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23.10.16 - Altmühltrail

Genuss und Natur

Aller guten Dinge sind drei: Ja, zum dritten Mal findet der Altmühltrail bereits statt, immer in einer anderen Region im Altmühltal. Nach Weißenburg/Treuchtlingen und Gunzenhausen, beides größere Städte, geht es heute sprichwörtlich in die Provinz: Dollnstein, das kennt wohl keiner, darf sich glücklich als Startort schätzen. Der Markt im Landkreis Eichstätt (nördlichstes Oberbayern) zählt knapp 3000 Einwohner und liegt am Zulauf des Urdonautales zum heutigen Altmühltal. Ebenfalls glücklich schätzen sich die 500 Teilnehmer, die eine Startnummer ergattern konnten, denn der Trail ist schon seit einigen Wochen ausverkauft.

Die DJK Dollnstein, als hiesiger Verein, führte in den letzten Jahren im Sommer ihren Crosslauf um den Burgstein durch. Und die kleine, familiäre Veranstaltung war der Schlüssel zum Erfolg. Denn letztes Jahr wurde diese Veranstaltung beim OAI (Offroad Association International) mit einer zünftigen Strecke bekannt. Uns so kamen die Dollnsteiner mit Vorsitzenden Hubert Stanka ins Gespräch. Das Ergebnis dieser Zusammenarbeit werden wir heute unter die Füße nehmen. Ich bin begeistert, die nähere Heimat (knapp 30 Kilometer von Neuburg entfernt) unter die Füße zu nehmen. Nicht nur Läufer, sondern auch Wanderer und Nordic Walker dürfen sich auf zwei verschieden langen Strecken austoben.

 

Vor dem Start, Spaziergang durch Dollnstein

 

Für Ausdauerfreaks warten rund 27 hügelige Kilometer im Altmühltal und auf der Hochfläche, etwa 600 positive Höhenmeter werden das schon sein. So genau nimmt man das hier nicht. Die Kurzstreckler gehen auf rund neun Kilometer mit 220 Höhenmetern. Wanderer dürfen schon vor den Läufern ohne Zeitnahme auf die Strecken gehen. Eine kleine Besonderheit gibt es auch noch: Die Genussstationen sind nur zu bestimmten Zeiten besetzt. Was es damit auf sich hat, erzähle ich euch nachher.

 

 
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Was wir schon seit einigen Jahren verkünden, wird hier bestätigt: Trailrunning ist in. Weg von der Straße, hinein ins Gelände, Hügel ohne Gnade und wer mit dreckigen Schuhen und Klamotten ins Ziel kommt, hat gewonnen. Die anderen verloren. Ich will viel sehen, fotografieren, die Spezialitäten auf der Strecke genießen und vielleicht am Ende noch eine Tempospritze setzen.

Wer sich zur Teilnahme frühzeitig entschließt, kann für 10 EUR auf der Kurzstrecke und für 22 EUR auf der Langstrecke einiges erwarten. Neben der üblichen Infrastruktur wird ein Erinnerungspräsent im Ziel überreicht, die Urkunde kann online heruntergeladen werden und Duschen  kann man in der Schulturnhalle oder im Sportheim der DJK nebenan. Parkplätze sind genug vorhanden.

Als ich die Sporthalle betrete, ist zwar vor der Ausgabestelle der Startnummern eine Schlange zu sehen, doch innerhalb von zehn Minuten habe ich meine Starttasche in der Hand. Ein paar weitere Give-aways wie Duschgel, Armband oder Elektolytprobepackerl sind da drin.

Mein kurzes Warmmachen verwende ich gleich für einen kleinen Spaziergang durch Dollnstein. Sehenswert ist die Burg Dollnstein, die auf einer Felsbank von den Karolingern im 9. Jahrhundert erbaut wurde. Mittelpunkt des Ortes ist die Pfarrkirche St. Peter und Paul (1063 geweiht) sowie das nebenan liegende Pfarrhaus mit dem aus dem Jahr 1744 stammenden Wappen. Gabriel de Gabrieli hat dieses barocke Haus geplant. Meine Erkundung bringt mich noch an die mittelalterliche Ortsbefestigung sowie zum Petersturm. Zehn Minuten vor unserem Start bin ich an der Sporthalle zurück. Zeit, mich für den Lauf fertigzumachen. Die Sonne hat sich nach ein wenig Strahlen hinter die Wolken zurückgezogen und jetzt tröpfelt es sogar.

