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26.05.18 - GutsMuths-Rennsteiglauf

Vor dem Winter, nach dem Winter

 

Wichtig erscheint es mir, auf den Charakter der Strecke hinzuweisen: Es geht durch den Nadelwald, erst mal 25 km tendenziell bergauf,  oft mit Gehpausen nach oben und Laufeinlagen bergab, wenigstens für uns Flachlandtiroler. In dem riesigen Wander- und Mountainbikegebiet kann man auf den unzähligen Wegmarkierungen viele interessante Namen entdecken und oft auch Angaben zur jeweiligen Höhe über Normalnull. In den zahlreichen Unterständen kümmern sich meist Angehörige der Bergwacht um unser Wohlbefinden. Bis km 60 sind Ausblicke eher Mangelware. Eine Übersicht über die Umgebung verschaffen nur die immer mal wieder auftauchenden Aussichtstürme, wenn man die besteigt.

Km 18 bringt den dritten Verpflegungspunkt, erstmals mit dem „großen“ Programm: Besonders der Rennsteig-typische Haferschleim ist sehr beliebt und inzwischen auch in diversen fruchtigen Geschmacksrichtungen erhältlich. Die Versorgungsstellen liegen meist an den schmalen und kurvigen Straßen, die das riesige Gebiet durchziehen. Oft befinden sich nebenan Ausflugslokale.

Wir müssen weiter nach oben. Hier gibt es das einzige kurze Stück auf einem Wurzelweg, dem leider ein Schweizer Läufer vor uns zum Opfer fällt. Aber er hat sich nicht verletzt und schon geht es weiter. Kurz vor der nächsten Getränkestelle steht ein älterer Herr mit langem weißen Bart. Das Paar vor mir bittet um eine Fotoerlaubnis. Auf Nachfrage beim Fotografen erfahre ich, dass es sich um den personifizierten „Rennsteig“ gehandelt hat, der heute hier zusieht.

Ein weiterer Herr begrüßt die Läuferinnen und nennt ihre Platzierung. Judith liegt auf der Position 289. Den AK-Platz nennt er nicht.

Noch mal ein steiler Anstieg. Wir kommen an einem markanten Felsen vorbei, dann sehen wir den Funkmast und gleich auch den neuen Aussichtsturm auf dem Großen Inselsberg, mit 916,5 hm eine wichtige Erhebung im Thüringer Wald. Laute Musik erwartet uns. Der Rennsteig bildete hier früher die Grenze zwischen Sachsen-Gotha und Hessen. Deshalb gibt es noch heute auf „beiden Seiten“ einen Berggasthof, „Stöhr“ heißt er auf der hessischen, „Stadt Gotha“ auf der gothaischen Seite. Der Funkverkehr war zu DDR-Zeiten unverschlüsselt und wurde fleißig vom Bundesnachrichtendienst abgehört. Jetzt geht es steil bergab, um 200 Höhenmeter, die auf 1,3 km verteilt sind. Erst über Treppen, dann auf Teer. Sicher bei Regen eine gefährliche Rutschpartie. Viel Anfeuerung durch Spaziergänger, die in die Gegenrichtung unterwegs sind. Am Parkplatz Grenzwiese dann ein Funpark für Kinder und endlich etwas zu trinken.

Markierungen befinden sich alle 10 Kilometer. Die Nummer 30 hat wohl ein Spaßvogel etwas versetzt und natürlich gibt es Informationen an den Verpflegungsstellen bei welchem Kilometer man nun ist.

