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19.10.19 - FALKE Rothaarsteig-Marathon

Höhen und Tiefen im Schmallenberger Sauerland

Dass das Sauerland ein Mittelgebirge mit ordentlichen Steigungen und Gefällen ist, weiß jeder, der die Laufberichte auf M4You regelmäßig verfolgt.  Der Plettenberger P-Weg zum Beispiel oder der Biggesee-Marathon, von dem ich zuletzt im Juni berichtete, weisen ein durchaus anspruchsvolles Profil auf. So auch der Rothaarsteig-Marathon, der seine etwa 300 Marathonläufer über 838 Höhenmeter schickt. Auch die Halbmarathonläufer, die mit knapp 600 Finishern den Großteil der Teilnehmer stellen, müssen immerhin mehr als 400 Höhenmeter bewältigen.

Kein Grund also, „Höhen und Tiefen“ im Titel des Berichtes extra hervorzuheben. Vielmehr geht es um die vor, während und nach dem Lauf erlebten Höhen und Tiefen, die ich heute besonders stark wahrgenommen habe. Natürlich überwiegen die Höhen, soviel sei hier schon verraten.

 

Erster Höhepunkt: Die Veranstaltungs-Location

 

Treffpunkt ist der Sportplatz Schmallenberg-Fleckenberg. Parkplätze gibt es fußläufig für diejenigen, die sehr zeitig anreisen. Alle anderen werden zumindest nach dem Lauf mit einem Shuttle zu weiter entfernten Parkplätzen gebracht.  In der Veranstaltungshalle am Sportplatz kann die Startnummer in Empfang genommen werden sowie das Starter-Kit. Darin enthalten ein Paar Laufsocken oder wahlweise Laufkompressionsstrümpfe des Hauptsponsors Falke. Also gilt: “Zeigt her Eure …“ … Wade, denn die wird vermessen, um den passenden Strumpf zu finden. Daher bildet sich eine kleine Schlange. Ich stelle mich nicht an, denn ich habe von dem Angebot Gebrauch gemacht, mir die Strümpfe schon vorher schicken zu lassen. Gegenwert der Strümpfe mindestens 20 €, und das bei einer Startgebühr von einmalig niedrigen 34 €, wenn man sich rechtzeitig anmeldet.

So gesehen gehe ich reicher nach Hause, als ich hergekommen bin, denn bei der Tombola, an der jeder automatisch anhand seiner Startnummer teilnimmt, gewinne ich einen Freistart beim Oberelbe-Marathon im April 2020. Hier wird es beinah unheimlich, denn noch in dieser Woche dachte ich über mein Laufprogramm 2020 nach, und der Oberelbe-Marathon gehört erstmals dazu…

 

 
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In der Halle ist neben Startnummer- und Socken-Ausgabe ausreichend Platz für Tische und Bänke, auf denen man vor dem Lauf noch einmal ausruhen und dem Briefing lauschen kann. Dieses ist aber nur kurz und weist vor allem auf den anspruchsvollen Zustand der Strecke hin, denn in den letzten Tagen hat es viel geregnet. Heute soll es aber trocken bleiben und so verzichte ich auf Weste und Laufkappe. 

 „Mensch, Thomas, jetzt reiß dich mal zusammen. Auch wenn Du noch immer am Knie laborierst, daher wenig trainiert hast und zudem noch ordentlich Gewicht zugelegt hast, gibt es doch keinen Grund, Trübsal zu blasen. Schließlich hast Du den Lauf schon seit 15 Jahren auf der Liste, also seit der ersten Austragung,  und endlich klappt es. Also freue Dich gefälligst.“  Tatsächlich wollte ich genau hier 2004 beim Vorgänger des Rothaarsteig Marathons, dem Härdtler-Lauf, mein Ultradebut geben, leider wurde der Lauf aber witterungsbedingt gekürzt, so dass nichts aus der Premiere wurde. Seitdem habe ich „noch eine Rechnung offen“.

Themenwechsel. Nächstes Plus: der WC-Bereich,  normalerweise nicht Thema meiner Laufberichte. Wer kennt das nicht, anstehen, warten, und wenn man dran ist, fehlt das Toilettenpapier. Von der Sauberkeit ganz zu schweigen. Hier: moderne, saubere WC-Anlagen in ausreichender Zahl. Und weiter: eine ausreichend große Umkleidehalle in einer benachbarten Schule mit der Möglichkeit, Taschen unter Aufsicht zu deponieren. Saubere Duschen mit heißem Wasser auch für die Letzten (dazu zähle nämlich auch ich einige Stunden später).

