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26.03.23 - Special Event

GR-221 Trans-Mallorca: Lauf-Guerillas auf Mallorca

Mallorca ist immer eine Reise wert. Die Insel bietet herrliche Natur mit wunderschönen Landschaften. Besonders fasziniert mich das Tramuntana Gebirge. Es durchzieht den gesamten Norden der Mittelmeerinsel von Südwest nach Nordost. Schon öfters habe ich hier Urlaub gemacht.

Als ich  vom Trans-Mallorcalauf über den Fernwanderweg GR-221 hörte, stand für mich fest, den machst du auch einmal. Es gilt in drei Tagen 121 Km in Etappen von 33, 44 und 44 Km durch das Tramuntana Gebirge von Port d'Andratx bis Pollenca zu laufen. Wer mag, kann auch kürzer laufen (18 / 21 / 27 km).

Der Fernwanderweg GR-221, die Route der Trockenmauern - katalanisch Ruta de Pedra de Sec, führt über 150 Km durch das Tramuntana Gebirge, welches die größte Baleareninsel Mallorca parallel zur Nordwestküste durchzieht. Zumeist wird er in 13 Etappen untergliedert, es gibt aber auch reichlich Varianten.

Veranstaltet wird der Trans-Mallorcalauf von den Laufcoaches aus München um Michael Raab. Es ist ein guerilla run und kein Wettkampf. Spaß und Erlebnis stehen im Vordergrund. Zeitmessung gibt es keine. Jeder ist nach dem Start für sich selbst verantwortlich. Klar, es gibt ausführliche Infos, Trailbook usw. Das Gepäck wird zum Zielort transportiert und es gibt Service-Points unterwegs. Und wer mag, kann auch gerne in der Gruppe laufen.

Apropos Gruppe. Es gibt nur 40 Startplätze. Das Ganze ist also überschaubar und familiär. Genau mein Ding. 2022 wollte ich schon dabei sein, bekam jedoch in der Nacht vor der Abreise Corona, nun also gilt es 2023 auf ein Neues.

Aber: Ich hab ernsthafte Knieprobleme und kann den kompletten Lauf leider nicht mitmachen. Sehr schade, aber nicht zu ändern. Wenigstens hoffe ich, einige Abschnitte mitlaufen zu können. Große Teile der Laufstrecke sind mir bestens bekannt und ich brenne darauf, sie wenigstens teilweise unter die Laufschuhe zu nehmen.

 

Tag 1 Port d'Andratx – Estellencs
33,6 Km 1.578/1578 Hm

 

Am Freitag fahre ich um 8 Uhr mit dem Bus 204 von meinem Quartier in Port de Sóller nach Palma. Dort gehe ich zum Teamhotel  und treffe die anderen Teilnehmer. Sie haben alle das komplette Service-Paket bei Michael gebucht und demzufolge auch ihre Unterkünfte in den Zielorten. Ich nicht, da ich zwei Wochen Urlaub in Port de Sóller mache. Zusammen fahren wir mit dem Tourbus zum Start nach Port d'Andratx.

Am Yachthafen von Port d'Andratx weist Michael um 10.20 Uhr die Starter ein und um 10.30 Uhr geht es los. Das erste Teilstück bis Sant Elm ist mir wohlbekannt und ich lasse diese 8 Km aus. Im netten, beschaulichen Küstenort Sant Elm habe ich schon zwei schöne Urlaube verbracht und bin das Teilstück schon gewandert und auch gelaufen.

 

 
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Die Strecke von Sant Elm zur alten Klosterruine La Trapa ist wunderschön. Hier bieten sich wahrlich atemberaubende Blicke, u. a. auf die unter Naturschutz stehende Illa de Sa Dragonera. Ein Ausflug nach Dragonera ist absolut zu empfehlen. Übernachten darf man auf der Insel übrigens nicht.

Mit mir fahren drei weitere Läufer im Auto mit Michael nach Sant Elm. Da die Bar Stefano am Strand noch geschlosen ist gehen wir durch die kleine Fußgängerzone. Nach dem Hafen beginnen wir zu laufen. Über die Avinguda de La Trapa geht es in den Wald. Eine breite Schotterstraße führt uns nach wenigen Minuten zum verfallenen Gemäuer des Can Tomevi. Direkt vor dem Haus laufen wir geradeaus in den Wald hinein. Es geht aufwärts. Und das ordentlich.

