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13.09.25 - Südtirol Drei Zinnen Alpine Run

Sehnsuchtsziel Drei Zinnen

Die Drei Zinnen gehören zu den wenigen Bergformationen, von deren Aussehen die meisten eine ziemlich reale Vorstellung haben, selbst wenn sie sie real noch nie gesehen haben. Kein Wunder: Wenn es um Südtirol im Allgemeinen und die Dolomiten im Speziellen geht, ist das Konterfei der drei markanten Felszacken der Tre Cime de Lavaredo medial allgegenwärtig, sei es auf Werbeplakaten, im Internet oder auf Dolomiten-Erinnerungskitsch. Geradezu symbolhaft stehen sie für die Merkmale der Dolomiten: Schroff, bizarr, unnahbar. Und für die geradezu künstlerische Schaffenskraft der Natur, wie sie sich so besonders in den Dolomiten offenbart.

Um die Drei Zinnen live bestaunen zu können, muss man sich gar nicht mal besonders anstrengen. Via mautpflichtiger Straße kann man direkt die Auronzohütte zu Füßen der mächtigen Felsentürme ansteuern. Wobei man sich auch dann den Panoramablick auf die gesamte Gruppe schon mit einer kleinen Wanderung erschließen muss. Sehr viel eindrucksvoller, wenn auch beschwerlicher vollzieht sich die Annäherung jedoch auf einem Weg, den alljährlich der „Drei Zinnen Alpine Run“ bietet. 17,9 Kilometer und 1.354 Höhenmeter durchs Fischleintal und sodann via Talschluss-, Zsigmondy- und Büllelejoch- bis zur Drei Zinnen-Hütte sind zu überwinden, bis man im Angesichte der Drei Zinnen in 2.405 Meter Höhe finisht.

Schon im letzten Jahr stand dieser Lauf auf meiner Agenda, aber ein verfrühter Wintereinbruch und das Ausweichen auf eine optisch eher magere Ersatzstrecke führten dazu, dass mir das Drei Zinnen-Glück versagt blieb. Wenig tröstlich war da, dass das seit der Erstaustragung 1998 erst zum zweiten Mal passierte. Zumindest sprach die statistische Wahrscheinlichkeit stark dafür, dass sich das 2025 nicht wiederholt.

 

Ankunft im Sextner Tal

 

Eitel Sonnenschein, erwartet mich zwar nicht, als ich am Samstagnachmittag via Pustertal kurz hinter Toblach ins südlich abzweigende Sextner Tal einrolle, aber zumindest die realistische Aussicht, dass sich das Wetterdebakel von 2024 nicht wiederholt.

Das Sextner Tal trennt den Karnischen Hauptkamm, über den die österreichisch-italienische Grenze verläuft, von den Sextner Dolomiten. Hier stehen sich „sanft“ und „wild“ in der Gebirgslandschaft unmittelbar gegenüber. Nähert man sich St. Veit, dem Hauptort der Gemeinde Sexten, bleiben die Blicke unwillkürlich an der „wilden“ Seite hängen. Die Optik der nördlichsten Gruppierung der Dolomiten, vor allem die den Ort überragende Sextener Rotwand und der versetzt dahinter über 3000 Meter hoch thronende Zwölferkofel machen in Ihrer Schroffheit dem Image der Gebirgsregion bereits hier alle Ehre.

 

 
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Ein verschlafen-verträumter Ort ist Sexten. Da fällt durchaus auf, wenn einmal im Jahr bis zu 1.000 Läufer einfallen. Sehr entspannt geht es dennoch zu. Im und um das „Haus Sexten“, dem Eventcenter des Ortes am südöstlichen Ortsrand, wird noch eifrig gewerkelt und vorbereitet. Parkplätze gibt es hier zuhauf, zumal die Talstation der Bergbahn „Helmjet“ unmittelbar benachbart ist. Im großen Veranstaltungssaal bekomme ich meine Startnummer und ein satt gefülltes „Goody-Bag“. Stolze zehn Stunden, bis 21 Uhr, haben die Läufer am Freitag Zeit für die Abholung. Für den unumgänglichen Kleidertransport zum Ziel werden gegen 30 € Leihgebühr große wasserdichte Taschen ausgegeben. Ein Hubschrauber wird sie morgen früh dorthin verfrachten.

