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02.09.12 - Ultra Trail du Mont Blanc (UTMB)

Wintertraum am Mont Blanc

Autor: Joe Kelbel

Der Lauf hat mich nicht unterfordert, nein bestimmt nicht, aber grenzwertig war er schon, und deswegen lache ich! Unterfordert oder überfordert? Ich bin hier angetreten um zu finishen, nicht um Knusperriegel und Apfelspalten an Gel-Essence zu konsumieren.

Aufstieg zum Col des Montets, nichts Besonderes, nur 3 Kilometerchen, allerdings eine Stunde. Es ist hell geworden. Ein Schrei von hinten verlangt Überholerlaubnis. Immer mehr blitzsaubere Läufer überholen mich. Ich bin stinkig auf diese Läufer, die sich anscheinend geduscht und mit frischen Klamotten versehen haben. Erst nach dem Zieleinlauf erfahre ich, dass das die Spitzenläufer des UTMB waren.

 
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Von Vallorcine bis Charmonix (1035 m), km 96 und Ziel, sind es nur noch 15 Kilometer. Für mich sind es 3,5 Stunden, in denen ich die schreckliche Nacht noch mal in Ruhe passieren lasse. Ich habe Zeit, bin gut gelaufen, suche Gespräche mit jenen, die jetzt ihre Hunde zum Kacken ausführen. Mal sitze ich auf einer Bank, mal auf einem Felsen und quatsche mit den Leuten über meine Sturmzeit in Frankreich und die Ausscheidungen der kleinen Lieblinge. Diese morgendlichen Augenblicke geben mir viel. Ich mag das, Held bin ich jetzt sowieso, aber nicht am Limit. Und Freunde muss man sich erarbeiten.

Nach 22:58 Stunden laufe ich durch den Zielbogen. Dankbarkeit und Demut für eine verdammt harte Lektion.

 
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Dank an die Rennleitung, die uns beschützt hat, Dank an die freiwilligen Helfer, die uns in der katastrophalen Nacht geholfen haben. Und Demut vor diesem Berg, dem Menschenfresser. In den nächsten Stunden weicht die Demut dem Übermut. Die Nacht war die Grenze zwischen Leben und Tod. An der Ziellinie beginnt die Verklärung deiner Abenteuer.

Um 10 Uhr liege ich im Bett, um 12 Uhr bin ich beim Finisher-Essen. Es gibt Polenta mit fetttriefenden Würstchen, keine Nudeln! Oh wie schön ist Panama! Danke, danke! An meine Mutter, meinen Manager, Alfred Hitchcock und die Klasse 7 b der Mädchenschule! Danke an alle die mich kennen, meinem Bewährungshelfer, meinem Urologen, Okto-, Onko und sonstigen -logen, die mir gerne mit dem Gummifinger gratulieren möchten. Ich schaffe es auch ohne Euren gut gemeinten Zeigefinger!

Um eins wieder ins Bett, um 18 Uhr zum Zieleinlauf der UTMBler. Um 19:30 Uhr sitze ich bei einer Pizza, da kommen die ersten PTL`er durch die Fußgängerzone.  Einige Passanten verneigen sich. Wenn ich noch könnte, ich würde mich auch verneigen. Die Jungs sind Montag gestartet, wir haben jetzt Samstag. Die Möglichkeit, aufzuspringen, um ein Foto der Cracks zu schießen, ist nicht gegeben. Der CCC geht jedem in die Knochen, die Pizza ist mies, doch was mir durch die Seele geht, das ist die emotionale Revolution. Es gibt sonst keinen Lauf, wo das Sturmgewehr der Emotionen tagelang durch die Fußgängerzone rattert.

Ich treffe Dawa Sherpa wieder, über uns reißt der Himmel auf und im Abendlicht zeigt sich der Mont Blanc. Ich erkenne die grinsende Fratze des Berges und die Sherpa-Schlitzaugen blitzen listig, als ich ihm die Stirnlampe zurückgebe.

“Wollen Sie wirklich die Datei löschen? Einzeln oder sämtliche Dateien?”

Markus ist fertig, Martin bekommt die letzte XL Finisher-Weste, als er kurz vor Cut-Off im Ziel ist. Peter, der Gewinner der TorTour de Ruhr hält nichts von Kinderläufen wie dieses Jahr hier. Frank hat in drei Tagen 4 Kisten alkfreies Bier getrunken, Gaby hat sich beim Sturz das Bein zerstört. Es gibt tatsächlich Bekloppte, die hier bleiben und nächstes Wochenende den Tor de Geants laufen (330 km 24.000 hm). Eric, du Sau du!

Im Halbschlaf zwischen Vangelis und den freudigen Rufen des Zielmoderators dämmere ich hinweg. In meiner Warteschleife vom Wintertraum lausche ich den Namen der Finishern, die er aufruft. Große Namen, starke Läufer, Weltklasse! Und ich bin dabei!

 
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Ein blendendweisser Mont Blanc weckt mich. Ich glaube, es ist Sonntag. Mit Frank sitze ich beim fetten Frühstück  in der Fußgängerzone. Immer mehr PTL`er kommen herein. Große Bildschirme, Lautsprecher, Musik, Menschenmassen, Tränen. Jeder Läufer trägt stolz seine Finisher-Weste. Wir sind Spitzenläufer aus 67 Nationen, wir sind Elite.  

Hierher komme ich wieder - nächstes Jahr. Erstaunlich, wie schnell die Verklärung eintritt! Danke!

 

RESULTATE UND STATISTIKEN

herausgegeben vom Veranstalter des UTMB


TDS™ - 114 km - 7150 D+ ( ursprüngliche Strecke 112 km - 7150D+)
1465 Gestartete, davon 125 Frauen. 629 Fnisher. 836 sind ausgestiegen


Männer
1- Dawa SHERPA - Népal - 14:37:07
2- Lionel TRIVEL TEAM - FR - 15:05:26
3- Antoine GUILLON - FR - 15:05:28             
 
Frauen
1- Agnès HERVE - FR - 19:07:00
2- Juliette BLANCHET - FR - 19:39:53
3- Alessandra CARLINI - IT - 20:32:14
 
CCC® - 86 km - 5998 D+ ( ursprüngliche Strecke 100 km - 5950 D+)
1913 Gestartete, davon 255 Frauen. 1582 Finisher. 331 sind ausgestiegen

Männer
1- Tofol CASTANER BERNAT - ES - 08:57:04
2 - Mikael PASERO - FR - 09:39:06
3- Nicolas PIANET - FR - 09:39:38
 
Frauen
1 - Ellie GREENWOOD  - UK - 11:17:24
2- Maud COMBARIEU - FR - 11:51:40
3- Maud GOBERT - FR - 11:56:42
 
UTMB® - 103,42 km - 5862 D+ (ursprüngliche Strecke 168 km - 9600 D+)
2482 Gestartete, davon 215 Frauen. 2125 Finisher. 357 sind ausgestiegen

Männer
1- François D'HAENE  - FR - 10:32:36
2- Jonas BUUD - SE - 11:03:19
3- Michael FOOTE - USA - 11:19:00
 
Frauen
1- Elizabeth HAWKER - UK - 12:32:13
2- Francesca CANEPA - IT - 13:17:01
3- Emma ROCA - ES - 13:23:37

 

Informationen: Ultra Trail du Mont Blanc (UTMB)
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