 

La Trapa

Der Weg ist abwechslungsreich. Mal Steine, dann wieder weicherer Untergrund, und immer schöne Ausblicke. Man sieht den Torre de Cala en Basset (Wachtturm aus dem Jahre 1583) und wirklich atemberaubend die Dracheninsel. Ich muss mich zwingen auf den Laufuntergrund zu achten, zu schön sind die Ausblicke. Schön ist auch die Flora, Palmen, Kiefern, blau blühender Rosmarin, gelb blühenden Ginster ...

Nach einigen Felsen wird es einfacher zu laufen. Leicht wellig geht es vorwärts. Wunderschön. Die Klosterruine von La Trapa taucht unter uns auf. Hier gründeten 1810 Trappistenmönche im Hochtal von Sant Josep ein Kloster. Dieses wurde aber schon zehn Jahre später vom Staat aufgelöst. Heute kümmert sich eine balearische Naturschutzorganisation um das Gelände.

 

 
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Wir können die freiwilligen Helfer heute nicht bei der Arbeit unterstützen. Über ein Viehgatter kommen wir auf eine breite Schotterpiste. Diese führt  mächtig aufwärts. Ich komme ins Schwitzen. Nach wenigen hundert Metern laufen wir in einer Kehre geradeaus auf einen schönen schmalen Pfad, der uns Richtung Cap Fabioler bringt.

An einer großen Steinpyramide kann man zum Aussichtspunkt Mirador d'en Josep Sastre am Cap Fabioler laufen. Zusammen mit Andrea mache ich den kurzen Abstecher und geniesse den grandiosen Blick entlang der Nordküste. Zurück zur Steinpyramde und dann geht es abwärts. Vorbei an den Caseta de ses Basses kommen wir an eine Weggabelung. Von S'Arraco stößt hier eine Zugangsvariante auf den Fernwanderweg GR-221.

 

Col de Sa Gramola

Es geht weiter Richtung Col de Sa Gramola. Das Wetter ist unverändert bestens. Die Sonne scheint und es ist warm. Der Weg ist wieder ein breiter Schotterweg und hat nur wenig Steigung. Die Blicke in die umliegende Landschaft sind beeindruckend und abwechslungsreich. Mallorca hat halt viel, viel mehr zu bieten als Ballermann.

Ein Hochtal mit wenigen Bäumen wird durchlaufen. Die ersten wild lebenden Ziegen tauchen auf. Für Mallorca sind diese Ziegen ein echtes Problem. Durch ihren großen Appetit fressen sie nachwachsende Bäume weg und hindern die Wiederaufforstung.

Nahezu überall sind wunderschön angelegte Terrassen zu sehen. Die in mühevoller Handarbeit errichteten Terrassen werden vielfach nicht mehr bewirtschaftet, einige sind bereits im Verfall begriffen. Oft liegen sie in landwirtschaftlichen Ungunsträumen. Dazu sind sie nicht einfach zu erreichen und in ihren Steillangen schwer zu bearbeiten.

 

 
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Am Col de Sa Gramola wartet Michael mit dem Tourbus. Die Läufer kommen nach und nach am Rastplatz an, fassen Wasser und stärken sich. Dann geht es weiter. Ich nutze die Gelegenheit und steige in den Tourbus um mit Michael zum heutigen Etappenziel nach Estellencs zu fahren. Gut 10 Km mit 529 bzw. 257 Hm Rauf bzw. Runter reichen mir. Morgen will auch ja auch noch laufen. Schade, so entgeht mir ein interessantes Teilstück um die Berge Galatzó und Esclop.

Dafür kann ich aber noch in Ruhe die hoch über den Läufern kreisenden Geier beobachten. Auf Mallorca vermehren sich die Gänse- und Mönchsgeier gut, nachdem sie auf der Insel bis auf 19 Tiere fast ausgestorben waren. Das Schutzprogramm zeigt gute Wirkung. Heute leben wieder weit mehr als 300 Tiere auf der Insel. Sie im majestätischen Flug mit ihren fast drei Meter breiten Schwingen zu beobachten ist schon beeindruckend.

In Estellencs findet Michael einen Parkplatz unmittelbar vor dem Teamhotel. Wir bringen das Gepäck aller Läufer vom Auto ins Hotel und ich steige in den Bus 202 nach Palma. Von dort geht es mit Bus 204 zurück nach Port de Sóller.