Viel passiert hier sonst (noch) nicht und so habe ich Zeit, ein wenig die Umgebung zu erkunden. Wenig erfreut registriere ich, wie die Dolomitengipfel gegen Abend im feuchten Wolkendunst verschwinden. Auch für morgen ist die Prognose mit ganztägig mindestens 50-prozentiger Regenwahrscheinlichkeit wenig ermutigend und der Veranstalter hat auch schon vor Minustemperaturen im Zielbereich gewarnt. Da packe ich in meinem Kleidersack gleich noch ein paar mehr Kleidungsstücke ein.

 

Start in der Morgensonne

 

Der erste Blick durchs Fenster am Samstagmorgen beruhigt ein wenig: viele Wolken, aber auch ein paar Lücken dazwischen und vor allem: kein Regen. Da schmeckt das Frühstück gleich besser und die Vorfreude steigt.

Entspannt geht es auf dem Startgelände weiter. Das beginnt schon mit der perfekt organisierten Einweisung zu den Parkplätzen. Musik und Moderatoreninfos schallen über das Gelände, während ich mich ein wenig herumtreiben lasse und skeptisch die weiterhin unheilvoll dräuenden Wolkenpakete im Gipfelbereich beäuge. Eine Streckenänderung wird verkündet: Die übliche initiale Dorfschleife entfällt, dafür gibt`s ein zusätzliches Streckenstück im Fischleintal, Singletrail und weitere Höhenmeter inklusive, zum „Erleben und Erleiden“, wie der Moderator süffisant anmerkt.

 

 
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Mich beschäftigt im Moment allerdings vor allem die Frage: Wie viel ziehe ich heute beim Lauf an? Kann man den aktuellen Wetterverhältnissen trauen? Wie wird es hoch oben? Nach einem ersten kurzen Warmlaufen und den ersten durchbrechenden Sonnenstrahlen im Gesicht ist für mich jedoch klar: langes Shirt und dünne Weste sollten reichen.

Um kurz vor neun Uhr wird es voll im Startkanal. Hands Up heißt es nun für die Drohnenbilder und als die immer wieder Gänsehaut produzierenden Klänge des Vangelis-Hits „Conquest of paradise“ bombastisch über den Platz schallen, gibt es kaum ein Halten mehr. Mit Schwung ergießt sich der Läuferstrom nach dem erlösenden Schuss über die Startlinie, umrundet das Haus Sexten einmal und trappelt über die für ein paar Minuten komplett verkehrsgesperrte SS52 in Richtung des Ortsteils Moos.

Die Morgensonne lässt das Grün der weiten Wiesenlandschaft beidseits der Straße erleuchten. Der erste flache und schnelle Kilometer liegt hinter uns, als wir in Moos nach rechts auf die schmale Fischleintalstraße abbiegen und – weiterhin auf Asphalt - in dieses verträumte Tal, quasi das Tor zu den Sextener Dolomiten, hineinlaufen. Direkt vor uns baut sich am Horizont verheißungsvoll und festungsgleich die 2.965 m hohe Sextener Rotwand, italeinisch Croda Rossa di Sesto auf. Einen guten halben Kilometer weiter endet jedoch dieser Kurs für uns: Die angekündigte Streckenneuerung wartet auf uns. Dazu führt ein rechts abzweigender Weg geradewegs wieder zurück in Richtung Moos, ehe wir jenseits eines über den Weg gespannten Bogens auf einen zunächst noch breiten Forstweg und hinein in den Wald gelotst werden.  

 

Durchs Fischleintal …

 

Das nächste Wegstück gestaltet sich nach dem Motto: Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. In längeren Schleifen windet sich der Weg beständig durch dichten Nadelwald empor. Zumindest in meinem Umfeld ist nur noch schweigendes Walking angesagt. Das sind also die avisierten zusätzlichen Höhenmeter, mutmaße ich wenig begeistert.

