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15.06.19 - Special Event

Eco Trail Stockholm: Es muss nicht immer Köttbullar sein

Mittsommer in Schweden wollte ich schon immer einmal erleben. Was liegt näher, als dieses mit einem schönen Trail zu verbinden? Da trifft es sich gut, dass es seit 2017 den Ecotrail Stockholm gibt. Da sind wir doch dabei, allerdings nur auf der 45 Km Strecke. Des Weiteren gibt es im Angebot 80 Km, 32 Km, 16 Km, 8 Km und 8 Km Fun Run.

Start und Ziel des Laufs ist in Stockholm, wo ich schon vor drei Jahren den Stadtmarathon gelaufen bin. Wir verbinden den Lauf mit 2 Wochen Urlaub in Stockholm und auf einer kleinen Schäreninsel. Stockholm hat eine Menge für reiselustige Läufer zu bieten. Begeistert sind wir u. a. vom Freilichtmuseum Skansen und vom Vasamuseum, beides auf der Insel Djurgarden gelegen.

Die Startunterlagen holen wir uns schon am Freitag in Alewalds Outdoor Store, Kungsgatan 32 im Stockholm City Centre. Ich bin schon um 10 Uhr bei der Eröffnung da. Ich möchte als einer der ersten 1.000 Teilnehmer die Unterlagen holen. Für diese gibt es nämlich einen Trinkbecher. Die Mitnahme eines eigenen Trinkbechers ist ratsam, an den Verpflegungsstellen (VS) gibt es keine. Der Lauf ist ja ein Ecotrail.

Am Renntag kann ich es gemütlich angehen lassen. Der Start des 45er ist um 10 Uhr. Nach einem gemütlichen Frühstück gehen wir vom Hotel zur Tunnelbana (U-Bahn) und fahren zum Hauptbahnhof (T-Centralen). Auf dem gegenüberliegenden Gleis steigen wir in die Linie 14 Richtung Mölby und fahren bis zur Universität. Von dort geht es fußläufig in 15 Minuten zum Startgelände am Amphitheater im Stora Skuggan Naturschutzgebiet. Später beim Lauf werden wir hier an der Haltestelle vorbeikommen und den Weg zum Start laufen.

Ich freue mich auf den Lauf, er verspricht schöne Passagen als Single-Trail kombiniert mit Eindrücken von Stockholm und der Umgebung. 90% der Strecke führen über Naturwege. Viel Wasser wird zu sehen und zu umlaufen sein, gespickt mit gut 1.000 Höhenmetern.

 

Purer Sonnenschein

 

Hatten wir in den Tagen vor dem Lauf auch etwas Regen, so ist es heute ein Bilderbuchtag. Schon um 8 Uhr hat es 17 Grad und die Sonne lacht schon seit vier Uhr vom Himmel. Der Lauf verspricht eine Hitzeschlacht zu werden. Vor dem Start wird Aufwärmgymnastik angeboten. Ich verzichte und bleibe bis zum Briefing im Schatten. Sonne werde ich nachher noch genug bekommen.

 

 
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Pünktlich um 10.00 Uhr fällt der Startschuss. Schon der Anfang ist vielversprechend. Es geht vorbei an einem See und durch einen Eichenwald zum Värtans Strand. Entlang des Wassers zu laufen mit wunderschönen Ausblicken, ist schon ein erster schöner Vorgeschmack auf das Kommende. Es fängt direkt mit Bilderbuch-Singletrails parallel zum Wasser an. Wow, was für ein Beginn. Ich lasse es ganz langsam angehen und bleibe am Ende des Feldes.

Nach dem See heißt es direkt steigen. Es geht aufwärts und das Läuferfeld zieht sich auseinander. Im Wald ist es noch temperaturmäßig erträglich. Der Untergrund fordert jedoch höchste Aufmerksamkeit. Es sind viel Steine und Wurzeln auf dem Weg. Dazu hat es vielfach Gefälle zum Wasser hin. Die Läufer vor mir agieren recht vorsichtig. Da bin ich aus den Alpen oder gar Madeira anderes gewohnt. Ich bleibe ruhig und ich verzichte aufs Überholen. Bei den Bedingungen heute heißt es ruhig Blut bewahren und Körner sparen.

