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03.03.24 - Special Event

Trail de Vulcain: Winterwonderland im Herzen Frankreichs

Volvic kennt fast jeder. In vielen Supermärkten schaut man im Getränkeregal auf einen grünen Vulkan der Auvergne. Das dazugehörige Mineralwasser hat den gleichen Namen, wie der kleine Ort, an dem die Quellen im Jahre 1927 wiederentdeckt wurden und der ganzen Region zu weltweiter Popularität verhalf.

Volvic liegt am Fuße des Puy de Dôme, der die höchste Erhebung einer Kette von Vulkanen ist. Der Chaîne de Puys. Sie erstreckt sich auf einer Länge von etwa 30 Kilometern von Nord nach Süd und umfasst an die 100 erloschene Vulkane. Sie steht seit 2018 auf der Liste des UNESCO-Welterbes und ist aus der Kontinentalverschiebung entstanden. 2008 wurde der Puy de Dôme mit dem Prädikat "Grand Site de France" (Große Sehenswürdigkeit Frankreichs) ausgezeichnet. Dies stellt den Vulkan unter einen besonderen Schutz. Vor Urzeiten ist hier die kontinentale Kruste aufgebrochen, sodass Magma aufsteigen konnte und für uns Trailrunner die Oberfläche in eine interessante Hügellandschaft verwandelt hat. Die Eruptionen, die all diese Kegel, Kuppeln und Maare geformt haben, liegen zwischen 95.000 und 8.500 Jahre zurück.

Benannt ist die Auvergne nach dem Keltenstamm der Averner (bekannt durch den Asterixband Der Avernerschild). Diesem gehörte auch der Gallierführer Vercingetorix an, der Cäsar die Stirn bot und der in Frankreich immer noch als Nationalheld verehrt wird.

 

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Erst viel später haben die modernen Helden der Tour de France die Auvergne für sich entdeckt. Früher gab es auf dem Puy de Dôme legendäre Etappensiege, aber dann wurde der Zirkus zu groß und es war zu wenig Platz auf dem Gipfel des Vulkans. Im letzten Jahr kehrte die Tour mit strengen Auflagen zurück. Auf den letzten 13 Kilometern waren keine Zuschauer erlaubt und für mich war es die spannendste Etappe. Hinterher war klar, dass ich hier, im Herzen der Vulkane, unbedingt mal laufen möchte.

Im Frühjahr und Herbst gibt es interessante Rennen mit einer riesigen Streckenauswahl. Ich entscheide mich für den Saison-Opener Anfang März. 77 Kilometer sollen es bei der 22.ten Ausgabe des Trail de Vulcain sein. Start und Ziel ist dabei, ja genau, in Volvic. Die Unterkünfte in diesem kleinen Ort waren bei der Anmeldung schon ausgebucht. Im letzten Jahr waren 2650 Teilnehmerinnen und Teilnehmer gemeldet und es gilt, sich nach der Öffnung der Anmeldung am 01. Oktober zügig zu entscheiden. Bis Dezember sind gewöhnlich die Tickets alle weg. Auch diesmal ist der Ultra mit 640 Teilnehmenden frühzeitig ausverkauft.

Wir schlagen daher unser Quartier im nur 10 Kilometer entfernten Clermont- Ferrand auf. Mit von der Partie sind die üblichen Verdächtigen von den Hartfüßlern. Mike und Katja laufen ihr erstes Rennen im Jahr. Astrid hat den Winter zum Formaufbau genutzt und will hier mal den Zwischenstand abrufen. Mein Laufkumpel Burkhard hat diesen Winter auch nicht getrödelt. Wir haben alle noch Großes vor in diesem Jahr und wollen es schon gleich am Anfang krachen lassen. Wobei bei mir seit Monaten nur noch die alten Knochen krachen. Egal, für 77 Kilometer sollte es reichen.  

