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13.05.17 - Special Event

Trails4Germany (Koblenz): Der Trail verbindet

Wie bringt man am einfachsten seine neuesten Produkte unters laufende Volk? Richtig, man beauftragt eine erfahrene Eventagentur (PLAN B, die auch den Zugspitz-Ultratrail und den Trans Alpine Run managt) mit dem Entwurf einer interessanten Laufveranstaltung, entfacht einen Wettbewerb verschiedener, um die Ausführung konkurrierender Orte, platziert einen ansprechenden Imagefilm bei Youtube und motiviert regionale Laufgrößen dazu, sich voll in die Organisation zu hängen. Man setzt darauf, daß diese Leute mit vielen anderen verbandelt sind, die wiederum die erforderlichen Informationen im Schneeballsystem verbreiten und garniert das Ganze mit einer  Verkaufsmesse.

Selbstverständlich ist dem Herrn Bernath das alles sehr bewusst und genauso selbstverständlich ist er trotzdem dabei. Schließlich geht es um die Erkundung eines ihm weitestgehend unbekannten Laufreviers in unmittelbarer Nähe seiner Geburtsstadt Koblenz.

So also hing sich als regionale Laufgröße mein Lauffreund Pirmin, regelmäßiger Teilnehmer an meinem Wiedtal-Ultratrail, voll rein. Allerdings geht das Konzept leider nicht ganz so voll auf, denn lediglich 83 Teilnehmer über die ca. 10 km Trailstrecke mit 463 Höhenmetern und 129 Teilnehmer über die ursprünglich geplanten ca. 20 km mit 691 Höhenmetern sind der zu geringe Lohn der Mühe.

Erschienen sind allerdings auch noch einige Begleitpersonen, die vor, während und nach der Laufzeit ihrer Lieben die Verkaufsstände plündern, wenn man denn schon mal da ist. Start und Ziel des ersten Laufs von vieren der „Trails 4 Germany 2017“ befinden sich beim Koblenzer Biergarten am Rheinufer, dem Stammsitz der traditionsreichen Königsbacher Brauerei, die den über viele Jahre unmittelbar an ihr vorbeiführenden ehemaligen Mittelrhein-Marathon – Gott hab‘ ihn selig! – geflissentlich ignorierte und Heerscharen enttäuscht-durstiger Langstreckler produzierte. Heute jedoch wird das endlich anders sein!

 

 
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Sehr freue ich mich, unverhofft auf zahlreiche liebe Lauffreunde zu treffen, die sich überwiegend in der Orga engagieren. Kurz flammt mein schlechtes Gewissen auf: Hätte ich mich auch einbringen sollen? Aber dann wäre es ja noch ein Teilnehmer weniger gewesen und mit meinen Läufen biete ich der Allgemeinheit ja auch einiges an.

Pirmin hat am Donnerstag seine Jasmin geheiratet und tritt im Zylinder, sie mit weißem Krönchen auf. Bei der Streckeneinweisung geht er natürlich darauf ein: „Also, vor der Hochzeit haben wir uns erst einmal kennengelernt.“ Ah ja, gut zu wissen, das ist ja sonst eher selten der Fall. „Ja, beim Pfälzer Bergtrail. Ihr seht, der Trail verbindet!“ Und schon ist der eigentlich vorgesehene Titel zu diesem Bericht ersetzt. Nochmals auch an dieser Stelle die herzlichsten Glückwünsche! Zur Belohnung gibt’s von Salomon auch noch ein Paar neue Trailschuhe für jeden der beiden. Ach ja, Pirmin teilt noch mit, daß man sich gestern auf den letzten Drücker entschlossen habe, auf der Langdistanz eine zusätzliche Schleife von 4 km einzubauen. Mich freut's, der eine oder andere guckt doch etwas sparsam.

