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07.07.13 - Zugspitz-Extremberglauf

Das ist (Zug)spitze!

Gatterl (2.024 m) – Knorrhütte (2.051 m)

 

 
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Hell hebt sich unser Landeswappen gegen den weißblauen Himmel ab. Wenn man es nicht ohnehin wüßte, zeigt einem das Bild unzweifelhaft, daß man mit Überquerung des sog. Gatterls die Landesgrenze zwischen Tirol und Bayern genommen hat. Hier muß man übrigens nach drei Stunden durch sein, später ankommende Teilnehmer genießen keine Überwachung durch die Bergrettung mehr, Startnummer und Transponder werden in diesem Fall abgenommen. Das ist für uns jedoch kein Thema.

Der weitere Weg wird jetzt echt haarig, eigentlich ist er zwischen und auf den dicken Felsplatten kaum noch zu erkennen. Ab und zu hilft eine Farbmarkierung, manchmal auch die feuchten Spuren der Läufer voraus. Wieder ist Trittsicherheit ganz besonders gefragt. Der Nebel nimmt in dem Maß zu, in dem wir weiter an Höhe gewinnen. Es ist teilweise schon so eine Art Mondlandschaft, die wir durchmessen, und trotzdem einfach nur schön. Wann hat man so etwas schon einmal? Das kann der rheinische Westerwald, wo ich zuhause bin, nicht bieten, und dafür liebe ich die alpine Atmosphäre.

Ah, da ist sie kurz zu erblicken, zumindest müßte sie das sein: Einsam steht sie da, die Knorrhütte, unser nächstes Zwischenziel und letzte Labestelle. Ein paar einsame Schafe queren noch, dann bin ich da.

 

Knorrhütte (2.051 m) – Sonn-Alpin (2.576 m)

 

 
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Benannt nach den seinerzeitigen Mäzenen Angelo und später Julius Knorr, die 1850 den Erst- und späteren Neubau (1873) wesentlich finanzierten, ist sie eine Schutzhütte des Deutschen Alpenvereins. Erfreulicherweise muß ich ihre Hilfe nicht in Anspruch nehmen, gebe ich mir nur nochmals Wasser und Iso, bevor ich wieder aufbreche. 3,3 km sind es noch, die uns vom heutigen Ziel trennen. Rasant gewinnen wir an Höhe. Es ist immer wieder kaum zu glauben, wie schnell das geht. Im Wechsel zwischen Marschieren und kurzen Laufabschnitten geht’s weiter durch die Steinwüste. So viel durch den Schnee bin ich auch noch nicht gestapft, damit habe ich in der Tat nicht gerechnet. Ich denke, Ausrichter und Bergrettung werden schon gewusst haben, warum sie heute den Lauf verkürzt haben, wahrscheinlich ist es für die meisten von uns gesünder, daß sie uns die Entscheidung abgenommen haben.

Etwa einen km weiter beginne ich an meinem Verstand zu zweifeln oder eigentlich eher an dem einiger anderer: Wenn ich schon eine Dose rote Bullenbrause meine mitschleppen und trinken zu müssen, muß ich die dann wild in die Natur entsorgen? Später finde ich, noch, weit ab der Verpflegungsstation, zwei Trinkbecher. Dafür habe ich nicht den Hauch von Verständnis. Davon abgesehen, daß sich durch die Einschreibung jeder ausdrücklich dazu verpflichtet hat, keinen Müll zu hinterlassen, müßte das einem eigentlich schon der Verstand sagen. Falls vorhanden. So bringen einige wenige Deppen Hunderte anderer in Misskredit.

Die Zahl der Erschöpften, die sich eine Erholungspause gönnen, nimmt zu, ebenso auch die der Schneefelder. Immer wieder rutsche ich trotz des groben Profils meiner Schuhe aus und bin froh, daß mich eine gute Seele von hinten in der Spur hält. Hier rächt es sich, ständig in Erwartung des nächsten Motivs die Kamera in einer Hand zu halten, zur Absicherung könnte ich immer häufiger beide Flossen gebrauchen. Überholt wird gar nicht mehr, einer Karawane gleich ziehen wir zum Sonn-Alpin.

Nach 2:47 Stunden höre ich zum ersten Mal die Zielmoderation, aber es dauert doch noch fast fünfundzwanzig Minuten, bis ich den letzten steilen Anstieg nehme und nach 16,61 km und brutto rund 1.900 HM das etwas unspektakuläre Ziel erreiche. Sehr gerne hätte ich noch die fehlenden 1,3 km und 360 HM drangehängt, aber Sicherheit geht vor.

