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29.02.20 - Special Event

FormenteraAllRoundTrail: Einmal drumherum

Der Hippiemarkt in El Pilar de la Mola erinnert noch daran, dass Formentera früher als Geheimtipp unter Aussteigern gehandelt wurde. Die Zeiten, als  Bob Dylan, King Crimson und die Mitglieder von Pink Floyd auf der Insel lebten, sind noch in der Bar „Fonda Pepe“ und der Gitarrenbauerschule in Sant Ferran de ses Roques nachzuerleben. Ansonsten tummeln sich hier die üblichen Touristen auf der Insel, um die wunderschönen Strände zu besuchen. Nicht umsonst wird die Insel auch „kleine Karibik“ genannt.

Zahlreiche schöne Strände locken die Besucher in das Badeparadies. Durch die Konzentration des Massentourismus auf wenige Orte der Insel, konnte sich Formentera noch einiges von seiner ursprünglichen Schönheit bewahren. Von Massentourismus ist aber bei einem Besuch im Februar nichts zu spüren. Die Geschäfte sind alle noch im Winterschlaf und es wird schwierig, abends ein Restaurant zu finden, das geöffnet ist. Die Touri-Hochburg Es Pujols gleicht geradezu einer Geisterstadt. Uns ist es gerade recht.

Eine Woche vor dem Lauf schlendern wir an einsamen Stränden und idyllischen Felsbuchten an einer grandiosen Steilküste entlang. Das Wetter ist fantastisch. Sonne pur bei knapp 20 Grad  taucht die Insel in ein malerisches Licht. Die Wiesen blühen bereits und die allgegenwärtigen knorrigen Feigenbäume zeigen das erste Grün.  

Für deutsche Läufer scheint die Insel noch ein echter Geheimtipp zu sein. In den Anmeldungen finde ich nur zwei Landsleute, die wohl hier oder auf Ibiza leben. Dabei ist das Rennen geradezu optimal geeignet, um dem kalten Winter in Deutschland zu entfliehen. Mit einer Fläche von 82 Quadratkilometern ist Formentera gerade so groß, dass man sie an einem Tag umrunden kann und das ist auch die Strategie des Formentera All Round Trails. Die Strecke führt gut 73 Kilometer an der Küste entlang. Über die genaue Streckenführung konnte ich nichts Richtiges herausfinden, aber so wie es auf dem Luftbild aussieht, laufen wir weitestgehend über die Strände.

Am Freitagnachmittag  geht es zur Startnummernausgabe. Ein Rucksack mit der Startnummer, Handtuch und Shirt gehen über die Theke. Als Zeitmessung dient der Championchip. Für die Teilnahme muss man sich ein Profil beim spanischen Partner elitechip anlegen.

 

 
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Der Start ist am Samstag um halb neun. Für mich heißt das, dass ich die Stirnlampe einpacken muss. Zielschluss ist um halb zehn. Das müsste reichen.  Es wird noch einmal runtergezählt, schnell noch ein Küsschen zum Abschied und los geht’s durch das noch schlafende La Savina. Erst mal über die Hauptstrasse aus dem Ort und dann weiter an der Lagune vorbei  in Richtung Cap de Barbaria. Die Strecke ist sehr gut laufbar. Ohne große Steigungen geht es auf guten Fahrwegen flott voran.

Vorbei an schönen Ferienhäusern und verträumten Buchten erreichen wir den Torre de la Gavina. Wir sind jetzt auf einer Hochebene, die Strecke wird zunehmend felsiger. Noch einen Abstecher zu einem schönen Strand und schon geht es wieder auf die Hochebene. Die Strecke bietet jetzt fantastische Ausblicke entlang der bizarren Steilküste. Direkt am Rand der Klippen laufen wir auf immer schwierigerem Terrain. Jetzt bloß nicht stolpern. Noch ein kurzes Stück Straße und ich bin in einer für meine Verhältnisse super Zeit nach 17 Kilometern am ersten Verpflegungspunkt am Leuchtturm vom Cap de Barbaria. Die Temperaturen sind noch sehr angenehm und ein frisches Lüftchen sorgt für Abkühlung. Ich fülle nach und laufe direkt weiter.

 

 
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Die Strecke ändert sich jetzt schlagartig. Der Untergrund wird immer felsiger. Wir steigen sehr steil ab bis zum Wasser. Es geht durch eine winzige Bucht,  vorbei an den typischen Bretterbuden, in denen die Fischerboote untergebracht sind. Genauso steil geht es wieder in die Höhe, um direkt wieder in die nächste Bucht abzusteigen. Die Streckenführung ist schon sehr abenteuerlich. Mit Höhenangst geht hier nichts mehr,  die Kletterpassagen sind nicht ganz ungefährlich. Ein Ausrutscher auf den feuchten Felsen wäre fatal. Teilweise auf allen Vieren und geht es im Schneckentempo durch den wohl schwierigsten Abschnitt. Schöne Ausblicke auf das türkisfarbene Wasser können mich nicht mehr begeistern. Ich bin froh, als ich nach acht harten Kilometern wieder flachen Sandstrand unter den Füßen habe.

Durch die lang gezogene Bucht von Migjorn geht es durch angewehtes Seegras und weichen Sand. Schöne Hotels und Strandbars liegen noch im Winterschlaf. Auf dem Seegras läuft es sich wie auf einer ausgelutschten Matratze, aber wenigstens ohne Klettereinlagen. Am Calo des Morts habe ich nach 33 Kilometern die zweite Verpflegung erreicht.