 

 
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Nachdem ich mich, wie alle anderen, bereits im Vorfeld an Wasser, Iso, Kaffee und Tee laben konnte, freue ich mich auf eine schöne, entspannende Laufrunde mit vielen positiven Eindrücken und werde nicht nur nicht enttäuscht, sondern ganz im Gegenteil. Vom Start weg führt eine breite, im Bogen ansteigende Asphaltbrücke zum Einstieg auf den Trail. Am Waldrand ist es mit der gepflegten Bodenbeschaffenheit erst einmal vorbei. Steil, schmal und steinig schraubt sich der Trail in Serpentinen Kehre für Kehre gen Himmel. Ein Fotograf fängt dieses traumhafte Motiv ein. Es folgt eine Achterbahnpassage entlang der Kante mit Aussicht auf das romantische Rheintal, das auf dieser Seite seit der Einstellung des Mittelrhein-Marathons wieder in den läuferischen Dornröschenschlaf zurückgefallen ist.

Der Blick geht bis zum Aussichtspunkt Hütte Weidgenhöhe vis-à-vis Niederlahnstein. Gegenüber in Blickrichtung rheinaufwärts liegt das Siechhaustal. Hierhin, wo heute der Stadtteil Stolzenfels – ehemals Kapellen – mit seinem attraktiven Schloss steht, wurden im Mittelalter Koblenzer Lepröse „ausgelagert“. Auf einem Stahlstich meiner Sammlung  kann man die damalige Gebäudeansammlung noch erkennen.

 

 
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Weiter geht es ins Innere des sonnendurchfluteten Waldes, erst nach rechts, dann steil links auf die Himmelsleiter und über eine Kreuzung auf einen ansteigenden, breiten Forstweg. Jetzt kommt die Kühborn Schutzhütte. Dort rechts vorbei schwingt sich der Trail mit zwei Kehren vollends hinauf auf den Kühkopf mit der Kühkopfhütte, wo sich eine grandiose Aussicht bietet. Vor allem auf Frau Ueberholz. Hier, am mit 382 m über NN höchsten Punkt, liegt uns Koblenz zu Füßen. Und wenn Antje mich nicht explizit darauf aufmerksam gemacht hätte, wäre ich daran ohne zu fotografieren vorbeigelaufen. Auf den Namen Kühkopf hört übrigens auch der in der Nähe stehende 261 m hohe Fernmeldeturm (nicht Fernsehturm, was viele verwechseln) als zweithöchstes Gebäude im Hunsrück und dritthöchstes Gebäude in Rheinland-Pfalz. Leider können wir ihn im dichten Laub nicht ausmachen. Ja, Koblenz gehört, geologisch gesehen, tatsächlich zum Hunsrück!

Die nächste Sektion hat man "Downhiller's Revenge" getauft, wobei mir nicht klar ist, an wem wir uns in der Abwärtsbewegung rächen sollen. Hier hätte Florian Neuschwander seinen Spaß, denn es darf ganz nach seinem Geschmack „geballert“ werden. Technisch eher einfach, werden jede Menge Höhenmeter vernichtet. Zum Glück bringt uns der 1. VP kurz vor km 5 zum Bremsen. Man reicht uns diverse Köstlichkeiten, aber bei dieser überschaubaren Entfernung brauche ich nur Wasser und mache mich daher schnell wieder vom Acker. Der von hier wegführende Singletrail geht angenehm weiter bergab.

Plötzlich tritt der Wald zur Seite, es erscheint eine helle Schotterfläche, vor uns quert ein Waldweg, der Singletrail ist verschwunden. Doch das ist kein Grund zu zögern, mit Schmackes geht es in die grüne Wand auf der anderen Seite hinein und den fortgesetzten Trampelpfad weiter bergab. Schön, dass man uns in einer weiten Schleife auch auf einer Brücke über die Hunsrückhöhenstraße (B 327) führt und ich so in den Genuss doch bekannten Terrains komme, nämlich dem Forsthaus Remstecken mit seinem kleinen Tierpark.

 

 
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Weiter geht es zur Waldökostation Remstecken, die rechts umlaufen wird, es geht über den Hof, dann über den Parkplatz kilometerweit bergab, immer dem Bachlauf folgend, bis zum Dreibuchenplatz. Hier nach links aufwärts, dem Eschbach entgegen, bald steil hinauf auf die Bergwiese des Winterberges. Diese wird gequert, an ihrem Ende zunehmend steiler bergab, durch ein Holzgatter, links auf den Singletrail hinunter und wieder dem Eschbach aufwärts folgend bis zum Lindenplatz bei Waldesch. Hier wartet der VP 2. Und mit diesem auch liebe Lauffreunde, wie Karen, Thorsten und Daniel. Frisch gestärkt queren wir zur Flürchen Hütte, wobei im Auf und Ab einige Höhenmeter überwunden werden, meist auf Singletrail. Ab der Flürchenhütte wird es flacher, und über die Remstecken-Brücke geht es zurück.