 

 

 

Gruß aus der Eiszeit

 

 

Bald wird der Strandpavillon am Lappis Beach passiert. Im Wald laufen wir oft über die typischen Gesteine dieser Landschaft. Die dicken Granitbrocken sind eiszeitlich geprägt. Das Eis hat das Gestein glatt und rund gerubbelt. Darüber zu laufen macht Spaß. Nur beim Abwärtslaufen muss man wegen etwas aufpassen, die Steine sind ziemlich glatt.

 

 
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Ein erster Jachthafen wird passiert. Ein Steg führt uns an den Booten vorbei weiter. Der Wald nimmt uns wieder auf und spuckt uns an einer mehrspurigen Straße wieder aus. Wir laufen neben der Straße über die Brücke  nach Bergshamra und nach der Brücke direkt wieder abwärts. In der Sonne ist es schon drückend heiß.
Ein Schild weist darauf hin, dass es noch 40 Km bis zum Ziel sind. Wir laufen nun einige hundert Meter auf Asphalt. Es geht entlang einiger Häuser vorbei und unter der Straße und Eisenbahn durch, schon hat uns das Wasser wieder.

Eine Läuferin nutzt die Gelegenheit und macht ihre Mütze im Wasser nass. Heute kann man jede Abkühlung gebrauchen. Ich werde es ihr noch mehrfach nachmachen. Ulriksdal ist auf der gegenüberliegenden Seite zu sehen. Sieht gut aus das Schloss (Slott). Wir laufen in glühender Sonne vorbei an der Schlosskapelle Richtung Schloss Ulriksdal, das man vom Garten aus schön sehen kann. Nicht nur ich bleibe für ein Foto stehen. Das Schloss ist eines von zehn Königsschlössern in Schweden und wurde 1645  erbaut.

 

 

Werden hier wirklich Igel gebacken?

 

Eine Brücke bringt uns über die Autobahn E 4 zum Natuschutzgebiet Igelbäckens. Ich frage mich, ob man den Namen wörtlich nehmen kann und hier tatsächlich Igel gebacken werden. Die Pumpe vor einem Haus fördert kein Wasser und mein Kopf bleibt hier leider ohne Kühlung. Eine zweite Brücke führt über eine Eisenbahntrasse in ein herrliches Waldgebiet. Km 10 ist geschafft und wir laufen eine etwa 7 Km lange Schleife durch den Wald. Auf der Brücke kommt mir schon der Führende des 45ers entgegen. Was habe ich falsch gemacht, dass der hier schon 7 Km vor mir liegt?

 

 
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An einigen Stellen liegen Bretter als Stege auf dem Waldboden. Heute werden sie jedoch nicht zum Schutz gegen Matsch benötigt. Die Strecke ist höchst abwechslungsreich. Und es gilt eine Regel: Auf breiteren Hauptwegen wird nie lange gelaufen. Nach wenigen Metern wird auf einen schmalen Nebenweg abgebogen. Herrlich, diese engen Pfade. Hier schlägt das Herz des Trailläufers höher. Trailgenuss pur.

15 Km sind geschafft, ein Drittel ist vorbei und ein Schild weist darauf hin, dass wir nun die Strecke mit den schon um 6 Uhr gestarteten 80ern teilen. Zurück über die zwei Brücken und vorbei beim Igelsbäckers laufen wir weiter durch Wald bis zum Autobahnkreuz  E4/E18. Dank der Autobahn und den sichtbaren Gebäudekomplexen werden wir daran erinnert, dass der Trail durch die Metropole Stockholm führt. Man kann es ob der Strecke oft vergessen.


 

Hart am Wasser

 

Unter und neben der Autobahn geht es wieder zum Wasser. Links von uns liegt der Brunnsviken, ein Binnensee, der einmal eine Bucht der Ostsee war. An ihm entlang laufen wir bis nach Km 25, dabei verlaufen die ersten Hundert Meter zwischen dem See und der E 18 nicht sehr spannend. Dafür ist es hier brütend heiß.

Wir kommen gefühlt an Tausenden von badelustigen Stockholmern vorbei. An unzähligen Buchten und Stränden nutzen die Menschen das Bilderbuchwetter und aalen sich im oder am Wasser. Mir stellt sich angesichts unseres exotischen Daseins als Läufer unter all den Badelustigen die Frage, ob ich heute irgendetwas in Bezug auf meine sportliche Ausrichtung falsch mache. Mentale Stärke ist gefragt.