Das Gemüt hellt sich aber schnell auf, als wir auf einmal aus dem dichten Gehölz auf eine sattgrüne Almwiese hinaustreten. In lockeren Abständen wird diese von kerzengerade emporragenden Lärchen „bevölkert“. Ein schmaler Pfad führt mitten durch diese Kulisse. Das sind sie also, die berühmten Lärchenbestände des Fischleintales, die vor allem im Herbst, wenn sich die Nadeln gelb färben, ein spektakuläres Bild bieten sollen. Aber auch in Grün sind sie richtig schön anzuschauen und es macht Laune, durch das hier nun fast ebene Gelände zu traben. Nicht zu viel versprochen hat der Veranstalter da!

 

 
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Auf einem breiten Naturweg geht es durch den Bergwald weiter, immer tiefer ins Tal hinein. Fast zum Greifen nah wirken hier nun schon die umliegenden, wolkenumwaberten Dolomitenhänge. Die Morgensonne hat sich längst verabschiedet und ich hoffe inständig, dass die Wolken noch möglichst lange nicht auf die Idee kommen, sich ihrer feuchten Last zu entledigen.

Ein riesiger über den Weg gespannter blauweißer Bogen und zahlreiche parkende Autos signalisieren: Der per Straße erschlossene Teil des Fischleintales endet hier. Das Hotel Dolomitenhof und die Fischleinbodenhütte bieten aussichtsreiches Quartier und seinen fahrbaren Untersatz kann man für 15 € am Tag auf einem großen Wanderparkplatz deponieren. Für uns ist hier, zu meiner Überraschung, nach sechs Kilometern die erste Verpflegungsstelle eingerichtet. Auf dem Streckenplan ist sie nicht vermerkt. Umso mehr freue ich mich über den kühlen Holundertee. Jedenfalls schmeckt es danach.  

 

… bis zur Talschlusshütte

 

Im Easy-going-Modus geht es weiter. Ein überaus breiter und kommoder Wanderweg zieht sich kaum merklich ansteigend und immer geradeaus führend ins grüne Tal hinein. Noch näher rücken jenseits der lieblichen Talvegetation die schroffen Felswände der Rotwand zur Linken und des Einserkofels direkt in Laufrichtung.  

 

 
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Ziemlich genau eine Stunde bin ich unterwegs, als ich nach gut acht Kilometern die Talschlusshütte des Fischleintales erreiche. Auf 1.548 m Höhe liegt diese und damit stehen seit dem Start bereits die ersten 240 Höhenmeter auf der Habenseite. Bis 10:30 Uhr muss man sie erreicht haben, sonst schnappt erstmals die Cut-Off-Falle zu. Reichlich Wandersleut‘-Betrieb herrscht schon jetzt an der Hütte, was angesichts der exponierten Lage kein Wunder ist. Und auch für die Läufer ist nochmals am Wegesrand angerichtet. Gerne nehme das Angebot an und genehmige mir nicht nur einen Becher Flüssiges, denn der Streckenplan verheißt unmissverständlich: Jetzt geht es zur Sache.

 

Aufstieg zur Zsigmondyhütte

 

Kurz hinter der Talschlusshütte komme ich zu einer Wegegabelung, deren Bedeutung sich mir in diesem Moment noch nicht erschließt. Nach rechts weist ein Wegepfeil zur Dreizinnenhütte. Die ist zwar unser Ziel, doch ist dieser Weg nicht unsere Laufroute. Vielmehr geht es geradeaus weiter in Richtung Zsigmondyhütte. Besagte Gabelung werde ich jedoch wiedersehen – aber dazu später.

Ein kurzes Stück geht es noch flach durch den lichter werdenden Bergwald, ehe nach Querung des Fischleinbachs der lange Anstieg einsetzt. Krüppelige Kiefern säumen zunächst noch den Weg, ehe es in engen Serpentinen durch geröllige Halden steil hinauf geht. Langsam, Schritt für Schritt, erkämpfen wir uns schnaufend, einer nach dem anderen, den Weg. Schnell gewinnen wir dabei jedoch an Höhe und immer wieder werfe ich einen Blick zurück in das tief unter mir liegende grüne Tal. Den Blick nach vorne gerichtet lässt sich jedoch nicht erkennen, wohin uns dieser führen wird, nur eben immer weiter nach oben, über Stufen, Fels und Wurzeln.