 

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Zweiter Höhepunkt: Landschaft und Streckenverlauf

 

Ich mag das Sauerland, die Berge, die Wälder, die Ausblicke. Und im Herbst ist es dort doppelt schön. Die Färbung der Laubwälder, die dunklen Tannenwälder, durchleuchtet von der Herbstsonne -  so hatte ich es mir vorgestellt. So hatte ich es in früheren Laufberichten gelesen. So wollte ich es haben.

Und der Streckenverlauf liest sich schon auf der Internetseite des Veranstalters sehr anregend. Erst kurz durch das Dorf Fleckenberg, dann zum Einlaufen einige Kilometer am Waldrand entlang. Wir passieren das erste der zahlreichen Sägewerke an der Strecke. Denn das Sauerland steht neben Tourismus auch für Holzwirtschaft. Bald überholt mich Christoph, den ich zuletzt bei der Brocken-Challenge traf. Christoph läuft wie üblich mit seiner Hündin Moya. Heute außerdem mit rotem Königsmantel, Krone und Zepter und von zwei  „Lakaien“ begleitet. Grund: Christoph läuft heute seinen 100sten Marathon und wird am Ende der Siegerehrung in den 100MCC-Klub aufgenommen.

 

 
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Aber so weit sind wir noch nicht. Denn ab km 3 und dem dortigen Tiefpunkt der Strecke mit 340m über Null geht es auf den nächsten 9 Kilometern etwa 300 Höhenmeter bergauf, unter Berücksichtigung von zwischenzeitlich an Gefällen wieder „verlorenen“ Höhenmetern ist somit fast die Hälfte der Höhenmeter des Marathons bereits „im Sack“. Dort am Jagdhaus (645m) angekommen, versorgen wir uns bereits am zweiten der insgesamt 8 Verpflegungspunkte. An diesen werden neben Cola, Tee, Wasser und Iso auch Äpfel, Bananen und Energieriegel gereicht. „Vom übermäßigen Genuss wird abgeraten“ liest nachher am letzten Verpflegungspunkt die Helferin von der Packung der Energieriegel ab „sonst droht Durchfall“. Spät kommt dieser Hinweis, aber ich bleibe verschont…

Beim Jagdhaus erreichen wir den Namensgeber des Laufes, den Rothaarsteig, Dieser ist wie der Rennsteig ein Kammweg, hier auf dem Rothaargebirge, und verläuft von Brilon in NRW südwestlich nach Dillenburg in Hessen. Der Name des  Rothaargebirges leitet sich übrigens ab von Rodung und Hardt = alter Name für Wald. Parallelen also zum Harz und den dortigen auf –rode endenden Ortsnamen.

Mist. Warum nehme ich nicht Weste und Kappe mit?  Ich bin total durchnässt vom Regen, der schon seit einer Stunde mich und den Weg aufweicht. Außerdem friere ich hier oben, wo zudem noch eine frische Brise bläst. Fotografieren kaum möglich, die Kamera, auch nass, muss ich in den klammen und kalten Händen tragen, Handschuhe habe ich natürlich auch nicht mit.

Wir wenden uns ab Jagdhaus, wo wir die Strecke der Halbmarathonis kreuzen, uns aber nicht von deren Tempo anstecken lassen, zunächst westwärts und folgen dem Rothaarsteig 3 km bis Trudes Sonnenbank. Ein schöner Trail, nur leicht welliges Profil (wie generell auf den nächsten 20 km, auf die sich die restlichen 400 Höhenmeter moderat verteilen). Rechts zeigt ein seltener Talblick tiefen Regendunst in den Tälern. Ab Trudes Sonnenbank (die Bank ist da, die Sonne nicht) geht es auf parallelen Weg vorbei an einer alten Köhlerhütte wieder nach Jagdhaus zurück.

 

 
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Dort erreichen wir etwa bei km 17 den dritten Verpflegungspunkt. Alle Helfer haben Schutz unter der Plane gesucht, sind aber in guter Stimmung, fetzige Musik ertönt. Hier stoßen auch die etwa 200 Halbmarathonwalker, die den gleichen Weg wie die Halbmarathonläufer (diese sind längst durch) nehmen, auf unsere Strecke. Darüber bin ich zunächst froh, denn es sind wieder mehr Sportler unterwegs, zuletzt war es schon recht einsam geworden hinten im Feld (hier musste ich mich angesichts meines Trainingszustandes einsortieren).

Wir folgen jetzt wieder dem Rothaarsteig, nunmehr ostwärts, der Regen hat mittlerweile aufgehört. Weiter ein schönes welliges Profil, zunächst durch Laub-, später Nadelwald. Nach der vierten Verpflegungsstation verlassen uns bei Km 22 die Walker, die eine Abkürzung zum Ziel nehmen.  Ich bin nun fast froh darüber (auch wenn ich von jetzt an beinah alleine unterwegs bin). Denn der Weg war die letzten Kilometer durch die vielen Vorläufer kaum laufbar, ständig rutsche ich trotz meiner Trailschuhe auf schlammigem Untergrund weg. Riesige Pfützen würden einem Mud-Race alle Ehre machen. Auch wenn bei den Pfützen keine Trailschuhe mehr helfen, sind diese dringend zu empfehlen, denn nur wenige Kilometer der Strecke sind asphaltiert. Meist sind es Forstwege, aber durchaus holprig und keine „Waldautobahnen“, oder Trails, die zu belaufen sind. Eine schöner Wege-Mix, wie man ihn selbst bei Landschaftsläufen nicht so oft findet.