 

Erste Kilometer

 

Wir werden zum Start von Moderator Klaus Benz, einem Neuburger,  aufgerufen. „Daheim hockst nur rum, verbrauchst Licht und ärgerst die Familie, so bin ich aufgeräumt,“ so der mir bestens bekannte launige Klaus.

Es folgt der Countdown und dann werden wir losgelassen. Thomas Schmidtkonz muss dann noch davor das zu kurze Startband halten. Auf geht’s. Eine große Masse macht sich auf den Weg. Im Ort sind natürlich die Straßen geteert, es ginge ja gar nicht anders bei ein paar hundert Langstrecklern.

 

 
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Wir verlassen den Ort und kurz danach bereits den guten Boden; auf einem Feldweg rennen wir weiter, der zunehmend rustikaler wird und dann in einem Wanderweg einmündet. Hier ist dann absolutes Überholverbot, denn du kannst am Vordermann an dem abschüssigen Trockenrasen nicht vorbei. Einer weiter vorne versucht es scheinbar, das Ergebnis, er kommt aus der Spur und purzelt einige Meter den Hang hinunter. Passiert ist dem Läufer nichts, der Boden ist weich und trocken.

Gut zwei Kilometer sind wir unterwegs, da laufen wir in den Weiler Hagenacker hinein. Im 14. Jahrhundert stand hier ein Hammerwerk, wo Eisen verarbeitet wurde. Unser Weg geht an der neuromantischen Weihersfeldkapelle (aus 1868) vorbei. Und dann verlassen wir den 30 Einwohner zählenden Ort auf einem Feldweg parallel zur Eisenbahnlinie Ingolstadt – Treuchtlingen. Die Einwohner hier sind auf die Bahn sauer, die seit einiger Zeit vermehrt Güterzüge auf dieser Strecke   laufen lässt, die entsprechenden Lärm verursachen.

 

Anstieg zum Dohlenfelsen und Steinbruch

 

Die Eisenbahnlinie verschwindet im Esslinger Tunnel und für uns geht es jetzt bergauf. Das Laufen wird nach und nach durch schnelles Marschieren abgelöst. Steil geht es auf den Dohlenfelsen hinauf. 80 Höhenmeter sind zu bezwingen. Oben bietet sich eine grandiose Sicht auf das Tal. Ich springe in eine Wiese, um das laufende Volk zu fotografieren, bleibe stehen, schieße und spurte los. Trete dann auf einen feuchten Maulwurfshügel, verliere den Grip unter den Schuh und schon liege ich im Gras - ohne Fremdeinwirkung. Sofort erkundigt man sich nach meinem Ergehen. Ja, das findest du beim Straßenlauf nicht, dass sich jemand um den Sportsfreund kümmert, den es hingehauen hat. Da ist (offenbar) jede Sekunde kostbar.

 

 
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Gut 30 Minuten sind wir unterwegs, da sehe ich Kilometerschild 5 an einem Jägerstand hängen. Es geht wieder hinunter in das tiefe Tal. Diese Täler sind aufgrund des Untergrundes meist wasserlos. Und dann wartet wieder eine Hammersteigung, knapp 100 Höhenmeter. Die bringt uns zuerst durch einem Steinbruch, wo noch einige Brocken herumliegen, und dann an den Waldrand.

 

Eberswang, Schernfeld

 

Am Ortsrand von Eberswang sehe ich schon eine Traube Läufer am Verpflegungsstand. Wasser, Iso, Bananen und Riegel stehen im Angebot. Und als Spezialität hat eine Bäckerei Laugen- und Käsesemmeln und Blätterteiggebäck gestiftet. Das muss der neugierige Läufer natürlich probieren. Auch wenn während meines Mahles an die zehn Sportler vorbeilaufen.

 

 
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Am Ortsrand von Eberswang geht die Strecke über die Felder, vom Ort sehen wir nur kurz den Kirchenturm St. Sola. Nach einem Kilometer laufen wir wieder in den Wald hinein, wo Holzarbeiter ganze Arbeit geschaffen haben. Einige Bäume liegen quer über den Weg. Wir müssen das Tempo herausnehmen und uns einen Weg bahnen. Eine Läuferin hinter mir bleibt im Gestrüpp hängen, sie haut es auf die Nase, aber Gottlob ist nichts passiert. Eine Stunde bin ich unterwegs, da passiere ich Kilometer 10. Ja, hier ist nur jeder fünfte Kilometer ausgeschildert, aber das reicht vollkommen.