 

 

Tag 2 Estellencs - Port de Soller
44,1 km 1.604/1.794 Hm

 

Am Samstagmorgen nehme ich den Bus 203 von Port de Sóller nach Valdemossa. Ich bin früh dran und nutze die Gelegenheit mich im Ort umzuschauen. Ist schön hier, aber sehr touristisch. Liegt wohl auch an Chopin. In Valdemossa verbrachte der Komponist Frederic Chopin mehrere Monate zusammen mit der französischen Schriftstellerin George Sand. Sand hat über ihre Zeit auf Mallorca ein interessantes Buch geschrieben. “Ein Winter in Majorka” ist eine empfehlenswerte Lektüre.

In Valdemossa ist etwa die halbe heutige Tagesetappe vollbracht. Hier warte ich auf meine zukünftigen Mitläufer. Die laufen von Estellencs über wunderschöne Wege, u. a. über Banyalbufar bis Valdemossa. Michael steht schon mit seinen Tourbus am Treffpunkt vor dem Restaurant Vesubio. Die ersten Läufer sind auch schon angekommen und machen Rast mit Getränkezufuhr.

 

 
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Ich steige in den Lauf ein, packe meine Sachen und laufe alleine los, derweil die anderen noch pausieren. Die kriegen mich schon auf der Strecke. Die Carrer des Oliveres bringt mich links neben einem breiten Tor auf denTrail. Von der quer gespannten Eisenkette sollte man sich nicht irritieren lassen.

Ich habe Premiere heute. Erstmals laufe ich mit Stöcken. Durch Steineichenwald geht es hinauf. Es öffnen sich herrliche Blicke auf das unten im Tal liegende Valdemossa. Weiter oben schaut man sogar bis zur Bucht von Palma. Aber man sollte auch hier schon den steinigen Untergrund im Auge behalten.

Mir begegnen viele Wanderer, darunter etliche Deutsche. Hinter einem Viehgitter schließt Frank zu mir auf. Das passt mir gut, bin ich doch gerade auf Suche nach dem Trailverlauf. Frank kennt ihn und ich folge ihm aufwärts durch die Steineichen. Wir sind zumeist noch im Schatten.

Der Weg ist durchaus urwüchsig zu nennen. Es wird steiler und wir müssen mächtig arbeiten. Das Gelände ist nicht für Fahrräder geeignet, dennoch begegnen uns zwei Radler – ihr Rad aber über die Steine tragend. Selber schuld. Raoul, Stefan, Andreas, Michael und Michael laufen auf uns auf.

Die Strecke ist weiterhin sehr abwechslungsreich. Alles was das Trailherz höher schlagen lässt ist dabei. Ich muss mich sputen um an der Gruppe zu bleiben. Aber ich geniesse jeden einzelnen Meter, auch wenn es unveränder höher geht.

 

Reitweg des Erzherzogs

Immer wieder gibt es weite Fernblicke, mal die Küste zurück, mal voraus. Wir kommen an einen fantastisch schönen Gradweg. Es ist der “Reitweg des Erzherzogs” - Cami des Arxiduc, der wohl berühmteste Wanderweg der Insel. Den Auftrag zur Anlage des Weges kam vom österreichischen Erzherzog Ludwig Salvator. Auf seine früheren Besitzungen Miramar und Son Marroig können wir hinunter schauen. Der Weg erstreckt sich in 800m Höhe über einen Grad entlang einer gut 200m hohen Abbruchkante. Hier wird dem Auge so einiges geboten, auch die Halbinsel mit dem berühmten Felsloch an der Punta de Sa Foradada ist weit unter uns zu sehen. Einfach spektakulär, einer der Höhepunkte der Strecke.

 

 
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Nach gefühlten einigen hundert Fotos nehmen wir den steilen Abstieg hinunter nach Deià in Angriff. Und der hat es in sich. Zuerst noch in der Sonne, dann im Schatten. Rechts Felswände, links Steineichen. Der Trail ist einfach nur schön, erfordert aber unverändert hohe Aufmerksamkeit. Immer wieder tauchen kleine Köhlerplätze auf, wo früher Holzkohle produziert wurde.

Endlich wird es weniger steil. Die Vegetation verändert sich. Wir sind raus der Steineichenzone. Es gibt nun Kiefern und das in dichten Büscheln wachsende Gras, an dem man sich gut die Hände aufschneiden kann. Obacht! Das gilt auch für die Beine, am Gras kann man gut hängen bleiben.

