Früher gab es Läufe, da traf man alle, also wirklich alle Trail-Läuferinnen und -Läufer aus der Umgebung. Okay, so viele waren es auch nicht. Aber beim SoNUT standen sie regelmäßig an der Startlinie. Ein richtiges Grasroot-Rennen, veranstaltet von ein paar Trail-Enthusiasten, die man auch auf den großen internationalen Veranstaltungen trifft und die wissen, was die Trailgemeinde braucht, um einen schönen Tag zu haben: Lange Strecke mit ordentlich Höhenmetern, anspruchsvolle Singletrails, reichlich leckere Verpflegung und ein würdiger Abschluss, um die Erfolge zu feiern.
Das alles hat das Team des SoNUT zwischen Kirn und Bad Sobernheim schlau miteinander verknüpft und seit 2015 den geneigten Läuferinnen und Läufern auf dem Silbertablett kredenzt.
Leider ist jetzt nach zehn Jahren Schluss. Die Lebensumstände bei den Organisatoren haben sich geändert und mit halbem Herzen wollen sie ihr Baby nicht schaukeln, auch wenn die Veranstaltung immer mehr oder weniger ausgebucht war. Es wollte wohl auch niemand in ihre Fußstapfen treten und so haben sie sich entschlossen, dass erst mal Schluss ist. Somit feiern wir heute mit schwerem Herzen die letzte Ausgabe des SoNUT.
Schon früh um halb sechs fahre ich los. Auf den Hunsrückhöhen hat es in der sternenklaren Nacht bis auf 5 Grad abgekühlt. 90 Minuten sind es nach Bad Sobernheim, wo man an der Schule, an der die Startnummern ausgegeben werden, gut parken kann. Die üblichen Verdächtigen sind alle schon da. Viele Mitstreiter und Mitstreiterinnen habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Für einige war es damals der Startschuss für größere Abenteuer in den Alpen und so wollen sie unbedingt bei der letzten Ausgabe dabei sein.
Nachdem die Startnummern ausgeteilt sind, geht es zu Fuß zum Bahnhof und wir fahren gemeinsam zum Start nach Kirn. Es ist lausig kalt und ich freue mich über den heißen Kaffee und das Rosinenbrötchen am historischen Rathaus. Es folgt eine Ehrung der treuesten Teilnehmerin und des treuesten Teilnehmers, die bei allen Ausgaben am Start waren. Auch geht ein herzlicher Dank von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern an das Orgateam um Sebastian Wendel, der das Briefing macht. Dann wird die Markierung erklärt. Basti lässt es sich nicht nehmen, bei der letzten Ausgabe selbst am Start zu sein.
Nach dem Startschuss geht es erstmal durch das kleine Städtchen Kirn. Wir folgen der Beschilderung des Soonwaldsteiges, dem wir bis km 38 treu bleiben werden. Der Weg führt gleich zu Beginn ordentlich in die Höhe. Gut so, dann wird mir auch schnell warm, denn das Thermometer ist immer noch einstellig. Aber die Sonne hat schon ordentlich Kraft und der blaue Himmel verspricht einen angenehmen Spätsommertag.
Auf dem Höhenzug haben wir immer wieder schöne Ausblicke. Bis zur ersten Verpflegung sammeln wir so ganz entspannt 12 kurzweilige Kilometer.
Ein schöner Trail auf der anderen Seite des Hahnenbachtals führt uns in felsiges Gelände. Hier wurde früher Bleischiefer abgebaut. Auch Kupfer und Zink wurden gewonnen. Ein paar Reste der Erzbahn und eines Seilzuges sind noch zu sehen. Auch die halb verschütteten Eingänge ehemaliger Stollen erkenne ich. Auf unserem Weg sind kleine Tunnel zu durchlaufen und machen diesen Abschnitt sehr abwechslungsreich. Ein steiler Anstieg führt zu einem Aussichtspunkt mit Blick auf die mächtige Anlage der Schmiedtburg. Ein Stück weiter grüßt uns die Heilige Barbara, die Schutzpatronin der Bergleute, aus einer dunklen Felsspalte.
Wir folgen jetzt der Traumschleife Hahnenbachtaltour, die zu Recht im Jahr 2012 zum schönsten Wanderweg Deutschlands gewählt wurde. Wir passieren das keltische Freilichtmuseum, dann queren wir auf einer kleinen Brücke den Hahnenbach. Wieder sind einige Stollen zu erkennen. Kleine Weiheranlagen laden mit allerlei Ruhebänken, Liegen und sogar Schaukeln zum Verweilen ein. Ich nehme mir vor, diesen Abschnitt mal in Ruhe zu wandern. Vielleicht auch mit einer Picknickdecke und einer kalten Flasche Wein im Rucksack. Diesmal sind wir aber zum Laufen hier.
Kurz nach dem Teufelsfels erreichen wir den zweiten Verpflegungspunkt. Wir greifen ordentlich zu und füllen unsere Flaschen. Der nächste VP kommt erst in 16 Kilometern und den folgenden Abschnitt habe ich noch als sehr anspruchsvoll in Erinnerung.
