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27.09.25 - Special Event

Trail des Hautes Fagnes, Xhoffraix, Belgien: Anspruchsvoll mit Anlauf

Autor: Rudo Grimm

Der Trail des Hautes Fagnes ist der kleine Bruder, oder vielleicht Neffe, des recht bekannten Grand Trail des Lacs & Châteaux. Während letzterer Strecken bis 160 km anbietet, geht dieser nur bis maximal 44 km und ist auch kein UTMB Index Race. Die  Starts sind nur 5 km voneinander entfernt, einige Streckenabschnitte überlappen sogar. Veranstaltet wird der Lauf schon seit 20 Jahren von Team Nelles, einem lokalen Bauunternehmen. Ein feiner Zug, so seine lokale Community zu stärken.

Ausgewählt habe ich den Lauf wieder einmal, weil ich nur genau an diesem Tag noch Zeit im September hatte. Wenn man einen Trailrun mit mindestens Marathondistanz sucht, wird man in Belgien bei betrail.be praktisch immer fündig. Die Internetseite des Laufs selbst ist recht witzig gemacht, sehr übersichtlich und, was in Belgien nicht häufig ist, auf Französisch, Niederländisch und sogar Deutsch gehalten. Man fühlt sich also sofort eingeladen – neben mir ging das allerdings nur drei anderen Deutschen so, von fast 900 Teilnehmern. Zudem sind es von Düsseldorf nur 130 km, also bei einer Startzeit von 9 Uhr äußerst angenehm.

 

 
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Wenn man z.B. den sehr schönen Monschau Marathon schon einmal gelaufen ist, sollte man unbedingt einmal über die Grenze schauen. Und der Trail des Hautes Fagnes kostet auch nur 8 Euro, also für den regelmäßigen Läufer mit begrenztem Budget fast schon Pflichtprogramm. Der Ort selber ist übrigens auch ganz nett – wohl bekannt für hohe Laubhecken, die viele der Grundstücke umgeben, wohl Rotbuche oder Hainbuche, wirklich beeindruckend.

Der Streckenverlauf ist auch recht witzig, die ersten 21 Kilometer geht es in einer langen Acht nach Norden und zurück an den Start, mit einigen sehr langen, geraden Strecken. Die untere Null der Acht ist der 14-Kilometer-Lauf. Vom Start geht es dann noch einmal etwas nach Süden, aber diesmal in vielen Schleifen und mit 80% der Höhenmeter durch die schmalen Flusstäler. Der Halbmarathon entspricht diesem steileren Abschnitt, so dass er durchaus auch reizvoll ist. Versorgungsstationen gibt es bei Kilometer 7, 14, 22 und 33, also auch perfekt verteilt.

September heißt manchmal auch kühleres Wetter, so dass wir tatsächlich morgens bei 11 Grad loslegen. Aber es regnet nicht und der Grund ist nur auf der flacheren Strecke teilweise extrem matschig, so dass man gerade an den steilen Stücken nicht immer einen sicheren Halt hat. Matschig heißt ja nicht primär dreckig, sondern vor allem rutschig, so dass es mich sogar einmal bei einem mutigen aber zu kurzen Sprung voll erwischt hat.

Beim Start ein ganz komisches Gefühl. Ich bin fast zu Tränen gerührt. Die letzten Wochen waren recht schwierig. Die seitlichen Knieschmerzen sind wohl ITBS, ilio-tibiales Bandsyndrom, auch Läuferknie genannt. Da kann man Übungen gegen machen, wobei ich mir bei etwas Übereifer allerdings riesige Hüftschmerzen zugezogen habe und nicht laufen konnte. Dann erkältet. Wieder nicht laufen. Und überhaupt war das Wetter nicht gut und ich habe gemerkt, dass ich gar nicht so gerne laufe, weil das eigentlich recht langweilig ist, zumindest mein Trainingsplan. Sprich mein „Why“ wurde immer unklarer, was umso unbefriedigender ist, wenn man sich wie ich schon für die nächsten vier Läufe fest angemeldet hat.

 

 
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Warum also die Sentimentalität? Ich glaube es war einfach Dankbarkeit, dass es mir körperlich am Morgen richtig gut ging, ich überhaupt die Fähigkeit habe, zu laufen und lange zu laufen, dass man einfach so ins Auto steigen kann, um in Belgien jede Menge freundliche Leute zu treffen. Was für ein Großartiges Geschenk!

Ein bisschen erinnerte mich die Situation an die letzte Szene im leider wenig bekannten koreanischen Lauffilm „Pacemaker“. Der Läufer, der eigentlich nur als Schrittmacher tätig sein sollte, hat sich beim olympischen Marathon entschieden, die ganze Strecke durchzulaufen, obwohl er wusste, dass er sich dabei so verletzen würde, dass er nie wieder würde laufen können. In der letzten Szene dann die Startaufstellung für ein Rennen danach, die Kamera fährt über alle seine Teammitglieder und kehrt dann wieder zurück, so dass man sieht, dass er auch in der Startaufstellung ist und lächelt.

