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21.10.18 - Special Event

Foz Côa Douro Trail Adventure (FCDTA, Portugal): 200 Kilometer Ferien

Autor: Joe Kelbel

 

Zweite Etappe 30 km

 

Musste heute Nacht mal raus. Als ich wieder ins Zimmer will, geht die Schlüsselkarte nicht mehr. 30 Minuten habe ich gegen die Tür gehämmert, niemand hat mich gehört. Ich in Unterhose runter zur Rezeption: „ Your passport please!“ Nun erklär mal um fünf Uhr morgens einem Aushilfsstudenten an der Rezeption, dass du zum Pinkeln normalerweise nicht den Ausweis mitnimmst. Um sechs Uhr bin ich wieder im Zimmer. Mohamad hat sich meine Bettdecke gekrallt.     

Treffpunkt der Truppe am Sao Bento Bahnhof, berühmt wegen seiner Azulejo, den blau bemalten, glasierten Keramikfliesen im Inneren. Hervorstechend ist das Mosaik, das Heinrich den Seefahrer 1415 bei der Eroberung Ceutas zeigt. Ein Lieblingsthema von mir, doch wir müssen schnell zum Zug. Fahrscheine und Startnummern werden im Zug verteilt. Jeder Läufer erhält auch noch einen Tracker, niemand soll in der Wildnis Portugals verloren gehen.

 

 
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Um 11 Uhr sollte die zweite Etappe am Bahnhof Rede starten, doch die alte Bahnstrecke ist eingleisig, unser Zug von 1900 muss andere Züge passieren lassen, ein Paradies für Sheldon Cooper. Wir kommen 1,5 Stunden zu spät in Rede an.

1200 Meter tief hat sich der Douro im Laufe der Zeit eingegraben, das werden ab sofort die täglichen Höhenmeter sein, die wir bewältigen werden. Bis zu einer Steigung von 40 Prozent wird Wein angebaut, darüber hinaus werden wir auf allen Vieren klettern müssen.

Vom Bahnhof Rede geht es direkt steil hinauf. Cut-Off-Zeiten gibt es nicht, alle 5-15 Kilometer gibt es Versorgung, bei meinem Tempo also alle 1,5 Stunden.

Es gibt zwar Wirtschaftswege, die in Serpentinen hinauf führen, doch die mag Carlos Sá nicht.  Er nimmt die direkten Wege. Es sind alte, raue Wege, die mit hohen Mauern eingefasst sind. Die parallel zum Hang gezogenen Trockenmauern stützen die Weinterrassen, die aufwärts führenden Mauern sind Lagerort für Steine, die man im Weinberg nicht braucht. Hier rauschen die seltenen Regenfälle hinab und hinterlassen einen schwierigen Trailuntergrund, der zentimeterdick mit Feigen bedeckt ist.

1756 wurde hier im Oberen Douro Tal weltweit zum ersten Mal ein Weinbaugebiet nach Qualitätsmerkmalen festgelegt, 99 Jahre vor dem Bordeaux-Gebiet. Um diese Jahreszeit sind die meisten Trauben abgeerntet, doch an bestimmten Lagen hängen köstliche Schrumpelbeeren, die für besondere Weine vorgesehen sind. Wir kommen nach Mesão Frio, dessen Namen von der Mansionis frigidae (kalte Herberge) an der Römerstraße abstammt. Königin Mafalda erbaute im 11. Jahrhundert die kleine Kirche. Wir laufen an einer Vielzahl von Herrenhäusern, steinernen Brunnenanlagen und weiß gekalkten Bürgerpalästen mit auffallenden heraldischen Wappen vorbei. Eine römische Brücke, eine archäologische Ausgrabungsstätte und historische öffentliche Gebäude, zahlreiche Kapellen und andere Sakralbauten erfasst das Läuferauge.

 

 
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Ab einer Höhe von 1200 Metern setzt Schneeregen ein, ein weiterer Aufstieg muss wegen des starken Windes abgebrochen werden. Der Abstieg erinnert  wegen seiner schroffen Steine an den Hohen Atlas. Die Wasserflasche, die ich oben mit Cola aufgefüllt habe, explodiert 1000 Meter tiefer und ergießt sich über mein Handy, das eingepackt war, aber wegen zahlreicher penetranter Anrufe aus der Heimat dann trotzdem nicht mehr eingepackt war. Für mich beginnen Ferien ohne CSU, Trump und Börsencrash.

Die rotweißen Schilder am Wegrand „ Zona de Caca Municipal“ bedeuten nicht, dass hier die das Gemeindeklo eingerichtet wurde. Caca heißt Jagd, es gibt hier also keine Jagdpächter, das Jagdgebiet gehört der Gemeinde. Wem die schrecklichen Windräder im Nebel gehören weiß ich nicht, sonst würde ich mich über das grausame Quitschen beklagen. Der kalte Wind ist so stark, dass sich die Mühlen ständig aus dem Wind drehen müssen. Zwischen den mythischen Granitfelsen laufend ist das ein unpassendes Geräusch.

Nach einer Stunde erkenne ich Mafómedes, ein glückliches Örtchen mit 30 älteren Einwohnern, eingebettet zwischen zwei steilen Hängen. Man lebt von der Milchwirtschaft, der Großteil der Rinder sind Ziegen. In Mafómedes gibt es eine saubere Dusche mit Seife und Handtüchern, dann geht es zum Restaurant Tasca do Valado. So manches Weichei würde die Gerichte dieses Edelrestaurants im Dschungelcamp verorten, ich stehe  aber auf Geschmacksabenteuer, dessen Grundlagen es bei uns nicht mehr zu kaufen gibt. Auch der asketischste Läufer wird jetzt bei den angebotenen Weinen schwach. Übernachtet wird im 4 Sternehotel Douro Marina Hotel & Spa. Einige springen bei der wunderschönen Marina in den Fluss oder baden in den Thermalbädern von Caldas de Arêgos.  Ich warte auf das Abendessen.

 

 

 
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