 

 
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Alle reden vom Wetter


Die Auvergne liegt im Massive Central, dem „vergessenen“ Gebirge mitten in Frankreich. Wir reisen schon am Freitag vor dem Rennen an. Eine Gewöhnung an die Höhe ist nicht nötig bei einer maximalen Strecken-Höhe von 1500 Metern. Eigentlich hatte ich auf frühlingshaftes Wetter gehofft, aber das kann man sich ja nicht aussuchen. Der Samstag soll noch schön sein, aber am Sonntag sieht es recht trüb aus. Also nutzen wir den Samstag für einen Ausflug auf den Puy de Dôme.

Auf dem großen Parkplatz der Zahnradbahn sehen wir schon das Flatterband, das die Strecke für morgen markiert. Sogar ein paar Läufer sind unterwegs zum Streckencheck.
Puy de Dôme, das Juwel der Chaîne des Puys

Auf dem frühlingshaften Gipfel erwartet uns ein fantastischer Ausblick über die Landschaft. Mehr als achtzig Vulkane haben sich von Nord nach Süd in einer Kette aufgereiht. Bei guter Sicht reicht der Blick bis zum Mont Blanc. Heute reicht es allerdings nur bis zu den Monts de Forez, die zwischen uns und dem Rhonetal liegen. Dort ist alles noch schneebedeckt und vom Frühling weit entfernt. Auf dem Gipfel gibt es eine große Wetterbeobachtungsstation, die Reste eines Merkurtempels und eine Fliegerstatue, die auf die Anfänge der Fliegerei im letzten Jahrhundert erinnert. Für die Kleinen ist sogar eine kleine Eisfläche zum Schlittschuhfahren noch geöffnet. Das erinnert mich an den Wetterbericht, der für morgen in der Höhe Schnee voraussagt.

Wir nehmen noch einen Snack im Gipfelbistro, dann geht es mit der Bahn wieder steil nach unten. Nach Volvic zur Startnummernausgabe sind es nur wenige Kilometer. Die Parkplätze werden angewiesen. Die Startnummern gibt es gut organisiert in der Halle des großen Sportzentrums. Auf dem Heimweg halten wir im Supermarkt und kaufen ein für unsere private Pastaparty. Wir checken stündlich den Wetterbericht, der ständig seine Prognose ändert und bis zum Abend immer schlechter wird.

In der Nacht soll es stark regnen, ab morgen früh dann Schnee. Auf dem Puy de Dôme gefühlte -10 Grad und Windgeschwindigkeiten von 63 km/h. So ein Mist. Damit hatten wir jetzt nicht gerechnet. Ich hatte mir eher einen milden Frühlingstag vorgestellt. Mein Freund Swen schickt mir Fotos aus dem Schwarzwald, wo er bei 17 Grad durch den Simonswald läuft. Irgendwas habe ich falsch gemacht. Um neun Uhr liegen wir im Bett, bevor wir noch lange über die morgige Ausrüstung diskutiert haben.

 

Alles eine Frage der Ausrüstung


Um viertel vor vier stehen wir auf. Wortlos ziehen wir uns an. Der Blick aus dem Fenster verspricht nichts Gutes. Schneeregen klatscht gegen das Fenster.  Hoffentlich sind die Straßen nach Volvic frei. Ich packe die Schneeketten in den Rucksack, die ich zum Glück mitgenommen habe. Um fünf Uhr sind wir auf dem Startgelände. In der Halle herrscht schon reges Treiben. Einige Läuferinnen und Läufer gehen tatsächlich in kurzer Hose an den Start, der sich um eine gute Viertelstunde verzögert.

