengesetzt. Das bedingt natürlich, dass es Gegenverkehr geben wird, hauptsächlich auf den ersten Kilometern des 23K. Da sich auf diesem Abschnitt durch die Massendorfer Schlucht viele Single-Trails befinden, wurde hier kurzfristig eine Streckenänderung beim Ultra vorgenommen. Wir absolvieren unsere letzten drei Kilometer jetzt auf der Streckenführung des 6K und gehen so diesem Problem aus dem Weg. Der Cut-Off pro Runde liegt bei 3,5 Std., insgesamt gesteht man uns also 7 Stunden zu. Da muss ich mich ranhalten, dessen bin ich mir bewusst.
Wettermäßig hat sich leider in der Nacht auch einiges getan. Die Nebelglocke hat sich aufgelöst, dafür sind dichte Wolken aufgezogen, die auch immer wieder Regen mit sich bringen können. Aber immerhin ist die Temperatur etwas gestiegen. So 7 bis 8 Grad C sind zu erwarten. Viele am Start haben auch wirklich das Läufershirt an, es steht sinnbildlich für die Unterstützung, die man von den drei Partnern erhält. Aber dem Wetter geschuldet, zieht es auch ein Teil vor, mit Regenjacke zu laufen, obwohl es derzeit gerade nicht regnet. Übrig geblieben von 100 Angemeldeten, sind heute noch 8 Frauen und 74 Männer, da haben es wohl einige vorgezogen, bei dem nasskalten Wetter zu Hause zu bleiben.
Mit dabei sind wieder einige gute Kumpels oder mir gut Bekannte, darunter auch Gerhard Börner, er erzählt mir, dass er mitverantwortlich für die Streckenausschilderung ist. Sollte ich mich verfranzen, kenn ich jetzt jemand, bei dem ich mich beschweren kann. Als ich kurz vor dem Start mein GPS starte, muss ich feststellen, dass ich vergessen habe, mir den Track auf die Uhr zu laden. Ist mir noch nie passiert, hoffentlich rächt sich das nicht. Pünktlich können wir loslegen.
Zwischen den Kirchen St. Niklaus und St. Emmeram führen uns verwinkelte Gassen auf Kopfsteinpflaster bereits leicht aufwärts durch die Altstadt. Noch hat sich das Feld nicht entzerrt, so gibt es an einer Treppe einen kurzen Stau. Nach 300 Metern erreichen wir die Stadtbrauerei Spalt. Mit viel Leidenschaft werden hier 21 Bierspezialitäten vom Diplom-Braumeister komponiert. Malz verwendet man nur aus der Region, dazu besten Spalter Aromahopfen, hauseigenes Quellwasser und feinste Brauhefe. Dafür gibt es auch das Qualitätssiegel „Slow Brewing“. Es ist das härteste Siegel auf dem Markt, dabei wird nicht nur das Bier, sondern auch die Unternehmensführung, Marketing und Energiewirtschaft bewertet.
An der ehemaligen Stadtmauer und dem Reifenturm verlassen wir den Ort immer noch leicht aufwärts. Auf dem Galgenberg streifen wir nun die ersten Hopfenfelder. Hier wird der hochfeine Edelaromahopfen angebaut, der dem Spalter Bier seinen besonderen Geschmack verdankt. Er ist fünfmal wertvoller als viele andere Hopfensorten.
Über den Rücken des Galgenbergs führt unsere Strecke nach 3 km zum Schnittlinger Loch, einem ersten Höhepunkt unseres Kurses, wenn man mal von der ganzen Bierlandschaft absieht. Nein, im Ernst, wunderschön geht es durch die wildromantische Schlucht, die auch vom Bayerischen Landesamt für Umwelt als Naturdenkmal erfasst und als Geotop ausgewiesen ist. Fotografisch kann ich das heute leider nicht so festhalten, wie es die Schlucht verdient hätte. Meiner Kamera behagt das dunkle und feuchte Wetter leider überhaupt nicht, so dass ich nur ein paar vorzeigbare Bilder aufweisen kann, die mir zum Teil auch noch von Roland zur Verfügung gestellt wurden. Das Loch ist entstanden durch Unterwaschungen und Unterspülungen. Die Halbhöhlen und Felsabstürze mit einer Höhe von bis zu 15 m erstrecken sich über eine Länge von etwa 50 m. Zuerst geht es für uns kurz runter, über eine Brücke und direkt im Anschluss dürfen wir unter einer überhängenden Felswand wieder aufwärts klettern. Wirklich großartig.