 

 
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Ein flacheres Wegstück erlaubt uns im sich verengenden Hochtal durchzuschnaufen, ehe der immer felsiger werdende Pfad wieder an Höhendynamik gewinnt. Die sich mehr und mehr vor mir aufbauende Bergkulisse wirkt jedoch auf mich als motivierender Trigger. Gewaltig sind die grauen, schroffen Felswände, im Tal in Schutthalden auslaufend, nach oben in wildem, sich ständig änderndem Wolkengebälk verschwindend, dazwischen einzelne markante Zacken herausragend: Eine geradezu magische, elektrisierende Kulisse, die mich in meiner Begeisterung vorantreibt.

In der Folge wechseln sich belaufbare Wegpassagen und Steilstücke, häufig durch Stufen entschärft, immer wieder ab. Höher und höher komme ich dem dichten Wolkendach immer näher. Aber auch jenseits der 2.000 Meter genieße ich permanent spektakuläre Ausblicke und kann gar nicht damit aufhören, sie ein ums andere Mal mit der Kamera einzufangen.

 

 
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Fast wie aus dem Nichts taucht hinter einer Wegbiegung nach 12 Kilometern auf einmal das Refugio Zsigmondy Comici, die Zsigmodyhütte auf. Benannt ist das äußerlich eher schlichte und trutzige, auf einem Felsrücken am Fuße des Zwölferkofels, italienisch Croda dei Toni (3.094 m üNN) auf einer Höhe von 2.224 m üNN gelegene Berghaus nach dem Wiener Alpinisten Emil Zsigmondy. An der davor positionierten Verpflegungsstelle halte ich eine Weile inne und genieße bei warmem Tee und kühlen Apfelstücken die berauschende Szenerie. Auf einem Felsblock oberhalb der Verpflegungsstelle stehend spielt ein zünftiger Ziehharmonikaspieler für die Ankömmlinge auf. Das hat was.

 

… und weiter zur Büllelejochhütte

 

Die längste Anstiegspassage unseres Streckenkurses ist bewältigt, aber es geht jetzt noch weiter hinauf. Kühl pfeift der Wind, man spürt die Nähe der kalten Wolken geradezu physisch, vor allem, wenn der Weg nicht durch umgebenden Fels geschützt ist.

In zahllosen Schleifen windet sich der Pfad durch das felsige Gelände in immer höhere Sphären. Ein roter Heli der Bergwacht knattert heran und setzt nahe des Wegesrandes zur Landung an. Ein Läufer mit erheblichen Atemproblemen wird abgeholt, erfahre ich wenig später eher beiläufig. Überhaupt: Die Bergwacht ist auch sonst ominipräsent und hat ein Auge auf das Wohl der Läufer. Echte Gefahren, insbesondere die eines Absturzes, birgt der Kurs trotz seines immer wieder steilen und ausgesetzten Profils nicht, aber schwindelfrei sollte man schon sein, denn Blicke in die Tiefe darf man reichlich genießen.

 

 
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Über nackten, vegetationslosen Fels zieht sich der Pfad schließlich hin. Über, unter und neben mir jagen die Wolkenfetzen durch die Luft, permanent neue Sichtfenster und Perspektiven eröffnend. Sie schaffen eine etwas gespenstische, aber gleichermaßen faszinierende Atmosphäre in der Hochgebirgsmondlandschaft. Reichlich rotweiße Wegemarkierungen auf dem Fels sorgen dafür, dass man sich auch bei schlechter Sicht orientieren kann und sich nicht verläuft.

Auf einmal ist es so weit: Erstmals stehe ich in den Wolken, versinkt die Umgebung in milchigem Weiß, spüre ich deren feucht-kühlen Hauch unmittelbar auf meiner Haut. Aber das bleibt nur eine kurze Episode. Denn schon hinter der nächsten Biegung sehe ich mein nächstes Zwischenziel, direkt unterhalb der Wolkendecke.