 

 
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Bei strömendem Regen werden wir nach kurzem, französischem Briefing auf die Strecke geschickt. Sehr schnell wechselt der Regen in Schnee. Ich trage eine lange Thermohose, eine kurze Überhose, ein langes Thermoshirt, eine dünne Softshelljacke und über dem Rucksack eine Regenjacke. So kann ich die Temperatur sehr gut regulieren. Die Kappe hält mir den Regen und den Schnee aus dem Gesicht und die Handschuhe haben eine praktische wasserdichte Abdeckung. Nach zwei Kilometern ist nur noch Winterwonderland. Anfangs läuft noch Wasser über die Pfade, dann überall feste Schneedecke. Es geht flott voran. Überholen ist auf den schmalen Pfaden aber nicht möglich. Nach wenigen Kilometern können wir die Stirnlampe wegpacken. Dann kommen die ersten steileren Anstiege. Der Schnee ist noch recht griffig. Bei Kilometer 15 ziehen wir die Schneeketten auf. Genau zum richtigen Zeitpunkt. Im folgenden Downhill habe viele Probleme. Der festgetrampelte Schnee gibt keinen Halt mehr.

 

Winterwonderland im Innern des Vulkans

 

Schnell sind wir am Volcan de Lemptégy. Bei gutem Wetter kann man dort den Innenaufbau eines Vulcans bewundern. Hier wurde Ende des zweiten Weltkrieges Lavaschlacke zum Wiederaufbau der vom Krieg zerstörten Städte abgebaut. Davon ist heute nicht viel zu sehen. Es ist neblig und alles ist dick mit Schnee bedeckt. Immerhin ist die Verpflegung in einer Halle untergebracht. Es gibt warme Suppe und allerlei leckere Sachen. Wir haben eine halbe Stunde auf’s Cutoff. Das ist nicht viel. Ich nehme einen Becher Cola und weiter geht’s.

 

 
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Das Laufen wird jetzt schwer. Im Wald sammelt sich Matsch an den Ketten. Je höher wir kommen, desto höher der Schnee, der auf dem Trail eine feste Eiskruste bildet. Wenn diese bricht, hängt sie ebenfalls an den Ketten. Bis zur nächsten Verpflegung verlieren wir so 10 Minuten.

Jetzt geht es hoch zum Puy de Dôme. Mike kommt uns entgegen. Er warnt uns schon mal vor, was uns oben erwartet. Astrid ist schon durch. Katja kommt uns im halben Aufstieg entgegen. Mir tun die Läuferinnen und Läufer leid, die uns in kurzer Hose mit knallroten Beinen entgegenkommen. Viele tragen auch schon Blessuren, die sie sich bei Stürzen zugezogen haben. Die Läuferinnen und Läufer ohne Spikes suchen Halt im tieferen Schnee am Wegrand. Es ist sehr steil und viele stürzen und schlittern den steilen Weg herunter.

 

Schneesturm auf dem Gipfel

 

Auf dem Gipfel ist es dann sehr ungemütlich. Die Sicht beträgt knapp 20 Meter. Der Schnee peitscht uns ins Gesicht und fühlt sich an, wie Nadelstiche. Ich ziehe alle Reißverschlüsse hoch und versuche den Weg zu erkennen. Durch den starken Wind gibt es keine Spuren. Die Schneewehen verdecken alles augenblicklich. Tiefe Löcher im Schnee entstehen dort, wo jemand neben den Weg getreten ist. Das ist neben dem Flatterband die einzige Orientierung. Mir frieren die Wimpern zu. Trotz der Schwierigkeiten buche ich das ganze als interessante Erfahrung ab und genieße den verrückten Sturm. Weiß ich doch, dass der Weg um den Gipfel nur kurz ist und es gleich wieder in den windgeschützten Abstieg geht. Wirklich leid tun mir die Helfer, die dort oben die Startnummern notieren und uns wieder ins Tal leiten. Mit den Spikes lässt es sich bergrunter ganz gut laufen. Es kommen uns auch noch einige Läufer entgegen. Trotzdem haben wir bei km 42 nur noch 10 Minuten aufs Cutoff.

 

 
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Wir mussten einige Federn lassen. Die Wege sind jetzt wieder einfacher, aber der Matsch kostet Kraft. Matsch im Wald, Eis auf den freien Flächen. Wir kommen bei km 52 wieder an die gleiche Verpflegungsstation am Volcan de Lemptégy. Nur fünf Minuten konnten wir gut machen. Naja. Wir dachten wir wären schneller, gehen aber zuversichtlich auf die weitere Strecke.