Weniger erfreulich hat sich mittlerweile die Wetterlage entwickelt. Immer wieder bekommen wir Wasser von oben ab, zum Glück nicht sonderlich stark, Fünf größere Aufstiege gibt es für uns pro Runde zu bewältigen, unser erster endet nach 5 Kilometern in Fünfbronn, wo zugleich auch unsere erste Versorgungsstelle eingerichtet ist. Hier gibt es für alle Teilnehmenden etwas Wichtiges zu beachten, auf die wir auch beim Briefing explizit hingewiesen wurden. Die Labestelle liegt etwa 50 Meter neben unserer Laufstrecke in einer Nebenstraße, nicht jeder möchte sich vielleicht nach 5 km bereits verpflegen und spielt mit dem Gedanken, den Besuch zu überspringen. Das ist nicht möglich, da unmittelbar vor der Station eine Zeitmessmatte ausgelegt ist und die muss passiert werden, sonst ist man raus aus der Wertung.
Im Übrigen lohnt sich der Besuch der VP in jedem Fall, der Gabentisch ist reich gedeckt. Die angebotenen Speisen und Getränke aufzuzählen würde hier zu viel Platz einnehmen. Die Kanarischen Salzkartoffeln sollten aber auf alle Fälle erwähnt werden, dazu vielleicht auch für durstige der Blick unter den Tisch. Mehrere Kästen von bevorzugten Getränken der Spalter Brauerei warten auf Abnehmer. Reporter-Kollege Anton würde sich hier sicher nicht betteln lassen.
Auf Asphalt geht es wieder raus aus dem Ort und abwärts in den Wald hinein. Mittlerweile habe ich durch beschlagene und nasse Gläser nur noch eingeschränkte Sicht und so rausche ich an einer Abzweigung vorbei. Zum Glück werde ich schnell von einem Mitläufer wieder zurückkommandiert, was mir im Anschluss noch zwei weitere Male, zum Glück immer nur für kurze Abschnitte passiert. Mit meiner Brille bin ich heute wirklich beeinträchtigt, obwohl ich sie auch hin und wieder versuche trocken zu wischen. Etwa zwei Kilometer geht es immer leicht abwärts, wir wechseln des Öfteren Richtung und Terrain zwischen Trails, Wegen und Forststraßen. Die sind natürlich besonders gut zu laufen. Leider bin ich dadurch wieder einmal nicht auf die Streckenmarkierungen fixiert. Aber Karl hinter mir kennt sich aus und pfeift mich zurück. Erneute 200 Meter Umweg sind noch zu verschmerzen.
An der verpassten Abzweigung geht es auf einer Forststraße wieder aufwärts, unser nächster Hügel auf dem Höhenprofil ist knapp anderthalb Kilometer lang. Leichtfüßig werde ich von Larissa überholt. Eigentlich müsste sie ja weit vor mir liegen, aber auch sie hat sich verlaufen, erzählt sie mir. Na, dann bin ich wenigstens nicht der Einzige.
Bei der nächsten Bergab-Passage halte ich mich an Karl, er bewegt sich bisher zielsicher über die Strecke und so bleibe auch ich jetzt auf Kurs. Nach absolvierten 10 km sind wir wieder im Tal, hier geht es kurz für 100 Meter an einer Kreisstraße entlang und anschließend wieder bergan. Karl ist mir am Berg etwas zu langsam, so überhole ich ihn. Hätte ich mal lieber nicht gemacht. Nach anderthalb Kilometern Aufstieg durch die bewaldete Ostflanke des Geiersbergs, erreiche ich kurz vor Theilenberg den Waldrand. Ich kann den Pfeil der Ausschilderung erkennen, aber interpretiere ihn falsch. Die Strecke ist in Richtung des 23K ausgeschildert, also genau entgegengesetzt zu unserer ersten Runde, wodurch ich eine Wegegabelung falsch einschätze. Meine Fehlinterpretation bringt mir erneute 300 Zusatzmeter ein und Karl liegt jetzt wieder vor mir und kann sich bald von mir absetzen.
Über die Hauptstraße durchqueren wir den 100-Seelen Ort Theilenberg. Es geht wieder leicht abwärts, aber ich bin mittlerweile im Alarmmodus, wenn ich über 100 Meter keine Streckenmarkierung mehr sehe. Mein inneres Gefühl gibt mir recht, als ich mich umdrehe, winken mir zwei Mitläufer zu, ich solle umkehren. Die Straße ist nass, so habe ich den verwässerten Kreidepfeil übersehen. Heute ist irgendwie der Wurm drin. Mit dem Verläufer übernehme ich auch die Rote Laterne.
