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23.05.14 - Special Event

Two Castle and an Abbey Trail

Laufabenteur auf Zypern


Das Flugzeug ist gelandet. Ein kurzer Fußmarsch über das Rollfeld und wir kommen in das Terminal am Flughafen Ercan. Wir sind in Zypern, genauer gesagt in Nord-Zypern.

Angefangen hatte das Abenteuer bereits Mitte Februar bei der Suche nach einem Ziel für unseren Frühjahrsurlaub. Meine Frau blätterte in den Prospekten des Reisebüros, ich studierte die DUV-Datenbank. „Two Castle and an Abbey Trail”, 80km, 2300Hm, Trailrunning auf Zypern. Das passt. Der Rest war Verhandlungssache…

Es ist Donnerstag Nachmittag. Das Taxi bringt uns nach Kyrenia, dem ältesten und beliebtesten Ort Nordzyperns am Fuße des Besparmak-Gebirges, welches ich noch näher kennenlernen sollte. Einchecken im Hotel und danach der obligatorische Rundgang: Hotelanlage, Speisesaal, Strand, Pool; was es halt so zuallererst zu bewerten gilt.

Der Terminplan für den Lauf sieht folgendermaßen aus: Freitag Nachmittag Briefing im Ambelia-Hotel in Belapais, dem Zielort des Rennens. 16:30 Uhr Bustransfer zum 80km entfernten Kantara, wo am Samstag um 5:00 Uhr der Start erfolgt. Alternativ gibt es auch die Möglichkeit, um 3:00 Uhr mit einem Bus von Belapais nach Kantara gebracht zu werden.

Das Orga-Team besteht aus Chris und Bryan, ein laufbegeistertes Paar, das den Lauf nun schon zum 3. Mal mit bescheidenen finanziellen Mitteln organisiert. Die Starterliste ist kurz, dafür aber interessant: Läufer aus Zypern, Türkey, England, Finnlang, Russland, Griechenland, Holland und Australien haben sich eingeschrieben.

Wir fahren mit dem Bus Richtung Osten, links die Mittelmeerküste, rechts die Bergkette, auf der wir am nächsten Tag wieder westwärts zu Fuß unterwegs sein werden. Ankunft im Ort Kantara, Verteilung der Schlafplätze, Abendessen (im Übernachtungspreis enthalten), Bettruhe.

Viertel nach drei machen sich die Ersten bereits auf zum Frühstück. Dann Transfer zum 2km entfernten Startort, unterhalb der aus dem 13. Jahrhundert stammenden Burg Kantara Crusader Castle.

 

 
© trailrunning.de 20 Bilder


Es ist 5:00 Uhr, der Himmel ist klar und am östlichen Horizont beginnt der Tag die Nacht zu verdrängen. Wir, das sind 28 Läufer und 4 Läuferinnen,  werden aufgerufen für ein Gruppenfoto. Hektik ist keine zu spüren. Im Gegenteil. Bryan erklärt, wir sollen die ersten 100m bitte zusammenbleiben für ein paar Fotos.

Der Weg bis zum ersten Verpflegungspunkt nach 10km ist gut zu laufen. Er führt uns über einen breiten, teils steinigen Weg, mal leicht bergauf, mal bergab, in der Tendenz jedoch fallend. Die kühle Morgenluft zu spüren,  ist angenehm. Nach Verlassen von VP2 sind wir auf dem ersten Single-Trail. Es geht größtenteils bergab, doch sind immer wieder kurze kräftezehrende Anstiege zu überwinden. Ein Vorgeschmack darauf, was uns noch erwarten sollte.

„Leute, teilt eure Kräfte ein“, hatte Chris gewarnt. „Wenn ihr bis Checkpoint 3 meint, das Rennen ist einfach, dann habt ihr euch getäuscht. Die Herauforderungen kommen in der 2. Hälfte“.

Kurz vor VP3 bei KM29 müssen wir ca. 300m auf einer Straße zurücklegen (übrigens das einzige Mal). Auch an diesem Kontrollpunkt sind wie bei allen anderen 6 VP’s überaus freundliche Helfer anzutreffen. Nach dem Auftanken gehts noch 100m der Straße entlang,  bis ein roter Pfeil uns in die Pampa weist. Zuerst kurz bergab und dann einen steilen Hügel hinauf, der in einen breiten Waldweg übergeht. Die Strecke ist danach flach und bietet immer wieder imposante Ausblicke auf die Küste auf der Nordseite, sowie auf das südlich gelegene Flachland Zyperns. Irgendwo muß ich wohl die 40km-Markierung übersehen haben, denn bald erreiche ich VP4 bei KM43.

Kurzer Boxenstop. Ich laufe weiter, fühle mich gut, das Zeitlimit macht mir keine Sorgen, obwohl ich nicht weiß, wie das mit der 2. Hälfte gemeint war. So laufe ich in Gedanken schwelgend, genieße die großartige Aussicht und die für mich ungewöhnlich karge Natur. Und prombt hätte ich doch beinahe eine Markierung verpasst: links ab. Wie sagte Bryan am Vortag: „Euch erwarten breite Waldwege, Single-Trails und Wege, die eigentlich keine sind“.