 

 
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Um 9 Uhr geht es los. Die Geschwindigkeit auf den ersten 21 km ist recht hoch und es ist gar nicht so einfach. Teilweise Schlamm, teilweise Wurzeln, teilweise Steine, teilweise lange Stege über die Moor- und Heidelandschaft der Hautes Fagnes (Hohes Venn), nur eine halbe Stunde von der Grenze zu Deutschland. Man merkt, dass hier über 200 Leute gleichzeitig losgelaufen sind, denn meist ist der Weg schmal und daher ausgetreten. Da es aber keine großen Steigungen gibt, entsteht auch nirgends Stau, man ordnet sich in der ersten halben Stunde einfach nach Geschwindigkeit.

Mit fällt auf, dass ungewöhnlich viele junge Leute dabei sind – und mich überholen. In Deutschland sehe ich bei den Läufen noch einen deutlich höheren Anteil an Ü50. Schön, dass die Nachwuchsgeneration auch Spaß am Laufen in der Natur hat! Und Natur hat man auf der Strecke wirklich. Es gibt nur zwei Straßenüberquerungen, und obwohl die Streckenabschnitte auf der Karte sehr gerade wirken sind es tatsächlich dann oft kleine geschwungene Wege, die die Strecke sehr abwechslungsreich machen.

 

 
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Dazu gibt es einige Kunstwerke am Wegesrand und einige Erklärtafeln zu Geschichte und Ökologie. Und Pilze gibt es natürlich auch schöne. Selbst die langen Stegabschnitte sind in einem sehr guten Zustand. Toll gemacht. Dank der Temperaturen braucht man auch nicht so viel Wasser, so dass ich die ersten beiden Verpflegungsposten komplett auslasse und erst bei Kilometer 22 nachfülle. Da geht gerade gleichzeitig der 14-Kilometer-Lauf los. Allerdings auf die flache Strecke, so dass man eigentlich nie Leuten der anderen Distanzen begegnet.

Und dann kommt es dicke. Bei dem Posten bei Kilometer 33 bin ich wirklich glücklich, einmal Pause machen zu können. Einerseits sind da die Höhenmeter an sich. Andererseits bestehen die Steigungen aus kurzen Abschnitten mit je 100-200 Höhenmetern und einer Steigung von 20-35%. Und danach geht es meist genauso runter. Ich bin also recht froh, doch meine Stöcke im Köcher dabei zu haben, an einigen Stellen ist man aber eher am Klettern als am Gehen, Laufen geht sowieso nicht oder ist aufgrund des Abhangs mir persönlich zu gefährlich.

Die anstrengendsten Stellen sind zwischen Kilometer 31 und 33 (daher die perfekt gelegene Verpflegungsstation) und 39 und 42. Immerhin relativ spät, so dass selbst Läufer, die quasi nur noch kriechen, das Rennen auch jeden Fall erfolgreich beenden werden. Die umgekehrte Reihenfolge wäre lange nicht so gut gewesen und die steigende Herausforderung hat den Spannungsbogen gut aufrechterhalten können.

 

 
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Und es gab sie auch, die Highlights, wie man sie vom Grand Trail des Lacs & Châteaux kennt: Zwei Flussdurchquerungen (und zwei optionale) – obwohl es nicht warm war, ist man doch recht schnell getrocknet. Dazu der Lac (Lac de Robertville mit eindrucksvollem Staudamm) und das Châteaux (Burg Reinhardstein). Dazu noch ein Steinbruch, über dessen Gelände man kurz läuft. Und auf den letzten Kilometern öffnete sich sogar ein kleines Fenster im Himmel und die Sonne strahlte genau auf den Hügel mit dem Skilift von Ovifat, wo der Grand Trail des Lacs & Châteaux startet. Vielleicht ein Zeichen?

Nach dem Lauf, tolle Stimmung. Im Hof des Sportvereins sind Bänke aufgebaut, es wird gegrillt und man kann sogar gleich vor Ort Duschen. Auch der Parkplatz ist nur einige hundert Meter weg, so dass man die Organisation wirklich explizit loben muss, gerade bei so einem vermutlich oft übersehenen Rennen.

 

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Und bei mir lief es eigentlich ganz gut. Zwar nicht schnell, aber was kann man ohne Training erwarten. Auf jeden Fall schmerzfrei und mit ausreichend Kraft in den Beinen. Ein sehr erfreulicher Tag und wieder eine schöne Neuentdeckung. Ein Video müsste es auch demnächst geben, es waren eine ganze Menge Kameraleute und Drohnen im Einsatz.

 

Das Angebot im Überblick:

 

Strecke [km]

Höhenmeter [m]

Finisher

Beste Zeit [h]

Median Zeit [h]

44

1.350

202

03:25

05:14

21

1.100

425

01:36

02:48

14

250

249

00:57

01:38

 

Achter auf 14 km wurde übrigens ein Teilnehmer namens Donald Trump aus den USA mit 01:06. Erstaunlich gute Zeit. Oder überraschend laxe Anmelderegeln.

 


 
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