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15.04.23 - Kyffhäuser Bergmarathon

„Mach de Glotzen off''

Diesen Rat zu befolgen bringt Vorteile, wenn es im Kyffhäuser Gebirge regnet und man den traditionellen Berglauf bewältigen will. Der Natur tut’s gut, dem Marathoni weniger. In der Hoffnung auf Besserung fahren Silke und ich bereits am Freitag nach Bad Frankenhausen, zum Kyffhäuser. Passend zur Startnummernausgabe hat es aufgehört zu regnen, aber die Aussicht, dass dies auch beim Lauf so sein wird, ist bescheiden.

Beim Frühstück in unserem Hotel lerne ich Jenny und Jan-Heiko kennen, die sich auch der Herausforderung Marathon stellen. Wenn wir schon nass werden, dann wenigstens gut gestärkt. Denn das Wetter hält sich leider an die Vorhersage. Die Anfahrt nach Bad Frankenhausen erfolgt durch leichten Nieselregen.

 

 
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Beim Erreichen des Startgeländes hat sich nichts geändert, weshalb sich die Teilnehmer im Veranstaltungszelt dicht drängen. Auch Jenny und Jan-Heiko treffe ich dort wieder. Nach kurzer Unterhaltung begeben wir uns schweren Herzens in den Startbereich. Ich beschließe derweil, meine Regenjacke nicht auszuziehen. Ungeduldig erwarte ich den Start um 8:30 Uhr. Bereits mein dritter Marathon im Regen in diesem Jahr. Läuft!

Wenigstens dürfen wir, da wir die Königsdisziplin heute bestreiten, als erstes auf die Strecke. 198 werden am Ende den Marathon erfolgreich absolvieren. Über alle Strecken werden es schließlich über 1571 Teilnehmerinnen und Teilnehmer sein, wobei für jeden und jede Altersklasse etwas geboten wird. Unter anderem darf man auch Wandern ober Mountainbike fahren. Ich bin zwar kein Schuster, aber ich bleibe bei meinem Leisten. Beschwingt verlasse ich laufend das Startgelände.

 

 
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Es geht nach links in die Bornstraße und gleich zu Beginn macht der Bergmarathon seinem Namen alle Ehre, denn schon sind die ersten Höhenmeter zu überwinden. Noch sind die Kräfte da  und ich versuche mit Jan-Heiko Schritt zu halten. Voraus das erste Highlight, bei dem mir schwindlig werden könnte, denn der Turm der Oberkirche ist so stark aus dem Lot geraten, dass er sogar den schiefen Turm von Pisa in den Schatten stellt. Und das auch schon seit Jahrhunderten. Die neueste Turmhaube aus dem 18. Jahrhundert weist einen Knick auf, um die Schräglage auszugleichen.

Der Uderslebener Weg gibt die Richtung für die nächsten Kilometer vor. Nach Nordosten laufe ich dieser Ortschaft entgegen. Durch Feld Wald und Flur. Hecken geben Flankenschutz. Aus dem  Kurort hinaus sind die Wege erst noch geschottert. Zwar regennass, aber gut zu belaufen. An seiner Ostflanke laufen wir am roten Berg entlang. Über Wiesen geht es hinauf zum Flughafen Udersleben, jetzt auf richtigen Feldwegen, Spuren rechts und links und in der Mitte üppiger Grasbewuchs. Jetzt wird es glitschig und schon rutsche ich weg und liege auf der Seite. Nicht schlimm, ich kann weiterlaufen. Beruhigend für meine Mitläufer, die sich nach meinem Wohlbefinden erkunden, und mich, der ich den Lauf nicht aufgeben muss. Für den Rest der Strecke sind meine Sinne jedenfalls geschärft. Trotz Ablenkung durch die nette Unterhaltung mit Jenny, die inzwischen zu mir aufgelaufen ist. Zeit für unterhaltsame Marathonanekdoten.

