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09.02.20 - Special Event

Winterrun entlang der Isar

Kälte, Regen, Eis, Matsch, Schnee – wer im Winter eine Ausrede braucht, nicht zu laufen, muss nicht lange suchen. Im Winter zeigt sich, in wessen Brust ein echtes Läuferherz schlägt. Wie heißt es so schön? Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Ausrüstung. Gerade das Laufen durch die Natur hat im Winter seine eigene Qualität, etwa wenn man seine Spur durch unberührten weichen Schnee ziehen darf (na ja, in hiesigen Breiten eher Wunschdenken) oder aber auch, wenn der Matsch nur so zwischen den Stollen der Trailtreter empor spritzt ....

Bei den Laufveranstaltern scheint die Befürchtung zu dominieren, im Winter allein auf weiter Flur zu stehen. Jedenfalls machen sie sich im Winter rar. Die es wagen, dürfen sich jedoch häufig vom Gegenteil überzeugen und über satte Teilnehmerzahlen freuen. Besonders hoch in der Beliebtheitsskala stehen Winterlaufserien, in der Regel aus drei, sich in der Distanz steigernden Läufen bestehend. Im Großraum München ist es vor allem eine, die die Winterläufer magisch anzieht: Die Ismaninger Winterlaufserie.

 

Start ins Ismaning

 

Bekannt ist Ismaning im Norden des Landkreises München vor allem als Medienstandort. Ansonsten ist, nahe der Natur, eher Beschaulichkeit angesagt. Und eben diese Natur, konkret die Isarauen, sind das Revier, wo die Läufe traditionell, im Jahresübergang 2019/2020 zum immerhin 29. Mal, beheimatet sind. 13 – 17 – 21,4 km: So lautet die Herausforderung, die bei den drei Läufen von Dezember bis Februar zu bewältigen ist. Der Parcours: Ein Mix aus Pendel- und Rundkurs, fast ohne Höhenmeter, aber weitestgehend auf Naturboden, wobei mathematisch betrachtet die jeweils kürzeren Distanzen im Wesentlichen Teilmengen der jeweils längeren darstellen.

 

 
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Zugegeben: Die ersten beiden Läufe über 13 und 17 km Mitte Dezember und Januar habe ich geschwänzt. Meine Ausrede: Im Dezember war es mir einfach nicht winterlich genug, im Januar der innere "Sonntag-Morgen-Schweinehund" zu übermächtig. Die Königsdistanz, den Halbmarathon "plus" über 21,4 km am 9. Februar lasse ich mir aber nicht entgehen, auch wenn von Schnee und Eis und damit einem gewissen Winterfeeling weit und breit keine Spur ist.

Nach den etwa 1.050 bzw. 950 Finishern bei den beiden ersten Läufen sind es zum Finale nochmals an die 900 Winterresistente, die im Sportpark des TSV Ismaning, gleichermaßen Start- und Zielpunkt der Veranstaltung, für einen respektablen Auflauf sorgen. Um dem Verkehrsinfarkt vorzubeugen, ist ein Busshuttle zur S-Bahn-Station eingerichtet. Wer auf sein Auto nicht verzichten will, sollte zumindest frühzeitig anreisen. Der große Parkplatz füllt sich schnell.

Wer sich für die gesamte Serie, wie das Gros der Teilnehmer, angemeldet hat, kann dank des Mottos "drei Läufe – eine Startnummer" gleich an die Startlinie gehen. Einzellaufstarter und Spontan-Nachmelder müssen erst die beeindruckend große offene Eisstockhalle im Sportpark besuchen, um ihre Startinsignie zu bekommen. Beachtlich ist der Andrang bei den Nachmeldern: Kein Wunder, lacht doch die Sonne bei kühlen Temperaturen vom Himmel und herrschen beste Laufbedingungen. Ansonsten hat man den Eindruck eines riesigen stimmungsvollen Läufer-Familientreffens.

Kurz vor 10 Uhr wird es voll im Startkorridor auf der 400 Meter-Bahn-Oval im Sportpark. Da die zu belaufenden Wege in ihrem Fassungsvermögen limitiert sind, wird blockweise gestartet. Wer eine Zeit unter zwei Stunden anvisiert, ist im ersten Block richtig, für alle anderen gibt es einen zweiten mit fünf Minuten Abstand startenden Block. Dank Nettozeitnahme ist es ohnehin egal, wo man letztlich steht. 

Der Startschuss um 10 Uhr bringt die Läufer schnell auf Trab. Noch fern jedes Trail-Feelings verläuft der Kurs auf dem ersten Kilometer über den Asphalt der verkehrsgesperrten Freisinger Straße, vorbei am Gewerbepark, und folgt dann, nach rechts auf einen Fußweg abzweigend, ein kurzes Stück der B 471. Der Vorteil: Schon bevor wir den deutlich schmaleren Naturweg erreichen, hat sich das Feld weitgehend entzerrt.

Kurz bevor die B 471 die Isar quert, werden wir nach rechts gelotst. Eine abschüssige Kurve bringt uns direkt an den Fluss heran und mitten hinein in die Auen drum herum.