Ich leide zunehmend unter der Hitze. Dazu macht sich die linke Ferse unangenehm bemerkbar,. Aber das rechte Knie hält. Hoffentlich bleibt das so. Es geht wieder einige Meter in brütender Sonne über Asphalt. Ich schmelze dahin. Ein Schild weist auf die erste VS nach Km 22 hin. Ein Lichtblick! Bis hierhin war ich dank Trinkrucksack Selbstversorger. Aber die VS ist auch für den Kopf eine gute Hilfe.

Vorher heißt es noch einen relativ steilen Anstieg zu meistern. Ein hartes Stück Arbeit, für das wir aber oben mit Applaus und einer tollen Aussicht auf Stockholm entschädigt werden. Kurz darauf kommt die ersehnte VS und es gibt Cola, andere Getränke und diverses zu Knabbern. Und Gummibärchen. Ich greife eine Handvoll Grüne ab und kleine Kuchenstücke.

 

 
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Hagaparken

 

Wir kommen in den weitläufigen Hagapark, in dem man sich neben einigen Schlössern  auch der Königliche Friedhof Haga befindet, auf dem  zahlreiche Mitglieder der Königsfamilie bestattet sind. So auch der 1973 verstorbene König Gustav VI. Adolf. Und schon geht es wieder abseits der weiten Parkflächen hinein in den Wald. Hier ist es um einiges kühler und ich atme etwas auf. Es ist sehr schön im Park, aber die Passagen über die weiten Grasflächen lassen uns in der Sonne schmoren.

Ich brauche dringend Kühlung. Und die gibt es am Albana Beachklub. Gerade noch rechtzeitig. Die Badenden am Strand kann ich nun etwas entspannter betrachten.
Wir Läufer werden aber vom Strand wieder in den Wald aufwärts geführt. Aber es geht voran. Wir kommen zurück in urbane Regionen und an die Haltestelle Universität der Tunnelbana. Hier sind wir am Morgen ausgestiegen und zum Start gegangen. Das heißt, das Startgelände am Stora Skuggan ist nicht mehr weit und hier gibt es beim Km 29 die zweite VS.

Aber bis dahin laufen wir gefühlt eine Ewigkeit in praller Sonne. Und vor der VS  müssen wir auch noch den Wall des Amphitheater hoch steigen. Dafür entschädigt aber die VS für die Plackerei. Und vor der VS lasse ich mich erst einmal gründlich mit einem Schlauch abspritzen. Herrlich diese Kühlung.

 

 

Sprungschanze voraus

 

Ich trabe gut gestärkt weiter. Zwei Drittel sind bald geschafft. Wieder müssen einige Meter Asphalt unter die Füße genommen werden. Warum immer in praller Sonne? Wir kommen an einen roten Backsteinturm und erkenne beim Näherkommen die bereits 1904 erbaute Skisprunganlage Fiskartorpets.  

Die ersten 80er ziehen an mir vorbei. Auch einige der eine Stunde nach uns gestarteten 32er tun dies. Sie haben allerdings eine andere Streckenführung als die 45er und ich muss mir keine Sorgen machen. Allerdings mache ich schon einige Zeit immer wieder Gehpausen. Bin einfach platt und die Sonne tut ihr Übriges. Der linke Fuß tut weh, ich will ins Ziel. Und das schnell. Und da will ich ein kühles Bier. Das sage ich jedem, der sich nach meinem Befinden erkundigt. Und das macht nahezu jeder, der an mir vorbei läuft.

Wir kommen fast am alten Olympiastadion von 1912 vorbei. Vorher biegen wir leider links ab und laufen durch eine Unterführung. Zwischen Hochhausblocks und quälenderweise an einem Park mit Springbrunnen geht es durch Ladugardsgärdet. Eine kleine Anlage mit Hochbeeten zwischen den Wohnblocks fällt mir auf. Und dazu braucht es Wasser denke ich mir. Ich entdecke eine Wasserpumpe die auch funktioniert. Wau, ich bin gerettet und lasse mir das kühle Nass über den erhitzten Kopf laufen. Einfach nur herrlich.

 

 
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Kaknästornet im Blick

 

Jetzt bin ich gestärkt und passiere Km 35. Wir laufen zum weithin sichtbaren Fernsehturm. Der Kanästornet ist zwar nicht sehr schön. Man kann auch deutlich sagen, der Betonbau ist hässlich, aber die Aussicht aus 155m Höhe ist gewaltig. Erbaut wurde der Turm im Zuge des Stadionbaus für die Olympischen Sommerspiele 1912.