Der Schwung trägt weiter bis zu einem Kneippbad, das wir leider in Anbetracht der Umstände nicht nutzen können, gefolgt von einer Rechts-Links-Kombination, dann stehe ich vor der Wand. Bei näherem Hinsehen entpuppt sie sich als Treppe, nämlich die „Stairway to Heaven“. Leider komme ich gar nicht dazu sie abzulichten, denn unser Freund und Fotograf Thorsten Holler schreit jeden an, um uns möglichst viel Überraschung in die Gesichter zu zaubern und so gute Aufnahmen zu produzieren.

Nur noch leicht ansteigend führt der Weg spektakulär auf der Höhe entlang weiter, bis wir jäh von einem Zaun zurückgeworfen werden. Aber rechts geht eine tiefgründige, schon etwas zugewachsene Schneise nach oben. Irgendwo in diesem Abschnitt passieren wir nochmals den VP 1 als jetzt dritte Tränke. Schließlich oberhalb des Spielplatzes vorbei, folgt ein letzter kleiner Anstieg zum Parkplatz "Lichte Eiche" und dann nur noch Flowtrail auf Waldboden, ab dem Rittersturz mit Blick ins romantische Rheintal hinunter.

Auf 166 m Höhe ist das Plateau ein toller Aussichtspunkt vor einem steil zum Rhein abfallenden Schieferabsturz. In der Vergangenheit war er Gerichtsstätte, Touristenattraktion und Schauplatz der Rittersturz-Konferenz von 1948. Deren Ergebnis waren die Koblenzer Beschlüsse, eine der grundsätzlichen Entscheidungen für den Zusammenschluss der drei westlichen Besatzungszonen zur Bundesrepublik Deutschland und damit für die einstweilige Trennung von der Sowjetzone.

 

 
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Nach der Brücke kippt das Gelände ab als Einleitung zum finalen Downhill. Das Ziel ist nahe, doch vorher kommt noch ein technisch anspruchsvolles, steiniges Steilstück, das ich aber, rundum bestens gelaunt, gefühlt hinabfliege. Dann spuckt uns letztlich der Stadtwald wieder aus und auf der Brücke geht es bergab zum Zielbogen. Nach exakt zweieinhalb Stunden gibt es im Ziel nach 23 km und 825 Höhenmetern eine kleine Medaille als Erinnerung und erstmals tatsächlich eine Flasche kühles (!) Koblenzer Bier – mit Umdrehungen. Ahhh! Ein herrliches, unbeschwertes Trailvergnügen ist leider schon zu Ende. Tolle Strecke mit sehr vielen Trampelpfadabschnitten, schöne Veranstaltung und super Wetter. Was will man mehr?

Und wer diese schöne Veranstaltung jetzt verpasst hat und sich deshalb ärgert: Es gibt nach dem gleichen Strickmuster drei weitere Gelegenheiten in Landau/Pfalz, Kulmbach/Frankenwald und auf der Schwäbischen Alb. Trails 4 Germany = Trails 4 you, Trail verbindet!

 

Mehr zum Thema

 

Streckenbeschreibung:
Der anspruchsvolle Rundkurs bewegt sich komplett im Koblenzer Stadtwald und beginnt und endet am Koblenzer Biergarten am Rheinufer. Zu bewältigen waren 23 km mit 825 Höhenmetern. Der Asphaltanteil liegt bei ca. 1 %.

 

Weiterer Wettbewerb:
10 km mit 463 Höhenmetern.

Startgebühr:
30 €

Leistungen/Auszeichnung:
Laufgürtel für Startnummer, Startnummer inklusive Chip für Zeitnahme, Strecken- und Zielverpflegung, Kleiderbeutelabgabe und Depot im Start/Zielbereich, Starterbeutel, Medaillen für alle Finisher, Urkunden-Service, Duschen, kleine Partnergeschenke.

Logistik:
Perfekt

Verpflegung:
Drei gut ausgestattete Verpflegungsstellen nach jeweils ca. 5 km

 


 
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