Es ist neblig und es wird wieder kälter. Die Strecke wurde von den Läuferinnen und Läufern vor uns in eine einzige Schlammpackung verwandelt. Die Anstiege mit den vereisten Treppen und Rampen lassen sich mit den Spikes noch gut gehen, aber auf den Abstiegen ist an Laufen nicht mehr zu denken. Selbst mit den Ketten findet man keinen Halt mehr. Unter dem Schlamm lauern zudem Steine, die es nicht einfacher machen. Es wird so langsam dunkel und wir kramen die Stirnlampen wieder hervor. Wir überholen einige Läufer, die keine Spikes dabeihaben und auf den vereisten und schlammigen Downhills große Probleme haben.

Trotzdem reicht es bei Kilometer 65 nicht mehr für uns. Mist.


DNF an der letzten Verpflegung


Wir sind ein paar Minuten über dem Cutoff. Diskussion zwecklos. Es gibt auch keinen Witterungsbonus. Wir müssen die Startnummern abgeben. Sehr schade. Wir hätten das Ding gerne zu Ende gebracht. Sind es doch nur noch 12 Kilometer. Wir überlegen, die Strecke für uns noch fertig zu laufen, aber dann siegt die Vernunft.

 

 
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Wir steigen in den Bus, der uns zurück in die warme Halle nach Volvic bringt. Das war die richtige Entscheidung. Astrid und Mike sind schon da. Sie konnten das Ding souverän finishen. Mike ist mehrfach gestürzt und humpelt ein wenig. Aber es ist wohl nichts Ernstes. Nach ein paar Minuten kommt auch Katja ins Ziel, das praktischerweise direkt im Eingang der Halle ist. Die Duschen sind kalt und wir sind alle kaputt. Wir wollen nur noch zurück in die Wohnung.

Es war eine harte Nummer heute. Der plötzliche Wintereinbruch hat uns viele Körner gekostet. Burkhard und ich hätten am Anfang einfach mehr Gas geben müssen, dann hätte es vielleicht noch gereicht, aber so war einfach nicht mehr drin. Nach einer heißen Dusche und der Lieferung vom Pizzaservice lecken wir unsere Wunden. Trotz aller Anstrengung und Widrigkeiten, habe ich den Lauf sehr genossen. Die Winterlandschaft und sogar der Schneesturm auf dem Puy de Dôme hatten Ihren Reiz und die schwere Strecke hat trotz Schlamm und Eis Spaß gemacht. Diesmal hat es leider nicht gereicht, aber die Saison hat ja erst begonnen.

Am nächsten Morgen scheint übrigens noch mal die Sonne. Die blühenden Blumen in unserem Vorgarten haben alles gut überstanden. Von Winter keine Spur mehr. Nur der Blick hoch zum Gipfel des Puy de Dôme mit seiner weißen Haube erinnert noch an unser gestriges Winter-Abenteuer.

 

 

Fazit


Der Trail de Vulcain bietet interessante Strecken im Parc Naturel des Volcans d’Auvergne. Der Lauf ist bestens organisiert und bietet – gutes Wetter vorausgesetzt – eine fantastische Rundumsicht vom spektakulären Gipfel des Puy de Dôme.  Anfang März muss in der Auvergne jederzeit mit einem Wintereinbruch gerechnet werden. Hochalpine Ausrüstung ist dann unerlässlich.

Von 571 Startern haben 501 das Ziel erreicht.  

 

Strecken


Ultra Volcanique        77 km / +-2870 Hm
Marathon Volcanique        48 km / +-1840 Hm
Riom Limagne & Volcans    22 km / +-8600 Hm
Volvic Nature            11 km / +-480 Hm
La Rando à Josy, Wanderung auf der 11 km Strecke

 

 


 
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