 

Cala Deià

Der Weg zieht sich. Aber wir kommen abwärts. Die ersten Häuser des “Künstlerdorfes” Deià tauchen auf. Wir kommen etwas unterhalb des Ortszentrums an die Straße MA 10. In das Ortszentrum laufen wir nicht. Wir folgen der MA 10 wenige Meter abwärts. An einer Bushaltestelle warten wir auf den Tourbus. Es heißt Wasser nach zu fassen.

Vor uns liegt der Abstieg hinunter zur Cala Deià. Zuerst auf einem Pfad, über eine Brücke queren wir den Bach und auf Straße legen wir die letzten Meter zur Bucht zurück. Wir gehen nicht zum Strand. Unmittelbar vorher wenden wir uns nach rechts auf den Trail und steigen aufwärts. Unter uns tummeln sich die Badelustigen.

Wir zeigen mentale Stärke und lassen uns nicht irritieren. Alle bleiben standhaft auf dem Trail. Diesen Abschnitt war ich vor einer Woche schon gewandert und geniesse nun das Laufen über den wundervollen Küstentrail. Dieser ist sehr abwechslungsreich. Grandiose Blicke bieten sich uns. Genuss pur!

 

 
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Vor einem Haus geht es hinauf, zuerst auf Treppen, dann rechts haltend nach Llucalcari. Hier überqueren wir die MA 10, durch zwei Steintore geht es hindurch und auf Straße aufwärts. Die Straße geht in einen breiten Schottenweg über. Obacht! An einer Kehre heißt es den Schotterweg zu verlassen und auf einen kleinen Pfad einzubiegen. Den gehen wir ein Stückchen hinauf und stoßen auf den GR 221 von Deià kommend.

Wir folgen nun wieder dem GR 221 Richtung Port de Sóller. Die  Route der Trockenmauern macht hier ihrem Namen alle Ehre. Wir kommen zur Finca Son Mico. Ich lasse die Gelegenheit zu Kuchen und frisch gepressten Orangensaft aus und laufen weiter. Vorbei geht es an der Capella de Castelló. Stammt von 1626 und ist frisch restauriert.

Die MA 10 ist wieder erreicht. Die Strecke führt links etwa 200 auf der Straße abwärts und biegt vor einer Kurve rechts ab. Ich habe ein Motivationsloch und lasse die letzten, mir bekannten Km der Etappe aus. Freundliche Touristen aus Ungarn nehmen mich im Auto mit nach Port de Sóller. Der Ort war früher schwer zu erreichen. Dank eines 1997 fertig gestellter Straßentunnels ist der Küstenort heute leicht erreichbar und erfreut sich zunehmender Beliebtheit.

Um 19.30 Uhr steht noch ein Programmpunkt an – das gemeinsame Abendessen in einem Restaurant an der Promenade in der Bucht von Port de Sóller. Ein schöner Ausklang des Tages.

 

 

Tag 3 Sóller – Pollenca
43,9 Km 2.197/2.185 Hm

 

Start der dritten Etappe ist im 4 km von Port de Sóller entfernten Sóller. Die kleine Stadt weist zahlreiche Gebäude im Jugendstil aus. Das bekannteste ist wohl die Pfarrkirche Sant Bartolomeu am La Plaza de la Constitucion. Die Fassade wurde Anfang des 20. Jahrhunderts im Jugendstil errichtet und ist eines der Symbole Sóllers. Passend übrigens zur benachbarten Bank von Sóller.

In Sóller endet die historische Eisenbahn von 1912, die Palma mit dem Tal von Sóller verbindet. Diese Bahn fährt heute noch und ist ein echtes Erlebnis. Wer mag, kann gerne mit der historischen Straßenbahn von 1913 von Sóller nach Port de Sóller weiter fahren. Beide Bahnhöfe liegen in unmittelbarer Nähe der Plaza de la Constitucion. Die Straßenbahn führt übrigens mitten über den Platz. Und auch wenige Meter weiter direkt an einem weiteren Höhepunkt von Sóller vorbei. Bei Fet a Sóller gibt es genial gutes Eis.

 

 
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Der erste Teil der heutigen Strecke führt über Biniaraix durch den Barranc de Biniaraix, über den Coll de l'Ofre vorbei zum Cúber-Stausee. Biniaraix ist mit seinem kleinen Siedlungskern an der Stelle errichtet, auf der zur Zeit der arabischen Herrschaft über Mallorca ein arabischer Gutshof bestand.