 

 
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Bis km 41 dann wieder Wald, Wald, Wald. Wobei der Läufer ja sowieso meist auf den Boden sieht. Aufgelockert wird die Monotonie durch die Verpflegungsstände. Die Lauf- und Wanderfreude Seligenthal haben sogar eine Musikkapelle engagiert. Da verweilt man gerne etwas länger. Vier Kilometer weiter dann die Ebertwiese. Wir werden namentlich begrüßt, auch die Anzahl der Teilnahmen wird bekanntgegeben, für Judith und mich ja 2. Interessanter sind für mich die warmen Wiener Würstchen, die sich zu den belegten Broten, die es auch schon vorher gab, hinzugesellen. Ich greife zu. Mal sehen, wie mir diese ungewohnte Laufverpflegung bekommt. An die VP-Stellen schließen sich sogenannte Umweltzonen an: Müllsäcke stehen bereit und man sollte seinen Becher spätestens vor der letzten Fahne in einen Sack geworfen haben. Hier ist es noch besser: Die Anzahl der Abfallsäcke wird herunter gezählt, der letzte hat die Nummer 1. Damit will man verhindern, dass die Pappbecher auf dem halben Rennsteig verteilt den nächsten Jahren entgegensehen.

Inzwischen kennt man einige der Begleiter. Christian und Eugen fragen mich zum wiederholten Male, ob ich schon ihre Einwilligung habe, sie zu fotografieren. Die neue Datenschutzverordnung lässt grüßen. Nicht jede(r) weiß offenbar, zu was er seine Einwilligung gibt, wenn er sich zu einem Lauf anmeldet. Es dauert ein wenig, bis ich erkenne, dass man mich nur veräppeln will.

 

 
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Viele Schilder weisen hier oben auf Gefahren des Skisports hin. Also ist die Sache mit dem Winter nicht ganz von der Hand zu weisen. Die Gustav-Freytag-Stein-Verpflegungsstelle bei km 51,3 erwähne ich, weil wir bei km 5,13 unserer Münchner Trainingsstrecke immer die Gustav-Freytag-Straße passieren. Und da fällt mir auf, dass ich die Marathonmarke übersehen habe. Aber das Ziel liegt ja diesmal noch in weiter Ferne.

Nun sind wir im Dunstkreis von Oberhof, dem großen Wintersportort und Olympiastützpunkt. Wir queren ein Teerband mit vielen Lampenmasten, vermutlich zur Beleuchtung des Skate-Trainings am Abend. Dann sehen wir links einen weißen Wurm. Dieser Schlauch ist 1.754 Meter lang und in ihm befindet sich ein Schneeband, auf dem man bei -4 Grad Langlauf trainieren kann. Das wäre jetzt schick gewesen, da eine Runde zu laufen. Aber wohl auch etwas frisch! Die DKB-Skisporthalle ist Deutschlands erste Halle, in der man ganzjährig Skilanglauf und Biathlon betreiben kann. Hier, am Grenzadler,  gibt es nach 54,7 km die Möglichkeit zu einem vorzeitigen Ausstieg mit kompletter Ultra-Wertung. Das Minimalziel ist erreicht! Ob es eine Cutoff-Zeit gibt, habe ich nicht herausgefunden. Im Ziel habe ich aber gehört, dass man bereit ist, noch lange nach dem offiziellen Limit von 12 Stunden auf Nachzügler zu warten.

Wir werden als M4Y-Reporter begrüßt und erfahren, dass die Führenden schon vor dreieinhalb Stunden vorbei kamen. Judith und ich sind siebeneinhalb Stunden unterwegs, ganz zufrieden und haben nur noch lockere 20 Kilometer vor uns. Etwas stutzig werden wir, als  uns der Ansager für die folgenden drei Kilometer viel Erfolg beim Anstieg wünscht. Aber so schlimm erscheint uns der später gar nicht.

Über eine Brücke geht es auf die Landstraße 3247 mit Blick auf das Rondell, einen Obelisk, der an den Straßenbau von 1830 bis 1832 erinnert und der folgende Inschrift tragen soll:

„Wie sich die Straße so sicher und leicht zu den Höhen hinaufschwingt, Länder mit Ländern verknüpft, Handel und Künste belebt.“
„Heil dem schaffenden Sinn, der zum freundlichen Garten die Wildnis umschuf und der Natur Schrecken in Lieblichkeit kehrt.“
„Ernst Herzog zu Sachsen erbaute diese Straße zur Höhe des Gebirgs 2572 Par. Fuß in den Jahren 1830=1832.“

Wir überholen drei Läuferinnen in rosa Shirts, die an den Lauf durch den Rennsteigtunnel im Jahr 2003 erinnern. Der Tunnel verläuft an dieser Stelle 200 Meter unter uns und ist mit 7.916 Metern der viertlängste doppelröhrige Straßentunnel Europas und – Manfred aufgepasst – er ist auch für Gäste aus den im Süden angrenzenden Staaten mautfrei zu benutzen.