Wir verlassen wieder den Wald und tangieren Schernfeld nur kurz. Der alte Wasserturm sowie die Pfarrkirche St. Georg dominieren hier das Ortsbild. An einem Einödhof sehe ich ein Marterl, das an den Ökonom Ludwig Strobel erinnert, den hier ein Blitz erschlug.

 

Obereichstätt

 

Wir sind noch nicht ganz in Obereichstätt (Kilometer 14) angelangt, da kommt schon die nächste Genussstation. Wasser und Obst lasse ich den anderen übrig, ich interessiere mich für das, was in der Pfanne liegt. Die Helfer haben Bratwürste aus Lammfleisch zubereitet, die es in der Semmel gibt. Mir reicht eine halbe „Semmi“ und eine ganze Wurst vom Altmühltaler Lamm. Wer das gewöhnungsbedürftige Schaffleisch nicht mag, für den hat man „frängische Bradwürschd“ vom Grill im Angebot. Nur, das passende Getränk fehlt – ein Freibier. Na, vielleicht nächstes Jahr.

 

 
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Die regionstypische Steppenlandschaft wird nur wegen der Schafwirtschaft erhalten. Die Tiere fressen nicht nur Gras, sondern auch die aufgehenden Sträucher und Bäume. Und was dabei raus kommt, ist gleich der Dünger für die Trockenwiesen. So etwas nennt man effizienter Landschaftserhalt. Viele Urlauber kommen extra wegen der Spezialitäten vom Altmühltaler Lamm.

Vor einigen Jahren hat man im Schernfelder Forst eine ewig lange Douglasie gefällt und daraus eine 36,5 Meter lange Holzbank (aus einem Stück) gefertigt. Die steht unmittelbar an der Tankstelle. Da könnte man sich niederlassen, aber die Läufer ziehen nach ihrem Mahl weiter. Verrückt, je weiter hinten man im Feld sich aufhält, desto mehr Gourmets halten sich an Wurst und Brot. Ja, und eine Einkehr zu sich selbst ist in der Marienkapelle gegenüber möglich.

Ein steiler Kilometer führt uns dann zum Skulpturenpark von Alf Lechner hinunter. Vor 15 Jahren kaufte der Künstler das frühere Eisenhüttenwerksgelände und schaffte in der Folgezeit ein Ambiente aus seinen Skulpturen und der Natur mit den Kalksteinfelsen. Wir laufen mittendurch und müssen dann auf einer Stahltreppe auf die nächste Ebene hinunter.

Am Eingang zum Park haben sich einige Einwohner versammelt, die mit Applaus nicht geizen. Ein paar Meter weiter heizt man uns mit fetziger Musik ein. Damit kommt man gleich leichter den Kirchberg hoch. Die katholische Pfarrkirche stammt aus dem 12. Jahrhundert und ist dem Evangelisten St. Johannes geweiht.

Übrigens, die Einheimischen werden hier auch als „Bibertreiber“ bezeichnet.  Es ist aber nicht so, wie man vielleicht denken könnte, sondern die Truthühner werden hier Biber genannt. Und vor langer Zeit hat man Truthühner vom nahen Harthof zum Dorf getrieben. Da man keine Käfige für den Transport hatte, machte man sich durch den Trieb recht lächerlich. Gleich nach der Kirche führt ein Trampelpfad recht „gach“ in die Höhe. Marschieren ist angesagt. „Anton, du gehst, das kenne ich von dir ja gar nicht,“ darf ich mir von einen Fan anhören.

 

Auf dem Altmühltal-Panoramaweg

 

Die nächsten Kilometer verlaufen auf dem Altmühltal-Panoramaweg immer am Waldrand oder leicht im Wald. Und immer wellig. Kilometer 20, ich schaue auf  die Uhr, bin gut zwei Stunden unterwegs. Der 200 Kilometer lange Wanderweg von Gunzenhausen nach Kelheim ist zertifiziert und gilt als einer der Top Trails of Germany. Er tangiert Städte wie Treuchtlingen, Pappenheim, Eichstätt, Beilngries und Riedenburg und führt durch Wacholderheiden und Felsenlandschaften.  Du kommst als Wanderer oder Läufer auch an der Holzbrücke in Essing (längste Holzbrücke Europas), an der Weltenburger Enge (Donaudurchbruch), am Limes und am Kloster Weltenburg vorbei. Ich werde mir da wohl mit Andreas Ulit, der weiter vorne im Feld rennt, die eine oder andere Etappe unter die Lauffüße nehmen. Wir haben das vor dem Start verabredet. Oder vielleicht ein Stück auf dem Urdonautalsteig, der von Dollnstein nach Rennertshofen führt.