Wir passieren einen Aussichtsturm. Dort war bei meiner letzten Teilnahme die Verpflegung aufgebaut. Ich erinnere mich. Danach wird es steinig. Durch loses Blockwerk geht es lange bergauf. Der Weg ist nicht immer eindeutig. Die Steine sind voller Moos und es liegt auch schon einiges an Laub auf den Wegen. Immerhin ist es heute nicht so warm, wie beim letzten Mal. Ich genieße diesen Abschnitt sehr.
Auf einem langen, gut laufbaren Downhill geht es wieder ganz nach unten zum Kellenbach, den wir auf einer kleinen Brücke überqueren. Wir folgen ein Stück dem idyllischen Bachlauf, bevor es wieder steil und steinig in die Höhe geht. Wir folgen der Traumschleife „Heimat“ buchstäblich über Stock und Stein. Schöne Aussichtspunkte werden von den Teilnehmenden ausgiebig zum Ruhen genutzt. Wir sind im hinteren Feld und alle sind sehr entspannt. Ich halte ein Schwätzchen mit Rainer, den ich von vielen Veranstaltungen kenne, muss aber aufpassen, dass ich mich im Stein-Labyrinth nicht verzettele.
Wir erreichen den Aussichtsturm Alteburg. Jetzt ist es nicht mehr weit zur nächsten Verpflegung. Hier ist die Strecke ein Stück weit mit Flatterband markiert. Wir lassen es rollen. Auf einem schmalen Pfad, später auf einem gut laufbaren Fahrweg geht es bis zur VP knieschonend immer leicht bergab.
Die Verpflegung ist ganz nach meinem Geschmack. Bier vom Fass. Eiskalt. Das ist nicht zu toppen. Ein wenig Käse, Salami und dazu ein kühles Helles machen uns fit für den nächsten Abschnitt.
Wir laufen durch einen Märchenwald zur Schinderhanneshöhle. Dann folgen wir noch eine Weile dem idyllischen Bachlauf. Unterwegs treffen wir auf unseren Vereinskollegen Hans Werner. Seine Begleitung muss aussteigen und wird an der nächsten Straßenquerung abgeholt. Dort laufen auch noch Doro und Silke aus unserem Verein auf uns auf. Über Wiesen und abgeerntete Felder geht es gemeinsam bis zur letzten Verpflegung bei Kilometer 50.
Es ist jetzt ordentlich warm. Wir lassen uns Zeit und versorgen uns ausgiebig.
Es folgt der letzte lange Anstieg. Die Steigungen gehen wir jetzt komplett, aber es kommen auch immer wieder gut laufbare Passagen, meistens angenehm temperiert im schattigen Wald. Der Abschnitt im Eichenwald gefällt mir besonders gut. An den letzten Teil am Golfplatz kann ich mich gut erinnern. Es hatte gefühlte 50 Grad im Schatten und obwohl ich schon 62 Kilometer auf der Uhr hatte, war noch nichts von Bad Sobernheim zu sehen. Ich dachte schon, ich hätte mich verlaufen. Aber bei genauem Hinsehen erkennt man über dem folgenden Straßendamm die Kirchturmspitze des kleinen Städtchens.
Wir unterqueren in einem Tunnel den Damm und stehen dahinter unvermittelt in Bad Sobernheim. Noch ein kurzes Stück durch den Ort und wir laufen zu fünft im Ziel auf dem Marktplatz ein, wo wie jedes Mal das Dorffest stattfindet und uns ein herzlicher Empfang bereitet wird. Wir stehen noch lange mit den anderen Finishern und dem Orga Team im Zielbereich und feiern bei einem Bier und einem Würstchen die noch ankommenden Läuferinnen und Läufer. Leider endet hier nicht nur der Lauf für heute, sondern auch ein Stück Lauf-Geschichte.
Der SoNUT war immer ein besonderes Rennen. 63 anspruchsvolle Kilometer. Wenig Verpflegungspunkte. Nur Ultra. Keine Unterdistanzen. Technische Streckenabschnitte, aber auch schnelle Passagen. Eigentlich optimal für den Einstieg ins Ultra-Trail Abenteuer.
Dafür geht von mir ein herzliches Dankeschön an alle Helferinnen, Helfer und das komplette Orga Team, die uns den SoNUT über lange Jahre geschenkt haben und diesen letzten Tanz zu etwas ganz Besonderem gemacht haben. Die Medaille, ein Wegweiser des Soonwaldsteiges, wird einen Ehrenplatz bei mir bekommen.
Keine halben Sachen. Das sagen sich die Veranstalter und haben mit dieser Ausgabe den letzten Tanz durch den Soonwald veranstaltet. Schade, dass es den Lauf nicht mehr geben soll. So viele Veranstaltungen mit langer anspruchsvoller Strecke, hohem Singletrail-Anteil und vielen landschaftlichen Highlights haben wir in unserer Gegend ja nicht zur Auswahl.
Vielen Dank für die vergangenen 11 Ausgaben!