Da nun das Wetter wieder besser wird, nutze ich die Gelegenheit für einige Fotos von schönen Ausblicken über Täler und Höhen. Läufer bekomme ich ja kaum noch vor die Linse. Das hat auch etwas für sich, denn so kann ich in Ruhe den Gedanken nachhängen und die Natur genießen. Traumhaft schön, trotz des Wetters – oder gerade deswegen?

 

 
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Bald nach einem kurzen unangenehm steil abwärts führenden Wurzelweg (Wurzeln sind mit Leuchtfarbe gekennzeichnet) bei  Km 25 und einem ebenso kurzen unangenehm steilen Anstieg einen Kilometer später erreiche ich  hinter der fünften Verpflegungsstation den höchsten Punkt (756m) der Strecke mit dem eigenartigen Namen „Talvariante“. Warum dieser so heißt, muss ich nächstes Mal erkunden, denn ich bin spät dran und will das Zeitlimit von 6 Stunden einhalten. Ab hier geht es nun für 4 km zunächst leicht abwärts. Dann aber geht es zur Sache: zwischen der sechsten Verpflegungsstation an der Skihütte Schanze, Bergstation eines Skiliftes, nach km 31 und der siebten im Ort Latrop drei Kilometer weiter tief im Tal verliere ich beinah 300 Höhenmeter.

Aua, meine Knie. Bisher ging es ja gut, aber nun das. Selber schuld. Das sind wohl Spätfolgen vom Sommer, wo ich in der Schweiz wie ein Bekloppter die Berge hinunter gelaufen bin. Als ich auf der Gefällestrecke am Wegesrand eine besonders schöne Gruppe rot leuchtender Pilze entdecke – Pilze gab es heute zuhauf zu sehen und auch Pilzsammler, die sich vom schlechten Wetter nicht abhalten ließen, gönne ich meinem Knie eine kurze Pause und mache ein Foto.

Ab Latrop geht es dann gemächlich mit leichtem Gefälle dem gleichnamigen Bach entlang zum Ziel, unterbrochen von der letzten Verpflegungsstation, an der ich nach den erwähnten Hinweisen der Helferin nun keine Energieriegel mehr verzehre.  Aber weniger als 3 km vor dem Ziel ist das auch nicht mehr nötig.

 

Dritter Höhepunkt: die Organisation

 

Schon vor dem Zieleinlauf werde ich vom Stadionsprecher angekündigt.

Wo bin ich denn hier gelandet? Das Zieltor verlassen, keine Menschenseele zu sehen,  niemand, der mir eine Medaille umhängt. Und das nach 42 Kilometern? Moment mal, nur nicht klagen. Die Organisation ist insgesamt perfekt, schließlich waren selbst mitten im Wald viele Posten im Einsatz, um uns den Weg zu weisen (was aufgrund der exzellenten Ausschilderung gar nicht erforderlich gewesen wäre). Und das ist wesentlich. Dass bei dem Regenwetter heute im Ziel nicht scharenweise Zuschauer auf die Letzten warten, kann ich verstehen..

 

 
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Aufgrund des Regens wird mir schnell kalt und ich flüchte in die nahe Umkleidekabine. Hier wird beim Kleiderdepot auch noch auf die Letzten gewartet und die Dusche ist, Ihr wisst es schon, heiß. Eine Sorge weniger, denn jeder ist nach einem Lauf schon mal unter einen kalten gestanden. Heute wäre das wirklich sehr misslich gewesen, aber auf die Organisation ist Verlass. Sogar für eine Reinigungsmöglichkeit der völlig verdreckten Schuhe ist gesorgt.

Frisch gewaschen und aufgewärmt mache ich mich auf den kurzen Weg zurück zur Veranstaltungshalle, wo ich hoffe, noch etwas von der beim Briefing angekündigten guten Zielversorgung, hier im Speziellen des Kuchenbuffets, zu erhaschen.  Drinnen haut es mich fast um. Gerammelt voll ist die Halle, beste Stimmung, die Siegerehrung der Altersklassen ist noch in vollem Gange. Und das Küchenbuffet bietet noch genügend Auswahl, der Tag ist spätestens jetzt gerettet…

 

Informationen: FALKE Rothaarsteig-Marathon
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