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07.04.19 - Special Event

GR 221 (Serra de Tramuntana)

In den Bergen des Nordwinds


Auf dem GR 221, der Ruta de Pedra en Sec (Trockenmauerweg), lässt sich ganz wunderbar die Serra de Tramuntana erkunden, das Weltkulturerbe an Mallorcas Nordküste. Da gabs einmal einen Lauf, am Stück, einmal längs durch die Berge. Im Hellen und im Finstern. Heute machen wir das anders: in drei wunderbaren Etappen und in aller Ruhe. Michael machts möglich. Zusammen mit Christian hat er tolle Trails zusätzlich erkundet, oft viel schöner als der eigentliche Wanderweg. Und mit Trail ist auch wirklich Trail gemeint. In jeder Beziehung…

 

Tag 1, Freitag.10:30. (33 km)

In Port d´Andratx soll es losgehen. Ein Bus bringt alle dahin. Ein Shuttle holt die anderen ab, die erst in der Früh anreisen. Beste und pünktliche Organisation von Anfang an. Zum Kennenlernen ist unterwegs ja genug Zeit, das findet sich von allein. Alles Gepäck (nur kleine, handliche Sachen) wird im Shuttle verstaut, der begleitet uns auf den Etappen. GPS aktiviert und ab geht’s. Zur Sicherheit läuft Christian die ersten km mit. Es gibt nämlich unzählige Möglichkeiten, sich zu verirren…

Der GR 221 beginnt hier nämlich nicht, sondern in Andratx. Es gibt also zunächst auch keine Schilder. Wir traben auf einer schönen Schmankerlstrecke in die Berge. Und es wird steil, von Anfang an. Gleich neben Hausnummer 8 ein wilder Trail. Warm und sonnig, es duftet nach Baumharz. Später folgen schöne Aussichtspunkte zurück oder zur Insel Dragonera. Das Böse unter der Sonne – dieser tolle Poirotfilm mit Peter Ustinov hat genau diesen Blick im Abspann.

Stellenweise sind die Pfade kaum zu erkennen, dann wieder sind es breite Fahrwege, aber immer trocken und steinig. Tiefblaues Meer da unten, frischgrüne Büsche und Bäume hier oben. So kann das mal bleiben. In San Elm, nach etwa 8 km, erste Kontrolle. Jeder trägt seine Durchlaufzeit ein, dann weiter. Am shuttle noch ein Bierchen oder im Ort ein leckeres Eis, dann kann es schön weitergehen. Hoch und höher die Küste längs mit fantastischem Ausblick aufs Meer. Traumhaft schön und außer uns ist kaum jemand unterwegs.

 

 
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La Trapa, ein altes Kloster, lassen wir links liegen und arbeiten uns die Berge weiter hoch. Hier tauchen tatsächlich erste, sehr spärlich gesetzte Schilder des GR 221 auf. Nicht wirklich hilfreich bei unzähligen Kreuzungen. Also: GPS fragen. Bis Coll de Gramola geht’s prima, der Weg wandelt sich zur gut laufbaren Forststraße. Dann etwas Asphalt, am Treffpunkt bei 21 km wartet unser shuttle. Daneben die Finca ses Fontanelles.

Ab hier kommt ein kniffliger Abschnitt: es führt nicht nur sausteil hoch, die Wegmarkierungen bestehen nur aus kleinen Steinmännchen, manchmal sind sie sogar sehr klein. Das können schon mal bloß 2-3 übereinanderliegende junge Felsen sein. Nebel kommt auch noch hinzu, starker Wind und später auch Regen. Der lockere Trail wird rasch zur Durchschlageübung. Keine Fernsicht und kalt wird es auch noch. Wehe, man hat an der Pflichtausrüstung gespart: kleine Sünden werden sofort bestraft! Falls es zu schlimm wird, kann man auf Alternativrouten ausweichen. Wenn man diese denn findet, denn markiert sind sie nicht. Ich finde sie nicht und muss über den Gipfel Mola de s Esclop. Auch die Wanderer, übrigens alle aus Deutschland, haben ihre Probleme. Gemeinsam finden wir da raus.

Das schlimmste liegt nun hinter mir – da: ein Lichtblick! Ein Schild, aus Holz, mit GR221 drauf! Da mein GPS nicht mehr mitmacht, folge ich nun der Originalstrecke auf einer Forststraße. Es dauert nicht lange, da treffen Michis Track und der GR221 wieder zusammen, kurz vor dem Etappenziel in Estellencs. 33 km liegen nun hinter uns, mit Pracht- und mit Schietwetter. Das Hotel (mit Sauna!!!) und das Abendessen- einsame Spitze. Jede Mühe ist augenblicklich vergessen. Alle im Ziel, alle hochzufrieden. Stichwort: cerveza grande!