 

 
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Es geht flach weiter nach Udersleben. Das offene Feld bietet wenig Schutz, da ist es von Vorteil, dass es nur noch leicht am Nieseln ist. Im Ort angekommen wartet die erste Verpflegung mit Wasser, Iso, Tee und Cola. Dazu Bananen und Bretzel. Alles, was der Läufer unterwegs so braucht. Auch Bier wird hier wie an verschiedenen weiteren Versorgungsstellen angeboten. Mir reicht ein kurzer Schluck, denn ich muss aufpassen, dass ich den Anschluss nicht verliere. Jenny ist Selbstversorgerin und hat die Verpflegung rechts liegen lassen. Noch schaffe ich es, wieder aufzulaufen. Am Ortsausgang schmückt ein riesiger Besen die Strecke. Der Harz mit dem Hexentanzplatz auf dem Brocken ist zwar nicht weit, aber ich frage mich trotzdem, welche Hexe diesen Besen reiten soll.

Noch lasse ich mich von solchen Gedanken ablenken und erreiche so unbeschwert Ichstedt. Noch sind keine 10 Kilometer bewältigt, da muss doch noch etwas gehen. Die Herausforderung für die nächsten Kilometer nach Tilleda wird größer. Zwar sind die zu bewältigenden Höhenmeter überschaubar, dafür knickt die Strecke jetzt nach Westen ab.

Ich befinde mich jetzt nördlich des Kyffhäusergebirges in einer Ebene. Wenig später kommt halb links das Kyffhäuserdenkmal in Sicht. Sehnsuchtspunkt Halbmarathon, die folgenden Kilometer immer im Blick. Scheinbar nicht näher kommend. Letzte Gelegenheit, noch ein paar Meter schwatzend mit Jenny zurück zu legen. Bis Tilleda, etwa bei KM 15. Hier muss ich sie endgültig ziehen lassen, weil ich die letzten Meter zur Kaiserpfalz hinauf gehe und dabei einige Fotos mache. Durch ihre isolierte Lage ist sie als einzige deutsche Pfalz vollständig archäologisch ergraben, da niemals überbaut. Als es in deutschen Landen noch keine Hauptstadt gab, reisten die Kaiser mit ihrem Hofstaat noch durch ihr Herrschaftsgebiet, um ihren Einfluss zu sichern. 1174 besuchte so auch Kaiser Barbarossa Tilleda.

 

 
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Ich muss heute noch dorthin und mache mich wieder auf den Weg, begleitet von guten Wünschen der Pfalzwächter. Die Treppen laufe ich hinunter Richtung Ort. Nass, aber nicht rutschig sind sie, vorsichtig bin ich. Unterhalb der Treppe biege ich links ab. Ab jetzt ändert sich der Charakter des Laufes komplett, denn ich tauche in den Wald am Kyffhäuser ein, der mich erst kurz vor dem Ziel wieder freigeben wird. Zudem mache ich Bekanntschaft mit den schlüpfrigen Waldwegen, die ich auf den kommenden Kilometern hauptsächlich belaufen werden. Der Regen hat den Boden vollständig aufgeweicht. Teilweise haben sich große Pfützen gebildet.

Die nächsten Kilometer geht es hinauf zum Denkmal. Die Forstwege könnte ich sogar problemlos laufen, wenn ich nicht gehend Körner sparen würde. Dafür gleite ich die flacheren Passagen problemlos über den Waldboden. Kurz hinter KM 20 erreiche ich den Bereich der Burganlage Kyffhausen. Bestehend aus Ober-, Mittel- und Unterburg war sie im Mittelalter eine der größten in Europa. Bevor ich Wilhelm I. und Barbarossa meine Aufwartung machen darf, muss ich die Anlage erst noch umrunden.

 

 
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Nur noch etwa ein Kilometer und ich erreiche den Weg zum Plateau unterhalb des Denkmals. Jenny kommt mir bereits entgegen und grüßt noch einmal. Ich nehme die letzten Höhenmeter und möchte die Aussicht genießen. Doch das wird heute leider nichts. Dort, wo man gestern noch bis zum Brocken blicken konnte, versperren tiefliegende Wolken die Sicht. Dafür lass ich mich mit Weißbart Wilhelm I. ablichten. Ihm ist es nämlich eigentlich gewidmet, da ist Kaiser Rotbart nur schmückendes, dafür legendäres Beiwerk.