Bis Burg Wernfels sind es 500 m, dort liegt im Innenhof der ehemaligen Ritterburg nach etwa 13 km unsere nächste Labestelle. Den Streckenverlauf habe ich mir im Vorfeld genau angeschaut, ist nicht ganz easy. Auch hier könnte man die VP überspringen und gleich durchlaufen. Aber es gilt dasselbe wie schon an VP 1, im Burghof liegt eine Zeitmessmatte, die muss passiert werden.
Beim Zulauf zur Labestelle herrscht viel Betrieb, viele junge Leute. Seit 1925 gehört die Burg dem CVJM-Landesverband Bayern und ist heute die bestbelegte Jugendherberge mit 220 Übernachtungsplätzen. Regelmäßig finden vielfältige Events wie Burgkonzerte, Burgfeste und Gottesdienste in und rund um die alten Mauern statt. Das Ambiente wurde in den vergangenen Jahren immer wieder erweitert und renoviert, um den Wünschen der Gäste gerecht zu werden.
Ihre Geschichte begann im Verborgenen, irgendwann im Hochmittelalter. Die ersten Bauherren waren vermutlich die Grafen von Abenberg, später gefolgt von den Burggrafen von Nürnberg. Um 1284 tauchte die Burg erstmals urkundlich auf, verkauft an den Bischof von Eichstätt.
An der VP im Hinterhof werden mir gleich frische Waffeln angeboten. Das Angebot ist wieder derart reichlich, dass man gar nicht weiß wo man hinlangen soll. Es gibt jede Menge Obst, belegte Brotschnitten (auch Vegan), Nüsse, Gummibärchen, Schoki und vieles mehr. Als Device hat man hier: Gels werdet Ihr bei uns nicht finden. Die machen nur unnötigen Müll und schmecken nur bedingt. Um den Abfall zu vermeiden, ist auch jeder dazu angehalten, seinen eigenen Trinkbecher mitzuführen. Diesen packe ich jetzt auch aus und lasse ihn mir mit „Spalter Freiheit“ füllen. Schmeckt super.
Beim Verlassen der Burg kommt mir Roland entgegen, ihn habe ich schon vor 10 Kilometern aus den Augen verloren, auch er hat in Theilenberg die Abzweigung übersehen. Hat es aber nicht so schnell bemerkt und ist weitergelaufen, so musste er einen weiten Bogen Umweg einlegen. Und jetzt kommt auch noch Larissa, vom Leistungsniveau müsste sie weit vor mir liegen, schätze ich. Sie ist auch ganz verzweifelt wegen ihrer Irrläufer und will sich daher heute mit der halben Strecke begnügen.
Wie schon erwähnt, ist die Streckenführung rund um die Burg nicht ganz einfach, ich muss mich richtig konzentrieren, um den richtigen Weg durch die vielen Pylonen und Pfeilmarkierung zu finden. Aber es klappt …ausnahmsweise und ich finde den richtigen Weg seitlich der Burgmauern entlang. Steil geht es auf schmalen Pfaden nach unten. Eine Gruppe von Kindern empfängt mich fast im Tal unter ihren Regenschirmen mit Jubel.
Hundert Meter weiter steht am Hof der Familie Pfahler der Eiswagen. Ja, wirklich, er gehört zum Verpflegungskonzept der Veranstaltung. Ich weiß nicht, wie viele Kugeln selbstgemachtes Bauernhofeis er heute schon an den Mann bzw. Frau gebracht hat - eigentlich ist mir bei dem Wetter ja auch nicht danach - aber ich opfere mich, Eine Kugel Schoko in der Waffel kann man auch im Laufen genießen.
Die Überquerung der Stiegelmühler Straße ist gerade noch gut abgesichert, das Feld der K23er ist noch nicht durchgekommen, aber das wird vermutlich auf der zweiten Runde nicht mehr der Fall sein, wenn die Ultras nur mehr tröpfchenweise hier durchkommen. Bei den Straßenüberquerungen sollen wir aufpassen, wurden wir beim Briefing gebeten. Über eine Brücke passieren wir direkt im Anschluss die Fränkische Rezat und schon steht unser vierter Aufstieg an. Roland kann bald auf mich aufschließen, gemeinsam teilen wir uns ein paar Kilometer. Vanessa kommt ebenfalls von hinten, ist aber viel zu schnell für uns. Sie kann vor allem richtig schön aufwärtslaufen, während wir älteren Herrschaften hier nur im Hiking-Modus vorankommen.