Der große Beerberg bei km 61,1 ist mit 973 Metern der höchste Punkt der Strecke und des Thüringer Waldes. Das Ambiente ändert sich nun auffällig: Es wird hellgrün und oft hat man nun schöne Ausblicke auf die umliegenden Hügel. Richtig idyllisch.

Endlich die große Verpflegungsstelle Schmücke. Die letzten sechs Kilometer kamen mir doch recht lang vor. Noch mal zugreifen,  dann weiter. Ein Colagetränk liefert die versprochene Energie. Es geht fast 270 Höhenmeter auf breiten Wegen bergab. Laufen ist angesagt. Jeder kleine Gegenanstieg wird noch mal für eine kurze, erholende Gehpause genutzt.

 

 
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Als erstmaliger Teilnehmer bin ich überrascht, wie schnell wir hier noch unterwegs sind. Meine Schätzung, dass wir in 10:40 h das Ziel erreichen, reduziert sich auf den letzten Kilometern immer mehr und am Ende werden es 10:08 h. Das 70-km-Schild macht schon richtig stolz. So lang war ich noch nie zu Fuß unterwegs. Eine Skipiste ist zu queren. Über einen schmalen Weg geht es nach Schmiedefeld. Die Party kann man schon hören. Eine Kuppe und dann noch dreihundert Meter auf das Ziel zu. Auf der linken Spur laufen die Marathonis ein.

„Das schönste Ziel der Welt ist Schmiedefeld“ steht über uns. Wir werden namentlich begrüßt. Was will man mehr.

Am Getränkestand warten wir auf bekannte Gesichter. Judith, die andere, trifft mit strahlender Miene ein. So muss es sein. Und dann auch noch Rene mit seiner hauptsächlich weiblichen Laufgruppe. So happy kenne ich ihn auch vom Hartfüssler-Trail.

Weiter zur Taschenabholung auf der Wiese nebenan. Oberhalb stehen unzählige Wohnmobile und –wagen  der Teilnehmer. Wer gerne feiert, sollte sich ein Quartier in Schmiedefeld organisieren. Hier findet heute die wahrscheinlich ausgelassenste After-Finish-Party der Welt statt.

Die Zielorganisation ist perfekt: Es gibt genug Duschen mit warmem Wasser und große Umkleidezelte, Sauna, Finisher-Schwarzbier und Suppe, Urkundendruck und endlich, gleich neben der Krankenstation, die heute leider wetterbedingt gut ausgelastet ist, auch das lang ersehnte Finisher-Shirt.

Judith und ich nehmen bald den Shuttlebus nach Eisenach. In weiter Ferne sieht man die Türme auf dem Großen Inselberg. Über eine Stunde dauert die Fahrt. Eine schöne Gegend ist das hier.

Den Sonntag nutzen wir für die schon erwähnte Stadtbesichtigung mit Andreas. Und natürlich steht auch die Wartburg auf dem Programm. So viel Zeit muss sein.

 

Sieger Supermarathon

1 Neuschwander, Florian (GER)    05:14:13
2 Schulze, Marc (GER)        05:23:15
3 Ahlburg, Martin (GER)        05:31:39

 

Siegerinnen Supermarathon

1 Oemus, Daniela (GER)        05:50:23
2 Krull, Annika (GER)        06:22:53
3 Förster, Basilia (GER)        06:34:34

 

Weiterer Bericht mit Bildern vom
Rennsteig Supermarathonauf Marathon4you

 

Bericht und Bilder vom Rennsteig Marathon
auf Marathon4you

 

 

 

 

 

 
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