 

 
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Jetzt geht es erst mal berghoch. Auf einer langen Gerade geht es schnurstracks auf die Hochebene. Im Windschatten ist es jetzt sehr warm,  ich merke, dass ich bis jetzt zu wenig getrunken habe. Ich bin sehr schnell ausgetrocknet. Oben angekommen, bläst der Wind. Natürlich von der falschen Seite. Ich habe ein Tief und kann mich nur schwer motivieren. Beim Spaziergang vor ein paar Tagen war ich noch fasziniert von der Hochebene und der steilen Küste mit dem malerischen Leuchtturm Far de la Mola. Immerhin habe ich hier schon mehr als die Hälfte. Der Wind bläst mir die paar Nudeln, die es an der Verpflegung gibt, fast weg. Ich habe keine Lust mehr. Die Strecke zieht sich jetzt elend kreuz und quer über Fahrwege über das Plateau. Ab und zu ein Wäldchen, dann wieder pralle Sonne. Und der Wind immer von vorne. Eine erneute Kletterpassage zermürbt mich.  Ich bin froh, als ich den ersten Blick auf die unten liegende langgestreckte Bucht erhasche.

Über große Wackersteine geht es jetzt bergab bis Es Calo, wo ich schon 52 Kilometer auf dem Tacho habe. Leider gibt es an der Verpflegung kein Bier. Alle Läden sind noch geschlossen. Egal. Ich muss viel trinken, denn ich merke, dass ich total ausgetrocknet bin. Mit schwerem Wasserbauch mache ich mich auf den felsigen Weg. Die Strände auf der östlichen Seite sind nur selten sandig,  der Weg ist aber ganz gut laufbar. Ich liege eine gute Stunde vorm Cutoff und muss mich nicht beeilen. Die Punta Prima, wo am Torre die letzte Verpflegungsstation wartet, sieht man schon von weitem. Erst noch ein kurzer Aufstieg, dann dicht an der Kante der Hochebene entlang, wartet an der Verpflegung meine Frau mit kühlem Bier. Ein Hoch auf das mobile Telefonieren!

 

 
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Jetzt sind es noch etwa 14 Kilometer.  Der Wind ist ziemlich frisch,  die Sonne hat sich zum ersten Mal seit einer Woche hinter einer Wolke verzogen.  Auf gutem Weg geht es wieder runter zum Strand, wo wir kurz darauf die Touristenhochburg Es Pujols erreichen. Alles noch für den Winter verpackt, sieht es aus, wie in einer Geisterstadt. Schöne Strände mit sehr schön gelegenen Restaurants begleiten uns noch eine Weile, bis wir dann zu der langgezogenen nördlichen Landzunge kommen. Diese Strände sind es, die der Insel den Beinamen „kleine Karibik“ geben. Mal auf Holzstegen, aber meistens im schweren Sand geht es immer am Wasser vorbei in Richtung Norden. Laufen geht nur noch auf den Holzstegen. An manchen Stellen ist die Landzunge so schmal, dass sich die Strände links und rechts fast berühren. Um dem tiefen Sand auszuweichen, geht es immer dicht am Wasser vorbei. Nasse Füße sind mir jetzt egal. Die Stimmung ist sehr schön. Die Sonne geht langsam unter und der Wind hat das Meer ein wenig aufgewühlt.

 

 
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Am nördlichsten Punkt endet der Strand abrupt. Noch ein Piep auf der Zeitnahmematte und schon geht es wieder zurück. Ich habe mir die Windjacke übergezogen und es wird Zeit für die Stirnlampe. Viele Läuferinnen und Läufer kommen mir jetzt nicht mehr entgegen. Ich laufe, oder besser, ich gehe jetzt mit einem Spanier, dessen Lampe keinen Saft mehr hat. Das Ziel in La Savina haben wir die ganze Zeit im Blick, bis wir auf einen Fahrweg treffen. Endlich hat der Sand ein Ende. Zügig geht es jetzt an den Salinen vorbei in Richtung Ziel.

 In der Stadt angekommen,  werden wir an einer Bar noch einmal angefeuert.  An der Hafenpromenade laufe ich dann nach elfeinhalb Stunden  durch den Zielkorridor. Bis zum Cutoff sind es noch anderthalb Stunden.  Aber viele Läuferinnen und Läufer kommen nach mir nicht mehr ins Ziel. Das Bier ist auch schon aus und so geht es schnell nach Hause unter die Dusche und ab zum spanischen  Italiener, die Vorräte wieder auffüllen.

 

 

 

Fazit:

Der Formentera Allround Trail ist ein echter Geheimtipp. Die Strecke beinhaltet alle Facetten einer mediterranen Landschaft. Zu der Jahreszeit herrschen optimale klimatische Laufbedingungen. Die Strecke sollte allerdings nicht unterschätzt werden. Insbesondere der Streckenabschnitt zwischen Kilometer 20 und 28 ist teilweise sehr haarig und Trittsicherheit ist absolut gefordert. Wer’s kürzer mag, kann auch die Marathondistanz oder den halben wählen.   

Die Anreise nach Formentera läuft über Ibiza und dann mit der Fähre zum Startpunkt La Savina. Leider ist die Auswahl an Flügen zu dieser Zeit nicht sehr groß, da die Saison noch nicht begonnen hat. Als Unterkunft hatten wir uns für San Francesc entschieden. Das ist der Hauptort der Insel. Mit einem Mietwagen erreicht man alle Punkte der Insel innerhalb einer halben Stunde. 

 


 
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