Ich verlasse den Waldweg und befinde mich in urwüchsiger Landschaft. Über Büsche, Steine und Felsbrocken geht es zuerst steil nach unten, dann folgt ein ausgetrocknetes Flussbett,  dann kommt der Aufstieg zum Heartbreak Hill. Einzig die roten Punkte auf den Felsen sowie rotweise Flatterbänder zeigen,  wie der Weg verläuft. Fast glaube ich, bei der Auswahl dieses Streckanabschnitts hatte Eric Türlings, der Macher des Keufelkopf-Ultras, seine Finger im Spiel. Schweißnass erreiche ich die Passhöhe und erreiche bald darauf einen Singletrail, auf dem ich bergablaufend an VP5 eintreffe. Ein großartiges Hallo erwartet mich. Hier treffe ich auch Chris und Bryan. Ein kurzes Schwätzchen unter Einnahme von Melonenstückchen, ein paar Nüsse, ein/zwei Becher Cola, Wasserflasche nachfüllen und weiter geht‘s.

Was jetzt folgt,  ist Trailrunning vom Feinsten. Kurvig, wurzeldurchwachsen, über Felsbrocken, unter Hecken hindurch, mal auf, mal ab – kurz gesagt, alles dabei, was sich ein Trailer wünscht. So könnte es bis zum Ziel weitergehen, denke ich, aber ein ca. 1km langer bergabführender breiter, von Forstfahrzeugen verunstalteter Weg mit tiefen Furchen und Geröllsteinen gespickter Weg holt mich zurück zur Realität. Da sehe ich auch schon wieder einen auffallend roten Pfeil, der links zu einem steilen Berghang zielt. Eine Wegführung ist keine zu erkennen, also klettere ich über Felsbrocken, krieche zwischen Büschen hindurch und folge den roten Markierungen,  bis ich nach ca. 150Hm VP6 erreiche.

 

 
© trailrunning.de 40 Bilder


Der Steckenabschnit zwischen VP6 und VP7 ist wieder Berglauf pur. Entlang von Bergflanken, Spitzkehren und immer wieder grandiosen Aussichten. Links die Hauptstadt Nikosia, rechts der Küstenstreifen im Norden der Insel. Immer wieder bleibe ich stehen und lasse die Eindrücke auf mich einwirken. Nach einem serpentinenartigen Abstieg werde ich an VP7 freudig applaudierend erwartet.

Chris und Bryan sind auch da und erkundigen sich nach meinem Wohlergehen und so ganz beiläufig zeigt Bryan eine Felswand hoch. 200 Meter über uns ist eine Ruine auszumachen, das Buffavento-Castle. Da erinnere ich mich, dass der Lauf betitelt ist mit ‚Two castle and an Abbey Trail‘. Das ist also die 2. Burg. Bryan meint, ich kann meinen Rucksack hier lassen, da ich sowieso wieder hier zurück kommen werde.

Nach 72km nur mal so kurz einen 1,3km langen Treppenlauf, diese Idee hätte auch von Eric sein können. Ich kämpfe mich hoch zur Burg und werde wieder mit einer atemberaubenden Aussicht belohnt. Vor dem Abstieg schießt der Kontrolleur noch von jedem Läufer ein Erinnerungsfoto und so erreiche ich nach diesem 45 Minuten dauernden Höhenflug wieder den Verpflegungsposten.

Nochmals auftanken und ab nach Hause ins Tal, denke ich. Falsch gedacht! Erneut geht es streckenweise über wegloses Terrain zum Teil auf allen Vieren über Felsbrocken, bis schließlich die letzte Passhöhe erreicht wird. Der finale Abstieg zeigt sich dann als extrem steiler, serpentienenförmiger und mit Geröll und Wurzeln befallener Trail. Dieser geht in einen üblichen Forstweg über, die ersten Häuser von Belapais mit dem Klosterabteigebäude (...and an Abbey) sind auszumachen. Ein paar Meter Asphalt und ich erreiche glücklich unter Applaus der Zuschauer nach 12:42 Stunden das Zielbanner.

 

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Fazit:


Den beiden Veranstaltern Chris und Bryan ist es gelungen, in Nordzypern einen wunderbaren Trailrun ins Leben zu rufen. Neben dem 80km-‚Lionhard‘-Lauf wird noch der ‚Braveheard‘ mit 27km angeboten sowie den ‚Mountain Goat Run‘ mit 10km. Trotz ihrer bescheidenen Mittel ist die Veranstaltung sehr gut organisiert, es gibt 7 Verpflegungsstellen, alle ausreichend bestückt. Es herrscht immer eine familiäre Atmosphäre. Die Anreise aus Deutschland ist zwar etwas aufwendig, aber in Verbindung mit ein paar Tage Urlaub in einer sonnigen Region ist es diese Reise allemal wert.

 


 
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