Frisch gestärkt und aufmerksam beachte ich beim Verlassen des Denkmals den Hinweisschild: „Mach de Glotzen off.“ Mag manchmal nötig sein, aber wie in Tilleda ist dies heute nicht die größte Herausforderung. Die nächsten Kilometer durch den Wald werden es wieder zeigen. Ab KM 23 zeigen Schilder regelmäßig an, wie weit es noch bis ins Ziel ist. Nur noch vereinzelt habe ich Mitläufer im Blick. Auf den Forststraßen kann ich schneller ausschreiten. Hölzern grüßt eine Fledermaus. Über 19 Arten sind in hier anzutreffen. Ihren Orientierungssinn hätte ich gern, denn mir fehlt gerade ein wenig der Durchblick. Es ist neblig und meine Brille beschlagen. Orientieren kann ich mich an den Wanderwegen. Aufgrund der Verhältnisse hängt mein Blick an der roten Erde und den Pfützen, die die Strecke säumen. Einiges davon hat sich bereits in meiner Kleidung und an den Schuhen festgesetzt und wird mich noch eine Weile an den heutigen Lauf erinnern.

Langsam nehmen die Kilometer ab. An den Verpflegungsstellen herrscht regelmäßig gute Stimmung. Ich bedanke mich artig bei den Helferinnen und Helfern für ihr Engagement und für ihre Ausdauer. Die orangenen Schilder weisen zuverlässig den Weg. Auch Sanitäter wachen über unsere Gesundheit, ich bin in guten Händen, während ich meine Kilometer durch den Wald abspule.

 

 
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Die letzten 8 Kilometer verliere ich nach und nach die letzten Höhenmeter. Meine Gehpausen werden kürzer und ab KM 35 kann ich locker durchlaufen. Bei KM 39 verlasse ich den Wald und erreiche den Schlachtberg. Am Wegesrand sind hier typische Kirschbäume gepflanzt. Rechts voraus grüßt das runde Panoramamuseum. Es ist einem einzigen Gemälde von Werner Tübke gewidmet. Im Regierungsauftrag verewigte am Ort des Geschehens eine der letzten großen Schlachten des Bauernkrieges. Selbige wurden vernichtend geschlagen und ihr Anführer Thomas Müntzer gefangen genommen.

Ich laufe rasch weiter. Der direkte Weg aus der Stadt hinauf wird gerade erneuert, was mir eine letzte kurze Rutschpartie beschert. Doch auch diese meistere ich mit Bravour. Als Lohn bekomme ich eine neue Aussicht auf den schiefen Turm der Oberkirche. Nur noch zwei Kilometer, ich höre bereits die Ansagen am Schlossplatz. Ich laufe noch ein kurzes Stück am Hang entlang und genieße dabei die Aussicht.

Am Ende der Straße schickt mich die Feuerwehr zielsicher ins Stadtzentrum zurück. Vorbei am Kurpark kommen schon bald die Therme und der Schlossplatz in Sicht. Silke erwartet mich bereits und strahlt über das ganze Gesicht. Während ich glücklich fertig habe, machen sich die Mountainbiker auf die Marathonstrecke. Tauschen möchte ich nicht mit ihnen. Brauche ich glücklicherweise auch nicht, denn die Medaille und die Verpflegung habe ich mir bereits redlich verdient.

Der Lauf war anstrengend aber schön, gut organisiert mit zahlreichen freundlichen Helfern. Für das Wetter kann man nichts, nur ich sollte beim nächsten Mal noch etwas vorsehen und für solche Waldwege bei Regenwetter Trailschuhe zulegen. Dann erspare ich mir riskante Ausrutscher.

 

 

Ergebnisse:
Männer:

1. Frank Merrbach, 2:50:31
2. Patrick Wendritsch, 2:59:44
3. Christian Schubert, 3:06:35

Frauen:

1. Anne Gründler, 3:47:36
2. Angelika Helbig, 4:00:03
3. Sabine Mönch, 4:00:24

 

 

 

 

Informationen: Kyffhäuser Bergmarathon
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