An einem Orangenhain einer Finca ist ein Warnschild angebracht: Pastor Aleman. Hier wird nicht vor alemannischen Priestern gewarnt. Es wird darauf verwiesen, dass ein Deutscher Schäferhund das Gelände bewacht. Man sollte hier lieber außerhalb der Umzäunung bleiben.

Durch die Schlucht des Barranc de Biniaraix führt ein historischer Pilgerweg in vielen steilen Serpentinen hinauf zur Finca l'Ofre. Die Serpentinen des Cami des Barranc sind ein echter Hammer, gilt es doch gut 700 hm zu bewältigen. Ein wahrhaft heftiger Einstieg in den Lauftag. Für mich zu hart. Ich lasse die Truppe alleine starten. Die Strecke über Biniaraix, die Schlucht des Barranc des Biniaraix bis zum Cúber Stausee ist mir auch vertraut. Und ich muss ja Körner sparen.

Der Cúber Stausee unterhalb des Puig Major ist übrigens Mallorcas größter Stausee und wurde 1972 fertig gestellt. Hier herauf fährt auch ein Bus und man kann herrliche Wanderungen unternehmen. Am Stausee wartet wieder der Tourbus.

 

In den Bergen

Die Laufstrecke führt vom Cúber Stausee weiter durch die grandiose Bergwelt zum Refugi de Son Amer. Hier ist Mittagspause. Alle geniessen die willkommene Pause und lassen sich Essen und Trinken schmecken. Auch mir schmeckt es, obwohl ich bisher heute noch nichts gelaufen bin. Das wird sich jetzt ändern.

Andrea bricht als Erste auf. Ich folge ihr. Zusammen machen wir uns auf den Anstieg zum Puig Tomir. Bis zum Gipfel liegen zwar nur 5,6 km vor uns, aber fast 600 Hm. Zunächst geht es noch gemächlich bergan, aber das ändert sich rasch. Und bald schon ziehen die ersten zwei “Verfolger” an uns vorbei. Das ist das schöne an diesem Lauf: Jeder kann seinen eigenen Rythmus pflegen. Wir lassen uns nicht von unserem Tempo abbringen.

 

 
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Überall sehen wir abgeknickte Äste. Nahezu von jedem Baum hängt ein Ast herab. Kommt wohl von dem Sturm der vor gut drei Wochen zusammen mit massiven Schneefall über Mallorca zog.

Die Strecke bietet wieder alles. Steineichen, Kiefern, Olivenbäume, breite Schotterwege, schmale Pfade, weichen Walduntergrund, Viehgatter, Sonne, Schatten … Es wird uns nicht langweilig. Und wir kommen voran.

 

Puig Tomir

Wir kommen aus dem Wald heraus an den Bergfuss. Der “Sturm”auf den Puig Tomir beginnt. Bei dem mühevollen  Aufstieg durch eine Schutthalde mit unangenehmen Schotter stoßen Christian, Kerstin und Markus zu uns. Christian ist nicht zu halten und stürmt voran. Bald ist er nicht mehr zu sehen.

Zu viert kämpfen wir uns höher und höher. Obacht ist angesagt. Es geht die Schutthalde weit hinunter – sollte man ausrutschen. An den Felsen angelangt kommen uns Wanderer entgegen. Wenige Meter gibt es sogar Drahtsicherungen. Nicht unbedingt notwendig, aber ein sicheres Gefühl bietend. Wilde Bergziegen und ein Geier in großer Höhe beobachten neugierig was wir so machen. Für den Geier werden wir aber heute kein Futter abgeben.

 

 
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Wenn man denkt man sei oben kommt immer noch eine weitere Stufe die aufwärts zu bewältigen ist. Sogar eiserne Steighilfen sind am Fels und erleichtern den Aufstieg – zur nächsten Geländestufe. Wann endlich sind wir oben? Ich hechle den Dreien hinterher. Immer wieder stecke ich die Kamera in die Tasche um die Hände im Gelände frei zu haben. Dabei verliere ich Zeit. Aber ich kann dranbleiben.

Plötzlich bietet sich uns ein grandioser Weitblick fast über die ganze Insel. Vor uns liegen die Buchten von Pollenca und Alcudia, das Cap Formentor, sogar Palma ist am Horizont zu sehen. Andrea und Kerstin treiben uns nach oben. Wir sind ja noch nicht am Gipfel. Ein wenig müssen wir linker Hand noch an Höhe gewinnen, dann ist es vollbracht. Wir stehen auf dem Gipfel des Puig Tomir, 1.103m. Ein wahrer Höhepunkt des Trails.