Tag 2, Samstag, gegen 8.(48 km)

Frühstück, packen, Gepäck zum Shuttle tragen und so gegen 8 dann lostraben. Das lässt sich alles machen. Heute muss ich mich ranhalten, ohne GPS, nur mit dem Trailbook. Sicherer ist‘s mit den anderen, nur flitzen die enorm schnell dahin. Mal sehen, wie lange das gutgeht. Und flitzen macht ja soo einen Spaß, wenn der Weg stimmt. Einen besseren gibt es nicht: Weicher Waldboden, Singletrail, wellig, Ausguck aufs blaue Meer. Alle Malessen verwehen im Wind. Schilder gibt’s auch und Banyalbufar mit den berühmten Terrassen ist rasch erreicht. Nun flott runter, fast ans Meer, und wieder hoch: trotz GPS, trotz Ortskunde landen wir an einem überkrauteten Steilhang und oben ist auch noch ein Zaun. Aber wir sind wieder richtig und Michi bringt uns nun die Küste längs. Tolle Felswände, steinige Strände. In Port des Canonge steht unser Shuttle, Zeit für ein Bierchen!

Die Wildnis ruft – und alle folgen. Michis Track bringt uns zu neuen Herausforderungen. Um nach Valldemossa zu kommen, folgen 12 überwiegend wilde km. Anfangs ist das Wegelabyrinth in Ortsnähe. Ein Eisengatter ist offen, ein hosenschlitzendes Überklettern entfällt. Dabei haben sich unsere Leithammel so drauf gefreut! Ihr Tipp an dieser Stelle: an der letzten Serpentine, am Steinhaufen, links ab. Aha. Aber was ist nun die letzte Serpentine?

 

 
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Langsam quälen wir uns hoch. Ein kleiner Bagger räumt für uns den Weg ab, schiebt Steine beiseite. Und plötzlich sind da viele Steinhaufen. Klar, wir traben erstmal vorbei. Die knapp streicholzschachtelgroße  Pfeilmarkierung erkennt man noch nicht mal, wenn man direkt davor steht. Und der Steinhaufen ist eher eine Geröllwand. Egal, wir sind Trailer und arbeiten uns rüber. Tiefstes Gestrüpp erwartet uns, und ein paar Steinmännchen. Sieh an. Oben eine Leiter, ab über die Mauer und über die Straße. Auf der bleiben wir die nächsten 3 km. Zur Halbzeit sind wir in Valldemossa  in der Pizzeria Vesubio.

Kraft tanken nach eigenem Ermessen, heißt es hier. Alles ist lecker: Kuchen, Pizza, Nachtisch, egal was. Energie haben wir bitter nötig für die nächsten 5 km und 500 hm zum Caragoli-Plateau. Und natürlich wieder runter. Nach Cala Deia sind es weitere 6 km wilder Trail. Aber ohne mich: ich brauche etwas länger zum Regenerieren, lasse die anderen ziehen und bleibe im Shuttle bis zur Bucht. Dabei verpasse ich zwar den alpinen und wunderbaren Gratweg mit seiner endlosen Aussicht, kann aber den letzten Abschnitt für heute über Llucalcari bis Port de Soller wieder laufen. Schön den Schildern nach, ab hier ist es einfach und gut zu finden.

Es beginnt in der Bucht genauso fantastisch wie in der Früh. Ein Spitzentrail am Meer lang, im Wald, im Duft, mit Meerblick. Viel zu schnell erreiche ich das pittoreske Llucalcari, sehe davon nur wenig, denn der Weg biegt wieder mal ab. Auf der Straße ein paar Serpentinen hoch – auch hier: An der letzten zwischen den Steinmännchen durch, ab auf den Trail. Leicht wellig geht es dahin. Immer wieder gibt es umwerfende Aussichten. Auch mal umdrehen – es ist manchmal sehr überraschend!

Wenn es zunehmend kultivierter wirkt, hat man bewohntes Gebiet erreicht. An einer schönen Finca mit Ausschank beginnt ein kurzes Straßenstück auf den Leuchtturm zu. Dies ist eine Variante des GR221, die Hauptstrecke würde nach Soller führen. Ganz besonders steinig kommen wir dem Leuchtturm immer näher. Überraschung: frisch gepresster Orangensaft kurz davor! Ich bin so platt, dass ich das Foto versäge. Aber köstlich. Und nun die Bucht mit dem Hafen, den Yachten, der Promenade. Erst Straße, dann Strand. Wie finisht man sowas?
Logisch – im Wasser mit einem Eis oder einem Cerveza.

Ich erreiche das Hotel, unser Shuttle ist auch gerade eingetroffen, das Gepäck wird entladen und die Zimmer zugeteilt. Ein Bummel am Strand ist auch noch drin, die berühmte Straßenbahn von anno drölfzig fährt  regelmäßig, die Schiffe dümpeln  so vor sich hin. Nach und nach trudeln alle anderen ein und um 8 begeben wir uns zum Futtern. Paella gibt’s. Bis zum Abwinken. Und Cerveza grande…

 

Tag 3, Sonntag, gegen 8.(44 km)

Die Königsetappe beginnt. Das Wetter ist vielversprechend. Starker Wind, Kälte und vielleicht Regen. Soll vorkommen, aber bitte lieber im Nachbartal. Wäre schön, wenn’s trocken bleibt.  Und trocken geht’s ab, mit dem Taxi. Jawohl. Laufen lohnt nicht. Man könnte auch die Straßenbahn nehmen, kostet 7€ bis Soller. Aber das Taxi setzt uns direkt am Start in Biniaraix ab. Man gönnt sich ja sonst nichts.

