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10.08.13 - Swiss Irontrail

Rehabilitation

Ein Naturerlebnis ist der leuchtende Sternenhimmel über und die Ruhe um uns herum. Die 1200 Höhenmeter bis zur alten SAC-Hütte sind verteilt auf acht Kilometer, was eine gnädige Steigung ergibt. Im unteren Teil ist Forst- und Zufahrtsstraße zur Alp stellenweise geteert, oben wird sie rustikaler und geht in einen Weideweg über. Irgendwann halte ich und klaube ein Kartoffel-Burrito aus dem Rucksack. Es ist weniger ein akuter Hungerast als die Müdigkeit, die mich zu dieser Stärkung greifen lässt.

PROSUTT (ALP) 1830 – 1900 m. Alpweide mit etwa 30 Hütten und Ställen im Val Spadlatscha, am N.-Hang des Tinzenhorns und an dem von Filisur ins Val Spadlatscha hinaufführenden guten Fussweg; (…) Höher oben im Thal hat die Sektion Rätia des S.A.C Versuche zur Wiederbevölkerung der Waldungen mit Wild unternommen.

Bei der Hütte dann ist ein weiterer kleiner Verpflegungsposten, an welchem ich mir Bouillon und Wasser genehmige. Von hier unten scheint es ein kurzer Weg bis zum Pass igls Orgels zu sein. Es sind auch nur gut zwei Kilometer, aber die haben es in sich. 450 Höhenmeter sind es zum Übergang und der Untergrund hat nichts mehr mit Weide zu tun. Nicht selten rutsche ich mitsamt dem Sand, Schotter und Fels unter der Sohle wieder zurück. Im oberen Teil sind in kurzen Abständen unzählige Stirnlampen an Steinblöcken festgemacht und lassen keinen Zweifel aufkommen, wohin die Reise zu gehen hat und würden es auch im Nebel tun.

Kurz vor der Passhöhe gerate ich in den Angriffsbereich eines starken, böigen und sofort auskühlenden Winds. Der Windschatten auf der anderen Seite des Passes ist nur von kurzer Dauer, dann greift er von schräg hinten wieder unerbittlich an. Etwas weiter unten ist ein beleuchtetes Zelt zu sehen, ein Kontroll- und gleichzeitig zusätzlicher kleiner Verpflegungsposten. Gabe es nicht wieder Stirnlampen an Felsblöcken und unzählige orange Markierungen an den Felsblöcken, hätte ich keine Ahnung, wo der weitere Weg angedacht wäre. Es ist eine Felslandschaft, durch die es sich zu schlagen gilt.

Das Zelt hat einen schweren Stand gegen den Wind und die Helfer eine ungemütliche Nacht hinter sich. Es kostet ein wenig Überwindung, aus dem Zelt hinauszutreten und mich den Elementen wieder zustellen. Die Aussicht, dem Wind bald nicht mehr so ausgesetzt zu sein und auch wieder auf Trampelpfaden über Weiden laufen zu können, vereinfacht diesen Schritt. Dazu wird schon bald das erste Morgenlicht am Horizont zu sehen sein.

Die nebelverhangenen Täler und Berge können nicht darüber hinwegtäuschen, dass ein schöner Sommertag im Anzug ist.

Jetzt, bei Tageslicht, rollt es vergleichsweise locker dem nächsten Etappenziel entgegen. Bald wird der Weg zu einem geschotterten Sträßchen und die Häuser Savognings scheinen gar nicht mehr weit entfernt. Ich staune, wie schnell ich im Dorf ankomme.

SAVOGNIN, deutsch Schweiningen, (…) Hauptort des Kreises Oberhalbstein (…) Postwagen Tiefencastel-Julier-Engadin. (…) Drei schöne Kirchen, wovon eine mit bemerkenswertem Beinhaus. Wiesenbau und Viehzucht, Alpwirtschaft. Klimatischer Kurort mit zwei Gasthöfen. Auf dem Hügel Patnal zwischen Tinzen und Savognin stand die in der Peutinger’schen Tafel verzeichnete Veste Tinetio. Fund von keltischen Münzen in Burwein, sowie von römischen Münzen auf Patnal und im Dorf Savognin.