 

Die Isar stromabwärts …

 

Im Karwendel-Gebirge entspringend, in die Donau mündend und zwischendurch die Bayern-Metropole teilend: Das ist die Isar. Ein Amazonas ist sie nicht gerade, aber unterschätzen sollte man die Kraft des Flusses auch nicht, vor allem nach der Schneeschmelze. Läuferisch ist die Isar ohne Zweifel ein Paradies. Denn in und vor allem um München ist sie eingebettet in pralle, unverbaute und mit einem Netz aus Wegen und Pfaden erschlossene Natur. Kleiner Long Jog-Tipp am Rande: Mit der U-Bahn zur Uni fahren, dort hinein in den Englischen Garten laufen und dann via Hirschau einfach dem Lauf des Flusses gen Norden folgen – 30 km weit bis Freising. Dort ein Belohnungsbierchen schlürfen und die S-Bahn retour nehmen: Das hat was.

 

 
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Aber zurück ins Hier und Jetzt: Für die nächsten 5,5 km ist der Fluss, dem wir auf einem Naturweg stromabwärts gen Norden folgen, unser stetiger Begleiter. Breit und gemächlich wälzt er sich dahin. Mit deutlich mehr Tempo trabt die Läuferschar dahin.

Geradezu meditativen Charakter hat, den Blick auf das meist in trägem Gleichlauf dahin strömende Wasser zu richten. Nur ab und an kommt an felsdurchsetzten „Stromschnellen“ ein wenig mehr Bewegung in die Szenerie. Allzu sehr innerlich abtauchen sollte man aber nicht, fordert der Kurs doch gewisse Aufmerksamkeit, will man nicht Balance und Reflexe in einer vereisten Pfütze oder bei einer sonstigen Bodenunebenheit austesten. Optisch besonders schön sind die im Sonnenlicht hellglänzenden Schilfgräser, deren trockenen Halme es wohl dem ausbleibenden Schnee zu verdanken haben, dass sie noch immer sanft im Wind wiegen.

 

… durch die Auen …

 

Eine willkommene Abwechslung ist der Verpflegungsposten nach 6,5 km. Freundliche Vereinsdamen halten uns schon die Getränkebecher entgegen. Lange hält sich zwar niemand auf, doch ein paar Schluck Wasser oder warmen Tee nehmen die meisten mit.

Gleichzeitig heißt es, für ein Weilchen Abschied zu nehmen von der Isar. Nach rechts zweigt der Kurs ab, hinein in den Auenwald. Über den parallel zur Isar fließenden Schörgenbach hinweg entfernen wir uns durch dschungelig wuchernde Natur ein Stück weit vom Fluss, ehe ein weiterer Abzweig uns, parallel zur Isar, wieder auf Kurs gen Norden bringt.

 

 
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In einer langen Geraden geht es dahin, quer durch den aufgrund einer Stromoberleitung bisweilen großzügig ausgeschnittenen Wald. Immer geradeaus. Es ist nicht das spannendste Streckenstück, aber es läuft sich gut dahin. Dennoch stellt sich ein gewisses „Endlich!“-Gefühl ein, als ich nach 10,5 km auf Höhe der den Fluss querenden Erdinger Straße die Wende erreiche und wir in einem Bogen wieder direkt ans Isarufer gelotst werden.

 

… und stromaufwärts zurück

 

Direkt an den Gestaden der Isar entlang geht es gen Süden, stromaufwärts der tief stehenden Wintersonne entgegen. Immer wieder stimmungsvolle Anblicke bieten gerade im Gegenlicht das wogende Schilf und das winterlich karge Geäst der Bäume und Sträucher vor dem blinkenden Wasser des Flusses.

 

 
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Nach 14 km erreichen wir dort, wo der Kurs zuvor vom Fluss abzweigte, erneut die schon bekannte Verpflegungsstelle. Ich konstatiere: Der Durst ist größer geworden und zwei Becher Tee müssen es jetzt schon sein. Kein Wunder: Die Sonne hat an Kraft gewonnen und die Temperaturen vom Gefrierpunkt auf an die fünfzehn Grad Celsius in die Höhe katapultiert.

Und weiter geht es: Kilometer um Kilometer - jeweils einzeln ausgeschildert - am Fluss entlang.

 

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Samba und Krapfen

 

Abschied vom Fluss zu nehmen heißt es nach einem kurzen Anstieg hinter km 20, der uns vom Isarufer wieder auf hochwassersicheres Niveau bringt. Auf gleichem Weg, wie vom Start kommend, geht es über einen Asphaltweg und dann via Freisinger Straße dem Sportgelände des TSV Ismaning entgegen. Schon am Start hatten sie wild getrommelt – und auch jetzt noch sorgt eine Truppe ausdauernder Sambatrommler kurz vor dem Ziel für den letzten Schwung.

Ein paar Meter geht es, per Lautsprecher schon vom Zielmoderator angekündigt, über die Tartanbahn, dann ist das Zielbanner durchschritten, fixiert die Zeiterfassungsmatte die erbrachte Leistung. 1:11:50 sind das für Seriensieger Johannes Hillebrand, der selbst als über 40-jähriger noch die Jungdynamiker im Feld deklassiert. Bei mir sind es dann doch ein paar Minuten mehr.

 

 
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Resümee:

Herrlich war es, bei diesem Wetter durch die Natur entlang der Isar zu traben. Weniger herrlich lediglich die Erkenntnis, dass der Trainingszustand für die anstehende Saison noch reichlich „Potenzial“ hat. Bei Krapfen und warmem Tee in der Sonne vor der Eisstockhalle stehend ist alle Mühe jedoch schnell vergessen und ich denke nur: Laufen ist einfach die schönste Nebensache der Welt. 

 

 


 
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