966 hm im Aufstieg auf so 7 km,  Kopfsteinpflaster unter den Tretern. Bis zur Passhöhe ist der Weg bestens in Schuss. Der Blick zurück ist grandios. Schroffe Felswände, der Ort, das Meer…immer wieder queren wir kleine Brücken. Der Bach führt kristallklares Wasser. Nebenan werden die Oliven beschnitten – am Sonntag! – und gleich verbrannt. Der Holzbrand riecht richtig gut. Aber es bläst ein ordentlicher Wind, der immer kälter und stärker wird, je höher es geht. Warm anziehen! Ich verzichte und trabe über die Kuppe weg schnell in die Tiefe. Im Windschatten geht es gut, kurz darauf gibt’s Rückenwind. Dazu geht‘s bergab – eine sehr beliebte Kombination, muss ich sagen. Ruhig mehr davon! Ein breiter, fast flacher Weg leitet uns am Stausee Cuber entlang zum Shuttle. Eine tolle Etappe!

 

 
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Nach den 12 km tut ein Bierchen wieder ganz gut. Entlang einer Llegada, einer Wasserleitung, führt uns der Weg weiter. Links blinkt der See Gorg Blau in der Ferne, voraus beginnt ein zerklüfteter Olivenwald mit dem langen und stellenweise steilen Aufstieg zur Passhöhe (1200 hm). Es wird immer alpiner und der Sturm stärker. Mir bläst es den Schnott horizontal von der Nase weg. Frisch ist‘s auf der Sonneninsel. Also Langarmhemd drüber und und weiter. Deutsche Wanderer begegnen uns, aus Thüringen. Mit dem Rennsteig könne man das hier natürlich nicht zu vergleichen, es sei aber doch ganz nett. Auf der Passhöhe stehen Mauern, im Windschutz kann man verschnaufen. Lieber flott weiter, bergab in ein Tal und dann zum nächsten Pass hoch (1120 hm). Im Kalkstein hält sich nur das Gras, dazwischen ragen die nackten Felsen auf. Wie in den Alpen.

Nach dem zweiten Pass verlassen wir die Höhe, erst auf Trail, dann ein Stück Kopfstein, dann Schotterweg mit dem Ziel Kloster Lluc. Steil abwärts und unten in einen dichten Olivenwald, mittendrin ein merkwürdiger Bau: schön gemauert, wie ein tiefer Pool. Es ist ein Schneehaus aus der Vor-Kühlschrankzeit. Hier kam der Schnee rein, eine Plane drüber, und schon hatte man für den Sommer was Kaltes zur Hand. Öko pur und garantiert ohne CO2-Gedöns. Jetzt wieder den Schildern nach zum Kloster. Dort ist Fiesta, schöne Musik klingt bis hierher die Hänge hoch. Aber es nicht wegen uns, kein Zieleinlauf oder so, aber trotzdem schön.
Ein paar Ziegen lenken mich ab, dann das Schild „595 Schritte bis zum Bier“. Die denken hier mit! Gleich danach ein große Parkplatz und  überall Leute.  Sie grillen oder strömen zur Fiesta. Etwas die Straße noch, dann weiter auf Schotter. Ein paar Serpentinen sind es zum Rifugi Son Amer, eigentlich der Endpunkt heute wegen dem angesagten Schietwetter. Aber das findet ja nicht statt und so laufen die meisten von über den Puig Tomir (1060 hm) nach Pollenca oder über die Talvariante des GR221. Für sowas reicht‘s bei mir nicht mehr. Ich bin überfressen, die Suppe mit Einlage, das Fleisch mit Kartoffeln und Pilzsoße, der Rotwein – ich bin einfach nur satt. Also: Ich muss unbedingt nochmal herkommen und die fehlenden Abschnitte nachholen. Wer also nächstes Jahr mitwill – bitte melden! Ich will wieder!

Unser fleißiges Shuttle bringt das Gepäck ans Ziel. Dorthin wird später ein Bus kommen und alle nach Palma oder direkt zum Flughafen bringen. Alles pünktlich und optimal. Und die Siegerehrung war auch schon: Als Nachtisch gabs die Medaille und dazu ein schönes Laufshirt. Nur schade: Es ist vorbei, viel, viel zu früh vorbei.


Fazit

Traumhafte Trails auf einer superschönen Insel in einsamen Bergen mit einer tollen Truppe. Von der Orga sogar bis hin zu mir. Alles passt perfekt. Nehmt gut profilierte Schuhe, Stöcke und die Allwetterausrüstung mit. Und ein zuverlässiges GPS- Maschinchen. Und ein Tag extra ist bestimmt auch nicht verkehrt….


Informationen zu den Events von
Laufcoaches.com findet Ihr hier


 

 

 


 
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