Ein wunderschöner Trail auf weichem Waldboden führt uns unterhalb seiner Spitze um den Bärenberg herum und auch wieder hinunter. Hier kann ich auch wieder meine rote Laterne an die beiden Mitstreiter abgeben, die mich bei meinem Irrläufer in Theilenberg überholten. Wenig später kommt uns auch schon das Feld des K23 entgegen. Oder sind es bereits die Führenden Ultras?
Einem relativ flachen Kilometer folgt nach 17,5 km der letzte Aufstieg der ersten Runde. Mittlerweile passieren uns massiv K23-Läuferinnen und -Läufer. Am Berg führt uns die Strecke durch einen Hohlweg, welcher nicht übermäßig breit ist, so müssen alle auch etwas Vorsicht walten lassen. Ich bin bergan wieder walkend unterwegs, so kann ich leicht an den Rand ausweichen. Eine kilometerlange flache Passage über eine Hochebene bringt uns nach 19,5 km zur Versorgungsstation Massendorf. Hier werde ich gleich von Annalena begrüßt, die an der VP aushilft. Ein paar Kanarische Salzkartoffeln und natürlich wieder „Spalter Freiheit“ lasse ich mir munden.
An der VP beginnt auch die neue Streckenführung des 46K, wir werden nach rechts auf die 6K-Schleife geleitet. Die letzten drei Kilometer unserer Runde führen uns kommod bergab nach Spalt. Oana geht no. Über eine überdachte Fußgängerbrücke überschreiten wir die Fränkische Rezat. Ich verpasse die scharfe Abzweigung, die uns ein Stück am Werkkanal entlang, eigentlich bis zum Zielbogen am Kornhaus führt. Stattdessen laufe ich eine Runde durch die Altstadt, an der Distanz ändert sich zwar nicht viel, aber mich ärgert es trotzdem. Wenn ich richtig zähle, war das jetzt bereits mein 6. Irrläufer. Immerhin in meinem gesteckten Zeitenziel von unter 3:15 Stunden kann ich meinen ersten Durchlauf beenden. Roland steht schon bereit zu Runde 2, er übernimmt jetzt seinen Hund, der ihn begleiten wird.
Nach nur einer ganz schnellen Verpflegungspause vor dem Kornhaus begebe ich mich umgehend ebenfalls auf die zweite Runde. Diesmal verfehle ich den Weg über den Werkskanal nicht. Zu meiner Verwunderung kommt mir Karl entgegen. Jetzt verstehe ich gar nichts mehr, er müsste eigentlich auch ein gutes Stück vor mir liegen, schon lange habe ich ihn aus den Augen verloren. Ich kann nur mutmaßen: noch einer der vom rechten Weg abgekommen ist. Dazu überholt mich auch noch ein weiterer Mitläufer, mit dem ich auf den Anfangskilometern kurz unterwegs war. Das scheint heute wohl nicht nur für mich nicht ganz so einfach zu sein, den richtigen Kurs zu finden.
Am nördlichen Ortsende von Spalt werden wir von einem Helfer nach links eingewiesen, wo wir wenig später wieder in den Wald eintauchen. Ein Hohlweg führt uns Richtung Müllersloch, das wir aber nicht zu Gesicht bekommen. Vorher geht es nach links Richtung Massendorfer Schlucht. Ein schöner, leicht abwärts führender, mit Blättern übersäter Weg, lässt mich wieder etwas Tempo aufnehmen. Es läuft wirklich gut. Zu gut. An der nächsten Gabelung kann ich keine Markierungen entdecken. Ich erkunde beide Wege. Hier sind keine Pfeile oder ähnliches. Ich bewege mich auf dem hergekommenen Weg 200 Meter zurück. Nichts. Fünf Minuten irre ich umher. F… Der Wald muss einige laute Flüche schlucken. Ich bin vollkommen frustriert. Es wird mir nie wieder passieren, keinen Track auf meine Uhr zu laden. Plötzlich taucht meine Rettung auf. Karl winkt mir und dirigiert mich wieder bis zum richtigen Abzweig zurück. Zwischen den vielen Blättern ist am Boden tatsächlich ein Schild mit Pfeil platziert. Könnte man schon sehen, wenn man aufmerksam ist.
