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15.11.14 - Special Event

Oman Desert Marathon 165 km

Autor: Joe Kelbel

Tag 3, zweite Etappe, 29 km

 

Die ersten drei Etappen sind zur Eingewöhnung, im Sand ist Tempolauf anstrengend. Wunderschön, traumhaft, bewegend, technisch nicht riskant. Drei Ärzteteams, unzählige Begleitfahrzeuge, ein Krankenwagen und zwei Polizeifahrzeuge überwachen die Laufstrecke. Es geht nach Süden, zunächst durch ein Tal. Doch bald geht es hinauf in den Sand.

 
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Wenn du die hohen Dünen querst, bist du allein. Das Markierungsfahrzeug gibt mit seinen Spuren die grobe Richtung vor, ansonsten läufst du, wo du willst! Ein Fähnchen am Horizont suchen und los geht der Spass.  Wie am Arlberg, nach einer schneereichen Nacht, wenn du den ersten Lift hinauf nimmst: Unberührte Hügel, die man mit Skiern problemlos nehmen könnte. Doch die Füsse versinken im Gegenhang. Fluchend rackerst du dich hinauf, läufst voll Speed und wirst sofort wieder ausgebremst.

Pure Freude beim Hüpfen durch Sand. Wer will, der läuft einen Kilometer links oder rechts und stößt auf Spuren der Vorgänger, oder auch nicht.  Von der Kämmen der Dünen hast du herrliche Weitblicke. Gleißende Sonne auf unberührten Wegen, hoch über den weiten, heißen Tälern.

Eiskalte Kühltruheninhalt alle 10 Kilometer! Lebensfreude!

Die Etappe ist unerwartet schwer. Im Schatten eines Radkastens ruhe ich mich aus. Über mir im Kofferraum liegt  Hammoud, der Omani, er hängt am Tropf. Der Franzose Hubert, der die beiden Blinden Odile und Michel geführt hat, muss verletzungsbedingt aufgeben. Andere Läufer werden diesen Job abwechselnd übernehmen.

Hubert fährt ab sofort mit dem Begleittross mit. Er hat mit der Betreuung der Blinden im Camp genug Arbeit. Die beiden Kinder von Benoit sind perfekt mit Raidlight-Produkten ausgestattet, machen im Camp ihre Schularbeiten, während Benoit die Mails (über Sattelit) bearbeitet. Nein, es gibt kein Handyempfang, GPS Empfang selten. Es wird viel geschlafen.

Im Camp liegen die Schlafsäcke zum Trocken aus. Ab sofort schlafe ich im Beduinenzelt, auch tagsüber, dann zucken meine Beine in Halbschlaf wie sterbende Fische. Davon werde ich wach, weil ich denke, die Konkurrenz sieht es. Es ist mir peinlich. Mein Kopf hat Ruhe, die Beine wollen mehr.

Wo genau wir uns in der Weite der Sandlandschaft befinden? Keine Ahnung.

 

Tag 4, dritte Etappe  20 km

 

Nachts zieht ein Morgentau vom Golf von Oman kommend mit unangenehmer Brise in den Schlafsack. Der Tau ermöglicht ein erstaunlich reiches Tierleben. Auch gefährliches, deswegen gehört die Vakuum-Pumpe zum Giftabsaugen zur Pflichtausrüstung.

In der nächsten Nacht muss ich unbedingt meine Kleidung und Schuhe in Plastiktüten packen, nicht wegen der Skorpione, sondern wegen der Nässe. Die Brausetabletten haben sich aufgelöst, kleben an den Teebeuteln.

Müsli. 600 kcal müssen für diese Etappe reichen.

 
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Zunächst geht es schnell durchs Tal. Der Sand ist vom Tau noch fest. Erst gegen 8 Uhr wird er von der Sonne aufgeweicht, dann sind wir auch schon in den Dünen. Ein Pick-Up überholt mit festgebundenem Dromedar hinten drauf. Krotesk, aber das gefesselte Tier genießt es. Pick Ups sind für Ausländer verboten, dies sei nicht standesgemäß sagt man mir.

Man lernt, die Sandarten nach Laufbarkeit zu unterscheiden. An der Farbe, der Richtung, wie er liegt. Kamel- und Ziegenkot signalisieren, ob der Sand sich bewegt hat. In den Senken ist er fest, hier sammelt sich der Tau. Auf den Kamm kann man auch gut laufen, doch der Wind bläst  Sand in die Schuhe. Wüstenkäfer haben Spuren hinterlassen. Sie recken morgens ihren Hintern nach oben, der Tau bleibt daran hängen,  perlt dann zum Mund.

Auf der Luv-Seite der Dünen versinkt man schienbeintief. Die Luft flimmert, die Sonne brennt, aber es ist mein Tag. Ich mache mit meinem Lauf einige Plätze gut, komme sehr zufrieden im Camp an. Hamoud hängt wieder am Tropf.

Eine botanische Besonderheit sind die Ghaf-Bäume, eine Mimosenart, deren lange Dornen Reifen und Füsse zerstechen. Tipp: Diese leichten, weissen  Hotel-Latschen im Camp anziehen, denn beim Feuerholzsammeln fallen kleine schmerzhafte Äste im Bereich des Lagers runter.

Die Dornen haben Widerhaken, es blutet wie Sau, ist aber am nächsten Morgen fast vergessen. Ich bin erstaunt, dass Spitzenläufer sich unzählige Blasen laufen. Meine Fersen heilen gut ab.

 
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Heute abend ausgelassene Stimmung am Lagerfeuer. Jede Nation muss Performance bringen. Scheint so, als würde jeder den schmutzigen Text meiner Darbietung verstehen.

 

 
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