 

 
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Im Schutz der Felsen duckt sich hier nach etwa 15 Kilometern Wegstrecke die höchstgelegene und kleinste Schutzhütte im Naturpark Drei Zinnen: Die auf 2.528 m üNN gelegene Büllelejochhütte. Mit ihren mit dunklen Holzschindeln gedeckten Wänden und rotweißen Fensterläden hat sie etwas heimeliges. An der exponiert und aussichtsreich vor der Hütte gelegenen Verpflegungsstelle lerne ich Manfred kennen, Jahrgang 1949 und mit stolzen 76 Jahren beneidenswert fit. Er kennt die Gegend bestens und so darf ich auf der weiteren Wegstrecke allerhand Informatives erfahren.

 

Der Dreizinnenhütte entgegen

 

Mit der Büllelejochhütte ist der höchste Streckenpunkt erreicht und jetzt geht es weitgehend nur noch bergab. Aber eben nur weitgehend. Anders als bisher ist der weitere Streckenverlauf nun meist weithin sichtbar. Nach ein paar Serpentinen hinab zieht sich der steinige Pfad unterhalb steiler Felsklippen und hoch über dem Tal immer geradeaus durch den Schotterhang. Erst am fernen Horizont verliert sich der als Strich im Abhang abzeichnende Pfad aus dem Blickfeld.   

 

 
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Einmal mehr grandios ist die Hochgebirgskulisse. Die Wolken verdecken nurmehr in einzelnen Fetzen die Berge, sodass die dolomitentypisch formenreich gestalteten Kämme, Türme und Spitzen der Berge überaus beeindruckend zur Geltung kommen.  

Kleine einsame Seen beleben schließlich den kargen Talgrund und auch die Vegetation kehrt vorsichtig in Form mehr bräunlicher als grüner Grasmatten zurück. Auf einmal ist unser Ziel in der Ferne auch schon auszumachen: Die Dreizinnenhütte. Von den namengebenden berühmten Felstürmen ist aber noch immer nichts zu sehen. Das ändert sich auch nicht, als sich die Hütte nach einer finalen Steigung nach 18 Kilometern direkt vor mir aufbaut.

 

Finish im Angesicht der Drei Zinnen

 

Mit Flatterbändern abgesteckt ist der Einlaufkanal, der an der Hütte vorbei dem Zieltor entgegenführt. Und erst hier wird erstmals das sichtbar, was den Namen des Laufs, ja der gesamten Region prägt: Die Drei Zinnen. Mächtig, unnahbar und monolithisch thronen Sie im Hintergrund, bis zu 2.999 Meter hoch, in den oberen Regionen von Restwolken verhüllt, aber überaus präsent und gut sichtbar. Wie bestellt öffnen die Wolken ihre Tore und ermöglichen der Sonne, die Kulisse in warmes Licht tauchen. Was für ein Finale, was für eine großartige Szenerie!

 

 
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Unzählige Wanderer bevölkern den Außenbereich des geschichtsträchtigen, auf 2.405 m Höhe gelegenen Rifugio Locatelli, der Drei Zinnen-Hütte, sodass die eintrudelnden Läufer kaum ins Gewicht fallen. Seit 1935 besteht der aktuelle Bau, aber schon seit 1882 gab es hier ein erstes kleines Schutzhaus. Zu Zeiten des ersten Weltkriegs war die Gegend zwischen Österreichern und Italienern schwer umkämpft und wer danach sucht, kann auch heute noch zahlreiche Relikte der Vergangenheit finden.

Nur kurz besuche ich die Zielverpflegung, vielmehr lockt der so großartige Ausblick in alle Richtungen, nicht nur auf die Drei Zinnen, sondern auch die weiteren markanten umliegenden Gipfel, etwa den 2.744 m hohen Paternkofel oder den 2.617 m aufragenden Toblinger Knoten. Die für die sogenannte Flower-Zeremonie zur sofortigen Ehrung der Erstplatzierten hergerichteten Siegertreppchen sind der wohl beliebteste Anlaufpunkt aller Läufer. Ein Erinnerungsfoto mit den Drei Zinnen im Hintergrund an dieser Stelle muss jeder haben und ist auch für mich Pflicht.