 

 
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An dem kurzen Stück, das wir belaufen, können wir uns in Sachen Natur, Geographie weiterbilden. Wisst ihr, dass der Urvogel Archaeopteryx bei Solnhofen im Jahr 1871 entdeckt wurde?  Der Urvogel gilt als Übergang der Tierwelt vom Saurier hin zum Vogel. Wir laufen an der Einöde Attenbrunn vorbei und nach kurzer Wegstrecke sehen wir auf der anderen Altmühlseite Breitenfurt.

Dann steigt der Kurs wieder deutlich an. Knapp 50 Höhenmeter warten bis zur Kapelle am Burgstein (Kilometer21,5). Die Mehrheit der Läufer ist wieder zu Spaziergängern mutiert. Seit geraumer Zeit laufen wir auf  8-Kilometer-Läufer auf. Oder sind es vielleicht Wanderer auf dem langen Trail? Bereitwillig machen sie den Schnelleren Platz.

An der Kapelle, wo man sich auch auf der Sitzgruppe niederlassen kann, haben sich viele Neugierige versammelt. Hier kann zum letzten Mal degustiert werden. Die Speisekarte offeriert eine Kürbissuppe und Küchle (Ausgezogene). Ich muss von allem versuchen. Das Kücherl ist noch nicht ganz verdrückt, dann marschiere ich weiter. Es waren nochmals rund 80 Höhenmeter auf einem Wurzel- und Steinpfad, wo du jeden Schritt überlegen musst. Die Luftknappheit ist beim Marschieren enorm. Und wenn du dann die letzten Bissen der süßen Speise kaum hinunterbringst, wird es nervig. Den letzten Happen bekommen die Vögel, bevor mir ein Teil der Speise in die Luftröhre rutscht.

 

Finale

 

Beim 25. Kilometer habe ich eine Laufzeit von 2.45 Stunden. Sausteil geht es jetzt hinunter. Beim Blick hinunter können wir schon auf die Ausläufer von Dollnstein sehen. Ein Helfer meint, es seien noch zwei Kilometer. Und dann sind wir fast unten, wir müssen jedoch scharf links abbiegen, der letzte Trail, vielleicht 30 Zentimeter breit, führt uns noch mal 20 Höhenmeter hinauf. Das Feld ist ausgedünnt, ich bin im Nirwana. Von hinten droht keine Gefahr und der Läufer vor mir ist außer Reichweite.

 

 
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An der Antoniuskapelle verlassen wir den Pfad und holen uns den letzten Schwung auf einem Feldweg, der uns in den Ort hineinführt. Noch ein paar Meter auf Asphalt, dann jubeln uns ein paar Cheerleader der DJK zu und ich laufe durchs Ziel. Klaus Benz holt mich gleich ans Mikro und will natürlich wissen, wie es mir ergangen ist. Ein wenig Werbung für unsere Homepage schadet an der Stelle auch nicht.

Nebenan können wir verpflegen, die Gelegenheit lasse ich jedoch aus und hole mir aus der Sporthalle ein isotonisches Getränk der Hofmühlbrauerei. Und das steigt mir dann recht schnell in die Birne.

Als Auszeichnung erhält jeder Teilnehmer ein Holzbrettl: Ob du das nun an die Wand zu den Medaillen hängst oder das Geräucherte zur Brotzeit drauf schneidest, kann jeder selbst entscheiden.

Duschen sind in der Sporthalle bzw. im Sportheim. Ich bleibe dann noch bis zur Siegerehrung, in deren Verlauf  Thomas Schmidtkonz von seinem Trail zurückkommt. Er hat die Genussstationen wohl noch ausführlicher inspiziert als ich. Ohne positive Kalorienbilanz kommst du hier nicht davon. Außer, man ist bei den ganz Schnellen.

Eine tolle Sache, was Stephanie Pummer, die Dollnsteiner und alle Helfern hier bewegt haben. Ich komme 2017 gerne wieder.

 

Ergebnisse Gesamtstrecke:

Männer
1. Sebastian Radecker, o.V., 1.50.51
2. Andreas Radecker, o.V., 1.53.46
3. Roland Rigotti, TSV 1862 Neuburg, 1.54.12

Frauen
1. Andrea Lutz, Eintracht Kattenhochstatt, 2.07.02
2. Sandra Spörl, FT Naila/Team Erdinger Alkoholfrei, 2.08.01
3. Susanne Haßmüller, Team LIFE! Gesundheitstraining, 2.09.33

 

 

Informationen: Altmühltrail
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