 
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Über eine Stunde vor meinem optimistischen Zeitplan werde ich mit Applaus in der Mehrzweckhalle empfangen und auch hier ist der Service erstklassig, wie in Bergün.

Erst hole ich den Dropbag, ziehe trockene und für einen sonnigen Tag geeignetere Kleider an, dann verpflege ich mich in aller Ruhe und tue, was sonst noch so alles zur morgendlichen Routine gehört. Knapp eineinhalb Stunden später erst mache ich mich wieder auf den Weg. Am Trendhotel „Cube“ und dem Badesee vorbei geht der Weg zur Burg Riom unterhalb des gleichnamigen Dorfs. Zusammen mit dem weiter oben am Hang gelegenen Dorf Parsonz bildet es zusammen eine Gemeinde.

Ausgangs Parsonz steht ein Wanderwegweiser. Nach der Zeitangabe darauf sollte ich auch beim nächsten Fixpunkt in meinem Zeitplan liegen, das ist motivierend; wie wenn der schöne Weg durch den Wald nicht schon Motivation genug wäre.

Nach einer kleinen Talsenke ist wieder die Waldgrenze erreicht. Nach dem zweiten Maiensäß wird der sonst beschauliche Weg wieder ziemlich steil, doch das Ziel ist im Blick. Am Osthang des Piz Curver, unterhalb der Krete, steht der höchstgelegene Wallfahrtsort Europas, Ziteil.  Auf dem letzten Stück zum dortigen Verpflegungsposten habe ich die Ehre, mit der späteren Zweitplatzierten des T201 unterwegs zu sein.

 

 
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Der Abstieg ist verhältnismäßig gut zu belaufen, was nicht darüber hinwegtäuschen soll, dass sich auch der ordentlich in der Oberschenkelmuskulatur verewigt. Wenn ich einige der entgegenkommenden Farbenbrüder- und Schwestern der Studentenverbindung auf Wallfahrt betrachte, dann bin ich ganz locker unterwegs. Und das nach mittlerweile der Hälfte der Strecke.

Eine ganz andere Währung kommt beim Weiler Munter von hinten angebraust, es ist der Führende des T81. Ohne Stöcke und locker wie eine Gämse prescht er an mir vorbei. Der Wechsel von der Schotterpiste auf den Wald- und Wiesenweg mit versteckten Stufen bereitet ihm keine Schwierigkeiten.  Mit meinem viel gemächlicheren Tempo kann ich dafür zweifellos den herrlichen Weg entlang eines Baches, über Wiesen und durch duftende Wälder besser genießen.

In Tiefencastel, dem tiefsten Punkt, ist wieder ein kleiner Verpflegungsposten, dem ich im Anschluss noch einen eigenen folgen lasse. Es ist früher Nachmittag und warm, da lass ich mir gerne im Restaurant nebenan ein Alkoholfreies kredenzen, bevor ich mich weiter auf den Weg mache.

Den Teilnehmern des früheren Kulturmarathons C42 des Swissalpine ist die Kirche Mistail bekannt, die zu den ältesten Sakralbauten der Schweiz gehört. Auf angenehm zu belaufendem Weg geht es weiter hoch nach Alvaschein und in der Sonne dem Hang entlang. Das nächste große Etappenziel mit Komplettservice ist nicht mehr weit entfernt. Noch eine Talsenke und ein erneuter Anstieg und Zorten ist erreicht. Was so niederländisch tönt, ist ein Teil der Gemeinde Vaz/Obervaz, zu welcher auch Lenzerheide gehört. An diesem sonnigen Hang mit schöner Aussicht hat schon mancher Unterländer eine zweite Bleibe gefunden.

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Informationen: Swiss Irontrail
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