 

 
 
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Es fällt mir schwer, mich von dieser Kulisse zu lösen, so schön ist es im Hier und Jetzt. Ich bin einer der letzten, der seinen deponierten Kleiderbeutel abholt. Völlig umsonst ist deren Füllung mit allerlei wärmenden und schützenden Kleidungsstücken gewesen, aber ich bin froh, dass es so wie jetzt und nicht anders gekommen ist. Erst als der offizielle Zielschluss um 13:30 Uhr naht, mache ich mir Gedanken, dass es wohl Zeit ist zu gehen.

 

Wanderung ins Tal

 

Denn eine Besonderheit des Drei Zinnen-Laufs ist, dass mit dem Zieleinlauf das Lauferlebnis keineswegs beendet ist. Kein öffentliches Verkehrsmittel und kein Shuttle wartet hier oben zum bequemen Abtransport, jeder muss letztlich selbst schauen, wie er vom Berg wieder herunterkommt. Praktisch bedeutet das: Nach dem Laufevent wartet ein Wanderevent, sieben Kilometer lang und tausend Meter in die Tiefe führend. Ein Schild mit dem Aufdruck „Abstieg Fischleintal“ weist, wo es lang geht. Und ab diesem Punkt kann man sich eigentlich nicht mehr verlaufen.  

Ein geradezu ikonisches Bild bietet sich kurz nach dem Abmarsch, wenn man zurückblickt: Die Dreizinnenhütte posiert hier besonders ausdrucksstark direkt vor den namengebenden Felsriesen im Hintergrund. Zunächst noch gemächlich, aber dann immer steiler senkt sich der Weg hinab ins Altensteintal. Auch dieser Weg bietet wunderbare Aussichten auf die umgebenden Bergzacken. Nur die Sonne, die ist jetzt weg und die Wolken scheinen von Süden kommend wieder das Regiment in den Hochlagen zu übernehmen.

 

 
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Für uns geht es aber flott weiter hinab. Die steilsten Passagen werden durch Stufen entschärft. Ich bin noch so beseelt von dem Erlebten, dass mir der Abstieg muskelmäßig keinerlei Probleme bereitet. Ich bin nicht der Einzige im Abstieg. Durchaus zahlreich sind die „normalen“ Wanderer und die dank der schwarzen Kleiderbeutel leicht identifizierbaren Lauffinisher, die es auch nicht eilig haben, nach unten zu kommen.

Bergkiefern säumen den allmählich abflachenden Weg, der Bergwald kehrt zurück und schließlich erreiche ich jene Wegegabelung im Fischleintal, die ich zuvor schon erwähnt habe. Hier schließt sich letztlich der Kreis der Drei Zinnen-Lauf- und Wanderrunde. Von der Talschlusshütte sind noch zwei bequeme Kilometer durch das Fischleintal zurückzulegen, ehe nach insgesamt 25 Kilometern der auch von Bussen angesteuerte zivilisatorische Außenposten im Fischleintal erreicht ist.

Ein wenig gedulden muss ich mich, ehe ich es mir mit den anderen eintrudelnden Läufern in einem Linienbus bequem machen und mich durch das Tal bis zum Startgelände am Haus Sexten chauffieren lassen kann. Hier sind bereits die Pasta-Party und die große Siegerehrung aller Altersklassen in vollem Gange. Die Bierbänke im Außenbereich vor der Bühne sind voll besetzt. Schnell hole ich mir einen Pastateller und geselle mich dazu, entspannt den Ausklang des Laufevents genießend. Und nicht nur entspannt bin ich, sondern geradezu glücksselig, diesen vor allem optisch so wunderbaren Streckenkurs bei letztlich unerwartet guten Außenbedingungen erlebt haben zu dürfen. Jetzt verstehe ich auch, warum dieser Lauf so viele Fans hat, die alljährlich erneut zur Dreizinnenhütte „pilgern“. 

 

 

Informationen: Südtirol Drei Zinnen Alpine Run
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