Ich laufe weiter auf wunderschönen Waldwegen. Aber der Weg zum Fernsehturm zieht sich. Immer wieder winden sich die kleinen Trails in eine andere Richtung, aber irgendwann kommt doch der Turm.

Auf einer Wiese unterhalb ist eine VS eingerichtet und ich gönne mir eine kleine Pause mit Stärkung. Wieder greife ich Cola, grüne Gummibärchen, Rosinen und Kuchenstückchen. Ein Frisbeewerfer im Wald hält mich auf. Ich muss natürlich auch mein Glück mit den Scheiben versuchen.

Vorbei geht es an einem Friedwald. In einem solchen möchte ich auch einmal meine letzte Ruhestätte finden. Aber bis dahin möchte ich noch viele schöne Läufe machen. Der Friedwald kann warten. Kurz vor Km 40 wird über eine Brücke ein Kanal überquert und wir sind auf der Insel Djurgarden, auf der rund 800 Menschen leben.

 

Djurgarden vom Feinsten

 

Die verbleibenden 5 Km sind auf Djurgarden zu laufen. Ich könnte auch von der Anlegestelle am Blockhusudden ein Schiff der Linie 80 bis zur Anlegestelle am Freizeitpark Gröna Lund nehmen und abkürzen. Aber damit würde ich mich um das Vergnügen der letzten Km bringen. Zwar verlockend angesichts meines körperlichen Zustands. Aber von mehreren Touren auf Djurgarden kenne ich die letzten Km und die möchte ich unbedingt laufend zurücklegen.

 

 
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Es ist schweißtreibend. Nicht nur weil es heiß ist, es geht auch noch immer ständig auf- und abwärts. Und immer wieder im Zickzack. Der kürzeste Weg geht anders. Ich hätte nie gedacht, dass es auf der kleinen Insel so viele wunderschöne schmale Waldpfade gibt. Am Manillahaus gibt es eine letzte VS. Hinter dem Manilla Campus nehmen uns die schmalen Waldpfade wieder auf.

Irgendwann ist auch auf Djurgarden die höchste Stelle der Strecke erreicht und es geht an Rosendahls Slott vorbei hinunter. Wir kommen an den Djurgardenbrunnsviken. Wunderschön so am Wasser zu laufen. Ich kriege immer noch nicht genug davon.

Nun ist es nicht mehr weit bis ins Ziel. Unterhalb des Skansen, dem Freiluftmuseum, laufen wir bis zum Vasamusuem.  Die Vasa, der damalige Stolz der schwedischen Flotte, kam übrigens beim Stapellauf 1628 nur gut 1300m weit. Dann versank das Flagschiff der königlichen Flotte bei der Jungfernfahrt bis es in der zweiten Hälfte des 20. Jhdts. geborgen wurde. Im Vasamuseum wird das gehobene Kriegsschiff in einem eigens dafür gebauten Museum der Nachwelt präsentiert.

Man könnte Djurgarden auch die Museumsinsel nennen, denn es  etliche weitere, unter anderem auch das Abba-Museum.

Das Ziel im Galärpark ist nur noch wenige Schritte entfernt. Noch ein Museum, diesmal das Nordische, in dem vor allem schwedische und nordische, aber auch internationale moderne und zeitgenössische Kunst gezeigt wird.

Ziemlich kaputt aber dennoch in bester Stimmung überquere ich die Ziellinie. Die Finishermedaille ist etwas Besonderes. Sie ist aus Holz gefertigt und zeigt die drei Kronen, das schwedische Nationalsymbol. Mal etwas anderes.

Leider gibt es im Zielbereich keine Duschmöglichlkeiten. Macht nix. Ich greife ausgiebig bei der Zielverpflegung (u. a. Carlsberg bleifrei) zu und gehe hinter dem Vasamuseum ins Spritmuseum. Na ja, nicht direkt in das Museum. Aber in die angeschlossene Restauration. Dort lasse ich mir unmittelbar am Wasser ein Bier zur Regeneration schmecken. Dann machen wir uns auf ins Hotel und lassen nach einer Dusche den schönen Lauftag ausklingen.

 

 

Fazit

 

Wunderschöner Trailultra in urbanem Umfeld. Sehr gut mit einem Urlaub zu kombinieren. Perfekte Organisation, fantastische, sehr abwechslungsreiche Strecke. Mit 1.000 Hm durchaus anspruchsvoll.

Ich muss noch einmal wiederkommen und dann den 80er unter Füße nehmen. Und Stockholm und die Schären sind immer eine Reise wert.

Hej!

 


 
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