 
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Ich bekomme eine der schönsten Medaillen meiner Sammlung, das Gipfelkreuz der Zugspitze, umgehängt, sehr nett. Leider ist der Platz im Zielbereich sehr begrenzt, daher verkrümele ich mich nach dem Genuß der Zielverpflegung in die Halle des Sonn-Alpins, wo ich auch meinen bereitgelegten Rucksack sofort finde und mich umziehe.

 

Sonn-Alpin (2.576 m) – Gipfel (2.962 m)

 

Mit der Seilbahn fahren wir hinauf zur Bergstation der Tiroler Zugspitzbahn auf 2.944 m Höhe und erkennen aus der Gondel, daß neben Wanderern auch einige Läufer den Schlußanstieg zu Fuß nehmen. Schon aus luftiger Perspektive sieht es abenteuerlich aus. Gut, dass ich das nicht riskiert habe. Obwohl, ich gebe es zu, ich habe im Vorfeld schon mit dem Gedanken gespielt. Auch den Fußweg zum Gipfelkreuz, den man nur mit alpiner Ausrüstung nehmen soll, verkneife ich mir. Ich sehe einige die steilen Abschnitte heraufeiern und wieder herunterrutschen, auch die Leiter ist nicht ohne, das muß nicht sein. Eine schier unendliche Stunde Wartezeit benötigt es, bis wir endlich in der Gondel talwärts sausen können und nach wenigen Minuten wieder im Tal sind, wo wir heute Morgen gestartet sind. Erfreulicherweise bringt uns ein Shuttlebus direkt nach Ehrwald zurück, wo wir uns noch die Siegerehrung anschauen, die kurz danach beginnt.

Ein Kuriosum: Der für run2gether gestartete Kenianer ist als Erster im Ziel und wähnte sich als Sieger. Die Ausschreibung sieht jedoch Nettozeitnahme vor und das wird ihm zum Verhängnis. Aus der fünften oder sechsten Reihe gestartet, sieht er niemanden vor sich und wähnt sich auf der sicheren Seite. Daß weit hinter ihm der vierzigjährige (fast schon) Seriensieger Michael Barz gestartet ist und netto weniger Zeit benötigt hat, bekommt er nicht mit. Warum auch?

Ich hoffe doch, daß dieser Unsinn zum nächsten Mal abgestellt wird, denn wer zuerst im Ziel ist, muß auch Sieger sein, wie eigentlich überall sonst auch. Dem Michael ist das sichtlich unangenehm, das merkt man im Interview nach der Siegerehrung. Ich zolle ihm höchsten Respekt für seine generöse Entscheidung, das Preisgeld (800 € für den Ersten, 300 € für den Zweiten) des Kenianers aufzustocken, sodass beide die gleiche Prämie erhalten. Für uns sind ein paar hundert Euro zwar nett, aber in der Regel überschaubar. Für 1500 € bekommt der Kenianer eine Kuh samt Stall, die das Überleben einer ganzen Familie sichert. Das hast Du gut gemacht, Michael!

Was bleibt? Ein wenig Bedauern über das fehlende „i-Tüpfelchen“, aber ganz viel Freude über einen tollen Lauf in einer grandiosen Landschaft bei optimalem Wetter. Als wir um 19:30 Uhr beim Abendessen im Hotel sitzen, öffnen sich für eine Stunde in einem schweren Gewitter die Schleusen des Himmels. Perfekt.

Ich empfehle aufgrund des Erlebten Folgendes für den Fall der Fälle mitzunehmen, wenn auch nur im entferntesten schlechtes Wetter droht:

Warme Bekleidung (lieber im Tal schwitzen)
Wetterunabhängig unbedingt sehr gut profilierte Schuhe, besser mit GoreTex-Einlage
Laufrucksack
Regenjacke
Mütze
Rettungsdecke
Trinkflasche
2-3 Riegel

Startgeld:
79 € plus 10 € Nachmeldegebühr.

Rahmenprogramm:
Kleine Sportartikelmesse in der Zugspitzhalle.

Streckenbeschreibung:
Auf der Originalstrecke 17,94 km mit 2.235 Höhenmetern, Zielschluß nach 5:45 Std.

Auszeichnung:
Medaille, Baumwoll(!)-T-Shirt, Urkunde aus dem Netz. Kurzfristig gab es zusätzlich noch eine Funktionsmütze.

Verpflegung:
5 Verpflegungsstellen mit Wasser und Iso, im Zielbereich zusätzlich Freibier.

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Informationen: Zugspitz-Extremberglauf
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