Der Geier kreist unverändert über uns. Vielleicht denkt er, da könnte beim Abstieg noch etwas abfallen.

 

Finale

Michael kommt auf den Gipfel gestürmt. Wir geniessen zusammen das wirklich überwältigende Panorama, dann geht es an den Abstieg. Wir müssen uns etwas sputen. Über die löchrigen und vom Karst zerfressen Kalkfelsen geht es steil abwärts. An den  Resten eines verfallenen Gemäuers vorbei, teilweise über kurze Stellen kletternd kommen wir an einen Sattel. Hier warten wieder die harten Gräser auf uns.

Der Abstieg ist lang und erfordert Konzentration. Es geht steil abwärts, gefühlt endlos lang. Aber jeder Schritt bringt uns weiter nach unten. Eine Geländestufe nach der anderen geht es abwärts. Endlich ändert sich die Vegetation und wir kommen in bewaldetes Gebiet. Eine Finca liegt vor uns. Ein Bachlauf ist zu überqueren. Der Bach führt aber nur Zentimeter hoch Wasser.

 

 
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Michael weist kurz darauf auf einen Abzweig hin. Der Cami del Ninot führt direkt nach unten und bietet eine Abkürzung. Ich nehme das Angebot gerne an und Andrea begleitet mich. Michael läuft mit Kerstin und Markus auf dem Originaltrail weiter. Andrea und ich haben auch auf der Abkürzung ordentlich Arbeit vor uns. Aber irgendwann ist auch das geschafft und wir kommen am Ziel in Pollenca an.

Einige Läufer sind schon im Refugi del Pontroma angekommen und nehmen erste Regenerationsmassnahmen in Form von diversen Getränken und Speisen vor bzw. zu sich. Das Gepäck liegt für alle Läufer bereit. Ich greife meinen Rucksack mit Wechselkleidung und ziehe mich um. Dabei wird die erste Getränkedose geleert.

Da kommt auch schon Michael mit Kerstin und Markus. Rasch erfolgt die Teilnehmerehrung. Jeder erhält eine Teilnehmermedaille. Obwohl ich nur Teile der Strecke mitlaufen konnte bin ich stolz auf die Medaille – und auf das GR-221-Shirt.

Der Bus kommt und fährt einige, die heute schon abreisen werden, zum Flughafen. Andere bleiben noch einige Tage auf der Insel. Ich auch. Der Bus setzt mich am Busbahnhof in Palma an der Plaza de Espana ab und der Bus 204 bringt mich nach Port de Sóller. Ich darf noch einige Tage auf der wunderschönen Insel regenerieren.

 

Fazit

Grandioser Mehrtageslauf mit überwältigender Strecke, gut organisiert. Optimal mit einem Urlaub auf Mallorca zu kombinieren. Viele “Wiederholungstäter” bezeugen die Klasse des Laufes. Total entspanntes Laufen ohne jeden Wettkampfstress. Guerilla run – das ist ab jetzt genau mein Ding.

Ein Lauf zum Geniessen – egal was man an Strecke läuft.

Eines halte ich noch fest:

 

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Wenn ich einmal morgens aufwachen und mich 20 Jahre jünger fühlen sollte – also ohne Knie,- Rücken- oder sonstwas für Probleme – dann ziehe ich mir sofort die Laufsachen an und laufe den GR-221 komplett in 3 Etappen; vorausgesetzt das Erwachen findet auf Malloca statt.

PS: Zur Veranschaulichung habe ich Bilder zu von mir nicht gelaufenen Streckenabschnitten von meinen früheren Urlauben eingefügt..

 

Tipps für Reiselustige Läufer:

Port de Sóller ist eine guter Ausgangspunkt für Wanderungen im Tramuntana Gebirge. Hier starten einige Wandertouren und mit dem Bus kommt man gut zu vielen weiteren Wanderwegen.

Fahrt mit der historischen Straßenbahn von Port de Sóller nach Sóller. Dort ab in die Eisfabrik Fet a Sóller und ein dickes Hörnchen mit Eis genießen. Einfach nur köstlich. Dann weiterfahren mit dem Tren de Sóller. 1912 wurde die Eisenbahn von Palma nach Sóller erbaut und die 50-minütige Fahrt mit der alten Bahn ist ein echtes Erlebnis und Vergnügen. Für die Rückfahrt kann man ja wieder den Expressbus Linie 204 nehmen.

 

 


 
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