Karl wartet nicht auf mich, ich versuche ihn im Blick zu behalten, was mir auch einige Zeit gelingt. Auf schmalen Trails passieren wir die Massendorfer Schlucht. Ja, Gegenverkehr, in Form von schnellen Läufern wäre hier nicht ganz unproblematisch. Die Alpakas am Erlebnishof beobachten mich ganz mitleidig …oder bilde ich mir das nur ein. Über eine Straße aus Natursteinen gelangen wir wieder zur VP Massendorf. Schnell eine Kartoffel und ein Schluck Cola und weiter. Karl liegt ein gutes Stück vor mir, als es wieder in den Wald geht, ist er mir aber entschwunden.
Höchstkonzentriert und sensibilisiert, ja keine Markierung zu übersehen, schaffe ich es doch tatsächlich ohne weitere Fehlleistung bis Wernfels. Beim Aufstieg zur Burg verpasse ich aber wieder die Abzweigung auf den Trail, der nach oben führt. Zurück will ich nicht mehr, auch die Straße führt bestimmt zum Burgeingang, denke ich mir. So ist es dann auch, mit wenig Umweg komme ich am Burgtor an, das Karl gerade wieder verlässt.
Ich kann mir nehmen so viel ich will, lädt man mich an der Labestelle nach 35 km im Burghof ein. Ich probiere die Miniklöße mit Bratensoße. Die gab es beim ersten Durchlauf noch nicht, sind jetzt aber immer noch warm und schmecken wirklich lecker. Dazu wieder „Spalter Freiheit“. Viel Zeit habe ich leider nicht, mich mit den Resten hier zu befassen, die Massendorfer Schlucht hat mich zu lange aufgehalten. Ob sich noch jemand hinter mir befindet, kann ich den Helfern an der Station nicht sagen.
Unproblematisch und ohne nochmal jemanden zu Gesicht zu bekommen, verlaufen die nachfolgenden sieben Kilometer bis zur nächsten Station in Fünfbronn für mich. 40 Minuten bleiben mir von dort noch für die restlichen 5 km bis ins Ziel, um das Zeitlimit von 7 Stunden einzuhalten. Das wird knapp. Jetzt aber hurry up,
Im Schnittlinger Loch will ich aber unbedingt nochmal ein paar schöne Fotos machen. Leider werden auch die nix, die Linse meiner Kamera ist total verwässert und somit alle Bilder nur verschwommen, wie ich später feststelle. Aus der Schlucht führt uns eine gepflegte Naturstraße Richtung Spalt. Ich bin spät dran und muss weiter auf die Tube drücken. Verdammt, warum kommen keine Markierungen mehr? Ich kann mich wieder erinnern, dass wir von oben vom Galgenberg auf das Schnittlinger Loch zugelaufen sind. Umkehren ist zeitlich nicht mehr drin für mich. Ich packe mein Handy aus dem Rucksack und bemühe Google Maps. Mit wenig Umweg wird mich die jetzt asphaltiere Straße ebenfalls nach Spalt führen.
Um zwei Minuten verfehle ich die 7 Stunden, aber die Zeitmessung ist noch aktiv, somit bin ich noch in der Wertung. Florian empfängt mich gleich mit einer Flasche „Spalter Freiheit“, dazu bekomme ich die Hopfenmedaille überreicht. Nach mir kommt niemand mehr, sind alle schon vorher ausgestiegen.
Wenn ich richtig gezählt habe, komme ich heute auf neun Irrläufer, woran ich aber wohl selber schuld war. Die Strecke war korrekt ausgeschildert, aber die Wetterbedingungen mit viel Nässe heute sehr schwierig, besonders für Brillenträger. Dazu kommt die Jahreszeit, das Laub liegt jetzt nun mal sehr hoch. Empfehlenswert ist in jedem Fall, sich den GPX-Track auf seine Uhr oder Handy zu laden. Für alle Strecken werden sie vom Veranstalter zur Verfügung gestellt.
Die Strecke ist mit dem hohen Trailanteil sehr anspruchsvoll und das Zeitlimit für langsamere Läufer nicht so üppig, wie es erscheint. Die VPs bieten alles für den Gaumen, was man sich nur wünschen kann. Hopfen und Malz, Gott erhalt’s, kann ich nur sagen, trifft besonders für das Spalter Bier zu.
